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Lukianenko, Sergej: Wächter der Nacht (Buch)

Sergej Lukianenko
Wächter der Nacht
(Nochnoi Dozor)
Aus dem Russischen übersetzt von Christiane Pöhlmann
Titelillustration von Dirk Schulz
Heyne Verlag 2005, 525 Seiten, 13,00 EUR, ISBN3-453-53080-2

Von Carsten Kuhr

Wir sind sie mittlerweile gewohnt, die Dominanz der anglo-amerikanischen Autoren gerade im phantastischen Buchbereich. In den letzten Jahren haben einige Verlage, insbesondere auch Heyne, behutsam begonnen auch Werke aus anderen Ländern für sich zu entdecken. Zwar ist die Anzahl immer noch verschwindend gering, aber interessant sind diese Bücher allemal, da sie oft dem Leser einen anderen, einen ungewohnten Plot anbieten. Aus Russland hat uns hier in der Vergangenheit allerdings nicht allzu viel erreicht. Strugatzki, Lem sind Namen, die uns in den Sinn kommen, aber abseits davon ist kaum etwas über die russischen Autoren des Genres oder ihre Werke bekannt.

Als der Heyne Verlag kurz vor dem Start des erfolgreichsten russischen Films das zugrundeliegende Buch auflegte, machte ich mich mit Interesse und Spannung an die Lektüre.
Der Auftaktband einer Trilogie ist im heutigen Moskau angesiedelt. Dort begegnen wir den "Wächtern der Nacht". Seit Jahrzehnten wachen diese gemeinsam mit ihrem Widerpart, den "Wächtern des Tages" über die Einhaltung des "Pakts". Während sich die Tagwache aus Vampire, Werwölfen und Dämonen rekrutiert und für den Erhalt ihrer dunklen Kräfte von den Menschen zehrt, hat sich die Nachtwache dem Schutz der ahnungslosen Beute verschrieben. Nur der Vampir, der eine offizielle Erlaubnis hat darf laut dem "Pakt" seinen Blutdurst an einem Menschen stillen.
Anton, unser Protagonist ist eigentlich als Softwareadministrator für die Nachtwache tätig. Als sein Chef ihn zur Felderfahrung in den Außendienst beordert, ist ihm nicht so recht wohl in seiner Haut. Zuerst trifft er in der Metro auf eine Frau, über deren Haupt ein gigantischer Fluch schwebt. Mit all seiner magischen Kraft gelingt es ihm kaum, den Fluch, der ausreicht eine ganze Großstadt dem Erdboden gleich zu machen, auch nur zu anzukratzen. Nicht genug damit, trifft er bei seinem Rundgang auf einen unlizensierten Überfall zweier Vampire auf einen Menschen. Zwar gelingt es Anton den verantwortlichen Vampir zu töten, doch dessen Gefährtin entkommt. Bald schon offenbart sich uns eine gigantische Intrige, in der die verfluchte Metrofahrerin Swetlana und Anton einen zentralen Part spielen. Seit Jahrzehnten bereistet sich die Nachtwache auf das Kommen eines mit gewaltigen Kräften ausgestatteten Magiers vor. Mit dessen Hilfe soll das Buch des Schicksals umgeschrieben werden und eine Zeit des Friedens auf Erden anbrechen. Dass allerdings gerade Anton und Swetlana als unwillige Hauptakteure vorgesehen sind, dass die Tagwache naturgemäß mit allen Mitteln das Vorhaben behindert, trägt nicht eben dazu bei, das Leben von Anton einfacher zu machen...

Drei inhaltlich zusammenhängende Novellen erwarten den Leser. Anton, unser sympathischer Protagonist steht jeweils im Zentrum unserer Aufmerksamkeit. Der Autor hat seine Hauptfigur sehr sympathisch, sehr menschlich angelegt. Anton ist unsicher, manchmal aufbrausend, dann wieder zweifelnd und ängstlich – zwar kein Mensch, aber Jemand, in dem sich der Leser wiederfinden kann.
Die Aufteilung in drei zunächst einmal unabhängigen Novellen, deren Verbindung sich erst in der Nachschau offenbart erweist sich hier als gelungene Idee. Durch die jeweilige Handlung lernen wir unseren Helden, aber auch die Personen um ihn herum besser kennen, erleben mit, wie die Handlung ihn dazu zwingt, sich zu bewegen, zu öffnen, und aktiv Partei zu ergreifen. Zum Finale hin hat Anton wenig mit der Person gemein, die wir am Anfang des Buches kennen gelernt haben. Trotzdem ist er beileibe kein strahlender, kein triumphierender Held. Anton leidet eigentlich das ganze Buch hindurch, und auch das Finale lässt ihn nicht unbedingt vollendet glücklich zurück. Der Leser kann eigentlich nur Mitleid mit ihm haben – ohne die Hintergründe der Geschehnisse die ihm widerfahren zu kennen, den auf ihn gerichteten magischen Gewalten hilflos ausgeliefert ist er eigentlich zum Scheitern verdammt. Insoweit bietet sich das Buch dem Leser in einer dusterer Stimmung an. Diese schon fast depressive Ausstrahlung passt sehr gut zu dem Bild von Moskau, das Lukianenko uns offenbart. Das ist keine strahlende, schöne, vor fröhlichem Leben überquellende Metropole, sondern ein Molch, in dessen verbarrikatierten Hochhäusern die Menschen vor sich hin vegetieren. Einzig die Berieselung durch das Fernsehen und der grosse Freund Wodka helfen über die Trostlosigkeit des Alltags hinweg.
Insgesamt ein anderes Buch, das einen Blick auf eine andere, uns fremde Welt bietet und gerade deswegen seine Leser bewegt.

hinzugefügt: September 28th 2005
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Heyne Verlag
Hits: 3793
Sprache: german

  

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