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Meyer, Kai: Dschinnland - Die Sturmkönige 1 (Buch)

Kai Meyer
Dschinnland
Die Sturmkönige 1
Lübbe, 2008, Hardcover, 428 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-7857-2336-4

Von Carsten Kuhr

Fast ein Menschenalter ist es jetzt her, dass die Dschinn die Wüste zwischen Bagdad, der Prächtigen, und Samarkand abgeriegelt haben. Seitdem führt der Emir die belagerte Kolonie mit brutaler Hand, unterdrückt die Menschen und lässt Jagd auf alle Magie machen. Geschützt von seiner Vorkosterin, die seit Kindesbeinen mit Giften aufgezogen wurde und deren Blut mittlerweile toxischer ist als die meisten der Mittel, mit denen seine Neider und Widerstandskämpfer ihn umzubringen trachten, lebt er zurückgezogen und gut bewacht in seinem Palast.
Vor ein paar Jahren noch sorgten umtriebige Schmuggler auf ihren fliegenden Teppichen dafür, dass der Kontakt zum Kalifen nicht gänzlich abriss. Einer derer, die sich den Weisungen des Emirs nicht unterordnen wollen, ist Tarik al-Jamal. Schon sein Vater gehörte zu den erfolgreichsten und erfahrensten Schmugglern. Nachdem dieser den Dschinn zum Opfergefallen war, übernahm sein Sohn die Familientradition, das Haar der Drachen, aus denen die fliegenden Teppiche gewebt werden, nach Bagdad zu schmuggeln.
Doch vor fünf Jahren, just als er beschloss das unstete und lebensgefährliche Unterfangen aufzugeben, und mit seiner Freundin nach Bagdad zu ziehen geschah es. Die Dschinn holten sie mitten in der Wüste ein, ihr Anführer selbst, der Narbennarr, entführte Tariks Braut.
Seitdem gibt sich der junge Mann ganz dem Elend und dem Alkohol hin. Die Zeiten des Schmuggelns sind vorbei. Mit seinem jüngeren Bruder hat er sich zerstritten, nur in den verbotenen, nächtlichen Rennen der Teppichreiter rund um den Palast des Kalifen findet er Ablenkung, in den Preisgeldern sein Auskommen.
Dann aber wendet sich eine betörend schöne, geheimnisvolle Frau an ihn. Er soll noch einmal die Einöde überqueren und sie nach Bagdad bringen. Als er allen Bestechungsversuchen und Verführungskünsten zum Trotz ablehnt, springt sein Bruder in die Bresche. Das kann Tarik nicht auf sich sitzen lassen. So macht er sich auf, den beiden Unerfahrenen in das Sandmeer zu folgen - und tappt den Dschinn in die Falle.
Tief in einer verlassenen Hängestädte der Roch treffen er und seine Passagierin auf seinen gefangenen Bruder, den Narbennarr und die Sturmkönige, die in ihren Wirbelstürmen die über das Lager der Dschinn mit elementarer Wucht hereinbrechen ...


Kai Meyer, dieser Name bürgt für Qualität. Stilistisch herausragend, phantastisch überbrodelnd und voller Spannung und Ideen verzaubert Meyer seine Leser seit Jahren.
Hatte er sich in den letzten Jahren im phantastischen Bereich mehr auf das Jugendbuch konzentriert -- die „Merle“- und die „Wellenläufer“-Trilogien legen hier beredt Zeugnis ab - und bei Lübbe, den Wünschen des Marktes folgend, historische Thriller vorgelegt, lässt er diesmal seiner Phantasie freien Lauf.

Die Welt von 1001 Nacht in all ihrer orientalischen Pracht nimmt plastisch vor den Augen des Lesers Gestalt an. Verzierte Paläste, Kalifen und Emire, fliegende Teppiche, Schätze und Schmuggler, des Lesers Herz erfreut, was er von entsprechenden Werken erwartet. Und, wie bei Kai Meyer gewohnt, ist damit ist noch lange nicht genug. Nur mit fliegenden Teppichen und Ifrits alleine lässt es der Autor nicht bewenden. Künstliche Elfenbeinpferde. Tornadoreiter, Kettenmagier, fliegende Roch- das Füllhorn Meyer’scher Phantasie brodelt förmlich über.
Doch mit einem spannenden Abenteuergarn alleine lässt es der Autor auch diesmal nicht bewenden. Verwoben in den Gobelin seiner Geschichte spricht er die Vergänglichkeit des Seins an, macht deutlich, dass Fortschritt immer mit schmerzhaftem Verlust verbunden ist, dass die Neigung der Menschen, den einmal erreichten StatusQuo zu sichern, ja festzuzementieren, dem natürlichen Lauf der Dinge widerspricht. Nachdenklich stimmende Gedanken, die sich unauffällig in den Text fügen.

Dennoch ist „Dschinnland“ nicht Kai Meyers bester Roman. Zu lange dauert es, bis sich der Leser in der Handlung zurechtfindet, bis er bildlich gesprochen weiß, wohin die Reise zunächst geht. Die Gestalten wirken (noch zumindest) unscharf. Ihre Motivation ist zwar klar herausgearbeitet, sie entwickeln sich folgerichtig fort, allein, es fehlt mir ein wenig das Besondere, das Meyers Figuren sonst immer ausgezeichnet hat. Natürlich ist Tarik von den Verlusten getroffen und versinkt in Selbstmitleid, vergöttert sein junger Bruder den Älteren, fühlt sich von diesem aber auch im Stich gelassen. Doch was hebt diese Gestalten, diese Schicksale aus dem ihrer Mitmenschen heraus, warum erzählt der Autor gerade über sie, wieso werden sie ins Geschehen verwickelt - Fragen, die noch offen bleiben.
Auch ist der Roman nicht unbedingt als abgeschlossen zu betrachten. Auf mich wirkt dies eher wie ein Werk, das, aufgrund des Umfangs in mehrere Teile gesplittet wurde.

Noch ist nicht deutlich, wie sich die Puzzleteile schlussendlich zusammenfügen werden, treten zum Schluss des Bandes neue, wichtige Handelnde auf. Für Spannung ist also gesorgt, bis im März 2009 der zweite Teil der Trilogie bei Lübbe erscheinen wird.

hinzugefügt: September 20th 2008
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
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