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Hellgate London 2: Goetia, Mel Odom (Buch)

Hellgate London 2
Goetia
Mel Odon
(Hellgate London, Book 2: Goetia)
Übersetzung: Mick Schnelle
Panini, 2008, Taschenbuch, 508 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-8332-1746-3

Von Frank Drehmel

Vier Jahre sind vergangen, seit die Dämonen durch Höllentore in unsere Welt eingedrungen sind. Die Menschheit kämpft ums nackte Überleben! Die Templer sind gespalten in solche, die weiterhin im Untergrund der Dinge harren wollen, die da kommen, und solche Kämpfer wie Simon Cross oder Leah, die sich an vorderster Front den bösartigen Wesenheiten entgegenstellen. Entscheidende Hinweise für den Kampf gegen die Dämonen hoffen Cross und Leah in dem Buch „Goetia” zu finden, in welchem die Namen der obersten Dämonen von Salomon selbst niedergeschrieben worden sein sollen. Und Namen bedeuten auch in der Welt des Jahres 2024 Macht!
Den besessenen Kabbalisten Warren Schimmer quälen derweil andere Sorgen. Nicht nur, dass der Dämon Merihim ihn zu Gräueltaten an Mitmenschen zwingt, auch in den nahezu aussichtslosen Kampf gegen die drei mächtigsten Verbündeten seines alten dämonischen Feindes Fulaghar will er Warren treiben. Glücklicherweise erhält der um seine Menschlichkeit ringende Kabbalist Unterstützung von unerwarteter Seite. Ein in dem Buch von Qhazimog gefangenes uraltes Wesen bietet ihm seine Hilfe im Kampf gegen Merihim einerseits und dessen Feinde andererseits. Doch zu welchem Preis?


Armer Odom! Hast dich erkennbar abgerackert, um aus dem vollkommen hirnrissigen Spiele-Hintergrund einen unterhaltsamen Roman zu formen. Halb hast du es geschafft! Von beiden Handlungssträngen - den um Warren Schimmer und den um Simon Cross - ist immerhin einer tatsächlich lesenswert, während der andere - freundlich ausgedrückt - einen Totalausfall darstellt; und für eine Erfolgsquote von 50% würden einige Autoren ihre Kinder, Eltern und Seele dem Teufel oder einem Agenten verkaufen.

Da ich mich an anderer Stelle - nämlich der Rezension zu Band 1 („Exodus“) - über den Templer-Background ausgiebig ausgelassen habe, will ich es hier kurz und schmerzvoll machen: die zweibeinigen Blechdosen mit ihrem ritterlichen „Ehrenkodex” und ihrer vollkommen unplausiblen Paranoia scheinen trotz - oder eher wegen - ihrer Hi-Tech-Ausrüstung nicht in der „Hellgate“-Version unserer Welt angekommen zu sein. Odom gelingt es nicht einmal im Ansatz, den Metall-Fetischisten einen Hintergrund zu verleihen, der selbst vor dem Spiele-Szenario nicht lächerlich oder wenigstens nicht unlogisch wirkt.
Darüber hinaus erweisen sich die Blechmänner - sowohl die Gruppe um Cross, als auch die um Booth - als so vorhersehbar, klischeehaft und stereotyp, dass ihr Phrasen dreschen beim Leser allenfalls zu einer reflektorischen Aktivierung aller an der Atmung beteiligten Muskelgruppen und einem Aufklappen des Kiefergelenkes führt.
Die einzige für mich plausible Erklärung dafür, dass Odom die tempelnden Langweiler nicht dem belletristischen Alt-Metall-Recycling zuführt, ist: es handelt sich um einen Franchise-Roman; und irgendwo da draußen scheint es Game-Nerds (= potenzielle Leser) zu gegeben, die auf ehernen Schrott abfahren.

Die zweite Fraktion, jene Gruppe um Cross’ Möchtegern-Schnalle Leah, bleibt bisher soweit im Untergrund, dass sie wenigstens nicht stört. Über die Jägerin selbst erfährt man relativ wenig, was aber angesichts der Tatsache, dass sie mit den Templern abhängt, eher positiv als negativ zu werten ist.

So richtig fesselnd treiben es in London nur die Kabbalisten bzw. deren herausragendster Vertreter, Warren Schimmer. Besessen vom Dämon Merihim kämpft er um die Menschlichkeit, die der Rest der Magie-Bagage nur zu gerne freiwillig aufgeben würde. Wenn er mordet, dann tut er es nicht aus freien Stücken, sondern aus Angst oder Schwäche. Warren leidet mit seinen Opfern, obgleich sein Mitleid nicht ausreicht, dem Dämon in sich den Dienst zu verweigern, und er fühlt sich verantwortlich, auch wenn er sich zum Produkt seiner gewalttätigen Sozialisation erklärt. Warren ist der in seinem Handeln mit Abstand menschlichste aller Charaktere und damit die einzige Figur, der sich der Leser nahe fühlen kann.

Die Rezension soll nicht schließen, ohne zwei, drei Anmerkungen zur Story selbst. Aufbau und Ablauf als extrem simpel zu bezeichnen, wird der Geschichte kaum gerecht, denn eigentlich ist sie noch viel einfacher: Buch suchen, Dämonen killen, Klappe zu, Affe tot! Dass die Dämonen - insbesondere Fulaghars Verbündete - lediglich durchschnittliches Kanonenfutter darstellen, scheint angesichts des Brimboriums, das im Roman um diese Kreaturen gemacht wird, zunächst erstaunlich, beruht jedoch letztlich nur auf der logischen Fortschreibung des tiefen Bedürfnisses der Gamer, das nächste Level möglichst locker zu erreichen. Für echte Spannung sorgt - neben Warrens Seelenqualen - lediglich der neue Verbündete des Kabbalisten, dessen Identität erst im letzten Wort des Romans enthüllt wird und der fraglos interessante Konflikte für den nächsten Band verspricht.
Schlussendlich: Mel, raus mit der Sprache! Auf dem Grabbeltisch welches Gebraucht-Geschichten-Händlers hast du denn den „wahnsinnig originellen“ Plot um die Dämonen-Namen gefunden? Und den trashigen christlich-jüdischen Mystizismus gab es wohl gratis dazu, n’est-ce pas?

Fazit: Ignoriert die lächerlichen Passagen um das wandelnde Stereotyp in Palladiumrüstung, Simon „Don Blech” Cross, beschränkt euch auf Warren Schimmers Part - immerhin fast 50% des Gesamttextes - und ihr habt einen angenehm geschriebenen und beinahe unterhaltsamen Mainstream-Halb-Roman.

hinzugefügt: June 25th 2008
Tester: Frank Drehmel
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