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Basu, Samit: Der letzte Held (Buch)

Samit Basu
Der letzte Held
(The Simoqin Prophecies)
Aus dem indischen Englisch übersetzt von Andreas Brandhorst
Titelillustration Maximilian Meinzold
Piper Verlag, 2006, Paperback, 524 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 3-492-70124-2

Von Carsten Kuhr

Zweihundert Jahre ist es jetzt her, dass der dunkle Magier Lord Danh-Gem von den Ravianern besiegt wurde. Seit diesem denkwürdigen Tag herrscht Friede - mehr oder weniger zumindest - auf der Welt, die unsterbliche Rasse der Ravianer ist spurlos verschwunden, die Magie ist kaum mehr der Rede wert. Nun aber tauchen plötzlich Wesen aus den alten Sagen auf, der Spiegel im Brunnen der Akademie der Magier steigt an, und schon rühren sich auch die alten Verbündeten Danh-Gems. Unruhe verbreitet sich, Bündnisse werden geschmiedet, Waffen geschärft, denn, so die Sage, nach 200 Jahren soll der getötete Lord zurückkehren. Die Prophezeiung des Sandipan weiß zu berichten, dass nur der einzig wahre Held die Herrschaft des dunklen Lords aufhalten kann. Doch der Anwärter auf diesen prestigeträchtigen Posten muss erst noch gefunden und dann auch richtig ausgebildet werden. So macht sich, geschützt von der »Silbernen Klinge«, des Meister-Assassinnen und Spions des Stadtstaates Kol der auserkorene Held, eine angehende Magierin, eine Zentaurin und der letzte der Ravianer sowie dessen Diener auf die Reise. Ihr Ziel, die Insel der Magier, gleichzeitig das Zentrum der aufstrebenden Muwi-Vision-Produktion, auf der unser Held den letzten Schliff verpasst werden soll. Unterwegs werden sie verfolgt, überfallen, müssen sich mit Sirenen und Attentätern herumschlagen, das volle Programm eben. Doch ist der Prinz tatsächlich der geweissagte Held und wird er seine Prüfungen bestehen können? Und was ist mit dem Ravianer der, angeleitet durch ein magischen Buch seines Vaters vorgibt die Seiten zu wechseln - wird er der Verlockung der Macht widerstehen können?


Ich habe es mir zur ständigen Übung gemacht, Bücher nach 30, 40 Seiten aus der Hand zu legen, wenn sie mich bis dahin nicht gepackt haben. Bei Basus Fantasy-Debüt – beim Schreiben des Buches war Basu erst 23 Jahre alt - war ich versucht, die Seiten zu schließen, und zu einem anderen Werk zu greifen. Doch manches Mal muss man als Leser Sitzfleischqualitäten mitbringen, muss sich durchkämpfen um am Ende des Romans dann festzustellen, dass es sich aller anfänglichen Schwierigkeiten zum Trotz doch gelohnt hat. „Der Letzte Held“ ist ein solches Buch, das sich mir nicht einfach erschloss, das Mühe kostete.
Zu Beginn breitet der Autor einen Fächer von Figuren vor uns aus. Sie alle sind auf ganz unterschiedliche Weise interessant, entsprechen nur auf den allerersten Blick den gängigen Stereotypen, um dann immer weitere Schichten zu offenbaren. Dennoch ist man, zumal uns der Autor für europäische Zungen recht ungewöhnliche Namen offeriert, angesichts der fast unüberschaubaren Fülle von Personen zunächst regelrecht konsterniert. Wer steht nun auf welcher Seite, hier die Guten dort die Bösen, so sind wir das ja vom 500. Aufguss des „Herrn der Ringe“-Plots gemeinhin gewohnt. Vorliegend lässt sich dies dann aber ganz anders an. Jede der Personen hat ihre eigene überzeugend ausgestaltete Motivation, ihre eigene Historie und Hintergrund. So ist es gar nicht einfach zu sagen, dieser oder jener ist nun unsere Hauptperson in deren Haut wir zu schlüpfen vermögen um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Viele der Charaktere bieten sich als Identifikationsfigur an, ohne dass die Handlung von einer der Figuren wirklich dominiert wird.
Geschichte, das macht auch Basu sehr deutlich, wird immer von den Siegern geschrieben, und fast alles, was in den Geschichtsbüchern als Wahrheit fest zementiert scheint, ist geschönt wenn nicht erstunken und erlogen. Und so ist auch der als das personifizierte Böse verschriene Danh-Gem nicht einfach nur ein gnadenloser, machtgieriger Schlächter, sondern auch ein verantwortungsvoller Herrscher und ein treu sorgender Vater. Womit wir bei der Doppelbödigkeit, den Anspielungen - spielen ist hier wortwörtlich zu nehmen - sind.

Basu flicht immer wieder Anspielungen auf bekannte Versatzstücke moderner Bestseller ein. Sei es, dass Tarzan verklausuliert im Urwald seinen Schrei loslässt, oder das Dschungelbuch oder Alice im Wunderland Pate steht, immer wieder entdeckt man überraschende Bonmots, wird die Suche nach weiteren Kabinettstückchen zur interessanten Aufgabe fürs Kleinhirn. Dabei nimmt er auch gekonnt Versatzstücke gängiger Fantasy-Epen auf die Schippe, hinterfüttert seine zunächst stereotyp wirkenden Gestalten und typisierten Handlungsabläufe dann aber mit ungewohnt selbstkritischer Tiefe. Der Verlagsseitige Vergleich mit Terry Pratchett , dessen Übersetzer man für Basus Roman gleich mit ins Boot holte, hinkt ein wenig. Basu schreibt unterhaltsam, humorvoll, doppelbödig wobei er aber insgesamt mehr ein realistisches, detailreiches, ja minutiös angelegtes Großgemälde schafft, als dass er mit einer jeweils überschaubaren Fantasy-Welt jongliert wie es Pratchett so unnachahmlich macht.

So zeichnet diesen Roman neben einer überbrodelnden Welt eine Vielzahl unterschiedlichster Charaktere aus die in einer interessanten und immer wieder von Neuem überraschenden Geschichte voller exotischem Leben agieren. Abseits ausgetretener Pfade unterhält er uns damit kurzweilig, intelligent und spannend zugleich.

hinzugefügt: October 8th 2006
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Piper Verlag
Hits: 3167
Sprache:

  

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