Welcome to Phantastik-News
 
 

  Inhalt

· Home
· Archiv
· Impressum
· Kino- & DVD-Vorschau
· News melden
· Newsletter abonnieren
· Rezensionen
· Suche
· Zum Forum!
 

  Newsletter

Newsletter-Abo
 

 
 

Kizu (Comic)

Otsuichi & Hiro Kiyohara
Kizu
Aus dem Japanischen von Burkhard Höfler
EMA, 2009, Taschenbuch, 202 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-7704-7024-2

Von Irene Salzmann

Sammler, die sich den Manga „Kizu“ als deutsche Erstveröffentlichung von EMA kaufen, werden schon nach wenigen Seiten feststellen, dass sie die Story bereits kennen.
Otsuichi (auch Otsu-ichi, Adachi Hirotaka) publizierte die Geschichte erstmals 2001 als Novel innerhalb des Bandes „Calling You“, in dem zwei weitere Erzählungen zu finden sind. 2003 folgte die gleichnamige Manga-Adaption. In dieser wurden nur die Titel-Story und „Kizu“ veröffentlicht, grafisch umgesetzt von Setsuri Tsuzuki im Shojo-Stil. Dieser Band erschien im September 2007 bei Panini; „Kizu“ wurde darin unter dem Titel „Kiz/Kids“ abgedruckt. Wer gern einen Blick auf das Artwork der Künstlerin werfen möchte, findet ihre Website hier: http://setsuri.raindrop.jp/. Zu „Calling You“ und „Kizu“ wurden außerdem Drama-CDs veröffentlicht, und Filme kamen in die Kinos (2007 und 2008). Etwa zeitgleich mit dem Movie wurde „Kizu“ 2008 noch einmal als Manga aufgelegt, diesmal jedoch im Seinen-Stil, illustriert von Hiro Kiyohara (über den leider keine Informationen vorliegen).
Letztere Version ist nun unter dem Adult Label von EMA erschienen, gezeichnet in einem klaren, realistischen Stil, der ein reiferes Publikum anspricht und auch Lesern gefällt, die sich im Allgemeinen nichts aus Mangas machen. Thematisiert werden Tabus wie Gleichgültigkeit und Gewalt innerhalb der Familie, sozialer Abstieg und Ausgrenzung aus der Gesellschaft, Mobbing und Abschiebung auf Sonderschulen/Heime, Rache – aber auch Freundschaft und Zuneigung, Verständnis, Reue und Hoffnung. Verpackt sind die ernsten Konflikte in eine phantastische Handlung, die die dramatischen Geschehnisse jedoch nicht verharmlost, sondern aufzeigt, dass selbst ein ‚Was wäre wenn…’-Szenario keine Patent-Lösungen bereithält.


Keigos Vater kann den Arbeitsplatzverlust nicht verkraften und beginnt schließlich, Frau und Sohn zu misshandeln. In der Schule fällt der Junge auf, weil er sich gegen Spott und Verachtung mit seinen Fäusten wehrt. Schnell schiebt man ihn in eine Sonderschule ab, wo er unter behinderten Kindern zum ersten Mal glücklich ist, da ihn niemand schikaniert. Das gleiche Schicksal widerfährt auch Asato.
Als sich die beiden anfreunden, erfährt Keigo von Asatos Geheimnis: Der etwas jüngere Spielgefährte ist fähig, Verletzungen zu heilen, indem er die Wunden auf seinen eigenen Körper überträgt. Er tut es gern, denn geteiltes Leid ist halbes Leid, und er möchte zu etwas nutze sein.
Schließlich helfen die beiden auch anderen Kindern, um sie glücklich und schmerzfrei zu sehen. Keigo überredet Asato, die Wunden weiterzugeben an Keigos Vater, der im Sterben liegt. Sie befreien auch die junge Eisverkäuferin Shiho von einer Brandnarbe im Gesicht. Doch dann erleben die Jungen Enttäuschungen. Shiho verschwindet spurlos, vermutlich um ein neues Leben zu beginnen, und Keigos Vater stirbt.
Plötzlich erinnert sich Keigo, dass er nicht nur schlechte Zeiten erlebte. Er bereut, was er seinem Vater antat und bittet Asato, die Wunden vom Körper des Vaters zu nehmen und auf Keigo zu übertragen. Asato weigert sich, denn er hat schon lange einen Entschluss gefasst - und Keigo erlebt eine Überraschung…


Der Autor schildert einfühlsam den Kummer der Hauptfiguren, so dass die kleinen Freuden, die sie erleben, um so mehr zu Herzen gehen. Es scheint charakteristisch für unsere Gesellschaft zu sein, dass Notleidende keine Hilfe erfahren, sondern obendrein bestraft werden durch Ignoranz, Isolation und Mobbing. Keigo und Asato schaffen sich vorübergehend eine Traumwelt, werden dann jedoch von der Realität eingeholt, Asato früher als Keigo. Letztlich geben sie einander den Halt, den jeder von ihnen braucht, und erkennen, dass ihr Leben trotz allem, was ihnen zugefügt wurde, lebenswert ist, da es Menschen gibt, die sie brauchen.
„Kizu“ (Wortspiel: jap. ‚Wunde’, gesprochen wie ‚Kids’ = lässt sich ‚verwundete Kinder’ interpretieren) ist ein ungewöhnlicher Manga, den man nicht so schnell vergisst. Titel wie diese machen deutlich, dass nicht jeder Comic reine Unterhaltung bietet, oberflächlich, schrill und krawallig ist, sondern dass sehr wohl ernste, zum Nachdenken anregende Themen umgesetzt werden, die sich an eine erwachsene Leserschaft mit gehobenen Ansprüchen wenden.
Interessiert man sich für Titel, die etwas abseits des gängigen Manga-Programms für Kiddies angesiedelt sind, darunter „Goth“ (ebenfalls geschrieben von Otsuichi), „Holiday“ (Otsuichi und Hiro Kiyohara), „Homunculus“, „Monster“ etc., dann dürfte auch „Kizu“ die Erwartungen erfüllen.

hinzugefügt: May 2nd 2009
Tester: Irene Salzmann
Punkte:
zugehöriger Link: EMA
Hits: 2509
Sprache:

  

[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ]