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Sleeper 2: Die Schlinge zieht sich zu (Comic)

Sleeper 2
Die Schlinge zieht sich zu
(Sleeper – All False Moves)
Autor: Ed Brubaker
Zeichnungen: Sean Phillips
Farben: Rony Avina mit Randy Mayor
Übersetzung: Maria Morlock
Lettering: Amigo Grafik
Cross Cult, 2009, Hardcover, 144 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-936480-72-6

Von Frank Drehmel

Seit Holden Carvers Verbindungsmann, John Lynch, im Koma liegt, ist der Agent auf sich alleine gestellt; und allmählich zieht sich die Schlinge um seinen Hals zu, denn in Taos Organisation weiß man längst, dass ein Maulwurf die eigenen Reihen infiltriert hat. Insbesondere im beängstigten Peter Grimm findet Carver einen Gegenspieler, der nicht nur skrupellos, sondern auch intelligent und mächtig ist.
In dieser Situation nimmt ein Gewährsmann Lynchs, der gealterte Ex-Spion Sir Malcolm Jones, Kontakt zu Carver auf und bietet ihm an, ihn aus der Organisation auszuschleusen. Der Agent willigt in den Plan ein, nicht zuletzt, weil ihn das Auftauchen Jones auf der Bildfläche einer Kompromittierung ein ganzes Stück näher bringt.
Doch es ist zu spät. Die Gefolgsleute Taos greifen sich Jones, um ihn unter Folter nach seinen Plänen zu befragen. Zwar gelingt es Carver, den alten Mann zu befreien, doch während der Flucht erliegt Jones einem Herzleiden, sodass der Agent zum einen wieder auf sich allein gestellt ist und zum anderen sämtliche Spuren, die auf ihn hinweisen, vor Grimms Zugriff beseitigen muss.
Zurück im Syndikat erhält er den Auftrag, gemeinsam mit Genocide und Misery ein Artefakt mit großer symbolischer Bedeutung zu stehlen, den Stab der Kleopatra. Was sich zunächst als einfacher Einbruch ausnimmt, entwickelt sich zu einem Desaster, denn der Auftrag stellt sich als Falle heraus, gestellt von Marc Slayton, einem ehemaligen Mitarbeiter John Lynchs, der Carver, den er auf der Seite des Bösen vermutet, über die Pläne des Verbrechergenies Tao befragen will. Genocide stirbt während Slaytons Zugriff, Carver und Misery geraten in Gefangenschaft.
Nach Tagen der Verhöre und Folter befreien Taos Truppen die Gefangenen, allerdings will Carver nicht zurück in den Schoß der Organisation und ergreift unmittelbar die Flucht. Drei Wochen später stellen Tao und Grimm den Flüchtigen auf den Bermudainseln, doch anstatt ihn zu töten, macht der große Manipulator dem Agenten Lynchs ein verstörendes wie verlockendes Angebot.


Das vorliegende Hardcover enthält die Bände 7 bis 12 der zwölfteiligen ersten „Sleeper“-Mini-Serie - im TV-Show-Bereich würde man an dieser Stelle von Season sprechen -, die zwischen März 2003 und März 2004 unter dem Wildstorm-Imprint des DC-Verlags erschien und die Ed Brubaker in die Reihe der erfolgreichsten Autoren der US-amerikanischen Comic-Szene katapultierte.
Wie schon in „Point Blank“ - einer Art Prequel zu „Sleeper“ - und „Das Schaf im Wolfspelz“ erzählt Brubaker eine komplexe, atmosphärisch außerordentlich dichte und intensive Geschichte „Noir“, in der die Protagonisten an den Hardboiled-Archetypus der amerikanischen Kriminalliteratur angelehnt sind.
Auch wenn dem Leser in Rückblenden – ein Stilmittel, das der Autor mit großem Geschick einsetzt, um Motive zu beleuchten und Kausalketten, welche Konsequenzen mit Entscheidungen verbinden, offenzulegen – Nebenfiguren wie Genocide und Tao nahegebracht werden, so liegt der Schwerpunkt der Story zweifelsohne auf Holden Carver.
Isoliert von Lynchs Führung ist ihm der moralische Kompass abhanden gekommen, das Ziel seiner Mission, das, was ihn bewogen hat, als Agent tätigt zu werden. Für Carver geht es nur noch ums nackte Überleben und eben diesem Kampf opfert er das letzte Quäntchen moralischer Integrität indem er sogar Unschuldige ermordet und letztendlich in seiner Gewaltanwendung maßlos agiert. Nachdem die erhoffte Erlösung aus seinen Dilemmata durch Malcolm Jones scheitert und ihm Tao einen Spiegel vorhält, der ein Monster zeigt, weicht Carvers verzweifeltes Aufbegehren gegen die Umstände der resignativen Erkenntnis der eigenen Unfreiheit. Was allerdings aus dieser Resignation erwachsen wird, ist noch vollkommen offen. Und genau diese Unvorhersehbarkeit in der Entwicklung der Charaktere, ihre tiefe Ambivalenz, ist eine der großen Stärken der Story Brubakers.

Zum exzellenten Gesamteindruck trägt maßgeblich das Artwork des Zeichners Phillips und seiner Koloristen bei, die Brubakers Visionen in entsprechend düsteren, harten Bildern visualisieren. Ein besonderes Merkmal Phillips' Kunst ist die sehr freie, der Story untergeordnete Positionierung der rechteckigen Panels unterschiedlichster Größe, in der sich ein cineastischer Ansatz ausmachen lässt.

Ungewohnt spärlich für Cross-Cult-Verhältnisse fällt diesmal der redaktionelle Teil des Hardcoverbandes aus. Neben einer halbseitigen Zusammenfassung der bisherigen Geschichte, liefert lediglich ein zweiseitiger Artikel Jochen Eckes über den künstlerischen Werdegang Sean Phillips weiterführende Informationen.

Fazit: Ambivalente Charaktere in einer düsteren, dichten Story sowie das beeindruckende Artwork machen diesen zweiten „Sleeper“-Band zu einer uneingeschränkten Empfehlung für Freunde harter, schwarzer Krimis.

hinzugefügt: April 9th 2009
Tester: Frank Drehmel
Punkte:
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