Welcome to Phantastik-News
 
 

  Inhalt

· Home
· Archiv
· Impressum
· Kino- & DVD-Vorschau
· News melden
· Newsletter abonnieren
· Rezensionen
· Suche
· Zum Forum!
 

  Newsletter

Newsletter-Abo
 

 
 

Steinmüller, Angela & Karlheinz: Der Traummeister (Buch)

Angela & Karlheinz Steinmüller
Der Traummeister
Ein Spera-Roman
(Werke in Einzelausgaben - Band 4)
Shayol, 2005. Paperback, 288 Seiten, 15,90 EUR, ISBN 3-926126-47-7

Von Ulrich Blode

Stadt ohne Träume

Mitten in der mittelalterlichen Stadt Miscara steht der Traumturm. Die „Alten“ hinterließen ihren Nachkommen das Bauwerk, damit der traumlose Schlaf ein Ende hat. Doch bereits seit Jahren wohnt kein Traummeister mehr im Turm. Eines Tages beendete der Stadtrat das aus seiner Sicht sinnlose und unproduktive Treiben. Die Industrialisierung hatte eindeutig Vorrang. Doch erlahmt jetzt der Fortschritt und die negativen Folgen des hemmungslosen Ausbeutens menschlicher und natürlicher Ressourcen zeigen sich vehement. Staubstürme fegen über Miscara hinweg, die Menschen werden bald alles verlieren.
Ein neuer Traummeister soll den Menschen Zuversicht und Ideale wiedergeben, so die Meinung des Rates. Das Mädchen Glauke überbringt dem Traummeister Kilean die Pläne, die es umzusetzen gilt. In der Nacht soll den Bürgern vorgeträumt werden, was sie am Tag bewerkstelligen müssen. Aber der Meister Kilean hat anderes vor. Seine Träume führen zu Aufruhr und Widerstand. Während der Rat ziellos agiert, weist aber auch Kilean keine rechten Erfolge vor. Das von ihm entworfene Blendwerk, kann durch neuerliche Arbeitsanstrengungen nicht erreicht werden. Wirklichkeit und Traumwelt verschmelzen miteinander.

Verdeckte Science Fiction

Wenig deutet in „Der Traummeister“ daraufhin, dass es sich um einen Roman mit Science-Fiction-Hintergrund handelt. Wie in dem Roman „Andymon“ (2. Band der Werkausgabe), wurde auch Spera von einer Sternenarche besiedelt. In „Spera“ (3. Band) wird der tausendjährige Fall und Aufstieg der Kolonie geschildert. Einige der Namen aus „Der Traummeister“, wie Sigmarq, erinnern entfernt an die der ersten Siedler. Die Zusammenhänge ergeben sich zumeist erst durch die Kenntnis der anderen Romane. Aber es handelt sich um einen eigenständigen Roman. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Handlung in „Der Traummeister“ konzentriert sich auf einige wenige Tage in der Neuzeit des Planeten.

Kein Fall für die Zensur!?

Siegfried Lokatis (Berliner Zeitung) zeigt auf, dass der Roman „kein“ Fall mehr für die DDR-Behörden war, da er von der Lockerung der Zensur zu profitieren schien. Aber es finden sich durchaus Bezüge zu dem gesellschaftspolitischen System der DDR. So enthalte der Roman ein unschwer zu entschlüsselndes Bild für die zentral gesteuerte Kulturpolitik der DDR. Denn der Miscara-Magistrat erhofft sich Träume zur Produktivitäts- und Wehrmoralsteigerung und gibt dem Traummeister entsprechende Pläne an die Hand. Auch seien Zitate des ausgebürgerten Wolf Biermanns enthalten.
Das Manuskript wurde im August 1988 dem Verlag „Das Neue Berlin“ übergeben und ein Jahr später genehmigt. „Der Traummeister“ erschien dann 1990, zu spät um noch Aufsehen zu erregen. (vgl. Siegfried Lokatis: Der Traummeister – kein Fall für die Zensur. In: Alien Contact 68)

Gesellschaftspolitisches Lehrstück

Beim Lesen des „Traummeisters“ fällt auf, dass es kein Roman ist, der ausschließlich vor dem Gesellschaftssystem der DDR funktioniert. Vielmehr scheint es, als ob Angela und Karlheinz Steinmüller gesellschaftliche und politische Entwürfe in einer Romanhandlung durchspielen wollten, somit nicht nur auf einer abstrakten theoretischen Ebene.
Die aufgeworfenen Themen können kaum aktueller sein. Vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland maßgebliche Reformen verhindert wurden und die Eliten entweder beschönigend reden oder Interessenpolitik betreiben, ist der Roman von schmerzhaft wahrer Natur.
Was helfen Kampagnen, die Deutschland als Land der Ideen darstellen, wenn die Strukturen nur genehme Ideen zulassen. Ähnlich wie im „Traummeister“ können an sich gute Vorhaben zwischen den Interessenskonflikten zerrieben werden.

Es wäre falsch den Autoren zu unterstellen, sie wollten ein politisches Buch schreiben. Wenn überhaupt, ist es eine politische Überlegung, aber keine Vorschrift. So steht auch die Handlung vor allem anderen.
Stilistisch ist „Der Traummeister“ ihr bester Roman. Die Handlung ist stringent und gut konzipiert. Allerdings wirken die Charaktere manchmal seltsam distanziert, ihre Emotionen für den Leser nicht vermittelbar. Die seltsame Mischung aus Realität und Traum hat wiederum ihren eigenen Reiz und verleiht dem Roman eine Spur aus Einzigartigkeit. Letztlich ist „Der Traummeister“ einer der interessantesten Romane deutscher Phantastik.

hinzugefügt: March 6th 2006
Tester: Ulrich Blode
Punkte:
zugehöriger Link: Shayol Verlag
Hits: 2800
Sprache:

  

[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ]