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Spellforce – Shaikan-Zyklus 1: Windflüsterer, Uschi Zietsch (Buch)
Spellforce – Shaikan-Zyklus 1: Windflüsterer
Uschi Zietsch
Panini/Dino, 2006 Taschenbuch, 307 Seiten zzgl. Glossar, 9,95 EUR, ISBN 3-8332-1324-8
Von Frank Drehmel
Es ist die Zeit einige Jahre vor der Konvokation, dem Tag, an welchem - wie auch immer - ein Komet eine totale Sternenfinsternis verursachen und gewaltige magische Energien entfesseln wird. Dreizehn mächtige Magier, einstmals Verbündete, nun Feinde überziehen den Kontinent Fiara auf der Welt Eo mit Krieg und Verheerung, um sich in eine optimale Ausgangsposition für die Nutzung dieser Energie zu bringen.
„Windflüsterer“ erzählt die Geschichte des jungen Goren, der - von Ruorim mit Gewalt gezeugt - als Seelengefäß für den mächtigen Urahnen der drachenblütigen Shaikan, Malacay, dienen soll, damit dieser während des Himmelsphänomens göttliche Macht erlange. Doch die beiden Verschwörer haben ihre Rechnung ohne Gorens Mutter gemacht. Noch am Tag ihrer Vergewaltigung flieht sie aus Shaikur ins lyrainische Exil. Dort wächst das Kind zu einem jungen Mann heran, der sich nicht nur als begnadeter Kämpfer erweist sondern auch mit der magischen Gabe gesegnet wird, aus dem Flüstern der Winde die Zukunft vorherzusagen.
An seinen siebzehnten Geburtstag jedoch holt ihn seine Vergangenheit ein als sein Vater mit einem Heer vor den Toren Lyraines auftaucht. Zwar kann Goren im Gegensatz zu seiner Mutter entkommen, doch kurz darauf gerät er in die Fänge von Orks und Trollen. Gedemütigt, versklavt, mehr tot als lebendig übersteht Goren die freudlosen Tage in der Gewalt der Kreaturen. Wiederum gelingt ihm zusammen mit einigen anderen Gefangen, die ihm fortan als Gefährten zur Seite stehen, die Flucht. Doch sein Shaikan-Erbe lässt ihn nicht los, denn in ihm gewinnt Malacays Seele von Tag zu Tag an Stärke, sodass er den verräterischen Einflüsterungen des Drachenmagiers immer schwerer widerstehen kann. Um sich zu befreien, beschließt er, sich seinem Vater im Kampf zu stellen und unterliegt ... vorerst.
Was mich „Windflüsterer“ hoffnungsvoll entgegenblicken ließ seit ich die erste Ankündigung des Bandes las, war die Tatsache, dass mit Uschi Zietsch eine weitere deutschsprachige Autorin in die Phalanx der anglo-amerikanischen Gamenovelisations-„Spezialisten“ gestoßen ist. Zudem kannte ich vom Spellforce-Hintergrund weniger als ein paar Namen und freute mich daher auf eine neue, exotische Fantasy-Welt. Tja! Pustekuchen! Vergeblich gehofft! Mag sein, dass die Welt von Spellforce, Eo, tatsächlich exotisch oder originell ist und Raum für aufregende, spannende, unterhaltsame Geschichten bietet, in Zietsch-Roman jedenfalls kommt davon nichts - rein gar nichts - an.
„Windflüsterer“ gehört zu den Romanen, über die zu flüstern schon zuviel der Aufmerksamkeit wäre und die unter dem Mantel des Schweigens besser aufgehoben wären. Allein, hab ich eine Wahl? Nein!
Zietsch’ Geschichte strotzt so vor hinlänglich bekannten und unzählige Male gelesenen Fantasy-Klischees und -Stereotypen - sowohl auf der Handlungs- als auch auf der Figurenebene -, dass man von Beginn an versucht ist, diesen wiedergekäuten Fantasy-Brei durch Auslassen ganzer Passagen möglichst schnell hinunter zu würgen. Sämtliche Figuren - einschließlich des Hauptprotagonisten - sind platte, hölzerne Charaktere, begrenzt auf (zu) wenige Eigenschaften und zudem ohne jegliche Ambivalenz. Die Bösen sind böse und hässlich, die Guten gut und schön. Diesem formelhaften, kleinkindlichen Schema entsprechen bis zum i-Tüpfelchen die Aktionen insbesondere von Gorens Kameraden, die in ihrer Art zu vertrauen, zu verurteilen und zu vergeben eine geradezu abstruse Naivität an den Tag legen. So kindlich die Helden, so lächerlich einfallslos die Schurken. Gerade Malacay legt bei seinem Versuch, den Jungen zu übernehmen, soviel Raffinesse und Geschick an den Tag, dass einem der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen dagegen wie eine Prima Ballerina erscheinen muss
Eine einzige Stelle im ganzen Buch vermittelt die schwache Andeutung von Eigenständigkeit; und zwar als Zietsch Gorens Mitstreiter und seinen alten Widersacher „sich selbst“ vorstellen lässt. Dieses ist zwar ein sehr simpler, bequemer Weg, Figuren einzuführen, weil es kaum einer kunstvollen Einbindung in die Geschichte bedarf - ein einfaches Lagerfeuergespräch reicht aus -, nichtsdestotrotz stellt es ein eher unübliches Vorgehen dar. Bedauerlicherweise verkommt die Sache dadurch zu vordergründiger, billiger Effekthascherei, dass von Malacay bis zu Weylin Mondauge jeder Charakter in der gleichen Art und Weise - nämlich der der Autorin - von sich erzählt und damit die vorauszusetzenden Unterschiede in der Sozialisation zumindest in der Sprache nicht deutlich werden. Man kann also davon ausgehen, dass diese Art der Einführung tatsächlich nur auf Zietsch’ Bequemlichkeit zurückzuführen ist.
Das Bedauerlichste aber ist, dass es der Autorin nicht gelingt, die Welt Eo auch nur mit einem Funken von Leben zu füllen: geografische Gegebenheiten werden vage und grob beschrieben - wenn überhaupt -, und auch die Ausführungen zu Völkern, politischen Konstellationen, zu Magie und Götterwelt bleiben so verschwommen, dass sie ebenso austauschbar erscheinen wie die Protagonisten selbst. Okay; es gibt Leute, die nennen sich Shaikan; die haben Drachenblut in ihren Adern. Wie schön für sie! Dann hängen da noch irgendwo irgendwelche Zirkelmagier rum, die auf eine Konvokation warten. Toll! Und was machen die so in ihrer Freizeit, außer sich zu bekämpfen? Nichts, wenn es nach Zietsch geht!
Rein sprachlich liegt das Buch auf dem eines typischen Heft-Romans; der einfache Satzbau und wenig Fremdwörter machen den Roman auch für einen Zehnjährigen zu einer geeigneten - wenn auch langweiligen - Lektüre, zumal bluttriefende Szenen der Selbstzensur zum Opfer fielen.
Der Verriss wäre ohne ein paar abschließende Worte zur vorangestellten Karte und zum angehängten Glossar nicht vollständig. Die Abbildung der Welt Eo beeindruckt vor allem - rein drucktechnisch - durch ihre Kontrastarmut, sodass die Identifikation von Städten/Orten sowie geographischen Besonderheiten zu einem kurzweiligen Ratespiel gerät. Das Glossar wiederum lässt sich mit den Attributen „lächerlich“ und „überflüssig“ abschließend kennzeichnen. Begriffe, die für die Geschichte von Relevanz sind, werden nicht erläutert und das, was erläutert wird, ist für die Geschichte entweder bedeutungslos oder absolut trivial. Lediglich der halbseitige Beitrag zur Konvokation ist informativ, wäre aber in einem Vorwort deutlich besser aufgehoben.
Fazit: Die Warnung „Uschi mach kein Quatsch“ kommt für diesen ersten, vollkommen misslungenen Spellforce-Roman leider zu spät. Bleibt zu hoffen, dass der zweite Teil jene originellen Fantasy-Ansätze bietet, die man im „Windflüsterer“ mit der Lupe sucht, um sie dann doch nicht zu finden.
hinzugefügt: May 28th 2006 Tester: Frank Drehmel Punkte: zugehöriger Link: Dino Hits: 3501 Sprache:
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