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Hearn, Lian: DAS SCHWERT DER STILLE - DER CLAN DER OTORI 1 (Buch)


DER CLAN DER OTORI 1: DAS SCHWERT IN DER STILLE, Lian Hearn

Der Clan der Otori 1
Lian Hearn
Das Schwert in der Stille
(Across the Nightingale Floor)
Aus dem australischen Englisch übersetzt von Irmela Brender
Carlsen Verlag ISBN 3-551-58106-1, 376 Seiten, Euro 18.00

Von Carsten Kuhr

Ich lese viel, manchmal so denke ich, zu viele Bücher. Die Werke ziehen an mir in einer scheinbar endlosen Reihe vorbei, wie die Bilder in einer Galerie an einem Besucher, der forschen Schrittes die Gänge entlang hastet. Er erkennt zwar die Unterschiede zwischen einem Picasso oder einem van Gogh und einem Zeichner, den keine Inspiration auszeichnet, doch vermag er das einzelne Bild nicht umfassend zu würdigen. Doch manchmal bleibt selbst ein der Hektik verfallener Galeriebesucher unwillkürlich stehen, spricht ihn ein Kunstwerk doch innerlich so an, dass er zum Verweilen förmlich gezwungen wird. Bei mir ist dies ähnlich. Selten, aber immer wieder einmal merke ich bald nach Beginn der Lektüre eines Buches, dass ich etwas besonderes in Händen halte, dass ich gut daran tue, mir bewusst Zeit zum Genießen zu nehmen.

Lian Hearns erster Roman einer Trilogie ist ein solches Buch.

In einem fiktiven Land angesiedelt, in dem man unschwer das antike Japan wieder erkennen kann, vermochte mich das Buch mühelos in seinen Bann zu ziehen. In einem abgelegenen Dorf wächst ein Junge auf. Seine Mutter gehört der verfemten Glaubenssekte der Verborgenen an, die die Gewaltlosigkeit predigt. Eines Tages, Takeo war im Wald unterwegs findet er als er zurückkehrt sein Dorf in Flammen vor. Seine Familie wurde gnadenlos hingeschlachtet. Lord Iida hat die Jagd auf die Verborgenen freigegeben. Auf der Flucht schützt ihn ein unbekannter Krieger. Dieser, Lord Otori Shigeru ist ein verschworener Feind des lida nimmt den jungen Takeo in seinen Haushalt auf. Wir erleben, wie Takeo adoptiert wird, wie er eine Ausbildung erhält.
Besondere Gaben zeichnen den Jungen aus. Er kann einen Scheinkörper von sich erzeugen, hat ein Gehör, dass es ihm ermöglicht selbst durch feste Wände hindurch Gespräche mitzuhören. Im Verlauf der Handlung stellt sich heraus, dass er dem mysteriösen Volk des „Stamms“ angehört. Sein Vater, ebenfalls vom Stamm war, bevor er sich von seinem Volk lossagte einer der gefragtesten und begabtesten Attentäter und Spione des Landes. Auch unser Junge wird in diesen besonderen Fähigkeiten ausgebildet. Mächtige politische Interessen säumen den Weg unseres Protagonisten. Die unterschiedlichen Warlords der Drei Länder bekämpfen sich verdeckt und offen, politische Heiraten gelten als ebenso gängigen Mittel zur Machterreichung wie Meuchelmord oder Krieg. Als sein Adoptivvater der politischen Räson halber eine Unbekannte heiraten soll, verliebt sich unser Attentäter wider Willen in diese. Auf der Feste des verhassten lida kommt es zum Aufeinandertreffen der Kontrahenten - auch eine Partei spielt mit, die niemand auf der Agenda gehabt hatte.

Die Handlung ist so komplex, dass sie sich kaum zusammenfassen lässt.

Wir sind sie inzwischen gewohnt, die abendländischen, mittelalterlichen Schauplätze gängiger Fantasy Epen. Dieser Roman ist wohltuend anders. Ein wenig, aber wirklich nur ein wenig erinnerte mich die Lektüre an meine erste Begegnung mit Barry Hugharts MEISTER LI, wobei sich die beschriebene chinesische und die hier verwandte Japanische Kultur doch markant unterscheiden. Festgefügte Clanstrukturen, fest zementierte Ehrvorstellungen verbinden sich hier mit fernöstlicher Mystik. Wohltuend auch endlich einmal die Beschreibung einer Kultur zu lesen, deren Handlungsträger sich nicht wie Personen des abendländischen 21 Jahrhunderts benehmen, sondern stimmig in ihrer Kultur und Zeit agieren.
Takeo ist geprägt von seinem Sinn für Verantwortung und Hingabe an seinen Retter, aber auch von seinem Wunsch, den Mord an seiner Familie zu rächen. Die Ehre des Clans steht über Allem, das Glück des Einzelnen muss dahinter zurückstehen. Abwechselnd aus Sicht unseres Takeo und dessen späterer Liebe, Kaede erzählt erhalten wir einen intimen Einblick in diese, uns Langnasen so fremde Kultur.
Es ist eine Zeit voller Angst, Unterdrückung und Gewalt, wobei letztere immer durch die straffen Zügel der Ehrvorstellungen gebremst wird.
Dieses Buch vereint alles zwischen seinen Deckeln, was der Leser exotischer Abenteuer sich von seiner Lektüre erhofft. Jede Menge Action, eine sehr spannende Abenteuergeschichte, die Darstellung einer aufkeimenden letztlich unglücklichen Liebe, die Entwicklung eines jungen Menschen, der von seiner uns fremden Umwelt geformt und geprägt wird, und nicht zuletzt die Geschichte eines Verrats.
Vor unseren Augen nimmt diese fremde Welt Gestalt an, eine Welt, die so ganz anders ist, als die uns hinlänglich bekannten Fantasy-Settings. In dieses faszinierende Ambiente hat die Autorin ihre vielschichtigen und glaubwürdigen Figuren eingebettet. Es passiert ungeheuer viel in diesem Roman, ohne dass mich die Schilderungen trotz der Vielzahl der handelnden Personen und Orte auch nur einmal aus ihrem Bann ließen. Ich habe dieses Buch verschlungen, habe innerlich mitgekämpft und mit gelitten. Nun warte ich zumindest voller Ungeduld auf die nächsten zwei Bände, die ab Herbst 2004 bei Carlsen in Planung sind.

hinzugefügt: July 27th 2004
Tester: Carsten Kuhr
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