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Eisfeld, Rainer: Die Zukunft in der Tasche (Buch)

Rainer Eisfeld
Die Zukunft in der Tasche
Verlag Dieter von Reeken, 2007, Paperback, 216 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-940679-11-6

Von Thomas Harbach

1999 veröffentlichte Professor Dr. Rainer Eisfeld „Als Teeanger träumten: die magischen fünfziger Jahre“. Das Buch ist nur noch antiquarisch zu erhalten, bildet aber eine gute Ergänzung zum jetzt veröffentlichten Band „Die Zukunft in der Tasche“. Als aktives SFCD-Mitglied Nummer 106 beobachtet und kommentiert Rainer Eisfeld „die Pionierjahre 1956 bis 1960 der Science Fiction und des SF- Fandoms in der Bundesrepublik“. Auf 36 Bildtafeln finden sich alleine mehr als fünfzig zum Teil farbige Abbildungen, bestehend aus der farbenprächtigen Wiedergabe alter Titelbilder aus der „Utopia“- und Leihbuchära, zum Teil aber auch viele interessante Fotos der ersten Fans und ihrer Cons. Dieter von Reeken hat mit diesem ambitionierten Band nicht nur Rainer Eisfeld die überfällige Möglichkeit gegeben, seine persönliche Geschichte im Science Fiction-Fandom zu erzählen, der Band sollte auf keinen Fall als Ergänzung zu den Biographien Heiko Langhans über Walter Ernsting und K.H. Scheer verstanden werden. Er stellt eine notwendige Alternative zu den eher beschönigenden Bänden dar und bildet mit den beim Terranischen Club Eden erschienenen Gedächtnisbänden die erste ernsthafte Aufarbeitung der „Gründung“ des Science Fiction-Fandoms. Dabei bemüht sich Rainer Eisfeld aus seiner kritischen Position heraus fair, nuanciert und pointiert mit den Ikonen der Gründerjahre umzugehen. Rainer Eisfeld hat früh mit Walter Ernsting und dessen Vorstellung von Science Fiction und Fandom gebrochen, nachdem dieser zweieinhalb Jahre als eine Art Ersatzvater fungiert hat.

Seine eigene Position im Fandom der fünfziger Jahre rückt Rainer Eisfeld sehr geschickt richtig. 1996 veröffentlichte er „Mondsüchtig. Wernher von Braun und die Geburt der Raumfahrt aus dem Geist der Barbarei”. Das Buch entstand aus den Widersprüchen der Erinnerungen von Albert Speer und Walter Dornberger über den Bau der „V2”, welche die Grundlage für das spätere amerikanische Raketenprogramm bilden sollte. Auf den Seiten 160 und 161 beschreibt Rainer Eisfeld Wernher von Brauns Position als Lichtgestalt der Science Fiction-Freunde und schließt sich hier auch nicht aus. Ganz bewusst unterscheidet Rainer Eisfeld zwischen dem damaligen Bild von Brauns und dessen Einfluss auf Walter Ernsting und andere Fan - sich selbst eingeschlossen - und den heutigen Erkenntnissen, zu denen der Autor selbst sehr viel beigetragen hat. An einer anderen Stelle entlarvt Rainer Eisfeld das politische Ämtergeschacher im Fandom als kleingeistig und der Sache unwürdig. Der Widerspruch zwischen den Goldenen Zielen, im Gruß „Ad Astra” auf den Punkt gebracht und den vielen, oft auf Missverständnissen und Nichtigkeiten basierenden Auseinandersetzung, wird immer wieder deutlich herausgearbeitet.

Im Mittelpunkt seines Buchs stehen Walter Ernsting als führender Gestalt des frühen Fandoms und der Pabel-Verlag, der mit seinen Reihen „Jim Parker” und „Utopia” sowie „Utopia Großband” nicht der Science Fiction Tür und Tor öffnete, sondern ein Massenpublikum ansprach und dessen Bedürfnisse befriedigte. Dass andere Verlage wie Rauch schon versucht haben, „gehobene” Science Fiction - das Niveau schwankte sehr stark zwischen dem opportunistischen John W. Campbell, dem eher als dörflichen Naivling dargestellten Jack Williamson und dem herausgehobenen Isaac Asimov - zu publizieren, beschränkt Pabels Vorreiterrolle auf den serienunabhängigen Heftroman. Walter Ernsting hat sich als Übersetzer etablieren können, auch wenn das Budget der Heftromane keine großen Sprünge in Bezug auf die Qualität der eingekauften Heftromane und die Übersetzungen zugelassen hat. Mit seinem ersten eingeschummelten Roman „Ufo am Nachthimmel” und der Kontaktseite „Meteoriten” beginnt nicht nur die Geschichte des deutschen Fandoms, sondern auch Rainer Eisfelds persönliche. Zu Beginn des Buchs beschreibt er die Eindrücke, welche die Heftromane - er gehörte auch zur „Jerry Cotton” Fraktion - auf ihn hinterlassen haben. Die ersten Briefwechsel mit Walter Ernsting und schließlich die Gründung des SFCDs, die Bildung der ersten Städtegruppen und die Vorbereitung auf den ersten Con. Bislang hatte Walter Ernsting mit der Unterstützung des Pabel- Verlags alles sehr gut unter Kontrolle. Und trotz Rainer Eisfelds kritischen Anmerkungen mit entsprechenden Textbeispielen unterlegt will er nicht Walter Ernstings Vorreiterrolle in Frage stellen, es geht ihm in „Die Zukunft in der Tasche” um eine Relativierung der Ereignisse und Vorgänge, um eine Richtigstellung von Walter Ernstings Position in den ersten Flegeljahren - wenn es danach geht, ist das Fandom niemals erwachsen, sondern nur zeitweise ein wenig müde geworden - und vor allem um eine konkrete Herausarbeitung seiner Motive, die über das reine Fan-Sein - selbst als Profi, der von seiner Redakteurstätigkeit, seinen Übersetzungen und eigenen Romanen leben konnte, sah sich Walter Ernsting immer noch als Fan, aber als Primus inter Pares - hinausgingen. Dabei waren seine durch zahlreiche Zitate belegten Ziele durchaus verfolgenswert. Er wollte den Science Fiction-Fans eine Basis geben, auf der sie für eine bessere Zukunft - der Zweite Weltkrieg mit seinen katastrophalen Folgen für die Welt und insbesondere Europa lag noch keine zehn Jahre zurück - streiten konnten. Selbst in K.H. Scheers Romanen konnte nur eine geeinte und im Inneren friedliche Menschheit den Weg zu den Sternen finden und sich den Herausforderungen in Form hinterhältiger, aggressiver Außerirdischer stellen. Die ersten Brüche im Fandom zeigten sich mit dem Witzcon - eine Verballhornung von Wetzcon. Das Treffen fand in Wetzlar statt, organisiert von Anne Steul, im Januar 1956. Damit war zum ersten Mal Walter Ernstings Ideal vom jeweils erstem Mal unter seiner Ägide - die Vorreiterrolle vom Pabel-Verlag, die Gründung des SFCD als erstem Club und schließlich die geplante Organisation des ersten Con im folgenden Jahr ebenfalls unter Walter Ernstings Aufsicht - geplatzt. Dazu kam, dass sich Anne Steul mehr dem englischen Fandom verbunden fühlte, das seine Leidenschaft nicht so bitterernst und mit Sendungsbewusstsein gefüllt betrieb. Die ersten Risse im Fandom waren deutlich und hier zeigt Rainer Eisfeld auf, dass Walter Ernsting - wie auch K.H. Scheer - kein Mann der Mitte war. Wer sich seinen Idealen loyal anschloss, wurde von ihm rückhaltlos unterstützt. Sobald sich ein kritischer Geist regte, begann Walter Ernsting ihn entweder mit allen Mitteln - und sein Einfluss reichte weit - direkt oder indirekt zu bekämpfen (siehe später die Auseinandersetzung mit dem ihm intellektuell überlegenen Wolfgang Jeschke) oder herauszudrängen. Dabei wählte, wie zahlreiche Zitate aus seinen Briefen im vorliegenden Band belegen, Walter Ernsting zum Teil überraschend verschlungene Wege, um erstens nicht selbst in Erscheinung zu treten und zweitens gegenüber der breiteren Öffentlichkeit sein Image des guten Freundes zu bewahren.

Die nächsten Abschnitte setzen sich zum letzten Mal mit einer ruhigen Phase des Fandoms auseinander. Der erste Urlaubscon, Rainer Eisfelds persönliche Begegnung mit Walter Ernsting, der Aufstieg des SFCDs zum Sammelbecken der Freunde utopischer Literatur. Immer eng begleitet vom Pabel-Verlag, denn die ersten Mitgliedschaften des SFCD umfassten das Abo der „Utopia”Großbände. Gleichzeitig begann sich allerdings auch ein Generationenkonflikt abzuzeichnen. Die Vergabe der Clubsiegel - gegen Zahlung einer kleinen Prämie durch den Verlag - sorgte für die ersten Spannungen zwischen Ernsting und einigen Städtegruppen. Die Qualität der ausgezeichneten Romane ist nicht nur fragwürdig gewesen, sondern konzentrierte sich auf die drei großen, zu dieser Zeit publizierenden Autoren - Ernsting, Scheer und Rohr - sowie die „Utopia”-Großbände, in denen einfachste Pulp-Science Fiction veröffentlicht wurde. Das Fandom begann sich zu spalten. Rainer Eisfeld gehörte zu den Lesern, die durch die britischen Soldaten auch amerikanische Science Fiction kennen- und schätzengelernt hat. Allerdings ist Eisfeld auch so fair, unabhängig von den undemokratischen Strömungen - auf welche später noch einmal eingegangen werden muss - auch zu relativieren. Auch in den USA sind billigste Pulpabenteuer erschienen und nicht jeder Science Fiction-Roman ein Meisterwerk. Aber wie so oft in kleinen „Gemeinden” schäumen solche Diskussionen überdurchschnittlich über. Aus heutiger Sicht ist es natürlich faszinierend, die einzelnen Positionen nachzulesen und insbesondere dem jungen Wolfgang Jeschke zu folgen, der sich vehement für eine qualitative Verbesserung der ausgezeichneten Romane zu recht einsetzte. Später wird Jeschke im Rahmen der Heyne Science Fiction-Reihe vor ähnlichen Problemen gestanden haben, nicht jeder Band ist wirklich ein Meisterwerk der Science Fiction, aber unbestritten hat er zusammen mit Herbert W. Franke die Grundlagen für die Akzeptanz des Genres hinaus gelegt. Mit aufkommender Konkurrenz durch andere Verlage begann auch die Heilige Allianz zwischen Ernsting und Pabel sowie dem SFCD auf der anderen Seite zu bröckeln. Aus den hier abgedruckten Briefen kann der Leser entnehmen, dass Walter Ernsting schon lange zwischen allen Stühlen gesessen hat. Er hatte Schwierigkeiten mit dem Pabel-Verlag, was seine professionellen Arbeiten anging, und wurde im SFCD für seine enge Kooperation, die eher vehement mit dem Argument der Hilfe in der Gründungsphase verteidigte, angegangen. Dabei bemühte sich Walter, insbesondere seine Soldaten um sich zu scharren. Zu diesen gehörte auch Rainer Eisfeld, der sich vertraglich an Walter Ernsting gebunden hatte, um Science Fiction zu übersetzen. Als Walter vom Pabel-Verlag zu Moewig ging, sollte Eisfeld nur von Ernsting Aufträge entgegennehmen. Mit dem zunehmenden Interesse an Science Fiction im Gleichklang mit der Eroberung des Alls – bezeichnenderweise war es den meisten Science Fiction-Fans egal, welche Nation das Wettrennen ums All gewinnt, solange überhaupt geflogen wurde – kam es auch zu einer Trennung zwischen fanisch-kommerzieller Idealisierung – siehe die Ernsting-Fraktion – und einem knallharten kapitalistischen Konkurrenzkampf. So duldete Pabel keine Hinweise auf Konkurrenzprodukte in dem von ihm direkt oder indirekt gesponserten SFCD-Publikationen und der Jung-Fan Bingenheimer suchte mit seinem Buchclub – aus dem später Transgalaxis wurde – und dessen Rabatten die organisierten Fans für sich zu gewinnen. Im Vergleich zu den Heftromanen stellten die fast eintausend im SFCD organisierten Fans – kaufmännisch sehr stark gerundet – für Leihbuch- und Buchverlage eine gewichtige Zielgruppe dar. Allerdings erreichten insbesondere die herunter geschriebenen Leihbücher kaum die Ansprüche der Clubfans, die zumindest nicht das repräsentative Breitenpublikum der utopischen Literatur in Deutschland darstellten. Massenschreiberling und Fan aus Opportunitätsgründen Rohr versuchte die schlechte Qualität insbesondere auch seiner utopischen Kriminalromane mit amateurhaften Argumenten zu entschuldigen, die heute genauso verwendet werden wie vor fünfzig Jahren. In diesem Punkt hat sich der Kreis nicht geöffnet. Obwohl wahrscheinlich achtzig Prozent der Mitglieder gestern wie heute Bewegungsmasse sind, zeigen die Auseinandersetzungen von vielleicht dreißig bis vierzig Fans nachhaltige Spuren. Es ist sicherlich nicht überraschend, dass nicht nur immer wieder die gleichen Namen auftauchen – insbesondere W.W. Shols hat sich als treuer Gefolgsmann der Ernsting-Fraktion erwiesen -, sondern wie sich die unterschiedlichen Lager immer wieder für kurze, aber entscheidende Phasen zu einigen suchten. Rainer Eisfeld belegt diese Entwicklungen nicht nur mit ausführlichen Zitaten, sondern gibt unterhaltsame, manchmal lustige, dann wieder nach dem Motto „Reim Dich oder ich Fress“ niedergeschriebene Knüttelverse aus den fünfziger Jahren wider. Die Folgen, insbesondere für eine so kleine, aber enthusiastische Gemeinschaft, sind vorhersehbar gewesen. Erst die wirtschaftliche Durstrecke der Science Fiction ab Mitte der achtziger Jahre hat viele alte Fronten notgedrungen geschlossen. Hans Joachim Alpers mit sehr gutem Erfolg als Herausgeber der Moewig- Reihe und inzwischen „Perry Rhodan“-Autor sei hier nur beispielhaft genannt.

Die nächsten Kapitel setzen sich mit der Zersplitterung des Fandoms auseinander. Im gleichen Zug wie die Science Fiction eine breitere und qualitativ bessere Basis finden konnte, begann das Fandom auseinanderzubrechen. In einem passend übertitelten Kapitel („Jedem Promi seinen Club”) zeigt Eisfeld schließlich das Ergebnis dieser Entwicklung. Rohr, Scheer und Ernsting führten jeweils ihre eigenen Vereine und es blieb später Waldemar Kumming überlassen, diese zersplitterten Organisationen wieder zusammenzuführen. Diese Kapitel lesen sich vor allem aus Fandom-historischer Sicht äußert interessant, wenn Walter Ernsting den Fans im Grunde eine Basisdemokratie abspricht und der einzigen Möglichkeit, einer diktatorischen „Führung” im Fandom spricht. Es ist schon erstaunlich, wie stark die vergangenen Jahre diese erste wilde Zeit - die siebziger Jahre werden noch folgen - verniedlicht haben. Nicht zuletzt an diesen kritischen Passagen lässt sich erkennen, welche Unterschiede es zwischen den offiziellen Biographien Heiko Langhans im Auftrag des Pabel-Verlages und den Fakten gibt. Vor einigen Jahren sorgte ein sehr verunglückter Artikel in einem „Walter Ernsting”-Gedächtnisband für Aufsehen, welcher sich auf Wernher von Brauns Nazivergangenheit konzentrierte und Walter Ernsting als Naivling darstellte, der blind und ohne nachzudenken von Braun folgte. Unabhängig von der verunglückten Prämisse und den schlecht herausgearbeiteten Thesen konnte man zwischen den Zeilen sicherlich einiges Negatives über Walter Ernstings Persönlichkeit lesen. Der Kontrast im vorliegenden Band zwischen Ernsting und im Vergleich Scheer ist vielleicht zu stark gegen Walter Ernsting ausgerichtet, aber Rainer Eisfeld stellt gleich zu Beginn des Buches deutlich heraus, dass Walter Ernsting in den ersten Jahren seine Bezugsperson gewesen ist, von der er sich später distanzierte. Aus seinen persönlichen Erfahrungen, den Briefkontakten - die sehr viel Negatives und Naives beinhalten - und den Publikationen versucht Rainer Eisfeld die Geschichte des Fandom aufzuzeichnen und um sich nicht in den vielen Fakten zu verlieren, braucht er einen Bezugspunkt. Und dieser Bezugspunkt ist Walter Ernsting, eine wichtige Persönlichkeit des Fandoms, die sehr viel Gutes getan hat, deren Motive aber nicht immer fannisch oder idealistisch gewesen sind. An diese Fakten müssen sich einige Herrschaften gewöhnen und die vom Pabel-Verlag zum Teil absichtlich verklärte Geschichte werden insbesondere die respektierten Autoren wie Rainer Eisfeld endlich und überfällig ins richtige Licht gerückt.

Über die Streitigkeiten geht eines der lesenswertesten Kapitel des Buches fast gänzlich verloren. Eisfelds Besuch auf dem Londoner Weltcon. Auch wenn Eisfeld noch von der Mission getrieben wurde, dem in Bedrängnis geratenen Walter Ernsting mit einer konzertierten Unterschriftenaktion der populären britischen und amerikanischen Autoren und Fans zu Hilfe zu kommen, lesen sich seine Erinnerungen über die ersten Begegnungen mit den netten, bodenständigen Autoren sehr unterhaltsam. Wie stark der Kontrast zwischen der lockeren Atmosphäre auf dem Weltcon und dem kurz darauf stattfindenden Biggercon gewesen ist, impliziert Rainer Eisfeld mehr, als dass er es beschreibt. Man könnte jetzt ausführlich diskutieren, ob die Laubenmentalität und Clubtümmelei der Deutschen ein einmaliges Phänomen ist - sicherlich nicht - , aber der Kontrast zwischen ihren ernsthaften Zielen und ihrem Umgang miteinander wird so deutlich herausgearbeitet, dass der Leser teilweise über die Borniertheit nur den Kopf schütteln kann. Aber woher sollen es die Fans auch lernen, wenn sie mit billigen Groschenheften aus dem Hause Pabel abgefüttert werden, könnte eine der zynischen Fragen lauten? Immer wieder zieht sich Rainer Eisfeld auch für die eigene Position einen Schritt zurück und versucht das Geschehen mit der Abgeklärtheit des Alters noch einmal zu beleuchten. Dabei macht er in seinen Anmerkungen nicht den Fehler, einzelne Situationen zu beschönigen oder gar zu erklären zu suchen. Aus seiner persönlichen Perspektive heraus gesteht er für sich einzelne Fehler ein und ermöglicht es in seiner sachlichen Art, sich ein gutes Bild des Fandoms zu machen.


Als Einstiegsband für Newcomer ist „Die Zukunft in der Tasche” nicht unbedingt geeignet. Rainer Eisfeld versucht die komplexe Entwicklung sehr kompakt, umfangreich aber persönlich darzustellen. Alleine das Personenverzeichnis umfasst im Anhang vier ganze Seiten! Dazu kommen die verschiedenen Clubs - insbesondere gegen Ende der fünfziger Jahre mit seinen Aufspaltungen und Zusammenschlüssen wird es aufgrund der historischen Vorgaben unübersichtlich - und Organisationen, die Fanzines und Magazine. Wer sich allerdings schon lange mit dem Fandom auseinandersetzt und eine Reihe von sekundärliterarischen Artikeln oder Conberichten gelesen hat, wird auf hohem Niveau gut unterhalten. Mit längst vergessenen, aber relevanten Informationen überrascht Rainer Eisfeld pointiert, aber sachlich fundiert. Dabei bemüht er sich, die unterschiedlichen Standpunkte darzustellen und nicht nur zu kommentieren. Dadurch wird sein Buch zu einer sehr guten Ergänzung bisheriger Literatur und gleichzeitig ein kritischer Kontrast zu den bisherigen Arbeiten über das Fandom/die Geschichte des SFCD, wie die von Rolf Heuter vor vielen Jahren herausgegebene Chronik des SFCD, die Gedächtnisbände des Terranischen Clubs Edens zu Scheer und Ernsting, dem Sonderband des SFCD für Walter Ernsting und den vielen Conberichten, die Interessierte vor allen empfehlenswerten Fanzines wie „Munich Round Up” entnehmen können.

Weiterhin ist anzumerken, dass sich zumindest der Pabel-Verlag trotz einer neuen Generation von Verantwortlichen nicht sonderlich geändert hat. Wer die beiden von Heiko Langhans geschriebenen Biographien gelesen hat, wird die Unterschiede zum vorliegenden Band erkennen. Rainer Eisfeld ist es gelungen, eine wichtige Persönlichkeit des Fandoms - Walter Ernsting - kritisch in seiner Rolle zu betrachten, ohne seine beachtenswerten Leistungen außer acht zu lassen. Er reduziert aber Walter Ernsting wieder auf einen Menschen mit vielen Stärken und ebenso vielen Schwächen und erzählt mit ihm manchmal freiwillig, dann wieder unfreiwillig im Mittelpunkt die Geschichte des Fandoms in den wilden fünfziger Jahren, die auch einen Einfluss auf die noch formbaren Charaktere gehabt haben. Im Vergleich zu dieser Zeit ist das Fandom gesetzter geworden, selbst die Rebellen haben teilweise kapituliert und sich im Laufe der Jahrzehnte den Quellen des Geldes ohne es zu hinterfragen angeschlossen.

Sachlich fundiert, stilistisch ansprechend, informativ, durchaus kritisch, aber nicht zuletzt aufgrund des seltenen Bildmaterials nicht nur lesenswert, sondern vor allem anschauenswert.

Mit diesem Buch unterstreicht Eisfeld, dass die Zukunftsjünger inzwischen auch Geschichte geschrieben haben. Ihre eigene, die sehr wenig bis gar nichts mit den Idealen, die sie vergeblich in ihrer utopischen Literatur suchten, zu tun hat.

hinzugefügt: December 14th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Dieter von Reeken Verlag
Hits: 5802
Sprache: german

  

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