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Schmitz, Oscar A. H.: Haschisch - Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek 7 (Buch)

Oscar A. H. Schmitz
Haschisch
Edgar Allan Poes phantastische Bibliothek 7
Titelillustration von Mark Freier
Innenillustrationen von Timo Kümmel
Blitz-Verlag, 2006, Paperback, 124 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-89840-927-9

Von Christel Scheja

In der „Edgar Allan Poe”-Reihe des Blitz-Verlags erscheinen vor allem Romane und Erzählungsbände, die in Tradition und Konzeption den Werken des oben genannten Autors folgen. Die unheimliche Schauerliteratur braucht nicht unbedingt blutige Details und ausgefeilte Kreaturen, sondern spielt vor allem mit den Abgründen und Schattenseiten der menschlichen Natur.
Dabei greifen die Herausgeber nicht nur auf moderne Autoren zurück, sondern nehmen sich auch der weniger bekannten Phantasten an, die entweder zeitgleich oder in der Generation nach Poe lebten und mehr oder weniger bekannt wurden.
Einer von den heute weniger bekannten Autoren ist der 1873 als Sohn eines reichen Eisenbahndirektors geborene und 1931 verstorbene Oscar A. H. Schmitz, der nur bis zum dreiundzwanzigsten Lebensjahr dem ihm vorbestimmten Lebensweg folgte und dann mit allen großbürgerlichen Konventionen brach, um das Leben eines wohlhabenden Weltenbummlers und Dandys, Autors und Dichters zu führen.


„Haschisch” ist sein erstes und im Jahr 1902 erschienenes Werk. Der dünne Band beinhaltet sechs Geschichten, die von einem Vorwort des Autors und einem biographischen Nachwort der Herausgeber umrahmt werden.
Nach den einleitenden und warnenden Worten von Oscar A. H. Schmitz, denen man die Epoche anmerkt, in der sie geschrieben wurden, beginnt auch schon die Rahmenhandlung, denn ein Reisender gerät in einem zwielichtigen Etablissement überraschend in ein Hinterzimmer, in dem Herren der Gesellschaft ihrem heimlichen Laster folgen: dem Rauchen von Opiaten in entspannter türkisch gestalteter Atmosphäre und bequemer Kleidung.
Um die Stille nicht all zu unerträglich zu machen, erzählt man sich unheimlichen Geschichten, in denen das Fremdartige und Übersinnliche eine Rolle spielt. Obwohl der unfreiwillige Zuhörer ahnt, dass diese Erzählungen nur dem Rausch entsprungen sein können, wird er bald von ihnen in den Bann geschlagen.
So erfährt er mehr über „Die Geliebte des Teufels”, die einen Mann von Welt verführt, jedoch niemals ihr Gesicht zeigt, um weiterhin geheimnisvoll und unnahbar zu bleiben.
Er taucht ein in „Eine Nacht des achtzehnten Jahrhunderts”, in der die ausgelassene Feier einer Gesellschaft jenseits von Raum und Zeit stattzufinden scheint, denn die illustren Gäste stammen aus allen Zeiten und Kulturen europäischer Geschichte - zusammengeführt vom Grafen von St. Germain.
Der „Karneval” von Venedig ist wieder einmal Schauplatz und bestes Versteck für die Wesen des Zwielichts.
„Die Sünde wider den Heiligen Geist” wird jungen Klosterschülern zum Verhängnis, die nicht fest im Glauben und ihrem Vertrauen an Gott sind.
Auch die letzten beiden Geschichten „Die Botschaft” und „Der Schmugglersteig” lassen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion, zwischen dem was ist und sein könnte, verschwimmen.


In geradezu surrealistischen Bildern führt Oscar A. H. Schmitz den Leser in eine Welt, in der die Wahrnehmung mehr als trügerisch sein kann, denn nicht alles, was sie erfahren, scheint wirklich so zu sein, wie es sich ihnen präsentiert. Das Unheimliche ist oft nicht fassbar, sondern nur spürbar und schleicht sich heimlich an. In der dunklen und schattigen Atmosphäre der Geschichten, die all zu oft die Verlogenheit der bürgerlichen Gesellschaft aufzeigen, merkt man ihr Nahen oft erst viel zu spät.
„Eine Nacht im Achtzehnten Jahrhundert” ist das beste Beispiel für die Verschrobenheit seines Stils. Die Geschichte beginnt eher ruhig und gelassen, wirkt merkwürdig und versponnen, bis man viel zu spät merkt, dass sie längst ihr Tempo angezogen hat und schließlich zu einem gewalttätigen Blutrausch führt. In anderen Geschichten wie „Der Schmugglersteig” wechselt das Geschehen so schnell und fließt irreal ineinander, dass man selbst meint, er habe hier die Visionen eines Drogenrausches niedergeschrieben.
Ob der Autor dabei aus eigenen Erfahrungen spricht, bleibt offen, da die Schilderungen des Surrealen und Unwirklichen eher literarisch wirken, so als stammten sie aus den Erlebnissen dritter, die er auf seinen Reisen und während des Aufenthalts in Paris aufgeschnappt haben könnte.
Die Geschichten sind aber auch Kinder ihrer Zeit. Man merkt ihnen das Lebensgefühl der Jahrhundertwende an, die scheinbare Überlegenheit und Weltgewandtheit des gebildeten Europäers und die strengen moralischen Konventionen, denen Männer und Frauen in dieser Zeit unterlagen.
So muss man auch ein wenig Verständnis für diese Epoche mitbringen, um die Verruchtheit zu verstehen, mit denen er manches, wie zum Beispiel selbstbewusst handelnde Frauen, umgibt, die für uns heute selbstverständlich erscheinen. Wenn man das mitbringt, dann kann man die geheimnisvollen und versponnen-düsteren Geschichten von Oscar A. H. Schmitz durchaus genießen.

„Haschisch” ist damit ein Buch, das durch seine Konzentration auf die Abgründe der menschlichen Seele gut in die Reihe passt und genau die Art von Unterhaltung bietet, die man auch schon von Poe her kennt.

hinzugefügt: November 4th 2007
Tester: Christel Scheja
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