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Bite Club 1 (Comic)

Bite Club
Autoren Howard Chaykin & David Tischman
Zeichnungen: David Hahn
Farben: David Miller
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Lettering: Walproject
Panini, 2008, Paperback mit Klappenbroschur, 140 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-647-1

Von Frank Drehmel

Obgleich Vampire in Miami zum Straßenbild gehören - nach aktuellen Statistiken sollen 300.000 Blutsauger in der Stadt leben -, sind sie vielen normalen Menschen ein Dorn im Auge. Der Grund dafür mag sein, dass die nachtaktiven Mitbürger öfter als andere mit organisierter Kriminalität befasst sind, was ihnen wiederum die besondere Aufmerksamkeit von Miamis Vampire Crime Unit beschert. Und deren Glocken schlagen Alarm, als Vampir Eduardo Del Toros, der Pate von Miami, auf unschöne Weise vom Leben zum Tode befördert wird.
Doch nicht nur der Polizei bereitet dieser Mord Sorgen, auch innerhalb der Familie macht man sich Gedanken ... in erster Linie über einen würdigen Nachfolger. Die Auswahl an skrupellosen Clan-Mitgliedern ist zwar groß, doch der alte Pate bestimmt testamentarisch ausgerechnet Leto Del Toros.
Leto ist das, was die Del Toros ein schwarzes Schaf nennen würden; und das liegt nicht nur an der Farbe der Soutane, die er zu tragen pflegt. Leto hat sich vom Clan losgesagt und entschieden, den Weg eines Gottesmannes zu beschreiten.
Während man innerhalb und außerhalb der Familie nach dem Mörder Eduardos fahndet, versucht Leto, sich über seine zukünftige Rolle klar zu werden. Noch tendiert er zu „Priester”, aber sein Clan und das Schicksal arbeiten daran, ihn eines Besseren zu belehren.


In Anspielung auf die blut(ver)zehrende Lebensweise der Familie Del Toros wählten die Autoren zwar den Titel „Bite Club”, aber die Tatsache, dass es sich bei den Mafiosi um Vampire handelt ist für die Geschichte von untergeordneter Bedeutung.
Die Probleme, mit denen sich die Blutsauger rumschlagen müssen, sind nämlich ganz irdische, angefangen bei Eifersüchteleien innerhalb der Familie, Ärger mit den Kindern, die mangelnde Akzeptanz durch die menschlichen Mitbürger über das Planen illegaler Transaktionen bis hin zu der Auseinandersetzung mit karrierebewussten Polizisten. Im Grunde handelt es sich also bei den Del Toros um eine ganz „gewöhnliche” Mafia-Familie wie die Corleones oder die Sopranos, die jedem Genre-Fan ein Begriff sein sollten. Der einzige signifikante Unterschied zu normalen Menschen besteht darin, dass die Vampire auf Grund ihres Wesens den Hang zu einem dekadenteren, exzessiveren Lebensstil haben und sie an den sonnigen Stränden Miamis Sonnenöl mit LSF 150 benötigen.

Chaykins und Tischmans „Bite Club” ist also eine klassische Krimi-Geschichte, in der der Vampirismus als bloße Metapher für Andersartigkeit gesehen werden kann, ähnlich der, die sizilianische Auswanderer im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts im amerikanischen Exil verband, und die sich um ein klassische literarisches Thema rankt: die Auflehnung gegen den eigenen Vater sowie das Scheitern dieses Aufbegehrens, das, unabhängig davon, welchen Weg man wählt - den des Friedens so wie Leto oder den der Gewalt wie Danny -, letztendlich doch im Schoße der Familie endet. Die ersehnte Freiheit finden die Protagonisten erst im Tod. Dieses Comic lebt von der Psychologie der Figuren und nicht - wie man angesichts des Titels vermuten könnte - von Action bzw. Gewalt. Nicht die wenigen brutalen Szenen, die grafisch zudem fürs Genre ungewöhnlich zurückhaltend illustriert sind, sondern in erster Linie Dialoge transportieren die komplizierte und komplexe Geschichte.

Das Artwork der beiden beteiligten Künstler ist so ungewöhnlich wie die Story selbst. Hahns sehr klarer, zurückhaltender Duktus bildet Figuren wie Objekte in Umrissen eher flächig und statisch ab. Da der Zeichner auf formgebende Schraffuren verzichtet, erhalten die Bilder ihre Tiefe zeichnerisch zum einen durch die Perspektive, zum anderen durch die mit großer Zurückhaltung eingesetzten Verschattungen sowie im Bereich der Bekleidung durch wenige, die Faltenwürfe akzentuierende Striche. Dadurch weisen die Zeichnungen einen fast schon toonhaften Zug auf, der durch die Kolorierung Millers allerdings wieder weitgehend aufgehoben wird.
Um einzelne Szenen gegeneinander abzugrenzen verwendet Miller unterschiedliche, pastellhafte Farbtöne, die innerhalb der Szenen um nur einen Grundton spielen. Dieser monochrome Ansatz wirkt nicht nur äußerst cool und distanziert, sondern in ihm spiegelt sich auch ansatzweise die Schwäche der Vampire wieder, ihre Welt nur farblos wahrzunehmen.

Fazit: Ein zynischer, visuell cooler Mafia-Thriller mit ungewöhnlichen Protagonisten. Nicht nur für „Sopranos“-Fans ein Muss.

hinzugefügt: November 23rd 2008
Tester: Frank Drehmel
Punkte:
zugehöriger Link: Panini
Hits: 2318
Sprache: german

  

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