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Das unbesiegbare Schwert (DVD)

Das unbesiegbare Schwert
Hongkong 1993, Regie: Ronny Yu, mit Brigitte Lin, Leslie Cheung, Francis Ng u.a.

Von Thomas Harbach

Unter dem Titel „Das unbesiegbare Schwert“ – sicherlich eine, aber nicht die entscheidende Komponente des Films - legt Splendid Entertainment in einer Limited Gold Edition „The Bride with White Hair“ von Ronny Yu wieder auf. Einen der Klassiker des Hongkong-Kinos.

Basierend auf einem 1954 geschriebenen, sehr populären Romans wirkt der Film mehr wie eine großzügig budgetierte Theaterproduktion, als ein klassischer Kinofilm. Auch wenn sich die Kamera in einigen Passagen wie „irrsinnig“ bewegt, kommt sie im Grunde nicht von der Stelle. Trotz ihrer fast erdrückenden Optik negiert der Film diesen negativen Effekt des Übertriebenen durch eine faszinierend einfache, aber ergreifende Geschichte. Würde ein interessierter Zuschauer die Dialoge auf Papier aufschreiben, würden sie kitschig und klischeehaft wirken. Ronny Yu inszeniert den Film zusammen mit seinem Drehbuchautor David Wu wie die allererste Liebesgeschichte der Welt. Jeder noch so kitschige Satz wird überbetont und aus der einfachen Äußerung der eigenen Emotionen und Gefühle wird eine tiefe philosophische Betrachtung. Das liegt nicht zuletzt auf Ronny Yus ungewöhnlicher Vorgehensweise, dem Zuschauer nicht nur das technisch perfekte Kampfkino Hongkongs zu präsentieren, sondern mit einem gegenwärtigen Einfühlungsvermögen diese heroisch überzeichnete, pulpig klassische Geschichte nicht nur in Bildern, sondern vor allem mit Charakteren zu erzählen. Im Verlaufe der kurzweiligen, sehr geradlinigen Story, die ausschließlich in Rückblenden erzählt wird, beginnen die einzelnen Charaktere nicht nur unter ihren tragischen Schicksalen zu leiden, sie hinterfragen impliziert die Dogmen des Helden.
Ein weiteres Tabu bricht Yu in seinem Film, in dem er zwei sehr populäre A-Stars Hongkongs in für das asiatische Nicht-Kategorie III Kino in explizierten Liebes- und Sexszenen zeigt. Dank seiner dunklen Handlung, seiner auch heute noch beispielhaften Choreographie und der stetigen Erweiterung der Erwartungshaltung der Chinesen in Bezug auf Liebe und Sex ist „The Bride with White Hair“ immer noch oder noch immer einer der empfehlenswertesten Fantasy-Filme des asiatischen Kino.
Von der Tragik her erinnert der Filme an das Drama „Romeo und Julia“ von William Shakespeare, allerdings müssen sich die Liebenden mit am Rücken verbundenen blutrünstigen siamesischen Zwillingen auseinandersetzen. Spätestens mit diesem Kampf werden auch die Freunde des Martial Arts-Kino aufhorchen und in „The Bride with Whte Hair“ nicht nur eine der kitschigen asiatischen Liebesgeschichten mit kindlichem Humor sehen. Der Film entzieht sich auch aufgrund seiner märchenhaften Struktur einer Kritik an seinem oft inkonsequenten und teilweise zu theatralischen Inszenierungsstil. Mehrmals erkennt der Zuschauer deutlich, dass die stilistisch imposanten Bilder die eigentliche Handlung überdecken und an einigen Stellen für einen nachhaltigen Effekt die Glaubwürdigkeit der Figuren geopfert wird. Auf der anderen Seite macht Ronny Yu von Beginn an deutlich, hier eine Sage zu erzählen. Mit aller Übertreibung, mit Pro- und Antagonisten, die alles Menschliche übertreffen und deren Schicksale gewaltiger sind, als man es sich vorstellen kann. Absoluter Hass, absolute Liebe, nur Extreme und keine leisen Zwischentöne. Wer diese sucht, sollte nicht auf die populären Hongkong-Filme der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurückgreifen.


Cho ist ein brillanter Schwertkämpfer und kurz gesagt der beste Soldat des Wu Dang-Clans. Er verliebt sich eines Tages in die wunderschöne Lien, die ihn bei einer Begegnung in ihrer Kindheit faszinierte. Doch er ahnt nicht, dass es sich bei ihr um das mörderische Werkzeug einer fanatischen Sekte, die von Zwillingen angeführt wird, handelt. Der männliche Teil des Paares ist zudem auch in Lien verliebt und möchte sie bald heiraten. Als sich Cho und Lien eines Tages im Kampf gegenüberstehen, müssen sie erkennen, dass sie falsch handeln und verlassen ihre jeweiligen Herren. Der männliche Teil der Zwillinge lässt Lien, aufgrund seiner großen Liebe zu ihr, auch gehen. Allerdings muss sie dafür große Demütigungen und körperliche Schmerzen über sich ergehen lassen. Als Cho endlich mit ihr vereint ist, schwören sie, sich immer gegenseitig zu vertrauen. Doch eines Tages findet er den Wu Dang-Clan fast ausnahmslos niedergemetzelt vor. Durch ihre übersinnlichen Fähigkeiten lassen die beiden Zwillinge, die eigentlichen Drahtzieher hinter dem Massaker, Cho glauben, dass Lien hinter diesem brutalen Attentat steckt. Geblendet vor Hass wendet er sich gegen die Liebe seines Lebens. Ob seines Verrats werden Liens Haare weiß und sie schließt sich wieder der dunklen Seite an.

Obwohl Ronny Yu seine Geschichte optisch überragend erzählt, gibt es eine Reihe von plottechnischen Schwächen. Der Ausgangspunkt der Liebesgeschichte wirkt nicht überzeugend. Während der Zuschauer sehr gut Leslie Cheung folgen kann, der sich in der Rolle des Cho in die aparte und schöne Lien verliebt, fehlen im umgekehrten Fall die Hintergrundinformationen und vor allem die Emotionen. Yu nimmt sich nicht die notwendige Zeit, um Liens Charakter ausführlicher und dreidimensionaler zu beschreiben. Zu den Stärken des Films gehört die Tatsache, dass der Zuschauer dieses Vakuum nach kurzer Zeit akzeptiert und sich von der Geschichte mitreißen lässt. Beide Figuren sind überzeugend charakterisiert und vor allem sympathisch dargestellt. Beide Figuren sind aber die elementaren Bestandteile des Plots. Ohne die wirklich guten Leistungen Brigitte Lins und Leslie Cheung würde vor allem die etwas chaotisch inszenierte erste Hälfte des Films auseinander fallen und “The Bride with White Hair” nur ein weiterer Kampfilm sein. Ohne, dass sie eine Bindung mit dem Zuschauer erreichen, der um ihre glückliche Zukunft und ihre Liebe bangt, wäre der Film im wahrsten Sinne des Wortes ohne Herz und vor allem auch eine richtige Geschichte. Erst in der zweiten Hälfte des Plots macht sich Ronny Yu fast in letzter Sekunde auf, auch Lien eine Vergangenheit zu schenken. Um das Element der Tragik noch weiter zu verstärken, ahnt der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt, dass das Schicksal die Liebenden wie eben auch in „Romeo und Julia“ nicht mehr alleine lassen wird. Vielleicht bleibt aus diesem Grund die weibliche Figur besser im Gedächtnis, wirkt stärker und doch verletzlicher als der in der zweiten Hälfte des Films eher zu einer Randfigur mit Stichwortcharakter reduzierte Cho. Er hat es als von der Liebe gezeichneter, immer guter Krieger allerdings auch schwerer als Lien, die für ihre Liebe sich foltern lässt und schließlich erkennen muss, dass der Mann ihrer Träume ihr nicht vertraut. Die Bilder, in welche Yu diese niederschmetternde Erkenntnis gehören zu den ganz großen Szenen des Hongkong-Kinos. Spätestens ab diesem Moment hat Cho die Zuschauer an seiner Seite verloren. Aus der Sympathie wird kurzzeitig Hass, bis Yu, ein wenig konstruiert, auch die Figur der Lien wieder auf die Ebene eines fehlerhaften, einfachen Menschen herunterholt. Die emotionale Manipulation des Zuschauers ist vielleicht einer der Vorwürfe, die man Yu machen kann. Im Gegensatz zu „Romeo und Julie“ gibt es keine Figur, die von innen heraus nur gut ist. Was „The Bride with White Hair“ weiterhin von der Shakespeare-Tragödie abhebt, deren Grundhandlung sie in das ferne China überträgt, ist Liens Persönlichkeit. Sie ist im Grunde der Romeo der Geschichte. Nach außen bleibt sie bis zum Ende des Films ein unnahbares, wunderschönes Werkzeug der Schurken, das sich nur einen Augenblick aus deren Einfluss befreien kann. Trotz ihrer scheinbar undurchdringlichen Persönlichkeit wirkt sie unendlich traurig und droht immer wieder an der Last auf ihren Schultern zu zerbrechen. Trotzdem wirkt sie entschlossener und stärker, die Skala ihrer Gefühle ist ausgeprägter und ihr Minenspiel pointierter. Der Zuschauer möchte auf der einen Seite, dass sie glücklich wird, auf der anderen Seite aber auch nicht, dass sie zu einem Heimchen am Herd wird. In einer von Männern dominierten Welt Asiens ist es immer wieder erstaunlich, welchen Einfluss und vor allem welches Charisma vor allem die wunderschönen weiblichen Schauspieler auf der Leinwand haben. Hier reicht das Spektrum von Michelle Yeoh, die immerhin Pierce Brosnan als James Bond in „Der Morgen stirbt nie“ an die Wand spielen durfte, bis Brigitte Lin.

Die handlungstechnischen Schwächen werden vor allem durch eine atemberaubende und wunderschöne Bildkomposition und Set-Gestaltung ausgeglichen. Im Vergleich zu den bisherigen Video- und Laserdiskveröffentlichungen zeigt sich hie die Stärke des Mediums DVD. Ganz bewusst hat Yu den Kampfszenen eine traumartige Atmosphäre gegeben. Sie wirken wie durch einen Grauschleier photographiert. Während der Zuschauer bei den Videoveröffentlichungen von einer schlechten Kopie gesprochen hat, wird auf der vorliegenden DVD die Absicht des Regisseurs deutlicher, die Geschichte noch mehr als zeitloses Märchen, als Saga von der Tragik der ewigen Liebe zu zeigen. Während die Kampfszenen vor allem von ihrer ausgezeichneten Choreographie und der sich hektisch bewegenden Kamera profitieren, hat Yu den ruhigen Szenen eine subtile, visuell ansprechende, aber schwer zu greifende Atmosphäre gegeben. Der fast nihilistischen Melancholie ordnet sich alles unter: der Soundtrack mit einem extra für den Film aufgezeichneten Lieds Leslie Cheungs, das der populäre Sänger und Schauspieler nicht auf CD hat pressen lassen, dem bombastischen Soundtrack, der Kombination von exzentrisch übertriebener Action und romantischen Bildmontagen. Die Atmosphäre des Films lässt den Zuschauer vergeblich auf das so seltene Happy-End hoffen. Außerdem ist er einer der wenigen Filme, die im Grunde ohne eine obligatorische Fortsetzung im Erfolgsfall auskommen. Ironischerweise hat man eine Fortsetzung inszeniert, deren Rahmenhandlung das einzige hervorstechende Merkmal ist. Weiterhin ist der Film für ein Epos mit knapp neunzig Minuten erstaunlich kurz und kompakt. Ronnie Yu verzichtet im Grunde auf jegliche Exposition, der Zuschauer wird gleich in das Geschehen geworfen und benötigt im Vergleich zu den Charakteren einige Minuten, um Gut und Böse zu unterscheiden. Kaum hat er für sich diese Unterscheidung getroffen, dreht Yu mit fast boshaftem Sadismus die Seiten wieder um. Seine überdrehte, im Englisch sagt man treffend weird Atmosphäre wird durch seltsame, fremdartige Charaktere getragen, vor deren Hintergrund Chon und Lien als einzige überzeugende Menschen agieren. Teilweise übertreibt Yu allerdings auch. Nicht jede Figur ist wirklich notwendig für die Geschichte und nur selten bemüht er sich, bis auf den charismatischen Schurken den Antagonisten ein Gesicht oder gar eine Persönlichkeit zu geben. Teilweise bleibt beim Zuschauer der Eindruck zurück, als wollte Yu zu viel auf zu wenig Raum konzentrieren. Im Vergleich zu „A Chinese Ghost Story“ wird die Grenze zur Absurdität mehrmals berührt, aber niemals entscheidend überschritten. Weiterhin fehlt dem Film der oft unerträgliche asiatisch kindliche Humor. Die Actionszenen sind nicht nur kampftechnisch hervorragend, für eine Liebesgeschichte scheut sich der Regisseur nicht, abgeschlagene Köpfe in freiem Flug zu zeigen, Körper explodieren aufgrund undefinierter asiatischer Kampfmethoden und mittels eines breiten Waffenarsenals von dem beidhändig geschwungenen Schwert bis zum Speer wird alles verwendet, um Wesen oder Menschen ins Jenseits zu befördern. Trotzdem zelebriert Yu keine Orgie von Gewalt. Im Vergleich zu Peckinpahs Zeitlupensequenzen ist das Sterben in „The Bride with White Hair“ wahnsinnig schnell. Von der Tragik der Figuren allerdings erinnert der Film nicht selten an eine asiatische Interpretation Peckinpahs „The Wild Bunch“.

Trotz und gerade wegen einer Anzahl von Schwächen gehört „The Bride with White Hair“ auch zusammen mit Tsui Harks Kung Fu-Epen, den drei Teilen der „A Chinese Ghost Story“, Wong Kar Weis „Ashes of Time“ und vielleicht ein oder zwei Ringo Lam-Filmen zu den dunklen Martial Arts-Filmen, die im Gegensatz zu Jet Lis oder Jackie Chans Popcornunterhaltungsfilmen in das dunkle Herz der Schwertkämpfer und Schwertkämpferinnen schauen. Und dieses dunkle Herz blickt unvergesslich dem Zuschauer direkt in die Seele. Ein wunderschöner Film, eine kitschig romantische Liebesgeschichte, bei welcher auch Männerherzen – die wahrscheinlich aufgrund der schönen Brigitte Lin zuerst – schmelzen.

Splendid hat den Film in einer sehr überzeugenden Neuauflage auf den Markt gebracht. Die Farben sind kräftig, insbesondere die Rot- und Blautöne sind ausdrucksstark. Die Bilder sind scharf und die Kontraste und Dunkelabstufungen stabil. Das 2.35:1 Bildformat lässt das Epos nicht nur in der richtigen Dimension, sondern zum ersten Mal wahrscheinlich seit der Kinoaufführung in seiner ganzen Herrlichkeit erstrahlen. Es ist auch den Hongkong-DVD-Veröffentlichungen vorzuziehen, die das Bild teilweise abgeschnitten haben. Der Ton ist auf der deutschen Spur in Dolby Digital 5.1, die kantonesische in Dolby Digital 2.0. Beide sind klar verständlich, es empfiehlt sich allerdings, auf die Originalspur mit den deutschen Untertiteln auszuweichen. Im Gegensatz zu den manchmal sehr lustigen englischen Untertiteln der alten Hongkong Videokassetten oder Laserdiscs ein deutlicher Fortschritt. Zu den Extras gehört noch eine Trailershow und ein Making Of, das allerdings - wie so oft – eher wie ein kleiner Propagandafilm wirkt. Die Interviews sind wenig aufschlussreich, sie deuten allerdings an, dass trotz des hektischen Drehplans das Team hinter den Kulissen sehr gut miteinander ausgekommen ist. Die wenigen Hinter den Kulissen-Aufnahmen sind interessant, vermitteln aber wie ähnliche Feature bei „A Chinese Ghost Story“ nur einen kleinen Einblick in die harte Arbeit auf einem Hongkong-Filmset.

DVD-Facts:
Bild: 2,35:1 (anamorph, 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, kantonesisch Dolby Digital 2.0 Stereo
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Making of

hinzugefügt: September 18th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Splendid Entertainment
Hits: 2901
Sprache:

  

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