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Wallner, Michael: Blutherz (Buch)

Michael Wallner
Blutherz
cbt, 2009, Hardcover, 320 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-570-16046-6

Von Irene Salzmann

Samantha Halbrock, gerade 17 Jahre jung, ist glücklich, ihr ödes Heimatdörfchen Lower Liargo an der schottischen Grenze hinter sich gelassen und in London eine Stelle als Lernschwester in einer großen Klinik gefunden zu haben. Schon nach wenigen Tagen begegnet ihr der attraktive Taddeusz Kóranyi, der sie in einen exklusiven Club einlädt, aber trotz seines offensichtlichen Interesses recht zurückhaltend auf ihren spontanen Kuss reagiert.
Sam hat sich nach dieser Zurückweisung bereits damit abgefunden, Teddie nie mehr wieder zu sehen, als sie eine offizielle Einladung erhält und in der Villa der Kóranyis den anderen Gästen gewissermaßen als Teddies Freundin vorgestellt wird. Seltsam, findet Sam: Auf der einen Seite entwickelt sich ihre Beziehung in einem rasanten Tempo, andererseits wahren sie Distanz, obwohl sie sich nach mehr sehnen.
Die Verwirrung wächst, als Richard, Teddies jüngerer, schwächlicher Bruder, Sam eine kryptische Warnung zukommen lässt. Die folgenschwere Liebesnacht kann Richard jedoch nicht verhindern. Sam merkt bald, dass sie von Teddie schwanger ist – und das Kind wächst schneller als jeder normale Säugling.
Endlich begreift Sam: Sie wurde auserwählt, um einem Vampir das Leben zu schenken. Danach soll sie gewandelt werden oder sterben. Obwohl Teddie immer mehr Zuneigung für seine aufgeweckte Braut empfindet, ist er zu schwach, um sich dem Befehl seines Vaters, der Probleme befürchtet, zu widersetzen. Dafür beweist Richard, dass mehr in ihm steckt, als jeder ihm zugetraut hat. Und so beginnt eine wilde Flucht durch halb Europa auf der Suche nach einem Mittel, das Sam und das Baby vor den Vampiren retten kann…


Michael Wallner greift ein momentan populäres Thema auf: Ein junges, lebenslustiges Mädchen verliebt sich in einen Vampir. Obwohl sie ihren schönen Liebsten nicht vergessen kann, muss sie vor ihm fliehen, um das tragische Schicksal, das ihr und ihrem ungeborenen Kind droht, abwenden zu können. Ein unerwarteter Helfer steht ihr bei, und die tragische Romanze entwickelt sich zu einer Dreiecksbeziehung. Dieses Konzept half bereits Stephenie Meyer zum Durchbruch, liegt den Serien von zum Beispiel Lara Adrian und Mary Janice Davidson zugrunde und wird inzwischen von vielen Autorinnen und Autoren aufgegriffen – mit mehr oder minder expliziten Szenen.
Zunächst beginnt „Blutherz“ spannend und düster, wartet mit einem geheimnisvollen Lover und einer interessanten Background-Geschichte über die Vampire auf. Etwa in der Mitte jedoch ist ein Bruch spürbar, als Teddie sich nicht schützend vor Sam stellt und der Außenseiter Richard (Dickie) die Rolle ihres Gefährten übernimmt. Der lockere Ton ist plötzlich flapsig, die Figuren entwickeln sich immer mehr zu klischeehaften Genre-Archetypen, die Geschehnisse verlieren an Dramatik und tragen zunehmend die Züge einer Abenteuer-Komödie.
Dieser Wandel lässt sich auch beim Setting beobachten. Wurde zunächst der Krankenhaus-Alltag und das Leid der Kranken sehr realistisch beschrieben, innerhalb dieses Rahmens sogar das Thema ‚Organspende’ aufgegriffen, bringen schon bald die Schilderungen des Kóranyi-Anwesens das „Cinderella“-Motiv ins Spiel, das zu schön ist, um wahr zu sein, und natürlich platzt Sams Traum. Die Hetzjagd im Road-Movie-Stil bleibt aus, obwohl sich die Hauptfigur und ihr Begleiter auf eine Quest begeben. Im weiteren Verlauf bekommen sie es mit mysteriösen Sektierern zu tun und decken ein Geheimnis auf, das Sams Familie und die Vampire umgibt.
Zwar gehören Sams leidenschaftlichen Gefühle weiterhin dem Vater ihres Kindes, aber auf der Reise mit Richard lernt sie, die positiven Seiten des ungewöhnlichen Vampirs zu schätzen, der mit den Traditionen seiner Art brechen will. Irgendwann muss sie sich entscheiden, was bzw. wen sie eigentlich will. Und so bleibt das Buch ‚clean’, mit Ausnahme der einen Liebesnacht, bei der nicht weiter ins Detail gegangen wurde.
Der Roman ist so angelegt, dass er ein relativ rundes Ende bietet, aber bei Bedarf fortgesetzt werden kann.

„Blutherz“ ist ein Jugendbuch, das sich vor allem an Mädchen ab 14 Jahren wendet, durch das Thema aber auch reifere Genre-Fans neugierig machen wird.
Letztere werden allerdings nach dem vielversprechenden Anfang über den Bruch stolpern und sich spätestens ab diesem Punkt an den klischeehaften Ereignissen und Ungereimtheiten stören. Beispielsweise ist die Rolle der Sektierer recht diffus; man weiß lange nicht, ob sie Sam und Richard aufhalten sollen oder ihnen zu helfen versuchen und warum. Auch der Urvater der Vampire, der als Deus ex Machina eingreift, vermag seine Beweggründe nicht überzeugend zum Ausdruck zu bringen. Den Gipfel schießt allerdings Sam ab, die sich am Ende praktisch in eine Superheldin verwandelt, die ihren mächtigen Gegner mit Links zu Staub werden lässt.
Tatsächlich fragt man sich nach der Lektüre, ob der Autor eingangs mit Begeisterung an dieses Projekt herantrat, dann jedoch die Vielzahl vergleichbarer Titel entdeckte und sich nur noch lustig machte über die Romantic-Mystery-Welle und ihre Schemata. Man wird durchaus gut unterhalten, wenn man das Buch als Parodie betrachtet. Nimmt man es ernst, enttäuschen die mitunter simplen Lösungen und die Ansammlung von bekannten Genre-Motiven.

Das Buch ist flott geschrieben und ähnelt eingangs durch die Motive dem Polanski-Film „Rosemary’s Baby“, vor allem ab der zweiten Hälfte durch Umgangston und Action jedoch der populären TV-Serie „Buffy“. Ab dem Bruch liest sich die Story immer mehr wie eine Parodie, was vermuten lässt, dass der Autor die Handlung nicht mehr ernstnahm und mit den Klischees bloß noch spielte, statt die Charaktere weiterzuentwickeln, ihnen Tiefe zu verleihen und eine nachvollziehbare, spannende Handlung mit überraschenden Wendungen zu konstruieren. Es wäre sehr viel mehr möglich gewesen – ein Roman im Stil von „Bis(s) zum Morgengrauen“ -, doch der Autor verschenkte eine gute Chance.

hinzugefügt: August 7th 2009
Tester: Irene Salzmann
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