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S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl 1: Todeszone, Claudia Kern & Bernd Frenz (Buch)

S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl 1
Todeszone
Claudia Kern & Bernd Frenz
Panini/Dino, 2005, Taschenbuch, 267 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-8332-1310-8

Von Frank Drehmel

Seit im Jahre 1986 der Block 4 des ukrainischen Kernreaktors Tschernobyl durch eine Kernschmelze und Explosion mit katastrophalen Auswirkungen für Mensch und Natur zerstört wurde, sind fast 20 Jahre ins Land gegangen. Die Ruinen und verlassenen Häuser der ehemals von Kraftwerksangestellten bewohnten und nun verlassenen Stadt sind mittlerweile zu einem Anlaufpunkt für Sightseeing-Touristen geworden, die sich in wohligem Grusel der noch immer kontaminierten “Todeszone” nähern.
Zu diesen Schaulustigen gehört auch der junge Deutsche David Rothe, welcher mit seinen Eltern während eines Bus-Trips durch die Ukraine in der Stillen Stadt Halt macht.
Plötzlich verschwinden in einem grellen Energieblitz Fahrzeug und Insassen. Als ukrainische Sicherheitskräfte am Ort des Phänomens eintreffen finden sie etwas abseits in den Ruinen nur David, bewusstlos und mit verbrannter Kleidung.
Der mit der Ermittlung des Geschehens beauftragte Major Alexander Marinin stößt bei Militärs und Politikern auf eine Mauer des Schweigens und auch der junge Deutsche ist ihm keine Hilfe, da er sich zwar an nichts erinnert, allerdings angibt, eine merkwürdige Sehnsucht nach der Todeszone zu verspüren.

Einige Jahre später: der zu einem Mann herangewachsene David durchstreift -beobachtet von unterschiedlichen Geheimdiensten- auf der Suche nach seinen Eltern die Zone um den Atommeiler, wobei ihm besondere psychische Fähigkeiten vor den tödlichen Gefahren des Gebietes -mutierten Ratten, Zombies, Schwerkraftminen, tödlichem Nebel und mörderischen Pflanzen- bewahren. Als der Zufall ihn und Marinin wieder zusammenführt, gelingt es den Beiden zwar, den Phänomenen, die ihren Ursprung in geheimen Laboratorien unter dem Kernkraftwerkskomplex Tschernobyls zu haben scheinen, auf die Spur zukommen, doch einmal mehr drohen Politiker und Militärs, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen.


Nach “X - Farnhams Legende” und “X2 - Nopileos” von Helge T. Kautz ist “S.T.A.L.K.E.R. - Todeszone” der dritte Roman deutscher Autoren in der Videogame-Reihe des Panini/Dino-Verlags. Und wie schon im Falle der beiden X-Bände erweist sich die Entscheidung der ukrainischen Softwareentwickler, GSC Game World, zwei international unbekannte Autoren ein Prequel zu ihren ambitionierten PC-Ego-Shooter schreiben zu lassen, als wahrer Glücksgriff.

Noch bevor er die erste Zeile gelesen hat, wird der cineastisch gebildete Leser angesichts des Titels stutzen. Stalker? Da gab es doch was... Genau! Ein mystisches SF-Film-Meisterwerk des 1986 verstorbenen russischen Regisseurs Andrej Tarkowskij aus dem Jahre 1979, welches, basierend auf den Drehbuch und einer Novelle der Brüder Strugatzki, von der Sinnsuche dreier Menschen in einer verbotenen Zone handelt und dabei philosophische, zivilisationskritische und autobiographische Aspekte in den Vordergrund der Betrachtung stellt. Je weiter dieser Leser dann in dem Roman voranschreitet, desto deutlicher wird in vielen Szenen, dass “S.T.A.L.K.E.R.” tatsächlich einige Motive des Films aufgreift: die Zone als militärisches Sperrgebiet, einen Güterbahnhof - im Film in grandiosen, einprägsamen Schwarz-Weiß-Bildern verewigt -, die sich ständig verändernde Umwelt, die Tatsache, dass jeder Schritt tödlich sein kann und die eigentümlich morbide Atmosphäre verfallener Gebäude inmitten der Natur. Dennoch steht es außer Frage, dass der Film nicht mehr als eine vage Inspiration gewesen sein kann, denn der primäre Anspruch des Buches sind - platt ausgedrückt - Spannung und Action; und diesem Anspruch werden die Autoren voll gerecht.

Kern und Frenz spielen gekonnt mit der Furcht des Lesers, indem sie Realität (die Tschernobyl-Katastrophe) - bzw. das, was der Leser dafür hält (die in deutschen Boulevardblättern oft kolportierten korrupten russischen/ukrainischen Militärs - und Fiktion in einer für das Ego-Shooter-Genre ungewöhnlich zurückhaltenden Art und Weise ineinander fließen lassen. Statt auf drastische Szenen und expliziten Horror setzen die Autoren eher auf Andeutungen und lassen den Leser bis zum Schluss -und darüber hinaus- im Dunkeln tappen. Natürlich treten auch die obligatorischen Monster in Erscheinung, doch in homöopathischer Dosis und weit von einem Mutationen-Overkill à la “Resident Evil” entfernt.

Eine zweite Stärke des Buches sind seine kantigen und sperrigen Charaktere. Zwar ist das Bild des aufmüpfigen, unangepassten, politisch unkorrekten Ermittlers, der mehr mit seinem Leben und dubiosen Vorgesetzten zu kämpfen hat als mit seinen Fällen, nicht neu. Relativ originell ist allerdings, dass dieser Mensch über seine Schwächen hinaus erfolglos bleibt und sich in gewisser Weise sogar korrumpieren lässt.
David Rothe ist im Vergleich zu Alexander Marinin zwar weniger differenziert gezeichnet, jedoch trotz seiner besonderen Kräfte weit davon entfernt, ein strahlender Held zu sein. Getrieben von einem unerklärlichen Zwang, ständig ums Überleben kämpfen und bei der Suche nach seinen Eltern immer wieder scheiternd ist er - wie der Ermittler - eine eher tragische Figur.
Der einzige Charakter, der sich nicht bündig in die Geschichte einfügen will, ist der “kleine” Wissenschaftler Vadim Bessmerty. In seiner Figur und seinem im Grunde belanglosen Handlungsbogen erkennt man dann doch deutlicher als nötig die Herkunft der Autoren aus dem Romanheft-Bereich: schon bei der Einführung Bessmertys ist klar, welches Schicksal den armen Tropf ereilen wird.

Interessant an “S.T.A.L.K.E.R.” ist schließlich auch der episodenhafte Aufbau der Geschichte, welcher die vier Hauptteile einschließlich des Prologs, der im Jahre 1999 angesiedelt ist, zu unterschiedlichen Zeitindices spielen lässt -”Alexander” im Jahre 2004, “David” 2006 und “Die Zone” 2008. Dadurch dass die Autoren auf sanfte Überleitungen von einem Kapitel ins nächste verzichten, wirkt das Handlungsgeschehen einerseits sprunghaft, anderseits wird dadurch der Text gestrafft, auf überflüssigen Pathos verzichtet und der Leser insofern gefordert, als er sich das Gesamtbild spannungssteigernd puzzleartig erschließen muss.

Fazit: Eine gut geschriebene, äußerst spannende und düstere Geschichte, die den Leser dem zweiten Band der geplanten Trilogie entgegenfiebern lässt. Für mich eine der größten Überraschungen und das bisherige Highlight der PC-Roman-Reihe des Panini-Verlags.

hinzugefügt: January 15th 2006
Tester: Frank Drehmel
Punkte:
zugehöriger Link: Panini
Hits: 3659
Sprache: german

  

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