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Saberhagen, Fred: Die Geständnisse des Grafen Dracula (Buch)

Fred Saberhagen
Die Geständnisse des Grafen Dracula
(The Dracula Tape)
Nosferatu Band 15
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Malte S. Sembten
Festa Verlag, 2006, Paperback, 256 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 3-86552-033-3

Von Carsten Kuhr

Die Geständnisse des Grafen Dracula, das hört sich nach einer reißerischen Story von Deutschlands Zeitung mit den vier großen Buchstaben an. Sensationelle Enthüllungen in der Überschrift, mit recht wenig Fleisch an dem Knochen, wenn man sich die Geschichte dann näher betrachtet. Doch Saberhagen weiß von einer durchaus interessant anderen Version der Stoker’schen Erzählung zu berichten. Aus Sicht unseres kulturbeflissenen Grafen liest sich die Mähr von der Verfolgung des Blut trinkenden Ungeheuers, das vornehmlich den züchtigen jungen Damen gehobener Gesellschaftskreise der englischen Hauptstadt nachjagt, ganz anders. Während Dracula eigentlich darum bemüht ist, sich unauffällig in die aufgeklärte Gesellschaft Londons einzufügen, lassen ihn die Nachstellungen Van Helsings nicht zur Ruhe kommen. Der wackere niederländische Doktor und seine englischen Kumpane haben es sich zur Herzensangelegenheit gemacht, das Ungeheuer, komme was wolle, zu Fall zu bringen. Ob die Tatsachen zu ihrer vorgefassten Meinung passen oder nicht, die Jagdsaison ist eröffnet, und diesmal winkt ein ganz besonderes Wild den Jägern. Trotz all seiner Kräfte, seinem Intellekt und dem Bemühen, der Konfrontation zu entgehen, spüren die Jäger ihr Opfer immer wieder auf, treiben den Grafen immer weiter in die Enge. Trotzdem lässt Vlad Tepes Gnade walten, zieht sich eher zurück, als dass er den Kampf mit harten Bandagen aufnimmt. Selbst als unser Graf sich in die Frau eines seiner Verfolger verliebt, weicht er seinen Häschern eher aus, als dass er sich ihnen in den Weg stellt und startet ein Täuschungsmanöver, das Felix Krull Respekt abgenötigt hätte..


Wenn Malte S. Sembten, der selbst zu den besten Phantastik-Autoren unserer Zeit zählt, sich eines englischsprachigen Werkes annimmt, und dieses in die germanische Zunge überträgt, dann muss es sich schon um etwas Besonderes handeln. Und so hält der Band wahrlich eine Menge überraschender Einsichten für seine Leser bereit. Vlad Tepes, der Pfähler, von Stoker als mordlüsternes Ungeheuer portraitiert, erweist sich hier als kultivierter, eher introvertierter Verstandes-Mensch, der seinen Platz in einer aufgeklärten Gesellschaft sucht. Er ist es leid, verleumdet zu werden, sehnt sich nach Kultur, Kunst und Freigeistern, die ihn so akzeptieren, wie er ist. In einer überraschenden Leichtigkeit im Ton, intim und doch gleichzeitig selbstkritisch und offen breitet er seine Memoiren vor uns aus, portraitiert knapp aber gekonnt die Verbohrtheit seiner Verfolger, nimmt auf amüsant zu lesende Weise die Lebensart der viktorianischen Gesellschaft aufs Korn. Dabei überrascht er mit seinem Witz und Esprit, rührt uns mit seiner unterschwellig durchschimmernden Einsamkeit und hält uns schonungslos einen Spiegel vor, in dem sich die niedrigen Menschlichen Wesenszüge seiner Zeitgenossen nur allzu deutlich Widerspiegeln.

Den Leser erwartet ein geistreicher Vampir-Roman voller überraschender Einsichten, in der das rote Lebenselixier erstaunlich unwichtig ist.

hinzugefügt: June 21st 2006
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Festa Verlag
Hits: 2526
Sprache: catala

  

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