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Kohlschmidt, Thomas: Blind (Buch)

Thomas Kohlschmidt
Blind
Titelillustration von Ernst Wurdack
Wurdack Verlag, 2006, Paperback, 176 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-938065-15-X

Von Irene Salzmann

Boston: Roy Tanger bemerkt Eindringlinge in seiner Wohnung. Hilflos muss der Blinde sich in sein Schicksal ergeben – wie tausende andere. Er wird hineingezogen in eine bizarre, lichtlose Welt, in der die Sehenden erblinden und die Blinden sehen können. Schnell wird er zum Bestandteil eines unheimlichen Kollektivs.
Kalkutta: Im Indien-Institut versammeln sich die Anhänger der internationalen Organisation ‚Sterbendes Licht’. Das Phänomen weltweit auftretender Dunkelzonen kommt für sie nicht überraschend; schon seit Jahren bereiten sie sich darauf vor. Allerdings fehlt der Kopf der Gruppe, der als einziger weiß, wie gegen die Invasoren vorzugehen ist.
Hamburg: Die Experimente, die Professor Günther Keller vor Jahren im Indien Institut durchführte, und sein Buch „Dying Light“ haben ihn in die Psychiatrische Klinik gebracht. Plötzlich beginnen die Weltmächte, sich für ihn zu interessieren. Jede Nation will seiner habhaft werden, damit Professor Keller sie vor den Dunkelzonen rettet.


Thomas Kohlschmidt ist Redakteur von www.WARP-online.de und Autor vieler phantastischer Kurzgeschichten und Artikel. Der Wurdack Verlag präsentiert nun Thomas Kohlschmidts Roman „Blind“, eine Mischung aus SF, Mystery und Polit-Thriller, die ein wenig an Rainer Erlers „Das Blaue Palais“ und die unheilvolle Atmosphäre erinnert, die diversen Stephen King-Büchern zueigen ist.

Lange wird der Leser im Dunkeln gelassen, was tatsächlich passiert. Er erlebt das Auftreten eines unheimlichen Phänomens, dem sämtliche Protagonisten hilflos ausgeliefert sind, und eine Rettung scheint unmöglich.
Wer in eine Dunkelzone gerät, verliert sein Augenlicht und erliegt früher oder später dem Ruf fremdartiger Wesen. Allein der Blinde Roy Tanger kann in dieser Welt sehen und Dinge wahrnehmen, die anderen verborgen bleiben. Seine Versuche, helfend einzugreifen, verlaufen jedoch nur bedingt erfolgreich.
Die wenigen Personen, die mehr wissen, haben auch bloß vage Vorstellungen, da ihre Kenntnisse allein auf einem Buch beruhen. Erst als Professor Keller nach Indien zurückkehrt, wird nach und nach verraten, wodurch die Dunkelzonen verursacht wurden, und eine gefährliche Expedition in die lichtlose Welt enthüllt schließlich die letzten Rätsel.

Der phantastische Aspekt tritt etwas in den Hintergrund zu Gunsten der Frage: Wie reagieren einzelne Personen, wie die betroffenen Nationen auf das erschreckende Phänomen?
Die Hilflosigkeit lässt eine Panik ausbrechen. Einzelschicksale wie Roy Tanger, der somalische Junge, einige Wissenschaftler u.a. verdeutlichen die Tragödie.
Jede Regierung denkt nur an die Sicherheit des eigenen Landes und ist bestrebt, denjenigen, den sie für den Messias hält, in ihre Gewalt zu bekommen. Angst und Aggression gehen Hand in Hand. Ein wenig klischeehaft wirkt es schon, dass wieder einmal die Russen als besonders stur und uneinsichtig dargestellt werden, mehr noch als die Amerikaner. Die aktuellen politischen Ereignisse werden insofern berücksichtigt, dass die islamischen Staaten als potentieller Machtfaktor zumindest erwähnt werden.
Nur einzelne Personen zeigen sich fähig, einer abstrus anmutenden Theorie Glauben zu schenken, die drohende Gefahr frühzeitig zu erkennen und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Zum Wohl der Menschheit setzen sie persönliche Bindungen und ihr Leben aufs Spiel. Dabei bekommen sie es nicht nur mit der unheimlichen Macht, sondern auch mit Militärs, die den Kadavergehorsam praktizieren, und rachsüchtigen Kollegen zu tun.

Thomas Kohlschmidt recherchierte ausgesprochen sorgfältig, um die vielen verschiedenen Schauplätze, technische Einrichtungen, militärisches Gerät und das Verhalten in absoluter Dunkelheit realistisch beschreiben zu können. Er gibt gerade so viel an fachlicher Information, wie notwendig ist, um das Szenario glaubhaft zu schildern und den Lesefluss nicht zu hemmen. Sein Stil ist routiniert und angenehm zu lesen.
Schon nach wenigen Seiten möchte man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, denn der geschickte Wechsel von einer Handlungsebene zur nächsten lädt ein, das Gesamtbild des Geschehens wie ein Puzzle langsam zu vervollständigen. Immer neue, interessante Charaktere werden eingeführt, die eine bestimmte Rolle zu erfüllen haben. Allein das Geheimnis um die lichtlose Welt wird am Ende doch etwas rasch und weniger spektakulär abgehandelt, als man es sich vielleicht erhofft hat.

Die Furcht vor der Dunkelheit gehört zu den Urängsten, die schon immer ein reizvolles Thema darstellten. „Blind“ überzeugt durch solide Arbeit, eine interessante und spannende Handlung. Meinstream-SF ist es nicht, so dass der Roman vor allem jenen zu empfehlen ist, die sich für Social Fantasies und zeitnahe Dystopien begeistern.

hinzugefügt: April 22nd 2006
Tester: Irene Salzmann
Punkte:
zugehöriger Link: Wurdack Verlag
Hits: 3815
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