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Ssssnake Kobra (DVD)

Ssssnake Kobra
USA 1973, Regie: Bernard L. Kowalski, mit Strother Martin, Dirk Benedict, Heather Menzies u.a.

Von Thomas Harbach

Mit „Ssssnake Kobra“ legt Koch Media einen der in erster Linie aufgrund seines ungewöhnlichen Titels und seines Hauptdarstellers Dirk Benedict bekannten Tierhorror-Filma in einer für das Label charakteristischen Edition wieder auf. Uwe Huber verweist in seinem kurzen Booklet auf die Tradition des führenden Horrorfilmproduzenten der dreißiger und vierziger Jahre, die Universal zumindest kurzzeitig zu Beginn der siebziger Jahre wieder einnehmen wollte. Aber der Bogen lässt sich noch deutlich weiter fassen. Den im Vergleich zu anderen Beispielen wie „Der weiße Hai“ oder „Frogs“, „Rabbits“ (1972) und schließlich „Piranha“ (1978) gehört „Ssssnake Kobra“ nicht in die Kategorie der „Die Natur schlägt zurück“-Filme, sondern in das obskure, aber nicht minder geschichtsträchtige Genre des „Mad Scientists“. Insbesondere das kleine Monogramm- Studio hat mit einem alternden und kranken Bela Lugosi eine Reihe von Filmen in den vierziger Jahren geschaffen, welche die Grenzen der Zensur immer weiter nach außen getrieben haben. In diesen billigsten Streifen haben verrückte, isoliert arbeitende Wissenschaftler – oft mit hübschen Töchtern und selbst Witwer – den Kampf mit der Natur aufgenommen und sind am Ende für ihre Gottes lästerlichen Forschungen bestraft worden. Auch in „Ssssnake Kobra“ haben wir es mit einem im Grunde wahnsinnigen Wissenschaftler zu tun, der nur leidlich von seiner hübschen, aber naiven Tochter unterstützt wird. Am Ende stehen die Bestrafung durch die Ordnungskräfte und der tragische Tod des Forschungssubjektes. Plottechnisch ist „Ssssnake Kobra“ also kein Rückgriff auf die große Monsterfilmtradition der Universal-Studios der dreißiger und vierziger Jahre, sondern eine Hommage an die Powerty Road Horror-Filme, denen Tom Weisser in seiner bei McFarland erschienenen Studie zumindest ein sekundärliterarisches Denkmal gesetzt hat.

Für den von der Universität nur leidlich geduldeten Schlangenforscher Dr. Stoner ist das Ziel klar, die Stärken des intelligenten Menschen mit der Widerstandskraft der Reptilien zu kreuzen. Auf Seiten der Schlange will er die Königskobra aufgrund ihres Willens und ihrer Entschlossenheit – sie besitzt nicht das tödlichste Gift – mit einem unwissenden menschlichen Versuchskaninchen kreuzen. Seine Opfer rekrutiert der Forscher unter den freiwilligen eines nahe gelegenen College. Nachdem sein letzter Assistent verschwunden ist – er wird später als Freak in einem Wanderzirkus wieder auftauchen – stellt er den naiven, aber gut aussehenden Dirk Benedict ein. Auch seine Tochter ist in den wahren Kern der Experimente nicht eingeweiht, sie geht davon aus, dass ihr Vater ein Schlangenserum und die Möglichkeiten der Immunität an seinen Freiwilligen ausprobieren möchte. Schnell verlieben sich die Tochter und der Student ineinander. Erste Veränderungen nimmt der Student als notwendige Nebenwirkungen des Experimentes hin, doch schon bald beginnt er sich mehr zu verändern als ursprünglich gedacht.

Der Film lebt in erster Linie von seinen erstaunlich gut gezeichneten Figuren. Dem Regisseur Bernard L. Kowalski stand mit einem Budget von knapp einer Millionen Dollar und den Sets der Universalstudio zumindest eine vernünftige Bewegungsmasse zur Verfügung. Auch wenn sein Name nicht jedem Kinogänger wirklich etwas sagt, gehörte er zu den wichtigsten Persönlichkeiten der amerikanischen Fernsehlandschaft. Er hat unter anderem „Mission Impossible“ mit kreiert, dazu bei Fernsehserien wie „The Untouchables“, „Batman“, Knight Rider“, „Magnum“, „Baywatch“ und „Diagnosis: Murder“ Regie geführt. „Sake Kobra“ sollte sein erster – zwar niedrig budgetierter – Kinofilm werden. Dabei erzählt er den Film nicht in der Tradition von anderen Monsterfilmen insbesondere der fünfziger und sechziger Jahre, sondern versucht den leider vorhersehbaren Plot als Mystery darzustellen und über diese Schiene zu entwickeln. Grundlegend wichtig ist, dass zwischen den Zuschauern und den Charakteren eine gewisse Chemie aufgebaut wird. Bernard L. Kowalski spielt seine Stärken als Regisseur überzeugend bei der Schlüsselfigur des Wissenschaftlers aus. Strother Martin verkörpert den unzweifelhaft irrsinnigen Dr. Stoner als liebevollen, warmherzigen Mann, der die meiste Zeit wirkt, als könne er keiner Fliege etwas zu Leide tun. In ihm ist die Überzeugung fest verankert, dass seine Experimente eine notwendige und moralisch vertretbare Wissenschaft darstellen. Genau zehn Jahre vorher hätte er seine menschenverachtenden Forschungen noch mit der Möglichkeit des Überlebens nach einem Atomkrieg und die Schaffung einer neuen Rasse für die Zeit danach begründet. Stellenweise vermisst der Zuschauer diese epochalen pastoralen Ansprachen und Strother Martin mit seinem aus unzähligen Fernsehserien bekannten Gesicht gelingt es teilweise tatsächlich, den außenstehenden Betrachter, seine Tochter und den herrlichen naiven und das sorgenfreie Leben genießenden Studenten zu manipulieren. Ganz bewusst bemüht sich Kowalski, zwischen seinen Ansichten und seinen Handlungen zu differenzieren. Damit nimmt er zwar dem Film ein elementares bedrohliches Bindeglied zu den B-Pictures seiner Zeit, wirkt aber auch intelligenter und konsequenter gestaltet. Unabhängig davon, dass die eigentliche Prämisse unglaubwürdig und fragwürdig ist. Erst gegen Ende des Films verlässt Kowalski diese solide aufgebaute Charakterebene und beginnt Stoner als den klassischen verrückten Wissenschaftler darzustellen. Dieser Schritt ist handlungstechnisch notwendig, da insbesondere im Mittelteil auf typische Klischees wie den halbstarken, aber geistig unterentwickelten Footballstar der ansässigen Universität als Spannungselement zurückgegriffen werden muss. In Bezug auf die wichtigsten Handlungsträger ist Dirk Benedict vielleicht die größte Überraschung. Noch weit entfernt von seinem arroganten Macho-Ego als Lt. Starbuck in „Kampfstern Galactica“ oder eitler Trickser in „The A--Team“ spielt er den naiven, aber willigen Studenten sehr überzeugend. Die Chemie zwischen Stoners Tochter – eine solide Darstellung von Heather Manzies, die allerdings öfter als Stichwortgeber missbraucht wird – und ihm stimmt. Der Zuschauer weiß ja, dass ihm ein schreckliches Schicksal blüht. Insoweit erinnert sein Charakter ein wenig an Boris Karloffs Frankenstein und die verzweifelten Versuch, sich schon halb in einer riesige Schlange verwandelt seiner Umgebung zu zeigen und auf sein grausames Schicksal hinzuweisen, sind rührend. Hal Dresners und Daniel C. Striepkes Drehbuch übertreiben allerdings auch teilweise. Wenn Stoners Tochter und Dirk Benedict nackt in einem Bergsee baden, dann wirkt die Assoziation mit Adam und Eva ein wenig zu penetrant. Auch die Weitwinkelperspektive erinnert nicht nur Zufälligkeit an die aufkeimende Bedrohung durch die Schlange. Der Unterschied zwischen der Bibel und diesem Film liegt in der Tatsache, dass Adam zur Schlange wird. Das der Wissenschaftler als göttlicher Erschaffer und teuflischer Verführer unwissentlich das Paradies erschaffen hat und es willentlich zerstören wird, ist eher eine Plotwendung als religiöser Symbolismus.

Dass der eigentliche Plot für einen vernünftigen Film in Kowalskis Augen nicht ausgereicht hat, zeigt sich an einer unlogischen Szene. Der Wissenschaftler sperrt seinen Kollegen von der Uni im Keller ein. Der Schlüssel für die Tür befindet sich in einem der beiden Schlangenterrarien. Im anderen liegt ein nicht passender Schlüssel. In einem Terrarium ist eine giftige Schlange, im anderen eine ungiftige. Anstatt die Terrarien ineinander zu schütten und die Schlüssel dann mit einem Werkzeug oder einem Holzstück, die im Keller herumliegen, herauszuholen, greift der Forscher natürlich mit der Hand rein. Bevor der Zuschauer weiß, ob er sich vergiftet hat oder nicht, wird er von einer überdimensionalen Python wenig überzeugend erwürgt. Dieser Rückfall auf das klassische Schlangenklischee schadet dem Film mehr, denn erstens wird Stoner jetzt als der absolut verrückte Wissenschaftler und nicht mehr der besessene Forscher gezeigt und zweitens ist die Szene nicht überzeugend gedreht worden.

Trotz des geringen Budgets überzeugen vor allem die Make Up-Arbeiten. Sie lassen Dirk Benedict – der sich sechs bis acht Stunden täglich für diese Aufnahmen einer besonderen Behandlung unterziehen musste – ausreichend Raum, um seine Mimik expressiv darzustellen und die Sympathie-Ebene zum Zuschauer nicht zu verlieren. Das Ende des sehr geradlinigen erzählten Films ist überhastet. Im Booklet vermutet der Autor, dass das zur Verfügung stehende Bugdet nicht mehr ausgereicht hat, eine andere Erklärung ist das für diese Zeit typische Ende mit einem eingefrorenen Bild. Die endlosen Happy-End-Epiloge gehören eher in die achtziger und neunziger Jahre. Die Werbekampagne ist allerdings typisch siebziger Jahre. Der erotische Frauenmund, aufgerissen, mit der züngelnden Königskobra. Da dieser Film diese Art der Popcornmonsterunterhaltung nicht bieten will oder kann, ist er beim Publikum durchgefallen. Erst im Laufe der Jahre hat er sich zu einem Kultschläfer unabhängig von den manchmal arg drehbuchtechnischen Klischees entwickelt. Das liegt sicherlich auch an der Popularität seines männlichen Hauptdarstellers Dirk Benedict.

Heute, mehr als eine Generation nach seinem Entstehen gehört „SSSSsssnake Kobra“ zu den wenigen wirklich noch sehenswerten Beispielen des Tierhorrorfilms in der Prä-„Jaws“ Ära. Steven Spielberg ist der erste Regisseur gewesen, welcher die Inszenierungstechnik des Thrillers auf den Horrorfilm im Allgemeinen und die Bedrohung durch Tiere im Besonderen übertragen hat. Kowalski ging es aber weniger um spektakuläre Action – dazu hätte das Budget nicht ausgereicht und Schlangen töten ja lieber heimlich, still und leise, dafür deutlich effektiver -, sondern versucht eine unglaubwürdige Prämisse wissenschaftlich so überzeugend wie möglich darzustellen. Obwohl alle wichtigen Protagonisten sehr bodenständig, sehr überzeugend dargestellt worden sind, leidet der Film unter dem Fehlen eines charismatischen Antagonisten und wirkt deswegen teilweise sehr behäbig. Erst gegen Ende seiner angemessenen Laufzeit nimmt die Handlung ein bisschen an Fahrt auf. Dies allerdings auf Kosten der Protagonisten. „SSSSsssnake Kobra“ ist kein Klassiker des Horrorgenres, ein Hybrid aus Science Fiction und Grusel, zwischen allen Stühlen sitzend. Aber ein sympathischer Hybrid mit religiösen Anspielungen.

Das Bild der Koch Media-Veröffentlichung ist sehr gut. Die Schärfe ist überzeugend, die Farben wirken allerdings eher wie eine Hommage an die siebziger Jahre. Das Bild ist teilweise leicht ausgewaschen. Die in freier Natur spielenden Szenen sind dagegen farblich realistisch und für ein Werk dieses Alters sehr schön. Die englische Tonspur ist ein bisschen deutlicher, die deutsche Spur klingt ein wenig blechern. Auf der anderen Seite haben sich die deutschen Verleiher sehr viel Mühe gegeben, den Film nuancierter und sprachlich gewählter zu synchronisieren. Es empfiehlt sich, auf die deutsche Spur zurückzugreifen. Neben der obligatorischen Bildergalerie und dem in etwas schlechterer Qualität präsentierten Trailer gehört noch die insgesamt 16 Minuten lange Super-8-Fassung zu den faszinierenden Extras der DVD. Hier wird man an die Urzeit des Heimkinos erinnert.

DVD-Facts:
Bild: 1,85:1 (anamorph, 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Stereo, englisch Dolby Digital 2.0 Stereo

DVD-Extras:
Super-8-Fassung, Trailer, Booklet, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial

hinzugefügt: September 27th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Koch Media
Hits: 2469
Sprache: german

  

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