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Silbermond über Providence 1: Kinder des Abgrunds (Comic)

Eric Herenguel
Kinder des Abgrunds
Silbermond über Providence 1
(Lune d’argent sur Providence: Les enfants de l’abime, 2005)
Aus dem Französischen von Tanja Krämling
Titelgestaltung von Dirk Schulz
Splitter, 2008, Hardcover, 72 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-940864-79-6

Von Irene Salzmann

Providence, New Hampshire 1880: Als Cathy Gatling, die im Auftrag eines Notariats das Specer-Erbe erfassen soll, in der kleinen Ortschaft eintrifft, scheint sie einen idyllischen Flecken zu betreten. Die Aufnahme in der Pension ist freundlich, die kleine Simone ist ein aufgewecktes, hilfsbereites Mädchen, das Cathy sogleich herumführt, Sheriff James Stuart erweist sich als aufrechter, pflichtbewusster Mann, und auch die übrigen Pensionsgäste, so schrullig und redselig sie auch sein mögen, bilden offenbar eine angenehme Gesellschaft.
Einen kleinen Vorgeschmack, was auf Providence zukommt, erhält Cathy, als sie das Haus des verstorbenen Joseph Spencer sichtet. Das Schlachtfeld gibt ihr genauso Rätsel auf wie dem Sheriff. Wer oder was den alten Mann getötet hat, schlachtete auch sein Vieh auf bestialische Weise ab. Und es soll nicht bei diesem einen Vorfall bleiben: Zwei Cowboys und ein Junge werden zerfleischt aufgefunden.
Der Bürgermeister, der sich um seine Wählerstimmen sorgt, lässt jemanden kommen, der schnellere und bessere Arbeit als der Sheriff leisten soll. Vom ersten Tag an macht der Jäger Dixon deutlich, dass er vor drastischen Maßnahmen nicht zurückschreckt und er jeden erschießen wird, der ihm in die Quere kommt. Doch auch er kann nicht verhindern, dass es ein weiteres tragisches Opfer gibt. Die aufgebrachte Menge will den alten Indianer Ironcloud lynchen, der zur falschen Zeit am falschen Ort war…


Die große Zeit der Western-Comics („Yakari“, „Tom & Klein Biberherz“, „Die blauen Boys“, „Bessy“, „Silberpfeil“…) ist schon seit einer Weile vorbei und nur wenige von ihnen („Lucky Luke“, „Leutnant Blueberry“, „Bouncer“…) laufen immer noch. Hin und wieder wurde versucht, das Setting ‚Wilder Westen’ mit derzeit aktuellen Genres zu kombinieren, vorzugsweise mit Mystery/Horror („Preacher“), und auch der Bereich Manga/Manhwa warten mit einigen Versuchen auf („Stallion“, „Priest“).

„Silbermond über Providence“ ist ein Zweiteiler des französischen Künstlers Eric Herenguel. Auch er mischt eine Handlung, die in den USA des ausgehenden 19. Jahrhunderts angesiedelt ist, mit traditionellen Motiven wie dem alternden Großwildjäger, der immer noch glaubt, sein Colt sei Gesetz, mit den zivilisierten Vorgehensweisen eines modernen Sheriffs, geheimnisvollen Indianer-Legenden und Elementen des Horrors.
Geschickt baut der Künstler die Handlung auf: Er lädt den Leser in ein typisches kleinbürgerliches Nest ein und überrascht mit einem bizarren Mord, auf den schon bald weitere folgen und so das Idyll in ein Schreckensszenario verwandeln. Der Sheriff wirkt hilflos, denn von Seiten der Bevölkerung hat er keine Unterstützung zu erwarten, im Gegenteil. Diese verlässt sich lieber auf einen Revolvermann – und will ‚den Teufel mit dem Beelzebub austreiben’.
Die Suche nach einem Südenbock bringt prompt einen Unschuldigen in Lebensgefahr. Er scheint außerdem der Einzige zu sein, der etwas über den Hintergrund der Ereignisse weiß. Die wahren Schuldigen, die nach Macht gieren, halten sich dort verborgen, wo sie niemand vermutet. Erst Teil 2, „Wiedergeburt“, wird verraten, ob der Sheriff, Cathy, die mehr ist, als es zunächst den Anschein hatte, und Melvin Chevalier, ein ehrgeiziger Autor und frisch gebackener Hilfssheriff, das Rätsel lösen und weitere Morde verhindern können.

Die Geschichte wird von ansprechenden Bildern getragen, die in warmen, erdigen Tönen koloriert sind, aber kalt, bläulich und düster wirken, sobald Gefahr naht. Eric Herenguels Stil unterstreicht die Charakteristika des Westerns, seiner Archetypen und Themen, bindet zudem gekonnt mystische und splattrige Szenarien mit ein.
Im Anhang erzählt der Künstler, dass die Liebe zu den alten Western-Filmen schon früh den Wunsch in ihm weckte, einen Comic zu schaffen, der die Atmosphäre berühmter Leinwand-Klassiker der 1950er/60er Jahre wiedergibt – und das ist ihm hervorragend gelungen.

Wer schön gezeichnete, spannend-gruselige Comics mit einer Prise Humor mag, wird seine Freude an „Silbermond über Providence“ haben, vor allem da der Wilde Westen als Setting etwas Abwechslung bietet zwischen all den zeitgenössischen oder in einem viktorianisch anmutenden Europa spielenden Mystery-Stories. Der Plot fasziniert, die Charaktere sind sympathisch beziehungsweise zwielichtig und erfüllen ihre Rollen, der Cliffhanger am Ende macht neugierig auf die Fortsetzung – ein wirklich empfehlenswertes Album für Sammler und Genre-Fans!

hinzugefügt: August 22nd 2009
Tester: Irene Salzmann
Punkte:
zugehöriger Link: Splitter
Hits: 2064
Sprache: german

  

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