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Sedia, Ekaterina: Die geheime Geschichte Moskaus (Buch)

Ekaterina Sedia
Die geheime Geschichte Moskaus
(The Secret History of Moscow, 2007)
Ins Deutsche übertragen von Olaf Schenk
Klett-Cotta, 2009, Hardcover, 328 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-608-93873-9

Von Gunther Barnewald

Durch den Erfolg der „Wächter“-Trilogie von Sergej Lukianenko boomt in Deutschland derzeit russische Phantastik. Da ist es nur folgerichtig, dass auch Klett-Cotta mit dem vorliegenden Roman an diesem Erfolg teilhaben will, auch wenn die Autorin in den USA lebt und das Buch im Original auch in der dort üblichen Landessprache erschienen ist.
Inhaltlich ist „Die geheime Geschichte Moskaus“ jedoch wirklich eigenständige Russische Phantastik, spielt die Autorin doch geschickt mit den dortigen Mythen und Märchen. Auch wenn Sedias Erstling nicht mit dem genialen Debüt „Metro 2033“ von Dmitry Glukhovsky (erschienen als Paperback bei Heyne) mithalten kann, so gelingt ihr doch ein äußerst unterhaltsames und anregendes Werk, welches sich inhaltlich gar nicht mit Glukhovskys Werk vergleichen lässt.


Alles beginnt damit, dass die junge Moskauerin Galina Zeugin wird, wie ihre jüngere Schwester nach der abrupten Geburt eines Kindes scheinbar spurlos aus dem verschlossenen Badezimmer der häuslichen Wohnung verschwindet. Auch vor und unterhalb des Badezimmerfensters befindet sich niemand, nur ein einsamer Vogel kreist vor dem Fenster. Da Galina als verrückt gilt und auch schon einige Zeit wegen ihrer merkwürdigen Wahrnehmungen in der Psychiatrie weilte, würde ihr niemand glauben, dass sie in der kreisenden Dohle ihre Schwester wiederzuerkennen glaubt.
Doch bald darauf verwandeln sich immer mehr Moskauer in Vögel und Galina und der Polizist Jakov machen sich auf die Suche nach des Rätsels Lösung. Aber erst der häufig angetrunkene Maler Fjodor, der als eine Art Stadtstreicher in Moskau lebt, zeigt den beiden den Weg in eine jenseitige Welt unterhalb der Stadt. Durch von der Realität abweichende Spiegelbilder in Pfützen oder auf Fensterscheiben fahrender Züge kann man eindringen in die phantastische Welt unterhalb der Stadt.
Hierhin haben sich die meisten russischen Mythen- und Legendenwesen zurückgezogen, so die Kuh Zemun, die dereinst die Milchstraße erschaffen hat, der unsterbliche Kaschtschei, der seinen eigenen Tod gebannt hat, und viele andere Sagenwesen. Aber auch viele dereinst verfolgte oder verzweifelte Menschen finden sich in der jenseitigen Welt, in der man nicht mehr zu altern scheint. Neben einer vom Pogrom dereinst bedrohten jüdischen Familie findet Jakov auch seinen Großvater wieder, der vor dem Geheimdienst floh und hier eine Bar betreibt, in der alle zu verkehren scheinen.
Galina, Jakov und Fjodor verbünden sich mit den Sagengestalten und den geflohenen Menschen, denn hinter der massenhaften Verwandlung von Bewohnern Moskaus scheint ein finsterer Plan zu stecken, bei dem sich die kriminelle Moskauer Unterwelt mit jemand Mächtigem aus der jenseitigen Welt verbündet zu haben scheint, um die Grenze zwischen den beiden Welten aufzuheben und die Macht zu ergreifen.
Während Galina verzweifelt versucht, ihre Schwester wieder zu finden und von ihrem Fluch zu befreien, gelingt es Kaschtschei einen ermordeten Kleinganoven wiederzuerwecken, der einem mächtigen örtlichen Schutzgelderpresser unterstand und getötet wurde, weil er zu viel wusste.
Immer mehr verdichtet sich das Bild einer Existenz bedrohenden Verschwörung, deren Rädelsführer sogar über die Fähigkeit zu verfügen scheinen, menschliche Seelen in Edelsteine zu bannen und so für ewig gefangennehmen zu können.
Eine gewaltige Bedrohung für alle Menschen, vor allem für die Moskaus, sollte der Gefahr nicht bald Einhalt geboten werden...


Neben der dichten Atmosphäre muss vor allem die stilistische Fähigkeit der Autorin hervo gehoben werden, die dermaßen unauffällig und unspektakulär schreibt, dass es schon fast wieder als genial bezeichnet werden muss.
Auch wenn der westliche Leser die russischen Mythologien kaum kennen dürfte (neben Väterchen Frost, der hier einen Gastauftritt hat, fehlt leider die berühmte Baba Jaga, die Hexe, die in dem Haus auf den Hühnerbeinen lebt; beide dürften so ziemlich die einzigen sein, die der westliche Leser kennt), so macht doch der bunte Kosmos der russischen Sagen und Märchen großen Spaß.

„Die geheime Geschichte Moskaus“ ist einfach Lesespaß pur, garniert mit interessanten und gut ausgearbeiteten Charakteren (so sind viele einzelne Kapitel bestimmten Personen gewidmet und erzählen die Geschichte und oft auch die Vorgeschichte dieser Protagonisten aus deren Sicht) und einer packenden Handlung.
Ein unbedingt empfehlenswertes Buch!

hinzugefügt: March 9th 2009
Tester: Gunther Barnewald
Punkte:
zugehöriger Link: Klett Cotta
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