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Steinhövel, Andreas: Der mechanische Prinz (Buch)

Andreas Steinhövel
Der mechanische Prinz
Piper, Taschenbuch, 272 Seiten. 7,90 EUR, ISBN 3-492-26559-6

Von Gunther Barnewald

"Der mechanische Prinz" ist die Taschenbucherstausgabe eines Hardcovers, welches bereits 2003 bei Carlsen erschienen ist.
>br> Auf sehr lustige und pfiffige Weise berichtet der Autor von phantastischen Geschehnissen, die nicht nur verdammt unterhaltsam und spannend sind, sondern auch einen handfesten realen psychologischen Hintergrund zu haben scheinen.
Doch der Reihe nach: Ein bekannter Berliner Kinderbuchautor wird eines Tages mitten in Berlin von einem naseweisen elfjährigen Jungen angesprochen, der ihm unbedingt seine Geschichte erzählen will.
Der Autor ist natürlich zunächst angenervt und abgeneigt zuzuhören, zumal er seine Zuneigung zu Kindern sowieso eher hinter derb-lustigen Verbalinjurien versteckt und auch den Leser hier einigemal wunderbar damit erheitern kann.
Der Junge kann ihn aber schnell überzeugen, dass er tatsächlich etwas Außergewöhnliches erlebt hat. Schließlich erklärt sich der Autor bereit diese ungewöhnliche Geschichte niederzuschreiben, sogar fast ohne Veränderungen.

Max, so heißt der Junge, streift oft einsam durch Berlin und fährt mit den Bahnen, denn zuhause hat er wenig zu lachen. Seinen Eltern, die ständig rüde streiten und in einer Art Haßliebe gefangen scheinen, ist er herzlich egal. Max wird ignoriert, sogar seine Klamotten sind ihm oft zu klein, da die Eltern ihren Sohn völlig ignorieren, nicht einmal beachten, wie er angezogen ist oder was er sonst so macht.
Max hat auch keinen richtigen Freund, weder in der Schule noch außerhalb, außer dem starken Jan, mit dem es jedoch, wie sich im Verlauf der Erzählung herausstellen wird, eine besondere Bewandtnis hat.
Als Max eines Tages wieder mit der U-Bahn fahren will, trifft er einen seltsamen einarmigen Bettler, der Max ein goldenes Ticket überreicht. Max kann damit zuerst nichts anfangen. Erst als er entdeckt, dass dieses Ticket den Zugang zu Haltestellen gewährt, die auf dem Berliner Streckenplan überhaupt nicht verzeichnet sind, wird die Sache für ihn interessant. Ein anderes Kind mit goldenem Ticket, ein Mädchen namens Tanita, zeigt ihm wie man das Ticket verwendet.
Daraufhin gelangt Max in eine phantastische Welt namens “Nimmerland”, in der ihn eine gefährliche Prüfung erwartet, denn hier trifft er auf seine eigene Traurigkeit und droht in ihr zu versinken.
Diese Welten werden Refugien genannt und erst wenn man sich allen Ängsten und Problemen in verschiedenen Refugien gestellt hat, kann man nach “Tanelorn” gelangen, einer Welt des Schutzes und Selbstvertrauens.
Doch der Bettler hat Max vor den weiteren Prüfungen gewarnt. Denn das schlimmste sei ein Treffen mit einem Wesen namens “Der mechanische Prinz”, der den Jungen mit Sicherheit der härtesten Prüfung von allen unterziehen werde. Sollte Max die Prüfungen nicht bestehen, sei sein Herz für immer verloren, so die Informationen durch den Bettler und Tanita. Max drohe dann ein trost- und freudloses Schicksal in der Realität.
Schnell merkt Max, dass er nicht mehr aussteigen kann, es dafür längst zu spät ist, vielleicht sogar schon immer war...

Steinhövel hat sich mit "Der mechanische Prinz" ein überaus anrührende und intelligente Geschichte einfallen lassen, die zudem engen Bezug zur Realität vieler von den Eltern ignorierter Kinder hat. Mancher erwachsene Leser könnte sich hier wiedererkennen.
Dabei gelingt dem Autor scheinbar mühelos der Spagat zwischen Unterhaltung und Anregung.
Vor allem auf den ersten Seiten sorgt der derbe Humor des Kinder hassenden Schriftstellers für viel Amüsement. Später hält der spannende Handlungsverlauf den Leser in Atem.

Wer zwischen den Zeilen lesen möchte, für den hält das Buch einige wichtige Erkenntnisse über die emotionale Befindlichkeit vernachlässigter Kinder bereit.
Das Ganze ist eine nahezu perfekte Mischung und wenn dem Autor nicht das Ende der Erzählung etwas mißlungen wäre, könnte man mit Fug und Recht von einer perfekten Erzählung sprechen. Leider übertreibt der Autor zum Ende der Geschichte ziemlich kräftig.

Max´ überraschende Entdeckung, dass es sich bei dem Schriftsteller um eine bekannte Figur der Mythologie handeln soll, scheint aufgesetzt und ist der bis dato seriösen Geschichte eindeutig abträglich.
Die plötzliche (wenn auch nur geringe) Zuwendung der Eltern ihrem Sohn Max gegenüber gibt der Erzählung ebenfalls einen etwas faden Beigeschmack. Vor allem letzteres erscheint unglaubwürdig, zumal es ermutigender gewesen wäre, wenn Max seine Probleme dauerhaft alleine in den Griff bekommen hätte.

Sieht man von diesen beiden kleinen Einschränkungen ab, ist "Der mechanische Prinz" ungetrübte Lesefreude gepaart mit einer intelligenten Geschichte.
Das Buch läßt sich, je nach Sichtweise, als bunter und packender Abenteuerroman lesen, als aufrüttelnde emotionale Studie oder als beides. Jugendliche werden am vorliegenden Roman ebenso ihre Freude haben wie Erwachsene. Phantastikfans werden die abenteuerliche Handlung in den Refugien zu schätzen wissen und wer sich nicht scheut, seine Gefühle ansprechen zu lassen, wird ebenfalls gut bedient.

Eine äußerst empfehlenswerte Lektüre, wenn auch nicht rundum perfekt, so doch über alle Maßen unterhaltsam und zudem intellektuell anregend.

hinzugefügt: February 18th 2005
Tester: Gunther Barnewald
Punkte:
Hits: 3194
Sprache: german

  

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