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A Real Friend - The Horror Anthology Vol. 4 (DVD)

A Real Friend - The Horror Anthology Vol. 4
Spanien 2006, Regie: Enrique Urbizu, mit Goya Toledo, Nerea Inchausti, Eduardo Farelo u.a.

Von Thomas Harbach

Die vierte Folge der Serie „ 6 films to keep you awake“ ist von dem Spanier Enrique Urbizu inszeniert worden, einem eher unbeschriebenen Blatt. An einen Regisseur stellt diese Episode aber besondere Ansprüche, die Konzentration auf Phantasien im Gegensatz zu dem eher realen Schrecken der innerhalb der Handlung zitierten Filme ist nicht immer leicht und überzeugend zu vermitteln und insbesondere die Schauspieler müssen neben einem stringenten Drehbuch mehr geführt werden. Laufen, schreien und schließlich auf eine bestialische Art vom Leben zum Tode befördert zu werden ist einfacher, als auf die eigene Einbildung zu reagieren. Auch wenn man die Folge nach dem Ansehen aufgrund einzelner Szenen zumindest wohlwollend in Erinnerung behalten möchte und auch kann, fehlen die handwerklichen – das beginnt beim nicht befriedigenden Drehbuch und hört bei den nicht immer überzeugenden Monster-Make-Up und ihren unwirklichen Bewegungen auf – Feinheiten.

Wie schon in „Blame“ sind auch in „A Real Friend“ von ihrem Schichtdienst als Krankenschwester gebeutelte Mutter und Tochter Zentrum der Handlung. Dabei geht es weniger um eine kritische Auseinandersetzung mit dem spanischen Sozialsystem, sondern die attraktive Witwe – erst im Laufe der Handlung erfährt der Zuschauer, dass ihr Ehemann unter mysteriösen Umständen gestorben oder zu den Untoten gewechselt ist – wird erstens als selbstbewusste Frau beschrieben, die sexuell mit verschiedenen Partnern aktiv ist – diese Szenen haben einen devoten Touch, sie erinnern an die Befriedigung einer Lust, aber nicht an Liebe – und zweitens ist ihre Abwesenheit notwendig, damit ihre Tochter ihre fiktiven oder später realen Freunde entwickeln kann. Estrella liebt Horror in jeglicher Form, sie darf allerdings nur Stephen King-Romane lesen, die Verfilmungen nicht sehen. Da sie sich über diese Verbot während der Arbeitsstunden ihrer Mutter hinwegsetzt, verbringt sie ihre Freizeit in der Gesellschaft von Vampiren, Zombies und mit einer Leatherface–Variation. Diesen lernt der Zuschauer in einem Filmausschnitt kennen, der trotz der fast plakativen Splatter-Gewalt in einer fast poetischen Sonnenuntergangs- und Strandszene endet.

Und wie in „Blame“ manifestiert sich das Unterbewusstsein des jungen Mädchens und versucht aus der Irrealität sich in der tristen und trüben Realität zu manifestieren. Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist die junge Estrella, ein nettes, eher unscheinbares und übergewichtiges Mädchen. Im Grunde reflektiert ihre Art die sozialen Hintergründe ihres Lebens. Beide wohnen in einem sterilen und einsamen Apartmentkomplex, ein Musterbild der Isolation.

Die introvertierte Estrella erschafft sich aber ihre eigenen Freunde, für den Zuschauer ist es schwer nachzuvollziehen, ob es sich um eingebildete Freunde handelt oder die phantastische Handlungsebene zum realen Geschehen beiträgt. Diese Frage wird im Laufe der Handlung nicht beantwortet, denn eingangs sehen wir einen Priester einen Menschen/Vampir töten. Dieser befindet sich anscheinend auf einer selbst gewählten Mission, die Erde von diesen Kreaturen aus einer anderen Welt zu befreien. Der Handlungsfaden wird stimmig eingeführt und dann mitten im Geschehen tötet der „real Friend“ den Priester auf eine spektakuläre, aber im Gesamtkontext der Folge verschenkte Art und Weise. Da die Handlung der Folge kaum für siebzig Minuten ausreichend ist, ärgern solche Oberflächlichkeiten den Zuschauer deutlich mehr als in einer kompakt erzählten Episode.


Auch diese Folge beginnt wieder relativ ruhig, startet aber wesentlich schneller dank der schon erwähnten Nebenhandlung durch, führt mit anscheinend in Spanien bekannten Horrorgestalten interessante Fiktionen wie den spanische Leatherface (der dem US-Vorbild verblüffend ähnlich sieht) ein. Estrella wird von ihm in einem Raum der Tiefgarage erstmals erwartet. Richtig abstoßend ist er trotz brummender Kettensäge nicht, der Horror entstammt hier aus der Leblosigkeit der Umgebung.
Hier spielt das Drehbuch deutlich mit den Erwartungen der Zuschauer und legt mit sichtlichem Vergnügen, einem hintergründigen Humor und kurzen, rasant Schnitten eine Reihe von falschen Spuren. Die Problematik dieser Szenen liegt in der fehlenden Charakterisierung der einzelnen Handlungsträger, die phasenweise fast schon klischeehaft eindimensional gezeichnet worden sind. Der schmierige Lehrer, der nach Estrallas Mutter geifert und sich bei Prostituierten befriedigt, sei hier nur beispielhaft erwähnt. Das die Bestrafung durch den geheimnisvollen Vampir – in schwarzer Lederkluft auf einer schweren Maschine wirkt er aufgrund seiner bleichen Haut auch im hellen Sonnenlicht unheimlich, wenn auch nicht bedrohlich – auf den Fuß erfolgt und möglichst blutig ist, steht außer Frage.

Natürlich sind die Monstren, die sich in Estrellas Nähe aufhalten, Ausgeburten ihrer Phantasie, was allen Sorgen macht. Alternativen werden nicht angeboten und die erzieherischen Methoden dieser Folge sind mehr als dürftig. Das liegt wahrscheinlich auch in den Intention, die Monster schnell zu Beschützern des Mädchen zu befördern und die potentielle Bedrohung in einem kalten, dunklen Licht darzustellen. Immer mehr spielt sich der „Vampir“ in den Vordergrund als ein kahler Motorradfahrer, der zu den anderen gehört. Oder doch nicht? Kaum hat sich das Drehbuch für eine Seite entschieden und wickelt die Handlung trotz des augenscheinlich geringen Budgets sehr geradlinig ab, dreht sich der Plot unüberzeugend wieder. Da die Charakterisierung aller Figuren nicht sonderlich gut ist, fällt es dem Zuschauer schwer, diesen verschiedenen Wendungen mit gutem Gewissen zu folgen. Wenn aber am Ende der Folge fast als Epilog eine weitere Möglichkeit aufgezeichnet wird, ist es zu spät, aus der ursprünglichen Idee – die Monster schützen das Mädchen vor einem hinterhältigen anderen Monster – einen wirklichen interessanten Handlungsfaden – die Monster schützen das Mädchen in ihrer Phantasie vor einem scheinbaren Monster, das sich in der Realität als eine gänzlich andere, wichtige Persönlichkeit herausstellt – zu schnitzen. Zu viele gute Ansätze werden verschenkt und am Ende bleiben eine Frage von eher fragmentarischen, aber unterhaltsamen Szenen über.


Letztendlich ist „A Real Friend“ auf Äußerlichkeiten angelegt, enthüllt dabei aber eine Zwiebelschale nach der Anderen. Fiktion oder Realität, wo beginnt das Übernatürliche, was ist echt und was nicht?
Die Grenzen sind fließend und besonders effektiv sind die Szenen, in denen die fiktiven Inkarnationen ihrer Phantasie in ihrer Realität agieren. So begegnet sie eben diesem spanischen Leatherface in einer Tiefgarage oder später jagen die Zombies den bösen Mann durch die endlosen, kargen Flure der Hochhaussiedlung. Trotz des unterdurchschnittlichen Budgets schwankt die Folge zwischen lächerlicher Inszenierung und fast surrealistischer Spannung hin und her.

Spätestens, wenn es die ersten Toten gibt, verunsichert Enrique Urbizu sein Publikum zunehmend. Am Ende scheint alles in die Realität einzusickern, was vormals Phantasie war und gerät dann doch wieder in die Nähe einer phantastischen Wunschdenkens.

„A Real Friend“ ist im Gegensatz zu den anderen Folgen eine eher lustige, manchmal auch belustigende Angelegenheit. Es fehlt das tragische Element der anderen Folgen, leider auch eine wirklich Bedrohung. Der Aufmarsch der einzelnen, oft vertrauten Figuren erinnert an wenig an Fred Dekkers „The Monster Squad“ und wie in diesem Film wirkt die Mischung aus Komödie und Tragödie nicht überzeugend. Obwohl die Laufzeit mit knapp über siebzig Minuten auf den ersten Blick beschränkt ist, werden zu viele Elemente verschenkt und die einzelnen Figuren ungewöhnlich distanziert und selten sympathisch dargestellt. Es fehlt der Folge – auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Widerspruch erscheint – das träumerische Element. „A Real Friend“ ist von den ersten Vieren die schwächste Folge, dabei verfügt sie im Gegensatz zu einigen anderen Episoden über eine originelle Idee. Statisch und oberflächlich und trotzdem voller Hochachtung für das Genre des Horrorfilms.

Wie bei allen anderen Folgen dieser Serie fehlen die Extras. Das Bild und der Ton sind befriedigend, aber nicht herausragend. Da die Folge überwiegend unter Kunstlicht spielt, fallen die Kontrastunterschiede nicht so stark ins Gewicht. Die Farben wirken aber manchmal ein wenig bleich und verwaschen.


DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (anamorph 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, deutsch dts 5.1, spanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

hinzugefügt: December 2nd 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Homepage des Anbieters
Hits: 3173
Sprache:

  

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