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Sherlock Holmes Collection Teil 1 (DVD)

Sherlock Holmes Collection – Teil 1
Enthält: Der Hund von Bakerville / Die Abenteuer des Sherlock Holmes / Die Stimme des Terrors / Die Geheimwaffe
USA 1939-1942, mit Basil Rathbone, Nigel Bruce, Lionel Atwill, u.a.

Von Thomas Harbach

Mit den ersten vier Filmen der weltberühmten Basil Rathbone/Nigel Bruce-Reihe – davon zwei für Twentieth Century Fox produziert, erst mit dem dritten Teil wechselte die Serie zu Universal - aus den Jahren 1939 bis 1942 eröffnet Koch Media eine zweite Reihe von „Sherlock Holmes Veröffentlichungen. Jetzt kann der interessierte Zuschauer die beiden populären Darsteller Jeremy Brett und Basil Rathbone direkt miteinander vergleichen.

Es begann alles mit diesem populären Roman, eine fortlaufende Serie in der Tradition der amerikanischen Serials war vom Fox Studio zumindest nicht vor dem Drehbeginn zu „The Hound of the Baskervilles“ in Auge gefasst worden. Die Legende spricht davon, dass Darryl F. Zanuck, Foxs gottgleiche Eminenz, Basil Rathbone auf einer Party getroffen hat. Spontan fiel ihm die Ähnlichkeit zu Doyles literarischer Vorlage auf und er verpflichtete den eher auf Schurkenrollen spezialisierten Rathbone noch auf der Feier. Sowohl der Audiokommentar als auch die ausführlichen Notizen zu dieser DVD Veröffentlichung erzählen eine andere, realistischere Geschichte. Der Produzent Gene Markey schlug Zanuck eine Reihe von Holmes Filmen – zumindest zwei, die nacheinander gedreht werden konnten und für die man die umfangreichen Sets der historischen Dramen auf dem Studiogelände sehr gut nutzen konnte – vor. Als Hauptdarsteller präsentierte er sowohl Basil Rathbone als auch Nigel Bruce. Zanuck gab zumindest für die Verfilmung des populärsten Sherlock Holmes Roman das grüne Licht. Insbesondere die Verpflichtung von Basil Rathbone und Nigel Bruce dürfte zumindest für einige Überraschung gesorgt haben und ist aus heutiger Sicht ein glücklicher Zufall. Nigel Bruce als clownartiger, oft zerstreuter und manchmal ein wenig arroganter Doktor Watson spaltet immer noch die Fangemeinde. Schließlich ist Doktor Watson bei Arthur Conan Doyle der eigentliche Erzähler der Geschichten, nicht selten ein wichtiger Katalysator und in mehr als einem Fall sorgt er dafür, dass der drogensüchtige Holmes auch funktionstüchtig bleibt. Nigel Bruce, 1895 in Kalifornien geboren, wurde im ersten Weltkrieg schwer verwundet und verbrachte einige Jahre im Rollstuhl. Nach dem Krieg begann er am Theater seine Schauspielerkarriere, dazu kamen einige eher unbedeutende Stummfilme. In den dreißiger Jahren zog seine Karriere mächtig an, man konnte ihn in Abenteuerfilmen wie „Die Schatzinsel“ oder Familienunterhaltung wie „Lassie Come Home“ sehen. Nach seinen ersten Auftritten in den Sherlock Holmes Filmen folgten zwei Arbeiten für Alfred Hitch*****: „Suspicion“ und „Rebecca“. Kurz vor seinem Tod 1953 hatte er noch einen Kurzauftritt in Chaplins „Limelight“.

Basil Rathbone wurde 1892 in Südafrika geboren, seine Familie und er mussten drei Jahre später während der Burenkriege das Land unter dem Verdacht der Spionage für das britische Empire verlassen. Er wuchs in England auf. Nach der Schule begann er an einem kleinen britischen Theater vom Laufburschen an sich hochzuarbeiten. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Karriere, danach pendelte er in den zwanziger Jahren zwischen dem New Yorker Broadway und der Londoner Theaterwelt hin und her. Nach seinem Debüt in dem Film „Innocence“ 1921 begann seine Hollywoodkarriere erst richtig mit „David Copperfield“ – 1935, in der Rolle des grausamen Stiefvaters Mr. Murdstone, es folgten „The Adventures of Marco Polo“ mit Gary Cooper, „Captain Blood“ und „The Adventures of Robin Hood“ mit Erol Flynn und schließlich in seiner Sherlock Holmes Zeit „The Mark of Zorro“.

Bis zum Jahr 1946 traten Basil Rathbone und Nigel Bruce in ihren signifikanten Rollen in insgesamt vierzehn – davon zwei historische und zwölf gegenwärtige – Sherlock Holmes Filmen an. Daneben agierten sie über viele Jahre hinweg - so auch in der Pause zwischen Fox und Universal – in einer Reihe von Sherlock Holmes Live Radiospielen. 1946 ließ Basil Rathbone beide Serien auslaufen. Er wollte sich karrieretechnisch weiterentwickeln. Diese persönliche Entscheidung kam für ihn zu spät, denn in den letzten Jahren seiner Karriere trat er in erster Linie in B- Produktionen des Horrorgenres wie „Tales of Terror“ oder „The Comedy of Terrors“ – hier mit Vincent Price, Boris Karloff und Peter Lorre – auf. Zu den Glanzlichtern gehörten allerdings noch kleinere Rollen in „We are no angels“ mit Peter Ustinov und Humphrey Bogart, sowie „The Last Hurrah“ von John Ford. 1967 ist Basil Rathbone in den USA ein wenig verbittert über seine letzten arbeitsintensiven, aber nicht unbedingt ruhmreichen Jahre verstorben.

Auf der vorliegenden DVD hat sich Koch-Media die Mühe gemacht, jedem Film eine einzelne DVD- Scheibe zuzugestehen. Das hat sich nicht nur positiv auf die Qualität ausgewirkt, sondern der Zugriff wird erheblich erleichtert.

„Der Hund von Baskerville“ ist nicht nur die erste Verfilmung eines Sherlock Holmes Stoffes mit Basil Rathbone und Nigel Bruce, es ist gleichzeitig einer der am meisten verfilmten Buchvorlagen Sir Arthur Conan Doyles und einer seiner vier romanlangen Stoffe. Immer wieder wird diskutiert, wie genau man das Original cineastisch umsetzen sollte oder könnte. Dabei ist es wichtig, den Stoff eher thematisch und nicht dogmatisch zu adaptieren, denn im zugrunde liegenden Roman verschwindet Sherlock Holmes im mittleren Drittel für seine Nachforschungen von der Bühne. Bei der Verfilmung hat das Team um den Drehbuchautoren Ernest Pascal und den Regisseur Signey Landfield das Problem geschickt umschifft, in dem sie Sherlock Holmes erst nach einem Drittel des Films auftreten lassen und den mittleren, schwächeren Abschnitt des Buches als Exposition nach vorne verlegt haben. Ganz bewusst hat man sich bemüht, den oft zu verschachtelten und unnötig komplizierten, aber nicht komplexen Plot der Doyle Vorlage zu entschärfen, die einzelnen Handlungselemente zu ordnen und dieses Gerüst mit einer eher geradlinigen, actionorientierten Ermittlungsarbeit wieder auf Spielfilmlänge zu bringen. Dazu hat man der literarischen Vorlage eine sehr effektive Seance hinzugefügt und aus der wissenden Komplizin Wendy Barrie ist zeitgemäß ein unschuldiger, romantisch mit dem Geschehen verbundener Nebencharakter geworden. Die einzigartige Personenkonstellation und die typische britische Atmosphäre sowie die gelungene Mischung aus Kriminalstück und Gruselmär sind bei dieser Umsetzung im Sinne der literarischen Vorlage erhalten geblieben.
Die Verfilmung spielt wie die ursprüngliche Geschichte im England des späten 19. Jahrhunderts in der Region Dartmoor. Auf der adeligen Familie Baskerville lastet ein dämonischer Fluch, seit Sir Hugo im Jahre 1742 mit einem Messer ein Mädchen entleibte, das ihm nicht zu Willen sein wollte. Seitdem treibt sich jedes Mal dann, wenn ein Baskerville das Zeitliche segnen soll, ein monströser, heulender Hund in den Mooren herum, die den Sitz der Familie umgeben. Als Sir Charles Baskerville tot aufgefunden wird und Sir Henry, der letzte Überlebende des Clans und Erbe des Familienbesitzes, um seine Weiterexistenz fürchtet, schaltet er den Meisterdetektiv Sherlock Holmes ein. Dieser stellt fest, dass sich im Moor nicht nur ein entlaufener Sträfling herumtreibt, sondern auch ein zwielichtiger Einheimischer namens Stapleton. Nachdem auch der Sträfling dem mysteriösen schwarzen Hund zum Opfer gefallen ist, spitzt sich die Lage zu: Holmes stößt auf eine stillgelegte Zinkgrube, in der er die Höhle des Hundes vermutet. Währenddessen begibt sich sein Schützling Sir Henry unwissentlich in die Gewalt Ceciles, der Frau jenes schurkischen Elements, das seiner Familie ans Leder will. Als ein grauenhafter Hund Sir Henry im Moor anspringt, ist Sherlock Holmes als Retter in letzter Sekunde zur Stelle.
Insbesondere aber Basil Rathbone und Nigel Bruce beginnen sich überraschend schnell in ihren Rollen als geradliniger, etwas humorloser Meisterdetektiv und vertrauenswürdiger Stichwortgeber zu etablieren. Basil Rathbones Darstellung ist eine interessante, nuancierte Mischung aus Würde und Intelligenz. Im Gegensatz zu Jeremy Brett fehlt ihm aber die impulsive Arroganz, Rathbones Sherlock Holmes offenbart sich zuerst durch seine Fähigkeiten und dann erst durch seinen Intellekt. Im Gegensatz allerdings zum Doktor Watson der literarischen Vorlage wird sich Nigel Bruce mehr und mehr zu einem eher tölpelhaften Helfer zurückentwickeln, nur in den ersten beiden Verfilmungen erscheint er als nicht unbedingt gleichwertiger, aber gewichtiger Partner Holmes. Insbesondere die Dialoge zwischen den beiden charismatischen Figuren unterstreichen ihre Persönlichkeiten und der trockene Humor lockert die ansonsten sehr britische, sehr düstere Atmosphäre auf. Obwohl Landfield vor seinem Engagement in erster Linie leichte Unterhaltungskost und Musical inszeniert hat, gewöhnt er sich schnell an die nebelschwangere Atmosphäre. Insbesondere die Bühnenbildner haben sich alle Mühe gegeben, eine viktorianische Atmosphäre mit ihren erdrückenden Herrenhäusern zu erschaffen. Auch in der zweiten Verfilmung „The Adventures of Sherlock Holmes“ werden einige der Sets noch einmal zum Einsatz kommen, bevor Universal getreu der Tradition ihrer zu dieser Zeit produzierten Serial mehr und mehr den Holmes Charakter in die Gegenwart des immer mehr um sich greifenden Weltkrieges integrierte. Zu den gelungenen Sets kommen die vielen nebeldurchdrungenen Aufnahmen des Moores. Dieses wirkt in altertümlichen schwarzweiß einfach besser, die Tradition des Film Noir vorwegnehmend und ein wenig mit dem deutschen Expressionismus spielend finden sich dunkle Schatten und vom Nebel hervorgerufene Illusionen in der weitläufigen Landschaft. Die Dialogszenen innerhalb der Häuser wirken allerdings aus heutiger Sicht manchmal steif in Szene gesetzt und erinnern phasenweise eher an ein Theaterspiel als einen Spielfilm. Obwohl er wahrscheinlich nur über ein unterdurchschnittliches Budget verfügte, machte Landfield nicht den Fehler vieler anderer Verfilmungen – hier sei nur auf die Hammer-Version knappe zwanzig Jahre später hingewiesen – und präsentierte die Bestie in Großaufnahme. Im Roman kann man einen mit Phosphor präparierten Hund noch gut beschreiben, kaum agiert er auf der Leinwand, wirkt es lächerlich und wenig Furcht einflößend. Die Attacke dieser ersten großen Verfilmung gehört historisch zu den besten Umsetzungen dieser Szene und wird auch später nicht von den sehr originalgetreuen Fernsehverfilmungen mit Jeremy Brett übertroffen worden. Der Zuschauer spürt deutlich die Bedrohung seines Helden und der Showdown rundet eine interessante, weniger auf Holmes bekannten deduzierenden Fähigkeiten, sondern einer soliden, wenn auch nicht herausragenden Actionhandlung basierende Verfilmung des populären, bekannten Stoffes ab.

Im Vorspann der zweiten Verfilmung „The Adventures of Sherlock Holmes“ wird neben dem Drehbuchautoren Edwin Blum noch William Gillette aufgeführt, der 1899 das Theaterstück „Sherlock Holmes“ geschrieben hat. Das fertige Drehbuch und die Verfilmung haben aber nur oberflächliche Ähnlichkeit mit seinem Stück. Im Gegensatz zum ersten Film ging es bei „The Adventures of Sherlock Holmes“ um eine interessante ermittlungstechnische Handlung mit einer originalen sowie originellen Basis, die insbesondere die besondere britische Atmosphäre der viktorianischen Zeit einfangen sollte. Geschickt beginnt der Film mit einer Gerichtsverhandlung, in der Professor Moriarty – eine grandiose Darstellung vom oft unterschätzten George Zucco mit einer überzeugenden Mischung aus Genialität und Rücksichtslosigkeit, ein intelligent agierender Meisterverbrecher, der sich manchmal seiner Sache zu sicher scheint – aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden musste. Sherlock Holmes kommt einen Augenblick zu spät mit seinen neuen Fakten. Wie Gentlemen verlassen die beiden Antagonisten das Gericht und fahren in einer Droschke zur Baker Street. Alleine die Dialoge in diesen Szenen sind so vielschichtig und pointiert, dass es ein Vergnügen ist, den Mimen zuzuschauen. Moriarty plant danach, wie Sherlock Holmes gegenüber angekündigt, das Verbrechen des Jahrhunderts und möchte seinen Gegenspieler mit einem zweiten Problem ablenken. Eine junge Frau – Ida Lupino, die im Gegensatz zu den von ihr inszenierten Filmen wie „The Hitchhiker“ aus den fünfziger Jahren nur schön aussehen, aber wenig agieren/ schauspielern muss – bietet Holmes um seine Hilfe. Vor zehn Jahren wurde ihr Vater ermordet, jetzt schickt ein Unbekannter die gleichen Drohungen an ihren Bruder. Die beiden Storyhandlungen funktionieren exzellent nebeneinander, fast unaufdringlich nähern sie sich, ohne das der Zuschauer wirklich erahnen kann, in welche Richtung es geht. Holmes ermittelt über weite Strecken des Films in einem klassischen Doyle Szenario, eine geheimnisvolle Botschaft, eine Bedrohung aus der Vergangenheit und schließlich eine akute Gefahr. In einer Vielzahl von Variationen von Holmes Schöpfer immer wieder seinen Lesern präsentiert. Dagegen wirkt Moriartys Jahrhundertdiebstahl zu glatt inszeniert – mit Doktor Watson im wahrsten Sinne des Wortes in der Rolle des Tölpels – und deutlich weniger interessant. Das wichtige an dieser Konstruktion ist Moriartys Planungssicherheit. Er weiß, wie Sherlock Holmes agiert und reagiert. Sehr geschickt führt er den Meisterdetektiv an einer sehr langen Leine und süchtig nach immer komplexeren Rätseln, dabei das nahe liegende aus den Augen verlierend. Das nicht unbedingt alle Teile zusammenpassen und das Drehbuch an einigen wichtigen Stellen mühsam konstruiert und nicht fließend ist, kann der Zuschauer angesichts der sehr guten Darstellungen aller Akteure ein wenig ignorieren. Das anliegende Booklet zitiert noch eine elementare, aber unverfilmte Stelle aus dem Drehbuch. Es ist erstaunlich, welche Energie Sherlock Holmes ausstrahlt und selbst seine kurze Verkleidungsszene wirkt – wenn auch affektiert – für den uninformierten Zuschauer überzeugend. Einen Höhepunkt stellt seine Interaktion mit dem nicht weniger tollpatschigen, eher hilflosen Inspektor Bristol der Londoner Polizei dar. Watson dagegen ähnelt noch dem Doyle´schen Charakter, der sich mehr als einmal eine böse Bemerkung Holmes einfängt, am Ende aber mit seiner geradlinigen, hilfsbereiten und nicht egoistischen Art überzeugen kann. Die Schlusspointe ist ein wunderbarer Abschluss seiner hervorragenden Leistung in diesem Film. „The Adventures of Sherlock Holmes“ stellt leider das Ende der historischen Basil Rathbone Verfilmungen dar, aber es ist handlungstechnisch und schauspielerisch sicherlich unbestritten der Höhepunkt der Serie.

Drei Jahre lang, in denen der Zweite Weltkrieg sich zu einem Flächenbrand ausweitete, arbeiteten Basil Rathbone und Nigel Bruce als Sherlock Holmes und Doktor Watson nur für das Radio. Dann entschloss sich Universal, die beiden für eine neue Serie von Filmen zu engagieren, die allerdings fast fünfzig Jahre später in unserer Gegenwart und vor allem im Krieg spielen sollten. Rückblickend ist es erstaunlich, dass Arthur Conan Doyles Erben diesen Umwälzungen zugestimmt haben. Die einzige Bedingung ist gewesen, dass den Filmen Kurzgeschichten des Autoren zugrunde liegen sollten. Im Falle von „The Voice of Terror“ übernahm das Drehbuchteam Ideen aus der letzten Studie „The last Bow“, in der Sherlock Holmes im Ersten Weltkrieg zwei Jahre lang den deutschen Spion von Bork gesucht und schließlich überführt hat. Das Holmes auch dem britischen Empire so manchen Dienst hinter den Kulissen getan hat, geht insbesondere aus den Nebenbemerkungen von Watsons Aufzeichnungen hervor. Daher ist die Reaktion des Kriegsrats auf die Berufung Holmes vollkommen unverständlich und zeigt wie manche andere Passage eine gewisse Unkenntnis wenn nicht Verachtung den originären Geschichten gegenüber. Schon der Vorspann von „The Voice of Terror“ spricht dem unsterblichen und unbesiegten – auch hier werden eine Reihe von Geschichten außen vor gelassen, in denen man zwar Holmes die richtige Lösung aber an einem zu späten Zeitpunkt in den Händen hielt – Sherlock Holmes, der sich natürlich in den Dienst seiner Heimat stellt, um das Vaterland vor den deutschen Aggressoren zu retten. Weiterhin ist er unsterblich und löst als Meister der Deduktion auch heute noch die wichtigsten Fälle/ Probleme. Mit diesem simplen, wenn auch übertriebenen Texte haben die Autoren einfach fünfzig Jahre und eine Epoche übersprungen. Da Holmes in einer der letzten Doyle Storys im Ersten Weltkrieg aktiv gewesen ist – in „The Voice of Terror“ wird soar suggeriert, dass die Deutschen schon am Ende des Ersten Weltkriegs mit der Platzierung von Maulwürfen den Zweiten in England vorbereitet haben – wirkt der Bruch zwischen Doyles Spätwerk und den Verfilmungen nicht mehr so krass. Eingefleischte Holmesanhänger haben aber trotz der oft ausgezeichneten Leistungen Rathbones und einiger interessanter Fälle Probleme mit den modernen Verfilmungen, obwohl Propaganda im Grunde nur in den ersten drei Filmen – von denen sich zwei in dieser Sammlung befinden – eine so elementare Rolle spielt.

Eine Radiostimme verkündigt immer wieder erfolgreiche Anschläge auf geheime Einrichtungen, Züge, Munitionslager und schließlich auch wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Sie versucht den einschüchterten Engländern die Überlegenheit der Kriegsmaschinerie des Dritten Reiches zu erläutern. Holmes soll die Quelle dieses Senders finden. In einer interessanten Passage vergleicht der Detektiv Live-Ausstrahlungen des Radios mit Schallplattenaufnahmen und kann aus dieser These weitere Erkenntnisse ziehen. Selbst die Unterwelt hilft dem Detektiv. Als einer seiner Helfer ihm sterbend noch das Wort „Christopher“ zuflüstert, hilft ihm dessen Freundin Kitty – Evelyn Ankers mit einer guten Darstellung als Hure und Heilige gleichermaßen -, ein Netz von Augen und Ohren zu rekrutieren. Ihr Apel an die Heimat gehört zu einer Reihe propagandistisch unglaublich gut und effektiv gestalteter Szenen dieses Films. Aus heutiger Sicht wirken diese pathetisch und verlogen, aber man an Hand des mehr als sechzig Jahre alten Materials immer noch dessen Wirkung auf die Bevölkerung erahnen.

„Voice of Terror“ lebt nicht ausschließlich, aber überwiegend von den beiden Hauptdarstellern. De Chemie zwischen dem überlegenen Holmes und dem manchmal etwas vergesslichen Watson funktioniert. Es gibt eine Reihe von unvergessenen Szenen. In einer möchte Holmes nach seiner typischen Kopfbedeckung greifen und Watson weißt ihn mahnend darauf hin, dass er versprochen hat, einen gängigen Hut zu tragen. Am Ende des Films stehen Holmes und Watson in den Überresten einer Kirche und philosophieren am Beispiel des aufziehenden Ostwinds über die sich verändernden Zeiten. Interessanterweise ist dieser Abschnitt aus Doyles Kurzgeschichte fast wörtlich übernommen worden und nicht unbedingt ein Hinweis auf den sich mehr und mehr verschärfenden Krieg. Mit dem deutschen Agenten Meade – eine nuancierte, sehr interessante Mischung aus Verschlagenheit und Großmannssucht von Thomas Gomez gut dargestellt – haben die Drehbuchautoren Robert Hardy Andrews, John Bright und schließlich auch Lynn Riggs einen gefährlichen und verschlagenen Gegenspieler etabliert. Durch und durch geltungssüchtig und arrogant. Am Ende im Augenblick der Niederlage voller Brutalität und von dem Wunsch nach Rache übermannt, als er erkennt, dass er von einer Frau verraten worden ist. Auch wenn das Drehbuch immer wieder auf lange, propagandistisch effektive, aber für einen so kurzen Film eher überladene Monologe zurückgreifen muss, funktioniert es überraschend gut. Insbesondere die Kameraarbeit durch Woody Bredell sorgt für eine stetige bedrohliche Atmosphäre, er spielt sehr gut mit Licht und Schatten, gibt auch normalen Straßen eine beklemmende Perspektive. Diese fast klaustrophobische Atmosphäre – immer wieder durchsetzt mit Szenen aus anderen Filmen, die diverse Katastrophen zeigen und aufmerksame Zuschauer werden auch das Zugunglück aus „The invisible Man“ wieder finden – öffnet sich erst am Ende mit einem selbst in schwarz weiß atemberaubenden Blick auf eine allerdings zerbombte Kapelle direkt an den Klippen von Englands Südküste. Natürlich hinterlässt die eindeutige Propaganda in dem Film seine Spuren, aber die subtile Mischung aus Ermittlungsarbeit und politischer Agitation – selbst Holmes wird vom Kriegsrat eher mit Verachtung als Respekt behandelt, er das Eingreifen des Premierministers über das Telefon klärt diese Spannungen – kombiniert mit einer geradlinigen, actionorientierten Handlung geben dem kurzweiligen Flair auch heute noch ein fast einzigartiges Flair. Im Rahmen der Serie werden einige Filme kommen, in denen Holmes wieder als Detektiv mit einem erstaunlichen Geheimnis/ Fall konfrontiert wird, aber der Auftakt dieser Serie ist überraschend gut durchdacht und in ihrer Intention näher an einigen Doyle- Geschichte als ihnen von den Holmesfans wirklich zugestanden wird. Es ist allerdings schade, dass insbesondere diese einzigartigen Filme keinen Audiokommentar besitzen und die guten, prägnanten Anmerkungen im Booklet ergänzen.

Die zweite Neuinterpretation „Sherlock Holmes and the Secret Weapon“ sehr locker auf Doyles exzellenter Geschichte “The Dancing Men“ basierend zeigt den ersten Auftritt von Inspektor Lestrade in den Basil Rathbone Holmes- Filmen. Dennis Hoey liefert eine eher routinierte Leistung ab, er hat es allerdings auch schwer, sich im verschachtelten und stellenweise unnötig komplizierten Plot zurechtzufinden. Der ganze Film kommt über das Niveau leichter Unterhaltung nicht hinaus, zu stark werden klassische Elemente zugunsten der Nazis – verkleidet oder in Uniform -, Geheimwaffen sowie Geheimformeln und ausgebombte Gebäude in den Hintergrund gedrängt. Sherlock Holmes schmuggelt den Wissenschaftler Dr. Franz Tobel aus der Schweiz nach London, damit er und seine Erfindung - eine neuen Bombenart - nicht in die Hände der Nazis fällt. In England versteckt er seine Waffe an vier geheimen Orten. Holmes Erzfeind Professor Moriarty entführt den Wissenschaftler, um dessen Erfindung an die Nazis zu verkaufen. Tobel hat Holmes eine Nachricht in Form der tanzenden Männlein hinterlassen, die dieser nur unter Schwierigkeiten entziffern kann. In kürzester Zeit verfügt Moriarty über drei der vier Teile, natürlich kommt es zum obligatorischen Showdown am Standort des vierten Teils der Bombe.

„Sherlock Holmes and the secret weapon“ ignoriert die Tatsache, dass Moriarty am Ende von „The Adventures of Sherlock Holmes“ unwiderruflich vom Tower in die Tiefe zu Tode gestürzt ist. In diesem Film agiert er nicht nur gegen Holmes, er verkauft seine Heimat an die Nazis. Damit grenzt er sich auch aus dem Kreis der patriotischen Verbrecher – siehe „Voice of Terror“ – aus. Im Gegensatz zu Zuccos Portrait im zweiten Film der Serie portraitiert Atwill ihn deutlich sadistischer und gefährlicher. Trotz des oft einseitigen Drehbuchs gelingt es dem Schauspieler aber, Moriarty als Persönlichkeit und nicht als Abziehbild darzustellen. Eine weitere Schwierigkeit stellt Holmes Versuch dar, Moriarty zu beseitigen. Mit seiner Intelligenz und seinen Instinkten müsste er die Falle viel früher erkennen und könnte entsprechend reagieren. Auf der anderen Seite werden zumindest die Zuschauer ein wenig durch die Methoden des Meisterdetektivs überrascht. Zu den besten Passagen des Films gehört wieder die bodenständige Ermittlungsarbeit. Sehr stark der literarischen Vorlage folgend gelingt es Holmes schließlich, den Code der tanzenden Männlein zu knacken. In diesen ruhigen Passagen funktioniert auch die Balance zwischen den beiden Extremen – Meisterdetektiv und Gentlemanverbrecher – am besten. Von diesem Katz- und Mausspiel ausgehend werden die Action und Abenteueraspekte oft zu stark in den Vordergrund gestellt, sowohl Kämpfe als auch rasante Verfolgungsjagden in der hier präsentierten geballten Form lenken vom nicht unintelligenten Plot zu stark ab. Als Einheit betrachtet zeigt sich der drehbuchtechnisch innere Zwiespalt zwischen der Vorlage und der angestrebten Propagandawirkung in diesem Film der Serie am deutlichsten. Da helfen weder die guten schauspielerischen Leistungen noch die herausragende Kameraarbeit. Einige Szenen wirken allerdings vor einem anderen Hintergrund wie Kopien aus „The Voice of Terror“, andere aufgrund der kurzen Laufzeit zu hektisch. Außerdem fehlt an einigen elementaren Stellen eine konsequente Verknüpfung der beiden Handlungsebenen. Auf der anderen Seite verzichtet man auf den im dritten Teil der Serie fast unerträglichen Patriotismus sowie die entsprechende Gegenpropaganda und konzentriert sich deutlich mehr auf einen spannenden Plot.

Das Bild ist für Filme dieses Alters scharf, klar und meistens rein. Manchmal sind zwar Bildfehler wie Staubflecken, Bildkratzer oder Rollenwechsel Markierungen zu sehen, diese trüben aber eigentlich nicht wirklich das Bildvergnügen, sondern unterstreichen das nostalgische Flair. Mehr stört schon das diverse Nebelszenen – darunter leidet vor allem der „Hund von Baskerville“ - ein wenig verschwommen und unscharf wirken. Aber die meiste Zeit erscheint das Bild für das Alter der hier präsentierten Filme sehr gut. Der Ton ist sehr frontlastig über die zwei vorderen Lautsprecher, außerdem fällt bei der deutschen Spur sofort ein leichtes Dauerbrummen im Hintergrund auf welches bei stilleren Sequenzen auch zart anschwillt. Knackser oder andere gröbere Aussetzer gibt es in keiner der vorhandenen Tonspuren. Bei der englischen Spur kommt der Ton zwar überraschend natürlich daher, aber er klingt auch gegenüber der deutschen Fassung etwas dumpfer und klangloser. Beim „Hund von Baskerville“ findet sich noch die Synchronfassung des Jahres 1984 aus der ehemaligen DDR. Sowohl die DDR Version als auch die ZDF verwandten die gleichen Sprecher, einige Hinweise zu den Unterschieden finden sich im informativen Booklet.
Im direkten Vergleich ist die östlichere von den deutschen Versionen weiterhin zu empfehlen, originalgetreuer und sprachlich sauberer. Die beiden Fox–Produktionen verfügen ein Audiokommentare von David Stuart Davies – Herausgeber des Magazins Sherlock und Verfasser einer Studie über Holmes Kinoauftritt – und Richard Valley – Herausgeber des Magazins Scarlett Street. Beide Erzähler machen zuerst den Fehler, in erster Linie Informationen aus dem beiliegenden Booklet eher sporadisch zu wiederholen und beginnen nicht das vorliegende Material zu analysieren oder zu interpretieren. In erster Linie werden die Schauspielernamen und ihre interessanten Auftritte aufgelistet und der Zuhörer verliert schnell das Interesse an dieser Art von Statistik. Auch die nicht verfilmten Passagen der Drehbücher – in diesem Fall von Valley vorgetragen – hätten auf gesonderten Seiten der DVD einen angemessenen Platz finden können. Dann folgen Abschnitte voller Schweigen oder eine einfache Zusammenfassung des Geschehens auf dem Bildschirm. Trotzdem beinhalten sich in beiden Kommentaren eine Reihe von interessanten und seltenen Informationen. Insbesondere Valley löst sich schließlich vom Film und beginnt mit einem hörenswerten Monolog zum Nigel Bruce Problem, das sich erst in späteren Filmen der Serie deutlich extensiver zeigen wird. Valley erkennt richtig, dass Watsons Pragmatismus zumindest in „Adventures“ das richtige Gegengewicht zu Holmes grenzenlosen, fast arroganten Aktionismus darstellt und wäre der Detektiv der bodenständigen Denkweise seines Freundes gefolgt, hätte er Moriartys Treiben viel früher unterbinden können. Die Bildergalerien sind mit passender Musik unterlegt und von sehr guter Qualität und Quantität. Die Extras runden eine sehr gelungene Präsentation zufrieden stellen ab.

DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 und englisch Dolby Digital 2.0

DVD-Extras:
Audiokommentare, verschiedene Synchronfassungen, Booklet

hinzugefügt: October 13th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Koch Media
Hits: 2874
Sprache: german

  

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