Kleudgen, Jörg: Cosmogenesis - Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek 5 (Buch)

Jörg Kleudgen
Cosmogenesis
Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek 5
Titelillustration: Mark Freier
Blitz Verlag, Paperback, 335 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-89840-925-2

Von Carsten Kuhr

Herausgeber Markus K. Korb wählt für die von ihm betreute Poe Edition alte, fast vergessene Meisterwerke ebenso aus, wie Texte aus der Feder aktueller Autoren. Verbindendes Kriterium ist neben der phantastischen Ausrichtung auch immer ein erfreulich hohes, gleichbleibendes Niveau des veröffentlichten Schrifttums.

Jörg Kleudgen war mir zumindest bis zu vorliegendem Band ein Unbekannter. Der 1968 bei Köln geborene Autor ist ein Mulititalent. Neben seinen Erzählungen glänzt er auch mit seiner Band „The House of Usher“ mit der er einen authentischen Gothik Stil pflegt und weit über die Grenzen unseres Landes hinaus aufgetreten ist. Immer wieder legte er in der Vergangenheit den Aufnahmen der Band phantastische Geschichten bei, von denen einige auch im vorliegenden Buch vertreten sind.

Vor Jahren erschien als Privatdruck unter gleichem Titel eine erste inhaltlich in der Zusammensetzung differierende Ausgabe die in kürzester Zeit vergriffen war. Für die Blitz Edition hat der Autor seine Geschichten überarbeitet, einige Stories, die keinen Bezug zu Cathay hatten weggelassen, und dafür neu verfasste Geschichten hinzugefügt.

Cathay ein Begriff, mit dem wir zunächst einmal eine der weltweit führenden Airlines verbinden. Cathay, ein Name der aber auch klingt, in dem Exotik mitschwingt. Cathay ein fiktiver Ort auf dem Indischen Subkontinent, ist der Schauplatz der phantastischen, verstörenden und ängstigenden Geschichten die Kleudgen für uns bereit hält.
Cathay, das ist ein Ort, der von deutschen Siedlern 1652 nach einem Schiffsbruch gegründet wurde. Während uns die Ureinwohner der Gegend recht fremd bleiben - sie werden als tumbe Geschöpfe ohne eigenständige Kultur oder großer Intelligenz dargestellt - wird die Stadt von europäischen Einflüssen geprägt. Es gibt mehrstockige Gebäude, die den venezianischen Dogenpalästen nachgebildet wurden, ein Wiener Kaffeehaus, tempelähnliche Bauten und Herrschaftshäuser. Verbindendes Element all dieser Bauten ist, dass sie zumeist mehrstockig unterkellert sind. In den Tiefen, aber auch in den Gebäuden selbst und den engen Gassen lauert dann das Phantastische auf uns. Ob es um das Haupt der Medusa geht, ob eine geschlossene Anstalt für psychisch Gestörte der Handlungsort ist oder ein Serienkiller sein Unwesen treibt, alle Berichte fußen zunächst in dem sehr real wirkenden Alltagsgeschehen der Küstenstadt, bevor sie zunächst fast unmerklich abgleiten in eine Schilderung der besonders verstörenden Art.

Insbesondere die atmosphärische Dichte die die jeweiligen Kurzgeschichten auszeichnet, aber auch die interessanten, nie alltäglichen Personen haben mich gefesselt. Ein ums andere Mal verstand es der Verfasser mich mit seiner jeweiligen Erzählung einzufangen, mich in die schwülstige, ja, morbide zu nennende Atmosphäre der Stadt zwischen Himalaja und Indischer Ozean zu entführen. Cathay ist ein besonderer Ort. Ein Ort, der das in ihm wohnende Unheil förmlich ausdünstet. Über die Jahrhunderte begleiten wir in den Geschichten den Niedergang der Metropole, die ihre Widerspiegelung in der zunehmenden Dekadenz der Bewohner Cathays findet.

Mit den Geschichten um und über Cathay hat Kleudgen einen ganz eigenständigen Kosmos der phantastischen Ängste geschaffen, der weit über das sonst den Buchmarkt beherrschende, meist anglo-amerikanisch dominierte Niveau hinausgeht und den jeder an der Phantastik Interessierte unbedingt gelesen - besser ausgedrückt: erlitten - haben sollte.

hinzugefügt: June 29th 2005
Tester: Carsten Kuhr
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