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Sandokan (DVD)

Sandokan
DVD
I/F/D 1975, Regie: Sergio Sollima, mit Kabir Bedi, Philippe Leroy, Adolfo Celi u.a.

Von Thomas Harbach

„Sandokan- der Tiger von Malaysia“. Eine der ersten Miniserien, entstanden in den späten 70erJahren als deutsch/italienische/französische und englische Gemeinschaftsproduktion. Sechs Teile, dreihundertzwanzig Minuten Abenteuer, Exotik und Romanze. Nach der literarischen Vorlage von Emilio Salgari, dem italienischen Pendant Alexandre Dumas. Inszeniert von Sergio Sollima, der auf dem Zenit seiner Kunst dem Italo-Western ein linkspolitisches Gesicht gegeben hat. Dessen Thriller wie „Brutale Stadt“ mit Charles Bronson oder „Revolver“ zeigten deutliche Ambitionen, die gegenwärtige italienische Gesellschaft mit ihrer mafiösen Struktur als Versammlung raffgieriger alter Männer ohne Gewissen zu entlarven. Aber auch einem Regisseur, der es immer schwerer hatte, in einem schwindenden Markt seine Projekte finanziert zu bekommen. Es lag ihm weder Horror noch anspruchslose Komödie, die beiden Genres, die den Italienern Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre noch offen standen. Viele andere gute Regisseure wie Sergio Corbucci oder Sergio Martino fanden dort Unterschlupf, Dario Argento strebte dem Höhepunkt seines visionären Werkes entgegen und Mario Bava verabschiedete sich mit einem „Shock“ von seinem Publikum. Gegen „Star Wars“ und seine Epigonen konnte Italien nicht mehr ankämpfen, also drängte man auf den europäischen Fernsehschirm. Wie wenige Jahre später „Shogun“ eroberte diese unfehlbare Mischung aus Liebe und dramatischem Freiheitskampf die Herzen der Männer und Frauen gleichermaßen. Gründe finden sich in der auf einem Zufall basierenden genialen Besetzung der Hauptrollen: die Legende lautet, dass Kabir Bedi sich sich als unerfahrener Schauspieler für eine Statistenrolle bei der Produktion beworben und die Hauptrolle bekam. Andere Quellen –eher unwahrscheinlich – besagten, dass man ihn schon frühzeitig wegen seiner Erscheinung und Popularität in Indien ausgesucht hatte, da er immerhin zwei Jahre auf den Beginn der Produktion warten musste. Egal wie es wirklich gewesen ist. Man nimmt ihm den ehrenhaften, aber brutal gegen seine Feinde vorgehenden Piraten genauso ab wie seine Abstammung als letzter Sohn einer Herrscherfamilie. Mit Carole Andre agiert eine bildschöne, blonde und trotzdem entschlossene selbstbewusste und intelligent ihre Position als Tochter des Repräsentanten der ostindischen Gesellschaft ausnutzende Frau als Liebesinteresse mehrerer Männer. Obwohl sie sich längst entschlossen hat, nur den Tiger von Malaysia zu lieben. Die Bösewichte – Adolfo Celi in einer älteren Version seiner Rolle im James Bond „Feuerball“ wie der urbritische Offizier und scheinbare Ehrenmann…

Dazu die exotische Umgebung Malaysias. An Originalschauplätzen und zumindest mit einem in Originalgröße gebauten Schiff nutzt Sollima die vorhandenen Kulissen sehr effektiv. Aus heutiger CGI Sicht wirken einige Szenen unbeholfen inszeniert. Aber zusammen mit dem Ohrwurm „Sandokan“ der Gebrüder de Angelis wirken einige Passagen – wie die Tigerjagd, die die fortlaufende Handlung in der dritten Folge zum Erliegen bringt - fast surrealistisch. Erstaunlich ist die Detailtreue. Selten wurde der Kontrast zwischen dem Weltmachtstatus anstrebenden England und den unterdrückten Kolonien farbenprächtiger in Szene gesetzt. Unabhängig von der selbst aus heutiger Sicht routinierten Inszenierung bleibt die auf zwei Ebenen angelegte Handlung. Zum einen vordergründig der typische Abenteuerstoff. Zwei Parteien, Kampf um die Freiheit und eine schöne Frau, schwere Prüfungen des martialischen Helden und schließlich die Erlösung des gequälten Protagonisten in den Armen einer - seiner - schönen Frau. Wie in den Romanen Alexandre Dumas findet man eine Reihe von Cliffhangern: Sandokan wird von einem seiner Getreuen verraten – eine Schwachstelle der Handlung, denn der Vertraute hat scheinbar keinen Grund, seinen Fürsten außer für Geld zu verraten. Als er seine Tat augenblicklich bereut, reagiert er mit Selbstmord – und wird schwer verletzt. Hilfe und Heilung findet er im Hause seines Feindes und dessen wunderschöner Nichte. Die Liebe macht aus dem rücksichtslosen Feind der Engländer wieder ein fühlendes Wesen, das nicht mehr die Vernichtung des Feindes, sondern die Befreiung des unterdrückten Volkes in den Mittelpunkt seines Strebens stellt.
Ein anderes bestimmendes Element ist die klassische Dreierkonstellation: Sandokan, der Offizier Fitzgerrald und schließlich die blonde Marianna. Diese Art der Erzählung erinnert allerdings nicht selten an die Groschenromane mit einem vorhersehbaren Ende.
Wenn Marianna mit ihrem Vater über Gefühle oder Beziehungen als Grundlage einer Ehe diskutiert, wirkt dieses Gespräch wie eine zivilisierte Antithese zu den durch die Kaste vorgegebenen und auch selten auf wahren Gefühlen basierenden Ehen der Hindus. Selten können sich Marianna sowie der steif und verkniffen charakterisierte Fitzgerrald aus dem Schatten der umständlichen Dialoge lösen und eigenständige überzeugende Personen darstellen. Da zusätzlich an mehreren Stellen Sandokan zu einer Ikone stilisiert wird, überragt sein Charakter meilenweit seine Antagonisten. Wenn dieser Personenkult dann in einer aus heutiger Sicht nur noch lustigen Szene wie am Höhepunkt der Tigerjagd und der Demaskierung des vermeintlichen Prinzen endet, wirkt Sandokan wie eine unbeabsichtigte Parodie dieser Pulpheldenstoffe. Das gilt gleichermaßen für die bombastische, aber politisch fragwürdige Exposition. Insbesondere die erste Folge besteht nach der historisch einseitigen Einführung fast ausschließlich aus schwarzweißer Malerei. Die Engländer werden als rücksichtslose Diebe in Person ihres Konsuls beschrieben, die Piraten als edel. Wie der Konsul geschickt die oft grausamen Kastenstrukturen der Malaysen zu seinem Vorteil ausnutzt - dass die Prinzen und Malaysischen Fürsten nicht unbedingt ihr Volk regierten, sondern ebenfalls Reichtum ansammelten - wird vergessen. Ganz bewusst erinnert die Schilderung an eine Art sozialistische Kommune, ohne das Sollima und sein Drehbuchteam wirklich auf Details achten. Da die asiatischen Herrscher zweidimensional beschrieben werden, brauchen sie ihre holden Vorstellungen auch nicht mit Taten untermauern. Dagegen werden die Engländer als verschlagen, raffgierig und bösartig beschrieben. Auch wenn es später relativiert wird, ist die Wette an Sandokans Krankenbett um 24 Flaschen des besten Weines einer der makaberen Höhepunkte. Dazu kommt die schier endlose, aber als Einführung notwendige Diskussion um die Fähigkeiten eines geborenen Führers und dessen Charisma, Männer bis in den Tod zu führen. Ganz bewusst konzentriert sich dieser Personenkult in einem animalischen Führer mit fast löwenartiger Haarpracht. Die klassische „Beauty and the Beast“ Konzeption. Auch hier wird die Schönheit die Bestie – in diesem Fall allerdings im Mann – zähmen und den Grundstein für eine Art volksdemokratische Königsherrschaft legen. Dazu wird allerdings Sandokan im wahrsten Sinne des Wortes in der ersten Hälfte der Miniserie „entwurzelt“. Er muss sich alleine durch feindliches Gebiet schlagen und neue Verbündete suchen. Leider wirkt sein Name zu elektrisierend und viele interessante Handlungskonstellationen werden fast achtlos zugunsten einer geradlinigen Flucht außer Acht gelassen. Gegen alle Widerstände werden sich am Ende der wilde Osten und das zivilisierte England vereinigen.

Trotz der Exotik und der zur Verfügung stehenden Erzählzeit wirken leider einige Teile der Serie abrupt und teilweise überhastet inszeniert. Im Gegensatz zu anderen Epen ist der Handlungszeitraum sehr kompakt. Nur wenige Wochen vergehen zwischen dem Verrat an Sandokan und dem Showdown. Von diesen verbringt der Tiger auch noch eine gewisse Zeit krank oder besser tödlich verwundet im Bett.

Einige dieser Fehler wird der Regisseur beim zweiten Versuch – „Der schwarze Pirat“ mit den gleichen Darstellern anstelle der obligatorischen und geforderten Fortsetzung zu „Sandokan“ - nicht wiederholen. Immer wieder finden sich – wahrscheinlich bedingt durch textliche Überschneidungen der Originalvorlagen – Anspielungen und Situationen, die Sergio Sollima überzeugender und intensiver in „Der schwarze Pirat“ wieder aufnehmen sollte. Stellvertretend sei hier der Kampf auf der Dschunke gegen die gedungenen malaysischen Soldaten erwähnt: Sandokan blockiert den Eingang mit seinem Körper und Schwert und hält so eine heranstürmende Truppe im Schach. Im Piratenfilm wird er eine Brücke kampfkräftig blockieren. Das Motiv des Ehrenmannes findet sich ebenfalls in beiden Filmen. In „Der schwarze Pirat“ rettet der Freibeuter einem französischen Edelmann das Leben und wird von ihm ebenfalls aus der Gefangenschaft befreit. Nachdem die beiden quitt sind, stehen sie sich im Showdown in einem ehrlichen Duell gegenüber. In „Sandokan“ schenkt man einem holländischen Kapitän sein Leben und seine Freiheit, er wird sich kurze Zeit später revanchieren, als er Sandokan am Hofe der englischen Handelsgesellschaft nicht verrät. Die Inszenierung ist im Kinofilm deutlicher konzentrierter, dagegen haben diese Sequenzen in der Fernsehserie eine faszinierende Urenergie. Sergio Sollima ist sich nicht zu schade, Gewalt als Notwendigkeit in seine Überlegungen einzubeziehen. So tötet Sandokan auf seiner Flucht einige Engländer aus dem Hinterhalt, die die Jagd auf Menschen und in diesem Fall ihn für einen Gentlemansport halten. Diese offenkundige und kaltblütige Brutalität gegenüber verblendeten Beteiligten, aber nicht Verantwortlichen wird man vom „Helden“ in den aufkommenden amerikanischen Fernsehserien weder erwarten noch erhalten.

Wie sehr Sollima für diesen Film die Gesetzmäßigkeiten des Abenteuerkinos anerkannt und zu seinem Eigen gemacht hat, erkennt man an einer Szene. Sandokan kehrt zurück, seine wenigen Gefolgsleute hissen auf dem Schiff wieder seine Flagge und ein Schwenk über das Meer zeigt viele kleine Boote mit Einheimischen, die sich seinem Kampf anschließen. Ein ergreifendes Moment, aber Generationen dieser Filme bis hin zu Roland Emmerichs „Der Patriot“ vergessen die Logistik hinter diese Szene. Aus allen Teilen des Landes angereist, primitive Verkehrsmittel und alleine sind zur gleichen Zeit am bis dato unbekannten richtigen Ort. Primitive Instinkte ansprechend funktioniert diese Passage sehr gut. Emotionen und Logik im stetigen Kampf um Herz oder Hirn der Zuschauer.

Auch einige andere Passagen wirken eher zwangsweise zusammengefügt und konstruiert, um eine actionbetonte, aber geradlinige Handlung zu erhalten. Sie leiden unter dem angemessenen, aber nicht opulenten Budget. Trotzdem nimmt sich Sergio Sollima – ungewöhnlich für das heutige Kino - Zeit, die Charaktere zu entwickeln, den authentischen Hintergrund farbenprächtig in Szene zu setzen und mit Beginn der zweiten Folge die Geschichte rasant zu erzählen. Wie in seinen Western beherrscht es Sollima wie vielleicht noch Sergio Leone, in den ruhigen Passagen die Spannung hochzuhalten und mit kleinen Details diese „Leerräume“ interessant und intensiv zu füllen.

Die Dialoge dagegen wirken leider – insbesondere in der deutschen Fassung – heroisiert und überambitioniert. Das erscheint stellenweise unfreiwillig belustigend. Wenn sich Kabir Bedi den Unwissenden – sowohl Engländern als auch Einheimischen – mit einem Funkeln in den Augen als „Sandokan“ oder „Tiger“ vorstellt, dann beeindruckt der Schauspieler durch seine charismatische Ausstrahlung trotz der gekünstelten Sprache. Aus heutiger Sicht ein deutliches Manko, aber wenn man sich auf den Zauber dieser fremden, längst vergangenen Welt einlässt und nicht jede Sekunde einen spektakulären Computertrick erwartet, unterliegt man schließlich dem Flair dieser Epoche. Es empfiehlt sich aber trotzdem, die italienische Originalfassung mit den deutschen Untertiteln anzusehen. Sie wirkt dank der Sprache harmonischer und verspielter, der Sense of Wonder konsistenter.


Bei den Extras sticht natürlich das zweigeteilte Dokumentation „Sandokans Abenteuer“ hervor, in denen Sergio Sollima gestenreich und expressiv von der Produktion und den Dreharbeiten berichtet. Untermalt mit einer Vielzahl von Fotos und einigen Szenenausschnitten. Sergio Sollimas Gedächtnis ist erstaunlich. So berichtet er von einem Angebot an Sergio Leone, der wegen seiner aufkommenden Flugangst das Angebot ablehnte. Sollima stellt die Ambition in den Vordergrund, eine Rassenübergreifende Liebesgeschichte zu erzählen. Revolutionär für die Zeit, in der die Geschichte spielen sollte und deutlich weitergehend als die literarische Vorlage. Er stellt dann die einzelnen Charaktere vor. So gibt es für den Adolfo Celi ein historisches Vorbild.

Bei den Dreharbeiten berichtet er von den Schwierigkeiten, mit echten Schiffen auf dem Meer zu drehen. In „Der schwarze Pirat“ wird er noch mehr unter diesen authentischen Bedingungen leiden. Etwas ironisch entlarvt er seinen Lieblingspiratenfilm „Captain Blood“ als Wasserkübelwerfen, da die Schiffe das Studio nie verlassen haben. Hervorragend ist vor dem eigentlichen Bericht über die Dreharbeiten der kurze Schwenk auf die in den 60er Jahren gedrehten „Sandokan“-Filme unter anderem mit dem Herkules Steve Reeves. Immer wieder stellt Sollima heraus, dass seine Intention über ein einfaches Abenteuerfilmchen deutlich hinaus bestanden hat. Die Entdeckung seines Hauptdarstellers Kabir stellt er ein wenig anders dar als in „Der schwarze Pirat“ – dieses Mal war er schon ein aufgehender Stern in seinem Heimatland Indien. Trotzdem wäre der hier beschriebene Protagonist und seine zukünftige, wechselhafte Karriere in und um Hollywood/Europa wahrscheinlich einen eigenen Beitrag wert. Mit Carole Andre hatte Sollima schon in einem seiner Western „Von Angesicht zu Angesicht“ gearbeitet.

Die Schwierigkeit für Sollima und ein ernster Konflikt mit den Produzenten waren schließlich nach Abschluss der Dreharbeiten die Herstellung einer zusätzlichen, natürlich gekürzten Kinoversion. Auch wenn Sollima vom asiatischen Zeitgefühl im Vergleich zum gekürzten Zack Zack der Kinofassung spricht, merkt man, dass er sich vielleicht auf indische Filme, aber niemals auf die rein Actionorientierten Kung Fu Filme aus Hongkong bezieht.

Im zweiten Teil seiner Erzählung geht Sollima zu Beginn auf die literarische Vorlage ein. Wenn er von zwei geeigneten Salgari Verfilmungen spricht und auf seinen anstehenden „Der schwarze Pirat“ verweist, dann kann man ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Trotzdem bewundert der Italiener den Autor und beschreibt den missgebildeten Mann als jemanden, der mit seiner Phantasie flog. Allerdings wiederholen sich einige Passagen im zweiten Teil der Dokumentation. Sergio Sollima verschweigt, dass zu diesem Zeitpunkt sein eigener Stern am Sinken gewesen ist. Im Gegensatz zu „Der schwarze Pirat“ liefen die Dreharbeiten trotz der Nutzung von Originalschauplätzen, das Filmen nicht gewöhnter Einheimischen und Tieren die Dreharbeiten wie geplant und fast im Rahmen des Budgets ab. Eine außergewöhnliche Leistung. Das im alle Teile einer Produktion wichtig sind, erkennt man, wenn er über die Musik, die Zusammenarbeit mit den de Angelis Brüdern und schließlich das Gesamtprodukt spricht. Der Text des Liedes stammte übrigens aus der Feder Sergio Sollimas. Bei „Der schwarze Pirat“ sollte er ebenso vorgehen. Aus einem Zufall heraus wird sein heutiger Ruhestand immer noch finanziert. Allerdings hat er nicht nur Schmeicheleien für seine Hauptdarsteller bereit: er prangert das damalige Divensystem an, in welchem ein Schauspieler seine Texte nicht wortgetreu auswendig lernen musste. Außerdem prallten die einzelnen, wohl sehr eitlen Persönlichkeiten – auch hier präsentierte sich Bedir mit seinem Spiegeltick in vorderster Front - mehr als einmal aufeinander. Aber die Chemie zwischen Carole Andre und Kabir Bedir stimmte… das einzige, was zählt. Leider geht Sollima nicht auf die beiden von ihm ebenfalls für Fernsehen inszenierten Fortsetzungen „Sandokan- der Aufrührer“ zwei Jahre später und 1998 „Son of Sandokan“ – beide mit Kabir Bedi in der Titelrolle ein. Insbesondere die zweite Fortsetzung hat seinen Weg nicht nach Deutschland gefunden. Aber vielleicht veröffentlicht Koch-Media diese beiden Epen, wenn die „Sandokan“ Box ein Erfolg wird.

Wenn Sollima über die Sequenz mit dem Tiger zu sprechen beginnt, zieht er einen Vergleich zum gleichzeitig in London gedrehten „Superman“. Dieses verblüffend einfache Beispiel rückt die Entstehung dieser Miniserie in den richtigen Kontext. Während in London Millionen über Millionen von Dollars in eine einzige Produktion gesteckt worden sind, entstand in Asien eine exotische und nicht weniger unterhaltsame Abenteuergeschichte in einfacher, manchmal primitiver Weise. Immer wieder erwähnt Sergio Sollima, wie in erster Linie durch eine sehr gute Zusammenarbeit hinter den Kulissen ein für das italienische Fernsehen und später Kino einzigartiger Film entstanden ist. Und diesen Zeitgeist fasst die interessante, sehr sehenswerte und unterhaltsame Produktion sehr gut zusammen. Sergio Sollima ist ein faszinierender Erzähler, mit einer kraftvollen, dunklen Stimme. Man kann sich noch heute vorstellen, wie er Schauspieler, die sich nicht unterordnen wollten, auf den rechten Pfad seiner Regie zurückgeführt hat. Mike Siegel hat eine schöne Dokumentation geschmiedet.

Auf der ersten DVD finden sich noch eine ausführliche Galerie – fortlaufend – von Dreharbeitenbilder, eine Filmographie und gut geschriebene Biographie Sergio Sollimas, dazu der Trailer der Kinoaufführung. Aller untermalt vom „Sandokan“-Sound. Auf der letzten und dritten DVD findet sich eine Fortsetzung der Fotogalerie. Die Bilder sind in einem überraschend guten Zustand und die schwarz weiß Aufnahmen lassen die markanten Gesichtszüge der einzelnen Darsteller deutlich besser in den Vordergrund treten. Der Kinotrailer stellt die abenteuerliche Exotik Malaysias in den Vordergrund. Während Jahre später das Herkunftsland Italien verschwiegen werden wird, stellt es den Kinotrailer stolz in den Vordergrund. Die Schnittfolge ist wild und einige Szenen wirken dadurch künstlicher als beabsichtigt. Übrigens hieß die Serie damals noch „Sandokan- Il Tigre“. Auf der zweiten DVD findet sich neben der Fortsetzung von Sollimas Drehbericht eine Filmographie/Biographie vom Sandokan Darsteller, der Kinotrailer und schließlich auch Informationen über den Autoren der literarischen Vorlage Salgari.


Zur Vollständigkeit findet sich auf der letzten DVD die Super- 8 Fassung, eine arg zusammen geschnittene, aber ungemein erheiternde Super- Kurz-Fassung des Geschehens. Für sein Alter in einem erstaunlich guten Zustand und immer als Beimischung bei einer Sommerparty geeignet. Nicht zuletzt dank der außergewöhnlich eindringlichen Musik der de Angelis. In einem kurzen Beitrag wird über die technischen Besonderheiten dieses Formats – Rollen mit einer Laufzeit von sechzehn Minuten – berichtet, die horrenden Preise und die wirklich einmalige vierteilige Schnittfassung von „Sandokan“. In erster Linie ging es zur damaligen Zeit den Sammlern darum, einen kleinen Teil des Kino / Fernseherlebnisses als Gedächtnisstütze zu besitzen und von den restlichen Teilen, die kurzerhand geschnitten worden sind, zu Träumen.

„Sandokan“ lädt in dieser Fassung zum Träumen ein. Der Sechsteiler bietet immer noch ein ansehnliches Bild, die Farben wirken zwar ein wenig bleich, doch der Schmutz und die Defekte auf der hier präsentierten Abastung halten sich in Grenzen. Da die Serie im 16 mm Format produziert worden ist, kann sie schon von vorneherein nicht mit den gängigen 35 mm Kopien mithalten und Qualitätsdefizite sind vorprogrammiert. Der deutsche Ton ist sauber, die Musik sehr klar wiedergegeben. Das Verhältnis zwischen Hintergrundgeräuschen und Dialogen stimmt. Allerdings ist die italienische Originalfassung mit den deutschen Untertiteln zu bevorzugen, auch wenn diese ein wenig kürzer (!) ist und deswegen die fehlenden Passagen durch die deutsche Fassung ergänzt worden sind. Der einfach gestaltete, aber poppig effektive Schuber lädt die Zuschauer ein, in eine exotische, abenteuerliche Welt einzutauchen, in der Frauen und Männer noch überlebensgroß dargestellt und nicht mit CGI Effekten verfeinert worden sind. In der Abenteuer noch echte Herausforderungen darstellten.
Die informativen und sehr sorgfältig mit viel Liebe zum Detail beigefügten Extras erhöhen das Sehvergnügen und fassen den Fernseh- Zeitgeist Ende der siebziger Jahre sehr gut zusammen.


DVD-Facts:
Bild: 1.33:1 (4:3)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0, italienisch Dolby Digital 2.0

DVD-Extras:
Featurettes, Interviews, Fotogalerie, Super-8-Fassung

hinzugefügt: June 2nd 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Koch Media
Hits: 3934
Sprache: german

  

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