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Martin, George R. R.: Die Herren von Winterfell - Das Lied von Eis und Feuer 1 (Buch)

George R. R. Martin
Die Herren von Winterfell
Das Lied von Eis und Feuer 1
Die Bild am Sonntag-Fantasy-Bibliothek 5
(A Song of Ice and Fire: A Game of Thrones, 1996)
Aus dem Amerikanischen von Jörg Ingwersen
Titelillustration von Michael Whelan
Umschlaggestaltung von Veronika Illme
r 6 farbige Innenillustrationen von Ciruelo, Doug Beekmann, Michael Whelan, Jan Patrik Krasny, Boris Vallejo
Schmuckinitialen von Norbert Pautner
Weltbild-Verlag, 2006, Hardcover mit Lesebändchen, 536 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978—389897-525-4

Von Irene Salzmann

Einst war Robert Baratheon ein großer Ritter; jetzt ist er der Herrscher über die Sieben Königslande. Die unglückliche Ehe mit Cersei Lannister, eine Burg voller Intriganten und ein ausschweifendes Leben forderten im Laufe der Jahre ihren Tribut, und der König ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Als einer der treuesten Ratgeber plötzlich stirbt – man munkelt von Mord -, ernennt er seinen langjährigen Freund Eddard Stark zu seiner neuen Rechten Hand.
Obwohl Eddard lieber auf Winterfell bleiben würde, wo es genug für ihn zu tun gibt, ist er gezwungen, dem Ruf des Königs zu folgen. Sogleich werden er und seine Angehörigen in die Ränke der machtgierigen Lannisters und ihrer Verbündeten miteinbezogen.
Während die Sieben Königslande zerstritten sind und die Lannisters auf ihre Chance lauern, den Thron an sich zu reißen, plant Prinzessin Daenerys, die Macht der alten Dynastie Targaryen, die von Robert Baratheon gestürzt wurde, wiederherzustellen. Sie vermählt sich mit Khal Drogo, der über ein riesiges Heer wilder, furchtloser Reiter gebietet, und erwartet sein Kind. Robert glaubt, diese Bedrohung bloß durch einen Mord abwenden zu können.
Darüber kommt es zu einem Streit zwischen ihm und Eddard, woraufhin dieser seine Insignien ablegt. Bevor die ehemalige Rechte Hand King’s Landing verlassen kann, wird er von Jaime Lannister, dem Zwillingsbruder der Königin, attackiert und verwundet, während seine Getreuen den Tod finden. Unterdessen nimmt Eddards Frau Catelyn den Zwerg Tyrion Lannister fest, den sie für den Anstifter der Mordversuche an ihrem nun gelähmten Sohn Bran hält. Bei ihrer verwitweten Schwester Lysa, die mit ihrem schwächlichen Sohn auf die Eyrie geflohen ist, findet sie allerdings nicht die erhoffte Unterstützung. Robb, der älteste Sohn von Eddard und Catelyn, muss allein über Winterfell wachen, während sich neues Unheil zusammenbraut…


Bisher stellte die „Bild am Sonntag-Fantasy-Bibliothek“ die Werke von Schriftstellern vor, die nahezu jeder kennt: Wolfgang Hohlbein ist wohl der erfolgreichste deutsche Autor der Phantastik. Marion Zimmer Bradley begeisterte mit „Die Nebel von Avalon“ ein breites Publikum und ebnete damit den Weg für viele weitere Fantasy-Titel, die sonst nur Beachtung bei den Genre-Fans gefunden hätten. Robert Jordans „Rad der Zeit“ zählt zu den großen Sagas des späten 20. Jahrhunderts. Ursula K. Le Guin ist zweifellos eine der vielseitigsten und intelligentesten Autorinnen.
In Folge fragt man sich, wieso Band 5 der „Bild am Sonntag-Fantasy-Bibliothek“ ausgerechnet einen Roman von George R. R. Martin präsentiert und man hochkarätige Autoren wie z. B. Terry Brooks, Michael Moorcock, Fritz Leiber oder R. E. Howard übergangen hat. Martin machte sich einen Namen als Dramaturg bei der TV-Serie „The Twilight Zone“ und tauchte in den hiesigen Buchhandlungen erstmals mit der Serie „Wild Cards“ auf. Beachtung fand schließlich in den 90ern seine Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“. Schon nach den ersten Seiten wird dem Leser klar, warum die Wahl auf „Die Herren von Winterfell“ fiel.


Der Autor beginnt geschickt mit einem dramatischen ersten Kapitel, das ahnen lässt, wie gefährlich und faszinierend die Fantasy-Welt ist, die er geschaffen hat, noch bevor die Hauptakteure vorgestellt werden. Nicht nur Eis und Kälte bedrohen die Menschen im Norden sondern auch mysteriöse Kreaturen, Ausgestoßene und vor allem Feinde des Königs und des Hauses Stark. Immer wieder fallen tapfere Männer und Frauen bei der Erfüllung ihrer Pflichten oder werden ein Opfer der Intrigen – Hauptfiguren gleichermaßen wie Nebencharaktere. Mit seinem angenehmen, flüssigen Stil zieht Martin die Leserschaft in seinen Bann, so dass man das Buch nicht beiseite legen will, bevor man das Ende erfahren hat.

Wie ein Puzzle fügt sich das Bild von den Sieben Königslanden und seinen Bewohnern zusammen. Aus wechselnden Perspektiven beschreibt Martin, wie Eddard Stark vergeblich versucht, seinen Freund und König zu beschützen und ihn zu vernünftigen Entscheidungen zu veranlassen. Es gibt niemanden, dem er wirklich vertrauen kann, weder den Brüdern des Königs noch dessen Ratgebern, die alle ihre eigenen Ziele verfolgen, und schon gar nicht den Lannisters, die sie beide am liebsten tot sehen würden. Zwar soll Eddards älteste Tochter Sansa mit Joffrey, dem Thronfolger, verheiratet werden, aber er gibt sich nicht der Illusion hin, dass daraus Freundschaft zwischen den Häusern erwachsen könnte. Als Catelyn Tyrion auf die Eyrie bringt, beginnt die angespannte Situation zu eskalieren, denn auch wenn die Lannisters ihrem kleinwüchsigen Angehörigen keine Liebe entgegen bringen, fühlen sie sich beleidigt. Über die internen Machtkämpfe wird fast vergessen, dass außerhalb des Reiches ein unterschätzter Gegner wartet, bis die Zeit für einen vernichtenden Angriff reif ist.

Die Handlung endet abrupt, denn Blanvalet – und damit auch Weltbild – entschieden sich wieder einmal für die Unsitte, die Original-Ausgabe nach Gusto in zwei Bände zu teilen. Das ist bedauerlich für den Leser, der für zwei Romane statt für einen zahlen muss, keine abgeschlossene Lektüre erhält und im Fall, dass ihm als Neueinsteiger Band 2 zuerst in die Hände fällt, wenig damit anfangen kann, weil der Anfang fehlt.


Es gibt viele Schauplätze und Handlungsebenen, die von zahlreichen Protagonisten bevölkert werden. Selbst Charaktere, die nur kurze Auftritte haben, werden namentlich genannt, und damit man nicht den Überblick verliert über die wichtigsten Akteure, sind sie alle dankenswerterweise im Anhang mit ihrer Zugehörigkeit zu den jeweiligen Fürstenhäuser aufgelistet.

Man merkt schnell, wem die Sympathien des Autors gelten, und so leidet man mit den Starks und ihren Freunden. Selbst das Schicksal des Zwergs Tyrion bewegt, denn er ist ein krasser Außenseiter unter all den schönen und mächtigen Lannisters und wird selbst ein Opfer ihres Intrigenspiels. Mit Jon, dem Bastard Eddard Starks, und der eigenwilligen Arya, die lernt, ein Schwert zu gebrauchen, sind zwei weitere Figuren dabei, die mit den Konventionen gebrochen haben und dadurch positiv auffallen. Auch in dem Eunuchen Varys steckt großes Potential.

Man findet keine wirklich spektakulären Kämpfe und splattrige Beschreibungen. Vielmehr liest sich der Roman wie eine Familien-Chronik, die im Detail vom Wohl und Wehe der Protagonisten erzählt. Da jeder sehr sorgfältig eingeführt wird, erschüttern die einzelnen Todesfälle mehr, als würden ganze Heere abgeschlachtet.

Natürlich sind die Figuren nicht frei von gängigen Klischees. So ist König Robert zum Wein liebenden, alternden Choleriker geworden, dem sein Reich zunehmend entgleitet. Seine Gemahlin Cersei ist ein skrupelloses Luder, das ihn betrügt und sogar ihre Kinder gegen ihn aufhetzt. Der Thronfolger Joffrey ist ein arroganter, wehleidiger Lügner und Blender. Eddard Stark und seine Frau Catelyn sind die tatkräftigen, ehrbaren Helden, die bereit sind, ihr Leben zu geben, um ihre Familie zu schützen. Ihre tapferen Söhne und Vertrauten stehen ihnen in nichts nach. Sansa ist das Dummchen, das auf Joffrey hereinfällt, Arya die unterschätzte und mutige Rebellin. Die Ratsherren sind entweder steife Ritter oder undurchsichtige Ränkeschmiede, Varys wird als der typische Eunuch beschrieben, doch besitzt er ein zweites Gesicht.

Tatsächlich würde die Handlung nicht funktionieren, griffe Martin nicht auf bestimmte Archetypen zurück. Allerdings bemüht er sich, die Motive zu variieren und die Charaktere mit Leben zu erfüllt. Man darf gespannt sein, wie sie sich im Laufe der nächsten Bände weiter entwickeln und ob jene, denen bisher nur einzelne Szenen zugedacht waren oder die lediglich namentlich erwähnt wurden, größere Handlungsanteile haben werden.


Der Autor konzentriert sich auf die Protagonisten und lässt die Handlung nur langsam voran schreiten. Diese ist voller Details, die dazu beitragen, dass sich die Ereignisse wie ein Film vor dem inneren Auge des Lesers abspulen. Durch die regelmäßigen Szenen- und Perspektivenwechsel kommt es zu keinen Längen. Man vermisst allein einen richtigen Höhepunkt – vielleicht weil das Ende des Buchs aufgrund der Teilung in zwei Bände fehlt.

Ist man durch diesen Band auf den Geschmack gekommen, wird man sich bestimmt gern die weiteren Bücher (im Moment liegen acht Romane vor, der neunte von zwölf ist für 11/07 angekündigt) kaufen, um zu erfahren, wie es weitergeht, denn es blieben sehr viele Fragen offen.


„Die Herren von Winterfell“ ist ein unterhaltsamer Roman, der mehr wie ein Historical bzw. Familiendrama wirkt, denn man vermisst den Sense of Wonder, der zu jedem Fantasy gehört - vielleicht ändert sich das mit den nächsten Folgen. Das Buch liest sich flüssig und spricht vor allem die Freunde von Titeln wie „Der Herr der Ringe“ oder „Das Schwert von Shannara“ an und mehr noch die Leser der Allgemeinen Reihe, die Freude an historischen Romanen wie der Artus-Sage haben.

Zu erwähnen ist außerdem die ansprechende Gestaltung der Weltbild-Ausgabe: aufwändiges Cover, mehrere farbige Illustrationen von namhaften Künstlern wie Boris Vallejo und Michael Whelan. Die Bilder haben allerdings keinen Bezug zur Handlung. Tatsächlich stellt eine Illustration Fafhrd und den grauen Mausling dar, Charaktere aus Fritz Leibers gleichnamiger Serie.

hinzugefügt: April 18th 2007
Tester: Irene Salzmann
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