Welcome to Phantastik-News
 
 

  Inhalt

· Home
· Archiv
· Impressum
· Kino- & DVD-Vorschau
· News melden
· Newsletter abonnieren
· Rezensionen
· Suche
· Zum Forum!
 

  Newsletter

Newsletter-Abo
 

 
 

Perry Rhodan Kosmos-Chroniken 1: Reginald Bull, Hubert Haensel (Buch)

Perry Rhodan Kosmos-Chroniken 1
Hubert Haensel
Reginald Bull
Titelillustration von Johnny Bruck
Moewig, 2000, Hardcover, 496 Seiten, 15,80 EUR, ISBN 978-3-8118-2096-8

Von Kurt Kobler

Als Ende März 1999 das schöne bunte Infoposter mit den aktuellen und neusten VPM-Produkten hereinflatterte, stach nach kurzer Betrachtung neben dem „Gucky“-Kinderbuch sofort die Ankündigung einer neuen Buchreihe unter dem Obertitel „Kosmos-Chroniken“ ins Auge. Das erste Buch dieser Reihe, mit dem Titel „Reginald Bull“, sollte in Kürze erscheinen und vom Umfang und der Ausstattung her den bekannten Silberbänden entsprechen. Die Aussage, dass in Band 1 dieser Reihe die Handlung der ersten 700 „PR“-Romane – wenn man es genau nimmt, eigentlich der ersten 705 Romane – nochmals aus einem anderen Blickwinkel erzählt werden sollte, erfüllte dann doch mit tiefem Misstrauen und leichter Besorgnis. Schon öfters hatte dieser bei erfolgreichen Serien leider häufig zur Anwendung kommende Trick, dem Altmaterial nach Jahren noch etwas hinzuzufügen, den ursprünglichen Stoff leider nur verdreht und das alte Flair unnötig angekratzt.

Auf dem ThoreCon im April 1999 in Braunschweig gehörte anschließend die erste Ausgabe der Kosmos-Chroniken, neben der „Atlan“-CD-ROM, zu den meistdiskutierten und -hinterfragten VPM-Projekten, und man war allgemein überrascht über diesen vollkommen neuen VPM-Anschlag auf die Brieftaschen der Leser. Hier tauchte das besagte Infoposter nun auch erstmals offiziell auf.

Der Mann, der allerdings in Braunschweig am allermeisten überrascht war, war wohl niemand anderes als der Autor der „Chronik Nr. 1“ selber. Obwohl Hubert Haensel nach seiner Aussage gerade erst einige Vorarbeiten abgeschlossen hatte, für das eigentliche Buch jedoch noch keine Zeile zu Papier gebracht worden war, stand plötzlich schon ein vollkommen unrealistisches Erscheinungsdatum im Raum. Wie dieser merkwürdige Absprachefehler passieren konnte, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben. Die Vermutung liegt nahe, dass ‚ES’ hier seine Finger im Spiel und einen seiner berühmt-berüchtigten Scherze mit dem Autor getrieben hatte, der auf dem ThoreCon noch zu den ‚jungen Wilden’ gezählt wurde.

Nach Braunschweig machte sich Ex-Seewolf Hubert Haensel, von Arbeit und Termindruck geplagt, mit Feuereifer ans Werk, um die nun geschürte Erwartung der Leser schnellstens zu erfüllen. Es folgten einige Monate, die ausgefüllt waren mit harten und aufreibenden schriftstellerischen Anstrengungen (siehe Werkstattbericht in „SOL“ Nr. 19), wobei noch erschwerend hinzukam, dass Hubert neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller noch einer ‚ehrlichen’ Arbeit nachgehen muss.

Ein Jahr später lag das Ergebnis mühevoller Recherche und monatelanger Schreibarbeit in gedruckter Form vor. Ein Buch, das dem Leser mit mehr als 1600 Jahren „PR“-Geschichte aus der Sicht von Reginald Bull, besser bekannt als Bully, einen spannenden Rückblick in vergangene Zeiten erlauben sollte. Mit dem damit vorgestellten Konzept der Neuverwertung muss man sich als Leser erst einmal etwas anfreunden, und manch potentieller Käufer wird sicher zunächst gestutzt und sich überlegt haben, was denn Bully überhaupt interessantes Neues erzählen könnte, um die – damals - 29,80 DM für diesen Band zu rechtfertigen.

Der Name Bull wird leider zu oft mit den Bezeichnungen Statthalter oder ewiger Stellvertreter in Verbindung gebracht. Unglücklicherweise erfüllte Bully diese Funktion in der Romanserie tatsächlich viel zu lange; später verschwand er ganz im Hintergrund der Handlung und gesellte sich zu der Gruppe der gesichtslos und austauschbar gewordenen Zellaktivatorträger. Nur in einigen Taschenbüchern konnten manche Autoren mit dem entscheidungs- und durchsetzungsfreudigen Bull noch etwas anfangen. In der Hauptserie verkümmerte dieser interessante und lebendige Charakter über viele Jahre zum totalen Niemand, bis man ihn in jüngerer Zeit endlich wieder entdeckte. Nach einer langen Phase im Schatten von Atlan und Perry Rhodan erfüllt Bully nun wieder die Funktion als markante Persönlichkeit, die ihm Karl-Herbert Scheer damals in den Anfängen wohl zugedacht hatte: eine verlässliche, ehrliche Person, die mit hochgekrempelten Ärmeln zu agieren vermag. So stellte sich Bully zumindest in den ersten 50 Romanen da, bis er über die Maßen als lustiger rothaariger Dicker für komische Situationen, zum Beispiel als Mausbiberspielzeug, herhalten musste und dann schließlich fast gänzlich von der Bildfläche verschwand.

Hubert Haensel bemüht sich nun in seinem Roman, genau diesen alten Bull zu zeigen, an dem scheinbar auch eine gewisse Superintelligenz Gefallen gefunden hatte: Vielleicht habe ich einen Narren an dir gefressen, Reginald Bull – Und möglicherweise sind wir uns ähnlicher als du denkst. Allerdings wird der ehemalige Staatsmarschall des Solaren Imperiums nicht nur wohltuend als der Abenteurer und der Raumfahrer geschildert, sondern es bleibt genug Raum für die persönlichen Gedankengänge des Menschen Bull übrig.

Ob die Rahmenhandlung im Mahlstrom der Sterne, in die Bullys Lebensgeschichte als Rückerinnerung eingebettet ist, so ideal war, oder ob es vielleicht glücklicher gewesen wäre, den dafür verwendeten Platz komplett für Erinnerungen zu nutzen, muss sich jeder Leser selber beantworten. Klaus N. Fricks Idee, mal eben in knapp 500 Seiten mehr als 700 „PR“-Hefte zu durchwandern, ist keine leicht zu bewältigende Aufgabe. Dabei orientiert sich der Autor fast vollkommen fehlerfrei und sehr genau an der „PR“-Historie und versucht, es sich nicht durch irgendwelche Kunstgriffe leicht zu machen. Die „PR“-Geschichte wird zum größten Teil nur beiläufig in Form von Zeittafeln und Kurzabrissen gestreift, und lediglich besonders interessante Ereignisse werden von Bull in der Ich-Erzählform etwas näher erläutert.

Ausführlich wird Reginald Bull von Hubert Haensel allein in dokumentierten Situationen geschildert, die in der Heftserie seinerzeit nur am Rande berücksichtigt wurden.

So wird die Mondladung und die Gründung der Dritten Macht etwas knapp beschrieben; hier geht es mehr um den Privatmann Bull und nicht um den überzeugten Weggefährten Perry Rhodans. So wird beispielsweise auch wieder versäumt zu erläutern, welche Gründe Captain Bull wirklich dazu bewogen haben, seine Rangabzeichen ebenfalls in den Sand der Wüste Gobi zu werfen, wenn Bull auch im Laufe des Romans einiges hinterfragt und durchdenkt.
Nach einem Kapitel, das ebenfalls mehr den privaten Bull vor dem Hintergrund einiger Begebenheiten in den Aufbaujahren der Explorerflotte zeigt, liegt der Schwerpunkt des Buches in dramatischen Episoden während des Feldzuges in Andromeda und der Bedrohung des SolSystems durch die zweite Schwingungsmacht. Hier kann der Autor auf gesichertem Terrain den Macher Bull voll ausspielen und der damaligen Handlung noch einige positive Abschnitte beifügen.

Der Rest des Buches wirkt dagegen etwas gehetzt; alle dem Dolan-Krieg folgenden Ereignisse auf der kosmischen Bühne werden - von Ovaron über den Schwarm, das kosmische Schachspiel und die Laren, bis zur Flucht vor den Aphilikern durch den Mahlstrom - im Schnelldurchgang abgehakt, ohne dass Bull besondere Akzente setzen kann. Sicher wird hier auch etwas viel vom Autor verlangt, und es stellt sich die Frage, ob dieser Zeitrahmen von 1600 Jahren unbedingt sein musste. Besonders der 1000-Jahre-Sprung ins Jahr 3430, in dem besonders Bull fast total von der Bildfläche verschwand, ist selbst heute noch, trotz verschiedener Nachschlagewerke wie z. B. der „Jahrmillionen-Chronik“, ein historisch etwas schwieriges Terrain.

Trotzdem liegt mit der von Hubert Haensel gefunden Kompromisslösung ein sehr schönes und mit viel Mühe erstelltes Buch vor, das sich leicht und spannend durchlesen lässt. Es lädt den Altleser ebenso zum Wiederlesen wie den Neuleser zum Neulesen der alten Geschichten ein.
Auch der Kunstgriff, altes noch mal neu zu erzählen, ist gelungen; und dies ohne das dem Altmaterial damit Schaden zugefügt wurde. Ganz in Gegenteil: Die Figur Reginald Bull gewinnt durch dieses Buch einiges an interessantem Profil zurück, und auch dem „PR“-Kosmos werden ein paar schöne Mosaiksteinchen beigefügt.

hinzugefügt: June 12th 2009
Tester: Kurt Kobler
Punkte:
zugehöriger Link: Website zur Serie
Hits: 2662
Sprache:

  

[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ]