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Smith, L. Neil: The American Zone (Buch)

L. Neil Smith
The American Zone
TOR Trade Paperback
US$ 15.95, 350 Seiten


Von Dirk van den Boom
L. Neil Smith gehört sicher nicht zum "richtigen" Mainstream der US-amerikanischen Science Fiction. Sicher, er ist mit seinen politischen Ansichten nicht wirklich allein - Smith ist überzeugter Anarcho-Kapitalist, oder, in Denglisch "Libertarian" -, doch gehört er zu den dann doch relativ wenigen Autoren, die sich immer wieder bemüht haben, eine politische Programmatik mit Belletristik zu verbinden, und das auf eine Art und Weise, die zuletzt einen missionarischen Charakter angenommen hat. Das ändert allerdings nichts daran, dass Smith ein ausgezeichneter SF-Autor ist, was er vor allem mit seinem bisher besten und auch bekanntesten Buch "The Probability Breach" unter Beweis gestellt hat, der Auftaktband des Zyklus um den durch ein Dimensionstor in ein anarcho-kapitalistisches Alternativamerika geschleuderten Polizisten Win Bear. Nach einigen eher ernüchternden Ausflügen in die reine Politikbelletristik außerhalb der großen Verlage und einem eher schwachen SF-Roman namens "Forge of the Elders" kehrte Smith mit "The American Zone" zu seinen Wurzeln zurück und konzentrierte sich wieder auf seine erfolgreichste Romanfigur, den bereits erwähnten Win Bear, der mittlerweile als Privatdetektiv, verheiratet mit einer Ärztin, ein angesehenes und komfortables Leben in den Konföderierten Staaten von Amerika führt. Dies ist ein Staat, dessen Präsident, ein genetisch aufgemotzter Gorilla, vornehmlich damit beschäftigt ist, die nationale Solitaire-Meisterschaft zu gewinnen, da es für ihn in der radikalliberalen Gesellschaft dieser Parallelwelt schlicht nichts zu tun gibt. Dafür bekommt unser Held plötzlich viel Arbeit, denn in der an sich sehr friedlichen Welt des anarcho-kapitalistischen Utopia - die vor allem deswegen friedlich ist, weil jeder eine Waffe trägt und Robert Heinleins Diktum folgt, nach der eine bewaffnete Gesellschaft eine höfliche sei - geschehen brutale Terroranschläge: Hochhäuser werden gesprengt, Hochgeschwindigkeitszüge werden atomisiert usw. Die private Miliz von Bears Heimatstadt ist verwirrt und alle vermuten eines: Der klägliche Rest der Frankliniten - die als einzige die Rückkehr von Staat und Regierung fordern - wollen auf diese Art und Weise die Notwendigkeit eines Staates unter Beweis stellen. Es ist alles natürlich viel komplizierter. Oder auch nicht.
Smith führt den Leser in seinem Roman durch allerlei Zeitbezüge. Die Behandlung des Terrors hat deutliche Parallelen zur lange anhaltenden Terrordebatte in den USA, und es wird deutlich, dass Smith dem Staat nicht zutraut, das Problem zu lösen, ja, dass der Staat das Problem erst erzeugt hat. Smith macht mit seinem Protagonisten einen Rundgang durch die politische Szene der echten USA und wie er sie sieht: Die Demokraten, die Republikaner, Kommunisten und Umweltschützer, alle bekommen ihr Fett ab, selbst die Libertarian Party muss sich einiges anhören lassen. Smith verbindet dies immer mit umfassenden politischen Diskussionen seiner handelnden Personen, die mal interessant, mal ermüdend sind und nach dem dritten Durchgang spätestens anfangen, lästig zu werden. Tatsächlich entsteht irgendwann der Eindruck, dass die eigentliche Romanhandlung immer mehr hinter das Bemühen des Autors zurücktritt, den Leser von seinen politischen - oder apolitischen - Auffassungen zu überzeugen. So wirken die eigentlichen Handlungsentwicklungen manchmal nur als Lückenfüller bis zur nächsten libertarianischen Grundsatzdiskussion. Das erschwert den Lesefluss und macht den Roman für jene Leser, die mit den politischen Ansichten der Libertarians nichts anfangen können, streckenweise möglicherweise unerträglich. Andererseits beweist Smith immer wieder Wortwitz und spielt auf der Klaviatur der Insiderbezüge der SF-Fans. Wenn der Protagonist seine Frau beschreibt wie "Mathilda May in Lifeforce, nur blond", dann kann der Fan nur wissend mit dem Kopf nicken. Auch sonst zeigt Smith durchaus, dass er schreiben kann, nur unterdrückt er diese Fähigkeit zu oft zugunsten politischer Propaganda.
"The American Zone" ist schlechter als das weitaus unaufdringlichere "Probability Breach", jedoch deutlich besser als der über weite Strecken unerträgliche "Forge of the Elders". Wenn Smith seine politischen Überzeugungen weniger plakativ und undifferenziert dargestellt und etwas mehr Wert auf eine interessante Handlung gelegt hätte, wäre mein Urteil deutlich besser ausgefallen. Der Roman ist letztendlich nur für Leser interessant, die nicht bereits beim Wort "libertär" Zahnschmerzen bekommen - dann hat er einige sehr unterhaltsame Momente.

hinzugefügt: July 17th 2004
Tester: Guido Latz
Punkte:
Hits: 2400
Sprache:

  

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