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Bredemeyer, Mark: Runenzeit - Im Feuer der Chauken - Runenzeit-Saga 1 (Buch)

Mark Bredemeyer
Runenzeit - Im Feuer der Chauken
Runenzeit-Saga 1
Titelgestaltung von Kristina Gehrmann
Karten von Mark Bredemeyer
Autorenfoto von Jan Michael Pauls
Zaria Prophetia Verlag, 2009, Taschenbuch, 432 Seiten, 15,95 EUR, ISBN 978-3-941511-04-0

Von Irene Salzmann

Der Student Leon Hollerbeck hat wenig Ahnung von all den Möglichkeiten, die das Computerzeitalter bietet. Als ihm zwei Kommilitonen Satellitenfotos von dem Grundstück, das er von einem verschollenen Onkel geerbt hat, zeigen und Spuren zu erkennen sind, die darauf hinweisen, das es dort in früherer Zeit bereits Bauwerke, Grabhügel oder ähnliches gegeben hat, ist er Feuer und Flamme. Noch am selben Tag beginnt er, an der bezeichneten Stelle zu graben: Ob dort ein Schatz liegt?
Tatsächlich findet Leon einige kostbare Artefakte, um die er sich aber nicht länger kümmern kann, da er Besuch von seiner Freundin Julia bekommt. Als durch ein Versehen einige der Stücke ins Kaminfeuer fallen, beginnt das Unheil: Ein Feuersturm bricht los, und Leon verliert das Bewusstsein.
Als er wieder zu sich kommt, befindet er sich mitten in der Wildnis und weiß nicht, wie er aus dem Haus hinausgelangte. Auf der Suche nach dem Heimweg oder einem Menschen, der ihm die Richtung weisen kann, gerät Leon an eine Gruppe Berittener in seltsamen Gewändern, deren Sprache er nicht versteht. Dass es sich keineswegs um Rollenspieler handelt, wird ihm klar, als sie ihn gefangennehmen. Mit viel Glück kann er entkommen und wird von einem Schmied aufgenommen. Dieser lehrt ihn die Sprache und vieles mehr.
Und nun endlich erfährt Leon, was ihm zugestoßen ist: Ein Zauber versetzte ihn rund 2000 Jahre in die Vergangenheit, in eine Zeit, als die letzten freien Germanenstämme den römischen Besatzern erbitterten Widerstand leisteten. Gewehrschüsse verraten ihm, dass er nicht der Einzige ist, den dieses Schicksal ereilt hat. Aber wer von den Zeitreisenden ist der erhoffte Retter, der den Stämmen zum Sieg verhelfen soll?
Die Überraschungen sind für Leon, der sich nun Witandi nennt, noch immer nicht zu Ende. Er kann kaum glauben, wen er unverhofft wieder sieht. Nicht nur soll er sich entscheiden, auf wessen Seite er künftig kämpfen wird, auch zwei Frauen wünschen sich seine Liebe: die Chaukin Frilike und Julia, die ebenfalls durch das Portal gezogen wurde und seither viel durchgemacht hat…


Schon an der Ausstattung des Buchs merkt man, dass sich Mark Bredemeyer im Vorfeld intensiv mit dem Thema seines Erstlingswerks befasst und akribisch Informationen über die Ära um Christi Geburt, die Römer, die Langobarden und die Chauken zusammengetragen hat. Eingangs findet man zwei Karten, ferner Auszüge aus der „Edda“ und am Ende des Bandes ein sortiertes Verzeichnis von Personennamen und Begriffen mit Erläuterungen.
Die belegten Daten lieferten den Rahmen, den der Autor mit Spekulationen und viel Phantasie ausfüllte. Dabei greift er auf Motive zurück, die man zum Beispiel aus den Romanen Mark Twains und Diana Gabaldons kennt – die Zeitreise eines Menschen aus der Gegenwart in eine längst vergangene Ära, auf die er durch seine Kenntnisse Einfluss nimmt und/oder in der er sein Glück findet. Zudem bindet der Autor bekannte Funde und Fakten ein, die in jüngster Zeit bereits erfolgreich in anderen Büchern thematisiert wurden wie die Himmelsscheibe von „Nebra“ von Thomas Thiemeier und das Volk der Chauken in Uschi Flackes „Die Nacht des römischen Adlers“.
Von daher ist die Geschichte nicht wirklich neu, aber sie beschäftigt sich mit einem Hintergrund, der noch nicht ganz so ausgelaugt ist wie der „Avalon“- oder der „Highlander“-Mythos. Über die Logik, wenn Zeitreisen ins Spiel kommen, sollte man sich lieber keine Gedanken machen, denn die Fragen, ob man die Vergangenheit nachträglich verändern kann oder warum es keine Hinweise auf Anachronismen gibt, wurden vielfach diskutiert, ohne dass befriedigende Lösungen zu finden waren.

Aus der Perspektive seines Protagonisten Leon Hollerbeck schildert Mark Bredemeyer die Ereignisse und wechselt konsequent in die dritte Person, wenn ein anderer Schauplatz eine der weiteren Hauptfiguren in den Mittelpunkt rückt.
Nachvollziehbar beschreibt er die Begeisterung Leons bei der Schatzsuche, sein Entsetzen, als der Feuersturm ihn erfasst, die Sorge um Julia und seinen Hund, die Verwirrung, bis er die neue Situation zu akzeptieren beginnt, seine Verlegenheit, wenn er aus Unkenntnis in Fettnäpfchen tritt, die romantischen Gefühle für Frilike, die Ängste, als es zu Kampfhandlungen kommt. Stetig wird Leon weiterentwickelt, denn er lernt die Sprache seiner Gastgeber, die harte Arbeit in der Schmiede verbessert seine Kondition, Lektionen im Gebrauch von Waffen versetzen ihn in die Lage, sich zu verteidigen, seinen Kenntnissen verdankt er schließlich einen Platz im Lager der Chauken und den Namen Witandi.
Bei seinen Unternehmungen hat er auch immer eine gute Portion Glück, anders als Julia, die erfahren muss, wie wenig wert eine Frau in diesem barbarischen, von Männern dominierten Zeitalter ist. Sie muss Schlimmes erdulden, bis sich ein Hoffnungsschimmer für sie abzeichnet, und dann erwartet sie schon die nächste bittere Enttäuschung.
Richtig sympathisch sind die Charaktere nicht, was eigentlich nur an ein paar Kleinigkeiten liegt. Beispielsweise fühlt sich Leon bei seiner Schatzsuche von Julia gestört und empfindet ihre Beziehung als zu eng, was ihn aber nicht davon abhält, die Gelegenheit zu nutzen und mit ihr ins Bett zu springen. Die Studentin ist dann auch sehr schnell vergessen, kaum dass Frilike, die einem anderen versprochen ist, Leons Pfad kreuzt und ihm schöne Augen macht. Dass Julia aufgebracht ist, als sie davon erfährt, kaum dass sie einander gefunden haben, ist verständlich, doch der Autor lässt sie genauso zickig erscheinen wie Frilikes eifersüchtige Schwester.
Auch wundert man sich, wie lange Leon und Julia brauchen, bis sie herausfinden, dass sie durch die Zeit gereist sind. Für von der Zivilisation ‚verweichlichte’ Gegenwartsmenschen behaupten sie sich überaus gut, werden nicht krank, vertragen das ungewohnte Essen und die schwere Arbeit, passen sich an und erlernen geschwind das Notwendige – Leon, dank glücklicher Umstände und dem Vorteil, ein Mann zu sein, schneller als Julia (die nach der Vergewaltigung länger kränkelt). Das ist schon viel zu schön, um wahr zu sein.

Reichliches Augenmerk wird der Kultur der Chauken gewidmet, in etwas geringerem Umfang auch der der Römer und Langobarden. Mit Interesse liest man die Beschreibungen des täglichen Lebens dieser Völker, das man zusammen mit Leon kennenlernt. Seit er die Gegenwart hinter sich ließ, ist das Buch eher ein Historical als ein Fantasy, denn die Magie glimmt nur noch, um vielleicht bei Bedarf zu einem neuen Feuer entfacht zu werden.
Hin und wieder geraten Leon und jene, die ihm nahestehen, in große Gefahr. In solchen Momenten kommt endlich auch etwas Spannung auf. Ein bisschen mehr Action und Überraschungsmoment hätte der Handlung durchaus gut getan, da sie nur langsam vorankommt und manche Entwicklung vorhersehbar ist.
Mindestens ein weiterer Teil, der die vielen offenen Fragen beantworten wird, soll folgen. Bis dahin darf man spekulieren, zumal der Prolog auch so manchen Fingerzeig liefert.

Mark Bredemeyer schreibt flüssig und routiniert, man folgt seiner Erzählung gern. Einem Publikum, das traditionelle Historicals mit etwas Fantasy mag, bietet er genau das, was es erwartet: ein farbenfrohes, detailliert ausgearbeitetes Setting, vertraute Motive, nachvollziehbare Archetypen, die das Beste aus ihrer Situation machen, nicht zu viel Kampf und Tragödie, etwas Romantik, aber keinen expliziten Sex.
Liebt man die Romane von Wolfgang Hohlbein, Markus Heitz, Monika Felten oder Kai Meyer, dann wird man vielleicht auch der „Runenzeit-Saga“ eine Chance geben wollen.

hinzugefügt: November 30th 2009
Tester: Irene Salzmann
Punkte:
zugehöriger Link: Zaria Prophetia
Hits: 2428
Sprache: german

  

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