Henke/Dirks: Verfluchtes Malträtinum (Buch)

Kerstin Dirks & Sandra Henke
Verfluchtes Malträtinum
Erotische Horror-Geschichten
(Dark Heart Edition, Band 1)
Lacrima Verlag, Paperback, 253 Seiten, 12,50 EUR, ISBN 3-936972-03-6
Von Oliver Naujoks

Vorab: Dieser Band ist eine Mogelpackung.
Wenn im Untertitel von „erotischen Horror-Geschichten“ die Rede ist und im Klappentext steht: „...jede führt in einen anderen Höllenschlund und dennoch haben sie eins gemein = düstere Erotik“ ist das schlicht gelogen, denn viele der in diesem Band versammelten Geschichten haben keinerlei erotische Elemente. Hier soll nichts unterstellt werden, sicherlich ist dieses nur auf eine Nachlässigkeit der Herausgeber zurückzuführen, die wohl möglichst viele Geschichten der beiden Autorinnen unterbringen wollten. Die mangelnde Auswahl rächt sich dann auch. Dazu gleich.
Es bietet sich nicht an, die Geschichten, obwohl sie abwechselnd abgedruckt wurden, chronologisch zu besprechen, sondern eher nach Autorinnen geordnet, denn die beiden Damen könnten unterschiedlicher nicht sein.

Fangen wir mit Kerstin Dirks an, die in ihrer Vita am Ende des Bandes meint, sich für phantastische Geschichten mit der Formulierung „für junggebliebene Erwachsene“ entschuldigen zu müssen, weil wohl Phantastik von „richtigen“ Erwachsenen natürlich nicht goutiert wird. Diese antiquierte, verstaubte Auffassung von Phantastik wähnte man doch eigentlich längst tot und begraben.

Die gelungenste Geschichte von ihr ist gleich die erste, „Chassedy“, in welcher eine Dreiecksbeziehung geschildert wird, wobei die Geschichte mit einer Art „literarischer Split-Screen“ Technik aufwartet und mit Spielereien im Layout (normal/kursiv/fett) in schneller Schnittfolge jeweils das Geschehen aus der Perspektive einer dieser drei Personen dargestellt wird. Das funktioniert recht gut und ist reizvoll. Andere Geschichten kauen teilweise zu sehr alte Ideen wieder („Königin der Amazonen“, „Seelenspiegel“), lesen sich aber ganz ordentlich und erreichen in ihren besten Stellen sogar eine gewisse, wenn auch sehr dezente Sinnlichkeit.

Kommen wir nun zu Sandra Henke.
Während die Geschichten von Kerstin Dirks mehr in der Moderne angesiedelt sind, kommen bei Sandra Henke durch Burgen und Schlösser mehr gotischen Elemente zum tragen. Fernerhin ist bei ihr der Fall ganz anders gelagert als bei Kerstin Dirks denn ihr steht, diplomatischer kann der Verfasser dieser Zeilen es nicht formulieren, ein enormes sprachliches Unvermögen im Weg, das die Lektüre ihrer Geschichten zu einer Zumutung macht.
Was einem hier an gestelzten, verunglückten Sätzen (Wer will eine Geschichte lesen, die mit dem Satz: „Vollgesogene Regenwolken drückten auf mein verwirrtes Gemüt“ beginnt?), sprachlichen Schlampigkeiten (da kriechen Schauer den Rücken hinauf und nicht hinunter und Personen fliegen ständig herum, anstatt, was die Autorin meint, herumzufahren oder sich schnell umzudrehen), völlig schiefen, die Stimmung zerstörenden Metaphern (eine gefesselte Frau darf sich nicht weiter als eine Ameise bewegen; was hat eine Ameise hier zu suchen?!), schrecklichen Wörtern (ich habe noch nie ein so abscheuliches Wort für das weibliche Geschlechtsorgan gelesen wie ‚Libidomonopol’) und lebensfernen Dialogen (ein Monster wird als ‚Garstiges Vieh!’ bezeichnet, so redet doch kein Mensch!) geboten wird, macht schon wütend. Rufen diese Misslichkeiten in den meisten Fällen nur Kopfschütteln hervor, schlägt es manchmal gar in unfreiwillige Komik um. Wenn in der letzten Geschichte eine frustrierte Frau über ihren Diablo-spielenden Mann schimpft, fiel der Autorin nichts besseres ein, als diese Dialoge wegen der Erwähnung von Diablo mit ‚teuflischen’ Wortspielen zu versehen und man muß dann lesen:
„’Verdammter Kerl,’ zischte ich. ‚Für Dich existiert nur Dein Dämonisches Diablo-PC-Spiel.’“
Oder: „’Spiel weiter Diablo, Du Teufel’, schimpfte ich.“

Schlimm.

Seitenweise könnte man weitere solche Beispiele nennen, lassen wir es aber dabei bewenden. Da der Band dem Impressum zu Folge lektoriert wurde, kann man der Autorin nicht alleine die Schuld zuschieben. Abschließend staunt man nicht schlecht, wenn man in ihrer Vita liest, dass sie eine Kolumne namens „Schreib-Schnitzer oder Stilblüten?“ betreut...

Im Rahmen ihrer Geschichten stellt „Fatale Sinnlichkeit“ noch die beste dar, weil sie eine gelungene Pointe aufweist, während „Todes-Angst“ aufgrund einer dämlichen Ausgangsidee das absolute Schlusslicht bildet.

Sofern sich die Autorinnen überhaupt mal dem Thema „düstere Erotik“ nähern, geschieht dieses sehr, sehr zaghaft, man hat das Gefühl, dass sie sich dem Thema wohl nicht richtig stellen wollten.

Empfehlen kann man die Lektüre des Bandes aus den oben genannten Gründen nicht.

hinzugefügt: July 13th 2004
Tester: Oliver Naujoks
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