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The Uninvited (DVD)

The Uninvited
Südkorea 2003, Regie: Lee Soo-yeon, mit Park Shin-yang, Jeon Ji-hyeon, Yu Seon u.a.

Von Thomas Harbach

In den letzten beiden Jahren hat sich das phantastische asiatische und hier insbesondere koreanische Filmgenre zurückentwickelt. Die Welle der technischen J-Horrorfilme ist ausgelaufen, die Basis fehlt. Was aus westlicher Sicht immer wieder erstaunlich ist, ist die Scheu, das reichhaltige eigene Kulturerbe zu plündern und auf dieser Basis solide Horrorfilme zu kreieren. Auch im vorliegenden Film „The Uninvited“ Lee Soo-yeon wird ein westliches Vorbild – „The Sixth Sense“ - als Grundidee entliehen und ohne den erkennbaren grundlegenden Plot extrapoliert.
Mit einem Titel, der verpflichtet. In den vierziger Jahren entstand unter dem gleichen Titel einer der besten Geisterfilme, der einen Vergleich mit „The Innocents“ und vor allem „The Haunting“ nicht zu scheuen braucht. Insbesondere dessen Fokussierung auf die psychologischen Aspekte einer vom Zuschauer unmöglich einzuschätzenden Gruppe sowie der Ausschluss überprüfbarer Geisterelemente haben den stimmungsvollen von Robert Wise zu einem zeitlosen Meisterwerk werden lassen. Die Charaktere und der Zuschauer haben keine Möglichkeit, aufgrund der gezeigten bzw. erlebten Vorgänge das Vorhandensein von Geistern zu beweisen. Der gesamte Film – nach dem Betreten des Schlosses – könnte sich als klaustrophobische Phantasie der neurotischen Menschen scheuen und im Grunde lebensuntüchtigen Frau entpuppen.
Aus „The Sixth Sense“ übernimmt Lee Soo-yeon vor allem die Idee, die stetige Auseinandersetzung der Hauptcharaktere mit dem allgegenwärtigen, überraschend auftretenden Tod zu suchen. Dieser Konflikt manifestiert sich im Auftreten von Geistererscheinungen, wobei die präsentierten Erklärungen ambivalent bis oberflächlich bleiben.

Der Auftakt ist stimmungsvoll und manipulierend. Der Innenarchitekt Jeong-won schläft im Zug ein. Als er aufwacht, sieht er zwei junge Mädchen, die anscheinend noch schlafen, im Zug, während dieser längst seine Endstation erreicht hat. Am nächsten Tag erfährt er, dass die beiden Mädchen von ihrer Mutter vergiftet und getötet worden sind. Damit beginnen seine Visionen. Er sieht die Mädchen in seinem eigenen Esszimmer, er träumt von ihnen. Gleichzeitig schieben sich anscheinend Bilder aus seiner eigenen Vergangenheit aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Er gerät in einen immer stärker werdenden Konflikt mit seiner intelligenten, aber auch temperamentvollen Lebensgefährtin. Durch einen Zufall trifft er die junge Frau Yeon, die unter Durchblutungsstörungen leidet. Diese führen zu plötzlicher Bewusstlosigkeit. Auch sie kann die beiden Mädchen sehen. Er besucht sie und findet sie tiefer in das schreckliche Schicksal der beiden Mädchen auf der Opferseite involviert, als er sich auf den ersten Blick vorstellen kann. Zusätzlich kann Yeon Menschen helfen, ihre begrabenen Erinnerungen wieder zu reaktivieren. Im Falle von Jeong-won mit ungeahnten Folgen.

Obwohl „The Uninvited“ über eine Reihe von unangenehmen Szenen verfügt und die klassische Schnitttechnik des Horror-Films zum eigenen Vorteil und nicht immer der zugrunde liegenden Geschichte entsprechend nutzt, ist es kein Horrorfilm. Er will es auch gar nicht sein. Die Verstorbenen stehen nicht im Mittelpunkt der Geschichte. Dieser grausige Doppelmord – in einer fortlaufenden Gerichtsverhandlung wird immer wieder auf die Tat eingegangen, der stimmungsvoll und subtil aufgebaute Atmosphäre zugunsten der statischen Verhandlung negiert und stellenweise sogar bewusst oder unbewusst zerstört – ist der Katalysator der kommenden Ereignisse. Das eigentliche Thema ist die Reaktion auf ein plötzliches Trauma, ein schockierendes Ereignis, das aus dem Nichts kommend das bisherige Leben auf den Kopf stellt und Spuren hinterlässt. Sehr geschickt hat das Drehbuch die beiden wichtigsten Protagonisten Jeong-won und Yeon mit einem intakten Umfeld umgeben. Wir sehen die beiden Menschen mit ihren jeweiligen Partnern, ihren Kollegen. Diese führen gänzlich normale Leben, kämpfen sich durch die alltäglichen Probleme und isolieren damit unbewusst die beiden Protagonisten noch mehr von der Möglichkeit eines normalen Lebens. Allerdings fordert das Drehbuch auch Zugeständnisse vom Zuschauer. Jeong-wons Verlobte wird sehr charmant und überzeugend von Yu Seon gespielt. Sie ist in Bezug auf den Film der am meisten abgerundete Charakter. Für den Zuschauer ist es allerdings schwer zu verstehen, warum sich die attraktive, intelligente Frau ausgerechnet einen Neurotiker wie Jeong-won zum Freund genommen hat. Damit wird gleichzeitig auf das größte plottechnische Ausgangsproblem des Films hingewiesen. Die beiden im Mittelpunkt stehenden Protagonisten sind schon zu Beginn des Films gebrandmarkt. Viel effektiver wäre es, Jeong-won als gesunden, mit beiden Beinen im Leben stehenden Mann zu zeigen, der aufgrund dieser schockierenden Begegnung mit den Leichen der beiden Mädchen geistig zu zerfallen beginnt. Viele Genrefilme funktionieren auf einer logischen Basis nicht mehr. Es ist wichtig, die eigentliche zugrunde liegende Story logisch und stringent zu entwickeln und um diesen roten Faden herum die phantastischen Elemente zu platzieren. Im vorliegenden Fall von „The Uninvited“ sind die neurotischen Figuren so überzeugend beschrieben worden, dass die übernatürlichen Anspielungen im Grunde stören und vor allem den Eindruck hinterlassen, als billigere Ausreden missbraucht werden zu können. Die übernatürlichen Elemente stehen phasenweise in einem Widerspruch zu der guten psychologischen Story. Hier wäre es sinnvoller gewesen, die Geschichte am Ende als Geistergeschichte aufzulösen und relativ schnell als Vision zu entlarven und abzuhandeln. Alleine als psychologische Geschichte, aber nicht als Thriller wäre der Film stringenter, kompakter und vor allem interessanter gewesen. Wenn Regisseur Lee sich in einem Interview äußert, dass der Film mit dem Bild der zwei toten Kinder auf Stühlen im Esszimmer begonnen hat, so beschreibt er die stärkste bildliche Montage seines Werkes. Irgendwo zwischen dieser Vision, der Idee, dem Drehbuch und schließlich der Umsetzung ist teilweise zu Ungunsten des Films die Spielerei eingeflossen, dass Jeong-won und Yeon tote Menschen sehen können. Mit dieser Prämisse hebt das Drehbuch die dunkle, nihilistische Geschichte von lebensuntüchtigen Menschen und der Hilflosigkeit, mit welcher die Umwelt auf deren Veränderung reagiert, gänzlich auf.

Dabei ist „The Uninvited“ ein hervorragend komponierter sehr ruhiger Film. Lee Soo-yeon bringt, vielleicht klischeehaft ausgedrückt, weibliches Einfühlungsvermögen mit. Die Kamera fokussiert sich sehr stark auf die einzelnen, einfach gestalteten, fast kargen Sets. Die Schauspieler agieren sehr kontrolliert, nicht selten distanziert. Ganz bewusst soll keine emotionale Brücke zwischen dem Zuschauer und ihnen aufgebaut werden. Sie bleiben in ihrer eigenen Welt gefangen und isoliert. Um diese Situation überzeugend zu entwickeln, umgibt sie insbesondere Jeong-won mit einem dichten Netz aus realistischen Situationen. Sie zeigt das besondere Verhältnis zu seiner Schwester ebenso nuanciert auf wie die fehlende ehrliche Kommunikation zwischen seinem Vater und ihm. Dabei reden die beiden immer wieder miteinander. Aber sie können die Brücken der Vergangenheit nur schwer niederbrennen. Im Vergleich zu vielen anderen asiatischen Horrorfilmen spielt der oft kindische oder kindliche Humor keine Rolle. Das Geschehen wird komprimiert und ernst, wenn auch distanziert beschrieben. Zum Teil wirkt die Vorgehensweise der Regisseurin aber auch ein wenig zu plakativ. Wenn sie Menschenmengen, den schnell dahin fließenden Straßenverkehr und schließlich alle Spielarten der Kommunikation als Beweis der Isolation der beiden Protagonisten hinzuzieht, übertreibt sie. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, die beiden verstörten Menschen nur über einen anonymen Chatroom in Kontakt treten zu lassen, um sie wie in Roman Polanski großartigem „Ekel“ – einem Film, dem sich „The Uninvited“ zu nähern sucht, der aber unerreicht bleibt – in ihrer vertrauten, zu einer „Festung“ ausgebauten Umgebung zu zeigen. Diese Schwächen sind eher subtiler Natur und stören bei der Betrachtung des stellenweise faszinierenden Geschehens nicht unbedingt, sie zeigen aber auch deutlich auf, dass „The Uninvited“ in manch überraschender Hinsicht ein Film der Kompromisse ist. Wer sich gerne mit gebrochenen Charakteren auf einer zumindest überzeugend dargereichten psychologischen Ebene beschäftigt, wird mit diesem „Grenzhorror“- Werk gut unterhalten. Wer diese gebrochenen Charaktere nicht von Beginn an akzeptiert und sich auf ihre Perspektive einstellt, könnte den Film teilweise mit Unverständnis betrachten und ihn als langweilig kategorisieren. Er ist sicherlich von seiner Intention her ungewöhnlich, wenn auch nicht Bahn brechend. Was „The Uninvited“ – ebenso wie „The Sixth Sense“ fehlt – ist das überraschende verstörende Element, eine Idee, die ihm Zuschauer anfängt sich zu entwickeln und die er lange nach dem Ansehen des Films weiter mit sich trägt. Die Ansätze sind vorhanden, und es lohnt sich, auf Lee Soo-yeons weitere Filme zu achten, aber teilweise wirken diese noch unterentwickelt und nicht immer entschlossen genug.

e-m-s hat sich bei den Extras bemüht, dem Zuschauer einen Blick hinter die Kulissen zu gestatten. Das Making Of beinhaltet neben einigen kommentierten Szenen aus dem Film gute und informative Interviews mit den Hauptdarstellern. Sie versuchen, ohne zu viel vom Plot zu verraten, ihre Charaktere zu definieren. Dazu kommt ein Musikvideo – welch ein Kontrast zum Inhalt des Films – und der Kinotrailer. Der Film wird im anamorphen Widescreen Format 2.35:1 widergeben. Die sorgfältige Bildkomposition bleibt durch dieses Format erhalten. Die Farben sind realistisch und überzeugend. Der Ton klar, die Abstimmung zwischen der melancholischen Hintergrundmusik und den Dialogen sehr gut. Die deutsche Synchronisation ist sorgfältig, es empfiehlt sich aber, auf die Originalspur mit gut lesbaren und inhaltlich akzeptablen deutschen Untertiteln auszuweichen.

DVD-Facts:
Bild: 2,35:1 (16:9, anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, koreanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Making of, Musikvideo, Behind the Scenes

hinzugefügt: July 21st 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: e-m-s
Hits: 2670
Sprache:

  

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