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The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning (US-DVD)

The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning
Horrorfilm von Jonathan Liebesman, USA 2006.
96 Minuten (Langfassung), 91 Minuten (Kinofassung), ca. 83 Minuten (deutsche Kinofassung).
Mit Andrew Bryniarski, Diora Baird, R. Lee Ermey u.a.
DVD (New Line/USA), Ton: Englisch DTS 6.1, Bild: 1,85:1 anamorph.

Von Oliver Naujoks

„The Beginning“? Sortieren wir erst einmal.

Dieser Film ist der nunmehr sechste (oder siebente, je nach Leseart) aus der Reihe, die 1973 mit „The Texas Chainsaw Massacre“ (1973, dt. „Blutgericht in Texas“) begann und für die sich die Abkürzung TCM eingebürgert hat, die auch hier benutzt werden soll. Auch wenn der Titel eher die Vorgeschichte nahe legt, stellt dieser Film eher eine erneute Neuverfilmung des Originals von 1973, oder eine Neuverfilmung der Neuverfilmung von 2003 dar, Neudeutsch also ist „The Beginning“ nur am Rande ein Prequel, sondern eher ein erneutes Remake, oder ein Remake vom Remake.

Jetzt deutlich geworden? Holen wir lieber noch etwas weiter aus. Auf Tobe Hoopers Original von 1973, das in Deutschland in seiner ungekürzten Fassung verboten wurde und hierzulande im Moment nur als FSK 16-Torso (unter 70 Minuten) frei verkäuflich ist, folgt wesentlich später, im Jahre 1986, eine von ihm selbst inszenierte Fortsetzung mit u.a. Dennis Hopper. Dieser Film geriert äußerst angenehm schräg, abstrus und spaßig, wurde aber schon für das Kino in Deutschland so schnell verboten, dass er bisher noch gar nicht offiziell in Deutschland auf VHS oder DVD erschien.
Aufgrund der schlechten juristischen Erfahrungen der ersten beiden Teile wurde auch der dritte Teil, „Leatherface“ aus dem Jahr 1990, in Deutschland gar nicht erst veröffentlicht, wobei sich hier der Verlust in Grenzen hielt. Der in den US-Kinos stark gekürzte, völlig ideenlose und fußlahme Film von Jeff Burr überzeugt weder in dieser, noch in seiner ungekürzten, viel später in den USA auf DVD erschienen Fassung. Vier Jahre später drehte dann einer der Produzenten des ersten Teils, Kim Henkel, eine erneute Fortsetzung, die sich allerdings eher als ein Remake entpuppte, unter dem Titel „The Return of the Texas Chainsaw Massacre“ und immerhin die späteren Stars Renee Zellweger und Matthew McConaughey bieten konnte. Der durchaus ansehbare Film fiel in Testvorführungen durch, wurde daraufhin umgeschnitten und gestrafft und kam unter dem neuen Titel „The Texas Chainsaw Massacre: The Next Generation“ dann 1997 weltweit auf den Markt. Diese letztere, von Columbia vertriebene Version bekommt man überall, auch ungekürzt in Deutschland, die eben beschriebene, 6 Minuten längere „Return..“-Version erschien bisher auf DVD nur in Kanada (und in Japan auf LaserDisc), wobei die kanadische Fassung, um die Verwirrung perfekt zu machen, ebenfalls „The Next Generation“ und nicht „The Return of..“ heißt, aber leicht daran zu erkennen ist, dass sie von Lion’s Gate stammt, nicht von Columbia.
Hierauf folgt dann das sehr erfolgreiche Remake von 2003, und dieses zog das jetzt zu besprechende Prequel nach sich.

Spielte das Remake wie das Original im Jahr 1973, geht dieser Film hier noch weiter zurück und spielt im Jahr 1969. Wiederum wird die Geschichte von vier Teenagern erzählt, die nach einem Autounfall in die Fänge unserer kannibalistisch-sadistischen Kettensägen-Familie geraten, wiederum erweitert um R. Lee Ermey als (wie sich heraus stellt: Möchtegern-)Sheriff Hoyt. Die Handlung folgt dem Original von 1973 und den Aufgüssen von 1994 und 2003 recht getreu, einzige bemerkenswerte Unterschiede sind, dass dieser Film im Gegensatz zum Remake aus dem Jahr 2003 wieder eine Abwandlung der berühmt-schrägen Dinner-Szene enthält, und das Ende düsterer ausfällt.

Stilistisch setzt Regisseur Jonathan Liebesman („Darkness Falls“; „Rings“) den von seinem Vorgänger Marcus Nispel eingeschlagenen Weg fort, mit einigen interessanten Abweichungen. Anders als Nispel versucht er das Aussehen der Filme aus der damaligen Zeit mit einem desaturierten Sepia-Farbton zu erzeugen, setzt deutlich mehr auf Handkamera, spart sich allzu offensichtliche stilistische Mätzchen und lässt die Szenen auch deutlich sparsamer ausleuchten – „The Beginning“ ist ein sehr dunkler Film.

Und auch ein düsterer. Auch wenn an der Oberfläche einmal mehr die gleiche Geschichte erzählt wird, trennen diesen Film und seinen Vorgänger durchaus Welten im Tonfall. Äußerst interessant ist dabei zu beobachten, wie sich gewisse Wellenbewegungen im Horror-Genre in einzelnen Werken niederschlagen. Zeigte Nispels offizielles Remake von 2003 durchaus stark vernehmliche Spuren der Konventionen des Slasher-Kinos mit seinen Verfolgungen, harten körperlichen Auseinandersetzungen und dem ständigen Wiederaufstehen der Bösewichte, schwimmt „The Beginning“ im Gegensatz dazu ganz eindeutig auf der im Moment erfolgreichsten Welle im modernen Horror-Kino, einer Welle, die man salopp-abfällig, aber wohl nicht völlig falsch als torture porn bezeichnet, also Filme , die insbesondere das Leiden, Folter und durchaus sadistische Bluttaten in den Vordergrund stellen und deren Vertreter neben der „Saw“ und „Hostel“-Serien u.a. Filme wie Rob Zombies „The Devils’ Rejects“ sind. Gaben frühere Horrorfilme noch vor, dass sie eine Entkommens- und Überlebensgeschichte erzählen, auch wenn die breit ausgespielten, auf Sensation und Schadenfreude setzenden Todesszenen bereits das Gegenteil verrieten, treten die Helden der modernen Horror-Filmwelle häufig nicht mehr zum entkommen an, sondern schlicht zum sterben; die ablaufende Überlebensgeschichte ist dabei nicht mehr als ein reiner Aufhänger, der auch nur noch am Rande bedient wird. Dies zeigt Liebesmans Film sehr deutlich. Die Einführung ist dabei noch sehr konventionell und stellt das im Zentrum stehende Teenager-Quartett vor. Man kann wohl gar nicht mehr zählen, wie viele Einführungen mit jungen Leuten man im Horror-Kino der letzten dreißig Jahre in dieser Art gesehen hat, das ewig gleiche Rumgeknutsche, Musikgehöre und Fröhlichkeit-an-den-Tag-gelege ist inzwischen so sattsam vertraut, dass man es fast durch eine Platzhalter-Schrifttafel ersetzen könnte. Obwohl, vielleicht lieber auch nicht. In jedem Fall verwundert es, wie züchtig der Film in diesen ersten Minuten angesichts der späteren Radikalität sich gibt, so darf u.a. der eigens engagierte Busenstar Diora Baird, die vor einem Jahr in New Lines-Blockbusterkomödie „The Wedding Crashers“ mit spektakulären, sehr „runden“ Kurzauftritten glänzen konnte, diesmal ihren BH, Größe umgerechnet ca. 70E, in einer kurzen Szene anbehalten. Man verzeihe die Konzentration der letzten Zeilen auf diese Szene, der Rest der Exposition ist insbesondere in den Dialogen einfach zu unerträglich banal – wie meist in solchen Filmen.

Danach lässt sich der Film nicht viel Zeit und ehe sich unsere vier jungen Leute versehen, befinden sie sich in den Fängen der kannibalistischen Familie Hewitt. Davon abgesehen, dass wir diesmal nebenbei erfahren, wo Leatherface selbst und seine Maske und Säge herkommen, passiert danach dann das gleiche wie in allen TCM-Filmen. Nur, wie gesagt, mit dem oben ausführlich erläuterten anderen Schwerpunkt. Und da werden sich dann die Geister scheiden. Zumindest in der hier vorliegenden ungekürzten Fassung bestehen dann mehr als die Hälfte bis fast zwei Drittel der Laufzeit des Films aus breit ausgespielten, blutrünstigen, häufig erstaunlich sadistischen Erniedrigungs-, Folter-, Verletzungs- und Tötungsszenen. Ein solches Maß an mitleids- und kompromissloser Düsternis und Nihilismus sieht man in einem Hollywood-Studiofilm selten. Immerhin ist auch hier eine Trendwende zu erkennen: Nachdem sich die erfolgreiche Independent-Horroszene Mitte der 90er mehr oder weniger aufgelöst hatte und das Publikum dann im wesentlichen klinisch recht reine Studio-Horrorfilme goutierte, lassen nun auch zumindest die kleineren Studios ein Maß an Radikalität und Düsternis zu, das erstmal in Erstaunen versetzt. Ja, in der Kinofassung fehlt davon viel (dazu gleich), aber, mal ehrlich, solche Filme finden ihr Publikum im wesentlichen auf dem Heimkinomarkt.

Da konventionelle Unterhaltungselemente oder gar ein reinzudeutender, pseudo-rechtfertigender Subtext durch Abwesenheit glänzen, stellt sich dann schon bei Betrachtung von Zerlegungen mittels einer Kettensäge, von unfreiwilligen Zahnextraktionen an jungen Mädchen oder dem Hören des hässlichen Geräusches, dass eine zuschnappende Bärenfalle und ein menschlicher Fußknöchel zusammen erzeugen, die Frage, warum man sich so etwas ansieht. Spannend ist das nicht sonderlich, da an ein Entkommen nicht zu denken ist und die Tötungsszenen auch zu breiten Raum einnehmen, und sonderlich spaßig ist das alles sowieso nicht. Verbleibt als einziges Motiv eigentlich nur morbide Schaulust am Kreisen der Blutwurst, was zwar (auch wenn viele Zeitgenossen das anders sehen) durchaus legitim, aber insgesamt doch wohl etwas wenig ist. Mit Abscheu denken wir immer an die Freude der Zuschauer im Circus Maximus zurück, wenn einem Menschen in der Arena von einem Löwen ins Gesicht gebissen wurde, so weit sind wir davon allerdings noch nicht entfernt, auch wenn der kleine, aber doch eminent bedeutende Unterschied besteht, dass wir uns bei „The Beginning“ eine Spielhandlung ansehen, auch wenn diese zu einem kleinen Teil einen Authenzitätsanspruch reklamiert; die dargestellte Familie ist zwar fiktiv, Parallelen zu wahren Monstren wie Ed Gein aber offensichtlich.

Fürs Protokoll, inszenatorisch ist der Film bemerkenswert souverän, insbesondere die Bildgestaltung ist weit überdurchschnittlich, die Musik von Michael Bay-Spezi Steve Jablonsky überraschend pompös, nur die Zeitkolorit-Bezüge im Drehbuch sind arg putzig und die Darsteller lassen arg zu wünschen übrig. Hauptdarstellerin Jordana Brewster agiert sehr blass und R. Lee Ermeys Chargieren beginnt auch auf die Nerven zu gehen.

Insgesamt ist „The Texas Chainsaw Massacre: The Beginnig“ für Freunde härterer Kost aber durchaus zu empfehlen. Das, was der Film an Unterhaltungswert und Spannung generiert, verdankt er im wesentlichen seiner Intensität, eine Intensität, die sich im wesentlichen daraus speist, dass man sich jeweils darauf vorbereiten muss, was für eine grässliche Behandlungsmethode unseren Teenager-Quartett wohl als nächstes bevor steht. Als düsterer, verstörender Ausflug in die Hölle ist dieser „The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning“ somit durchaus von einigem Reiz, die inzwischen aber nun mehr als reichlich wieder aufgebrühte Geschichte und die verbrauchten Wiedererkennungszeichen der TCM-Serie lassen aber nur den Schluss zu, dass jetzt auch Schluss sein sollte. Wir nehmen somit diesen Film noch ganz gerne mit, hoffen aber schon, dass Leatherface die Säge in Zukunft nicht mehr anwerfen muss.

Fazit: Ungemein düsterer, kompromisslos harter weiterer Aufguss des „Texas Chainsaw Massacre“, inszenatorisch gekonnt, schauspielerisch schwach, aufgrund der breit ausgespielten, blutrünstigen Tötungsszenen nur etwas für Freunde härterer Horror-Kost.


Die auf der US-DVD von New Line vorliegende 96minütige Fassung stellt die Wunschfassung des Regisseurs dar, für die Kinoauswertung mussten 17 Szenen verkürzt werden, was insgesamt 5 Minuten ausmachte, so dass der Film nur noch 91 Minuten lang war. Für die deutsche Kinoauswertung wurde diese bereits entschärfte 91minütige Fassung noch einmal erheblich gekürzt, um eine FSK KJ-Freigabe zu erhalten. Gegenüber der 96 Minuten des Originals listet die FSK jetzt nur noch 83 Minuten, letztere Angabe konnte aber bisher nicht verifiziert werden.
Ob der deutsche Verleih auf DVD, dann ohne FSK-Freigabe, die 91minütige Kinofassung oder gar die hier besprochene, 96minütige Langfassung veröffentlichten wird, stand zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes noch nicht fest.

Technisch kommt die DVD mit den düsteren Bildern sehr gut zurecht, der DTS-Sound könnte allerdings etwas wuchtiger sein. Neben einem kurzen Making Of und interessanten Deleted Scenes gibt es auch noch einen Audiokommentar.

hinzugefügt: January 20th 2007
Tester: Oliver Naujoks
Punkte:
Hits: 3161
Sprache: german

  

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