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Cornish, D. M.: Der Findling - Monster Blood Tattoo 1 (Buch)

D. M. Cornish
Der Findling
Monster Blood Tattoo 1
(Foundling)
Aus dem australischen Englöisch übersetzt von Reiner Pfleiderer
Carl Hanser Verlag, 2007, Hardcover, 416 Seiten, 17,90 EUR, ISBN 978-3-446-20849-0

Von Carsten Kuhr

Welche Eltern nur nennen ihren Sohn Rosamund? Dass der Filius es mit einem solchen Mädchennamen bestimmt nicht einfach haben wird, das dürfte jedem einleuchten.
Rabeneltern mit einem perversen Sinn für schlechten Humor, das passt, wurde Rosamund doch als Säugling vor der Tür eines Waisenhauses abgelegt.

In den Jahren seitdem wurde er in Madam Operas außerordentlicher Marineanstalt zu einem patenten, jedoch ein wenig zurückhaltenden Jungen erzogen. Verhätschelt von dem Zimmermädchen, gepiesackt von seinen Mitzöglingen, hat er sich hinter die faszinierenden Blätter der Abenteuerhefte vergraben. Auf den Spuren mächtiger Dämonenjäger geht es hinaus in die große weite Welt, werden Skolds und Lahzaren bekämpft und natürlich besiegt - zumindest in der Phantasie des Autors und seines begeisterten Lesers.

Endlich, ein paar Mal wurde er schon übergangen, steht der Tag an, da er sein bisheriges Heim verlassen soll. Statt einer Koje auf einem der vielen Schiffe der Marine soll er aber den ehrbaren Beruf des Laternenanzünder erlernen.
Nun ja, besser als nichts, für die Reise zu seiner Lehrstelle sorgt sein Arbeitgeber, da dürfte also nichts schief gehen - sollte man zumindest denken.
Doch dann schlägt das Schicksal gar erbarmungslos zu. Zunächst wird er von einem finsteren Piraten und Schmuggler geschanghait, nach seiner Flucht im Kugelhagel der Obrigkeit muss er sich alleine und ohne Schutz durch die Weiten des monsterverseuchten Landes schlagen.
Dann hat er Glück im Unglück, er trifft auf eine Monsterjägerin und ihr Faktotum, die ihn mitnehmen.

Glück und Rosamund?
Jetzt geht die Chose erst richtig los. Monster überfallen die Kutsche, die Jägerin wird überwältigt und es ist an Rosamund, das Schlimmste zu verhindern.
Immer wenn unser Held mit den vollen Hosen meint, dass es nun wirklich nicht mehr schlimmer kommen kann, wird er eines Besseren belehrt. Er muss sich mit widrigen Herbergsleuten herumschlagen, trifft auf betrügerische Halsabschneider und dann taucht auch noch der Piratenkapitän wieder auf, den er längst auf dem Grunde des Meeres treiben sah…


Autoren aus Australien haben seit ein paar Jahren Hochkonjunktur. Auf der Suche nach neuen, unverbrauchten Stimmen und einem etwas anderen Handlungsaufbau wenden sich die deutschsprachigen Verlage in zunehmendem Maße dem fünften Kontinent zu.
Cornish, dessen „Monster Blood Tattoo“-Trilogie komplett bei Hanser erscheinen soll, hat dem Roman nicht nur den Text, sondern auch das phantastische Covermotiv und diverse Innenillustrationen mit Portraits der Figuren beigegeben.

In jahrelanger Arbeit hat der Autor seine Welt minutiös entworfen, hat Völker, Wesen und technische Errungenschaften aufeinander abgestimmt. Bei all dieser Fülle an Informationen hat der Leser zu Beginn seine Schwierigkeiten, wirklich in die Handlung hineinzufinden. Um was nur geht es - haben wir einen Oliver-Twist -Plot vor uns, ein empfindsames, ja übersensibles Findelkind, das sich in der rauen Wirklichkeit behaupten muss? Oder doch eher einen Entwicklungsroman über das Erwachsenwerden des Protagonisten? Piratenbuch, Abenteuergarn, Fantasywerk mit Horrorbezügen - im ersten Drittel des Buches verwirrt das Geschehen den Leser eher, als dass es ihn wirklich fesselt.

Wer aber diese Durststrecke, die sich im Nachhinein als unverzichtbareres Fundament für die weitere Handlung entpuppt, durchhält, der erlebt plötzlich, ja fast schon unerwartet, wie der Plot Fahrt aufnimmt, wie die Personen vielschichtiger und die Handlungsorte interessanter werden.

Behutsam fast hebt sich der Schleier um die Monsterjäger. Durch die staunenden, zunächst durch von seiner Heftlektüre verklärten Augen unseres jungen Mannes, lernen wir eine besondere Vertreterin ihrer Art kennen.
Und was für einen Preis muss diese für ihre Fähigkeiten bezahlen. Ist das überhaupt noch ein Mensch - auch wenn sie mit der Zeit immer mehr menschliche Züge aufweist? Macht die Macht, die den Jägern verliehen wird, diese zu einer Art Übermensch, zu mächtigen Gestalten, die alles tun dürfen, niemanden außer sich selbst Rechenschaft schuldig sind? Das sind Fragen, die sich aufdrängen, gerade weil Rosamund so ganz anders ist. Er geht offen auf andere zu, hat ein hilfsbereites, einnehmendes Wesen. Misstrauen ist ihm, obzwar immer gehänselt und getriezt, zwar nicht unbekannt, dennoch gibt er jedem eine Chance, urteilt aufgrund der Taten, nicht aufgrund Gerüchte oder Aussehen. Hier wird sehr deutlich, dass der Autor versucht, seinen jugendlichen Lesern im Kleid eines mittlerweile packenden Abenteuergarns zur Toleranz zu ermutigen. Gerade der Unterschied zu den so geachteten, aber auch zu Recht gefürchteten Monsterjägern arbeitet diesen Aspekt sehr deutlich und gut nachvollziehbar heraus.
Durch Operationen erhalten diese das Rüstzeug, um gegen die ständig angreifende Dämonenheere zu wehren. Hier geht der Autor eigene Wege. Seine übernatürlichen Gestalten entsprechen nicht dem üblichen Teufelsverschnitt. Stattdessen erwarten auch hier differenziert ausgestaltete Wesen den Leser, wird angedeutet, dass es hier auch den Menschen gegenüber positiv auftretende Wesen gibt.

Rosamund macht unauffällig, aber überzeugend dargestellt, einen großen Entwicklungsschritt durch. Von dem Nesthäkchen, das als personifiziertes Opfer den Rabauken als Zielscheibe diente, übernimmt er mehr und mehr Verantwortung, wächst an den Geschehnissen, ohne dabei aber unglaubwürdig zu agieren.
Ich bin gespannt, wie der Autor, dessen stimmungsvolle Portraitzeichnungen den Text immer wieder auflockern und bereichern, seine Handlung im nächsten Band fortsetzen wird.

hinzugefügt: June 3rd 2008
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Carl Hanser Verlag
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