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Wilson, Robert Charles: Die Chronolithen (Buch)

Robert Charles Wilson
Die Chronolithen
(The Chronoliths, (2001)
Deutsche Übersetzung und Anmerkungen von Hendrik P. und Marianne Linckens
Heyne, 2005, Taschenbuch, 430 Seiten. 8,95 EUR, ISBN 3-453-52105-6

Von Gunther Barnewald

Auch wenn das vorliegende Buch auf den ersten Blick an Arthur C. Clarkes "2001 - A Space Odyssey" zu erinnern scheint, so hat es mit diesem Klassiker doch rein gar nichts zu tun. Erzählt wird die Geschichte der Erde der nahen Zukunft.
Im Jahr 2021 erscheint plötzlich mitten in Thailand ein gewaltiger, künstlich hergestellter Monolith. Das Erscheinen des gewaltigen Objekts tötet durch den Druckabfall und eine mit dem Auftauchen einhergehende Vereisung alles Leben in der Umgebung. Eine Inschrift auf dem gewaltigen Objekt zeigt, dass nicht etwaige Aliens für den Monolithen zuständig sind, sondern dass er 20 Jahre aus der Zukunft kommt. Verkündet wird der triumphale Sieg eines gewissen Kuin, den bis dato aber niemand kennt. Von da an tauchen regelmäßig sogenannte Chronolithen aus der Zukunft auf, verwüsten Städte zuerst in Asien, später auch an anderen Orten auf der Welt, bis nur noch Nordeuropa und die USA ausgenommen sind. Die Weltwirtschaft beginnt zu kollabieren.
Da man das Auftauchen der gewaltigen Kunstwerke durch Strahlenmessungen vorausberechnen kann, zeigt sich, dass immer mehr Touristen zu jenen Orten pilgern, an denen ein Chronolith erwarten wird.
Verheerend ist dagegen der Einfluss dieser Objekte auf den geistigen Zustand der Jugend der Welt, die zu Gläubigen eines völlig Unbekannten werden und Zellen bilden von Kuin-Anhängern, die alles tun, um tatsächlich eine Bewegung des Kuin zu erschaffen und deren Sieg voranzutreiben, obwohl inhaltlich jedwede Ideologie zu fehlen scheint. Zudem biedern sich Menschen der älteren Generation dieser Bewegung an.
Erzählt wird die vorliegende Geschichte aus Sicht des US-Amerikaners Scott Warden, der sich mit Frau und der kleinen Tochter im Jahr 2021 in Thailand aufhält. Hier ist er eine Art Aussteiger, doch bald zeigt sich, dass sein Schicksal mit dem der Chronolithen verbunden ist, war er als Student doch einst Besucher eines Seminars einer genialen Physikerin, die wohl als einzige in der Lage sein könnte, die Zeitreisen vom Jahr 2041 ins Jahr 2021 zu bewerkstelligen.
Scott, getrennt von Frau und Kind, wird in den Stab der Physikerin berufen, erfährt bald viel über die bevorstehenden Chronolithen und deren Auftauchen.
Als Scotts Tochter im Teenageralter ebenfalls zur Anhängerin des mysteriösen Kuin wird und nach Mexiko pilgert, gelingt es Scott mit Freunden zusammen, seine Tochter zu retten. Aber ist die verrückt gewordene Menschheit vor ihrem neuen Erlöser Kuin noch zu retten? Denn 2041 rückt näher und immer mehr Menschen glauben, sich den Anhängern Kuins anschließen zu müssen. Der Glaube wird zum Selbstläufer und als der erste Chronolith in den USA erwartet wird, zeigt sich, dass sein Erscheinen über die Zukunft der Menschheit entscheiden wird...

Wilson ist ein ungemein spannendes Buch gelungen, welches weder die Atmosphäre noch die Entwicklung der Charaktere vernachlässigt. Gerade die psychischen Veränderungen des Protagonisten im Lauf der Erzählung wird viel Platz eingeräumt, ohne dass die Spannung darunter jemals zu leiden hätte. Ebenfalls bestechend eindringlich wird die materielle und technische Veränderung in den USA geschildert, denn nach dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft stagniert die Technologie, die sozialen Verhältnisse werden rapide schlechter, so dass Scott sich zwischenzeitlich als Flohmarkthändler durchschlagen muss.
Der scheinbar unaufhaltsame Siegeszug des ebenso mysteriösen wie erschreckenden Kuin zehrt geradezu an den Nerven des Lesers, die von Aberglaube bis Opportunismus geprägten Reaktionen der Menschen arbeitet der Autor differenziert heraus.
Wie bei vielen guten Gruselstoffen beherzigt der Autor das Prinzip, dass Dinge, die im Dunkeln bleiben, furchteinflößender wirken als sichtbare Gefahren.

"The Chronoliths" ist brillante Ideen-SF, perfekt entwickelt und ausgeführt, erinnert in Ausarbeitung und Gestaltung etwas an Bob Shaws Meisterwerk "Other Days, Other Eyes" (dt. als "Augen der Vergangenheit" oder als "Andere Tage, andere Augen").
Wer spannende und dabei intelligente SF mag, der sollte an "Die Chronolithen" nicht vorbei gehen, auch wenn Heyne die Schriftgröße mittlerweile in Dimensionen aufgeblasen hat, die aus einem ca. 250-Seiten-Werk einen 430-Seiten-Roman machen.
Ein ausdrückliches Lob übrigens an die beiden Übersetzer, die, trotz einiger Fehler, dem Leser mit Fußnoten die meisten Anspielungen des Autors nahe bringen, und von denen, ohne diese Hilfe, sicherlich viele unverständlich geblieben wären.

hinzugefügt: November 19th 2005
Tester: Gunther Barnewald
Punkte:
zugehöriger Link: Heyne Verlag
Hits: 2803
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