Welcome to Phantastik-News
 
 

  Inhalt

· Home
· Archiv
· Impressum
· Kino- & DVD-Vorschau
· News melden
· Newsletter abonnieren
· Rezensionen
· Suche
· Zum Forum!
 

  Newsletter

Newsletter-Abo
 

 
 

To Catch a Virgin Ghost (DVD)

To Catch a Virgin Ghost
Südkorea 2004, Regie: Shin Jeong-won, mit Im Chang-jeong, Kwon Oh-jung, Woo Hyeon u.a.

Von Thomas Harbach

Der Titel „To catch a Virgin Ghost“ ist irreführend. Zwar spielen Geister in dieser koreanischen Komödie - und weniger Parodie auf die modernen J- Horrorfilme - eine Rolle, aber der andere englische Titel „Sisily, 2km“ als Hinweis auf die dörfliche Provinz trifft den Kontext besser. Wie „From Dusk till Dawn“ wird das Genre des Gangsterfilms mit Horroranteilen angereichert.

Der Film stellt die erste Regiearbeit für Shin Jeong-won dar. Er greift nicht nur auf das lebendige koreanische Gangstergenre zurück, sondern spannt den Bogen viel weiter. An einigen Stellen des kurzweilig anzusehenden, aber nicht immer wirklich lustigen Films erwartet der Leser neben den schönen Geistern aus Filmen wie „A Chinese Ghost Story“ auch die hüpfenden Vampire des Hongkong-Kinos zu treffen. Aber vor dieser Art des Overkills schreckt die Komödie nicht nur einmal zurück. Der schmale Grat zwischen Parodie, ernstzunehmender Handlung und schließlich Horror ist ein Pfad, der sich nicht immer leicht betreten lässt. Ganz bewusst konzentriert sich das für das Drehbuch verantwortliche Team erst einmal darauf, den Film ins Laufen zu bringen. Und das gelingt am Besten, wenn man dem Zuschauer etwas Vertrautes anbietet. Das typische Szenario des Gangsterfilms, in dem sich die Triade in erster Linie in Selbstzerfleischung übt. Der Gangster Seok-tae - Kwon Oh-jung mit der nicht leicht Aufgabe, als Gangster wie auch später als Leiche die Sympathien der Zuschauer bei sich zu halten - bestiehlt seinen Boss um einige wertvolle Diamanten.
Er flieht und hat einen Autounfall auf dem Land in der Nähe des Ortes Sisily. Der Kreis wird sich im Verlaufe des Films zweimal schließen. Einmal am Ende der nicht angenehmen Rückblende, in welcher der schöne weibliche Geist seinem Gast das eigene Schicksal erzählt und das zweite Mal natürlich im vorhersehbaren Showdown des Films. Seok-tae kommt in einer einsamen Herberge unter. Dort gerät er durch einen Scherz, den ihm die Bewohner spielen, in Panik und stößt sich den Kopf derart stark, dass die Bewohner den Bewusstlosen für tot halten. Nun entdecken sie einen der Diamanten und beschließen, sie zu behalten und die Leiche zu entsorgen. Auch wird ist es interessant, die unterschiedlichen Zwischentöne zu beachten. Der Fokus ist bislang ausschließlich auf dem Schurken, dem die anscheinend so ehrbaren, wenn auch geistig unterdurchschnittlichen Landeier einen harmlosen, wenn auch bösen Streich spielen. In der zweiten Hälfte des Films ist aus der harmlosen die Herberge betreibenden Familie eine Gruppe von egoistischen und durchaus der Brutalität zugeneigten Menschen geworden, welche die ländliche Idylle nicht nur unterwandert, sondern auch zerstört haben.
In die Beerdigungsvorbereitungen hinein wacht Seok-tae auf. Den Dörflern ist das egal. Sie mauern ihn einfach lebendig ein. Um seine Schreie zu überdecken, schlagen sie mit einer Schaufel auf ihn ein. In der Zwischenzeit haben Seok-taes Kollegen nicht nur den frechen Diebstahl entdeckt, sondern auch seine Spur aufgenommen. Der Gangster Yang Yi (Im Chang-jeong mit der besten, abwechselungsreichsten und am Ende leider eindimensional werdenden Rolle) taucht mit seinen eher dümmlichen Schergen auf und quartiert sich in der Herberge ein. Schnell merkt er, dass die Bewohner ihm Einiges verheimlichen. Er versucht mit allen Tricks hinter deren Geheimnisse zu kommen, bis ihm schließlich der Geist einer schönen Frau im doppelten Sinne die Augen öffnet.


„To Catch a Virgin Ghost“ versucht auf vielen Hochzeiten zu gleich zu spielen. Fängt man mit der schwächsten Handlungsebene an, sie sind es die Geistererscheinungen per se. Hier reicht das Spektrum von richtig lustig bis dreist. Zu den lustigen Szenen gehört der Monolog des einen Gangsters, der seinem Chef erläutert, dass jungfräuliche weibliche Geister – das bezieht sich auf die neue Existenz und nicht unbedingt auf die Libido – am ehesten von nacktem Fleisch im Allgemeinen und dem männlichen Geschlechtsteil im Besonderen abgeschreckt werden. Je feiger die Gangster sind, desto schneller zeigen sie nackte Haut. Und so wandern sie mehr oder minder bekleidet über die Felder und begegnen den Herbergsbewohnern, die im hellen Tageslicht und doch möglichst unauffällig den geflohenen Diamantendieb zwischen dem ganzen Kohl vergraben wollen. Im Gegensatz zu dem oft kindischen Humor gelingt es der Regisseur, durch geschickte Zwischenschnitte eine erstaunliche optische Spannung zu erzeugen. Der Zuschauer wünscht den unterdurchschnittlich begabten Schurken fast den Erfolg, während er das typische Klischee der „Quiet Family“ im Grunde noch nicht einordnen kann. Beide Oppositionsgruppen versuchen in dieser möglichst peinlichen Situation – nacktes Fleisch kontra malträtierte Leiche – möglichst cool zu sein und irgendwie bewahren sie alle ihre mehr oder minder peinlichen Haltungen. Etwas weniger lustig, aber einfallsreich ist die Szenen, in denen der Gangsterboss eine junge Frau auf einem Baum sitzen sieht. Mit einer stumpfen Säge versucht sie einen Ast abzutrennen. Als sie den Kopf hebt, erkennt der Zuschauer zusammen mit dem Gangster die weißen Augen. Das typische Merkmal für einen Geist. In einer der wenigen ruhigen Passagen erfährt man, dass der Ast einen Schatten auf ihr Grab wirft und sie friert. Aus diesem Grund wollte sie den Ast absägen. Am Ende des Films erfüllt sich nicht nur ihr Wunsch, sondern in einer rührseligen Szene wird ihre letzte Ruhestätte umgestaltet.
Wie stark kleine Episoden das Gesamtgeschehen beeinflussen, zeigt dagegen die ungemütliche Passage, in welcher der Sohn des Gangsterbosses eine Eule vom Baum schießt. Eine Tat, die nicht ungesühnt bleiben kann. Obwohl die Geistererscheinungen zum Teil sehr stimmig inszeniert worden sind, zum Teil aber auch bewusst der Manipulation der tölpelhaft agierenden Gangster dienen und deswegen tricktechnisch absichtlich amateurhaft inszeniert worden sind, fehlt den übernatürlichen Passagen ein gewisser Reiz. Der Plot ist zu geradlinig, die wichtigen Höhepunkte zu plakativ und eindimensional zu nah am Original inszeniert. Hier hätte die Regie zum Zuschauer etwas Überraschendes, etwas den Grundtenor der Komödie unterstreichendes anbieten können und müssen.

Im letzten Drittel des Films fügt das Drehbuch quasi als nachgeschobenes Bindeglied noch eine Liebesgeschichte hinzu. Zwischen dem Gangster und dem Geist. Auch wenn die Chemie zwischen den beiden Figuren nur oberflächlich zu stimmen scheint, ermöglicht diese klassische Ausgangssituation – einige Szenen erinnern an die berühmte „ A Chinese Ghost Story“-Trilogie mit ihrer Lagerfeuerromantik – das Spiel mit den Versatzstücken. So muss der Gangster den Geist fast verbal zwingen, einmal mit weit aufgerissenem Mund, Krallen an den Fingern, wehendem Haar und einem überirdischen Gebrüll für Angst zu sorgen. Wenn auf der anderen Seite der Geist fast melancholisch seine kurze, tragische Lebensgeschichte erzählt, greift der Film auf technisch auf alt und Super 8 hin veränderte Filmszenen zurück, um schließlich handlungstechnisch mit einer eher überraschenden Komponente den Kreis zu schließen. Der Geist steht in einem engen Zusammenhang mit der Herbergsfamilie.

Was das Drehbuch in diesem Fall gänzlich außer acht lässt, ist die Prämisse, dass hier ein Geist und ein Gangster miteinander sprechen. Ein Verbrecher, der Menschen getötet hat und dessen Handlanger mit brachialer Gewalt an die Diamanten zu kommen suchen. Nicht nur in diesen Szenen zeigt sich, dass die Charakterisierung der einzelnen Protagonisten eher über die jeweils handlungstechnisch notwendige Emotion und weniger über eine kontinuierliche Persönlichkeitsentwicklung erfolgt ist. Die größte Überraschung ist schließlich, wie der Regisseur diese kitschig liebliche Szene in die Handlung integriert, den Fluss des Films zum Stoppen bringt und schließlich mit einem erzähltechnisch schwachen Trick den Spannungsbogen wieder auflöst. Kaum ist der Zuschauer der Ansicht, die Passage richtig eingeordnet zu haben, kehrt der Film wieder zu der ursprünglichen Prämisse zurück und steuert schließlich zu geradlinig auf das schwache Ende zu.

Viel besser ist die Gangsterhandlung. Nach dem Diebstahl schickt der Gangsterboss insgesamt vier Männer aus, innerhalb von drei Tagen die fehlenden Steine zu finden und zurückzubringen. Ansonsten wäre ihr Leben verwirkt. Eine fast klassische Konstellation, die dank der schnellen Zwischenschnitte noch unterhaltsamer wird. Der Zuschauer weiß im Gegensatz zu den Verbrechern, was aus den Diamanten und dem dreisten Dieb geworden ist. Beziehungsweise, was mit ihm geschieht. Dieser Vorgriff der Ereignisse erweckt eine gewisse Erwartungshaltung in die erste Begegnung zwischen den Dörflern und den coolen Gangstern. Da sich die Verbrecher auf das Gebiet der Landbevölkerung begeben müssen, verlieren sie – aus der Perspektive des außen stehenden Betrachters – ihren waffentechnischen Vorteil. Eine der ersten wirklich effektiven Szenen dieser Handlungsebene ist eine Hommage an Fulci. Der Diamantendieb ist von den Dörflern lebendig eingemauert worden. Die Gangster zwingen diese, ein Bild aufzuhängen. Ausgerechnet an der Wand, hinter der sich der inzwischen wieder zum Bewusstsein gekommene Dieb befindet. Dieser wird von seinem Boss auf dem Handy angerufen und kann mit ihm sprechen. Da er nicht weiß, wo er sich befindet, sind seine Antworten unverständlich. Er sieht den Nagel durch die Wand gekommen, auf Stirnhöhe. Dann folgen verschiedene sehr schnelle Schnitte, in denen die komischen Verwicklungen dieser Szene aus den unterschiedlichen Perspektiven – Diamantendieb, Chef am Handy, Dörfler, der den Nagel einschlägt – in immer schneller werdenden Abfolge gezeigt werden. Mit dem zynischen, aber irgendwie passenden Ende.

Wie sehr die Gangster des Films wie eine Mischung aus Tarantinos Antihelden und den dummen Handlagern koreanischer Mafiosiclans wirken, ist sicherlich beabsichtigt. Selbst in der soliden deutschen Synchronisation gehören ihre Dialoge zum Feinsten des Films. Regisseur Shin Jeong-won hat es sicherlich nicht einfach gehabt, dieses vielschichtige, aber nicht immer nuancierte Drehbuch in einen stringenten Film umzusetzen. Für die westlichen Zuschauer erleichtert der Verzicht auf jeglichen wirklich schrillen asiatischen Humor das Anschauen. Je mehr Hintergrund er diesem Film entgegenbringt, desto interessanter wird das Ansehen. Der Auftakt mit der kleinen Familie erinnert nicht umsonst an eine koreanische Version des „Kettensägermassakers“. Die Anspielungen auf möglichen Kannibalismus werden schnell wieder aufgelöst, aber beim Zuschauer bleibt das ungute Gefühl, dass diese kleine Gruppe mehr als nur einen Gangster hinter der Wand hängen hat.

Der Ton ist eine Mischung aus makaber und bedrohlich. Da mit dem Diamantendieb ein einfältiger, dummer und nicht sympathischer Mann die Herberge betrifft, ist er dem Zuschauer im Vergleich zu den wehrlosen schönen Frauen der amerikanischen Slasherfilme im Grunde egal. Auch die Gastgeberfamilie ist ihm zumindest zu Beginn des Films gleichgültig. Im Verlaufe der teilweise sehr überdrehten Handlung wird das Pendel eher zugunsten der nachfolgenden einfältigen Gangster ausschlagen. Eine fragwürdige Tendenz, aber im ganzen Film gibt es – außer dem Geist – zu ihnen keine greifbare Alternative.

Einige handlungstechnische Schwächen werden immer wieder durch die Unzahl von optischen Einfällen ausgeglichen. Wenn am Ende die Gangster sich aus ihrer schwierigen Position zu befreien suchen, folgen die Zwischenschnitte zu den fliehenden Familie und ihrem nicht mehr tragischen Schicksal. Einige der Dialoge sind pointiert und einfallsreich, dann folgen wieder Abschnitte mit dem insbesondere für westliche Zuschauer unverständlichem, kindlichem Humor. Auf eine gut geschnittene Actionszene ist teilweise eine tricktechnisch enttäuschende Sequenz gesetzt worden. Dabei lässt sich nicht immer erkennen, ob es sich um Budgetprobleme oder Absicht handelt.

„To catch a Virgin Ghost“ ist ein Hybrid aus den verschiedenen Genres, der insbesondere im Bereich der Horrorkomödie zu viele rote und gute Fäden in der Luft hängen lässt. Als Parodie auf die ungezählten Gangsterfilme funktioniert der Film sehr viel besser und hier liegen auch die Stärken dieser uneinheitlichen Produktion. „To catch a Virgin Ghost“ lässt sich mit einem unauffälligen, angenehmen Gast auf der eigenen Party vergleichen, mit dem sich der Gastgeber sehr gerne unterhält, der aber am Ende der Feier schon aus dem Gedächtnis und seinem Leben wieder verschwunden ist.

I-On New Media hat der Einzel-DVD eine interessante Variante des Originalcovers mit auf den Weg gegeben. Auf diesem Bild stehen die vermummten Dörfler vor dem gelben Hinweisschild, im Original der sympathische Gangsterchef.
Der Film ist in einem ansprechenden Format wiedergegeben worden. Die Bildqualität ist in Ordnung, insbesondere die Nachtszenen können überzeugen. Die Farben sind natürlich. Beide Tonspuren sind klar verständlich. Da auch die deutsche Synchronisation angemessen ist, braucht die Originalspur mit den deutschen Untertiteln nicht extra herausgestellt werden. Auf der DVD befindet sich zunächst ein Making Of mit einer Laufzeit von rund 21 Minuten, das wie alle Extras deutsch untertitelt ist. Leider ist das Making Of größtenteils von dem Team hinter den Kulissen unkommentiert gelassen worden. Es beschränkt sich auf eine Auswahl von Filmszenen aus unterschiedlichen Perspektiven mit einigen Hintergrundbildern.
Die Momentaufnahmen und das Interview mit dem Regisseur hätten zusammen geschnitten werden können. Mit einer Laufzeit von weniger als eine Viertelstunde sind beide Feature zu kurz und unergiebig. Die vier Minuten für die Trickeffekte entsprechen ihrer Verwendung im Film an sich. Zusätzlich zu den obligatorischen Trailern gibt es noch ein Musikvideo, dessen Qualität optisch wie auch tontechnisch unterdurchschnittlich ist.

DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (anamorph, 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, koreanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Making of, Interview mit dem Regisseur, Musikvideo, Momentaufnahmen

hinzugefügt: August 25th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: I-On New Media
Hits: 2778
Sprache:

  

[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ]