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The Atrocity Exhibition (DVD)

The Atrocity Exhibition
DVD
USA 2000, Regie: Jonathan Weiss; Drehbuch: Michael Kirby, Jonathan Weiss, mit Victor Slezak, Anna Juvander, Michael Kirby u.a.

Von Thomas Harbach

Steven Spielberg hat sich an seinen Romanen versucht – „Das Reich der Sonne“
David Cronenberg hat sich an seinen Romanen versucht – „Crash“
Jonathan Weiss hat einen seiner Romane faszinierend genial umgesetzt – „Atrocity Exhibition“

Auf der einen Seite ist natürlich die Rede von James Ballard, in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren nicht nur der führende Kopf der „New Wave“-Bewegung, sondern über die ganze Länge seiner Karriere betrachtet ein kritischer und vor allem politisch hemmungsloser Vordenker einer sich immer mehr von ihren bestimmenden Strukturen lösenden Gesellschaft.

Auf der anderen Seite der bislang nur wenigen Insidern elitärer Kreise bekannte Jonathan Weiss mit seinem erfrischend innovativen und vor allem der literarischen Vorlage entsprechenden Low Budget Film. So besteht die literarische Vorlage aus dem Jahr 1968 bis 1970 aus einer Reihe von sehr kompakten, konzentrierten kurzen Episoden. Ballard selbst sieht in ihnen komprimierte Romane, doch diesen Anspruch werden die Facetten nicht gerecht. Im Stile des klassischen Episodenromans verbindet der Autor diese vielschichtigen Ideen sowohl thematisch als auch formal. Übergeordnet ist diesen nicht mehr den literarischen Formalien entsprechenden Blitzlichtartigen Szenen der komplette Zusammenbruch der menschlichen Psyche. Ballard untersucht die innere und die äußere Welt, lässt die fragile Grenze – den Verstand – wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Das nur noch fragmentarisch vorhandene Bewusstsein wird durch einen stetigen Beschuss einer medialen, gewalttätigen Welt weiter zertrümmert. Diese Überstimulation durch äußere Reize führt schließlich zum Verlust der Fähigkeit, Emotionen wie Liebe zu empfangen und selbst zu empfinden. Ballard geht aber noch einen Schritt weiter und fügt diesem empathischen Verlust eine weitere Ebene hinzu- das Verlangen des Menschen nach einer Art Befreiung von diesen angeblichen Lasten.

Einen solchen „Roman“ kann man nicht in einem linearen Film umsetzen. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass David Cronenbergs „Crash“ trotz eines mittleren Budgets unter anderen, kommerziellen Zwängen entstanden ist und mit der sich auch in „The Atrocity Exhibition“ widerspiegelnden Faszination von Autounfällen und Sex ein gewagtes, aber adaptierbares Thema im Mittelpunkt hatte. In der vorliegenden Adaption geht es um die Zertrümmerung einer menschlichen Psyche und die Zerstörung des linearen Zeitbegriffs.

Jonathan Weiss besuchte die Schulen in Princeton und in London mit dem Schwerpunkt internationales Recht. Nach Abschluss seines Studiums kaufte er sich ein Ticket für die transsibirische Eisenbahn in Richtung China ohne die Absicht zu haben, in die westliche Zivilisation zurückzukehren. Nach mehreren Reise- und Lehrjahren kehrte er doch nach New York zurück, um die Wurzeln der buddhistischen Zen- Religionen mit dem modernen Mittel Film zu untersuchen. Nach einigen Kurzfilmen stieß er auf James Ballards Roman „The Atrocity Exhibition“ und erhielt die Rechte direkt vom Autoren. Um das Projekt zu realisieren, zog er aus New York in den verlassenen Industriekomplex Dumbo direkt an der Waterfront. Er renovierte eine der verlassenen Industriehallen auf eigene Kosten und schuf sich so einen isolierten, kontrollierbaren Raum, um das Projekt über einen langen Zeitraum und für eine unbekannte Summe unter seiner vollständigen Kontrolle – ein deutlicher Kontrast zur Intention eines Films über das Verlieren der Kontrolle über den eigenen Geist – umsetzen zu können. Der Film ist als Arbeitsgrundlage das erste Mal auf dem Filmfest in Rotterdam1998 aufgeführt worden, ein Jahr später auf dem Slamdancefestival in seiner geplanten Länge von 100 Minuten. Auf der Suche nach einem Investor und Verleih kürzte Weiss den Film freiwillig auf knappe neunzig Minuten. Ohne Kinoauswertung ist die längere Filmversion das Debüt des Vertriebes Reel 23, einer Tochter der niederländischen Filmfreak Distributie. Im Gegensatz zum Cover mit einer Längenangabe von achtzig Minuten findet sich auf der DVD die ursprüngliche, lange Fassung.

Im Vergleich zum klassischen Kinoexperiment fühlt sich Weiss Adaption dieses sehr schwierigen Stoffes von Beginn an wie Arbeit an. Weiss will nicht unterhalten, sondern schockieren. Um ein gewisses Verständnis für den zugrunde liegenden Stoff und seines Vorgehensweise aufzubringen, ist es sinnvoll, sich den Zeitpunkt der ursprünglichen Entstehung der literarischen Vorlage vor Augen zu halten. Das Ende der sechziger Jahre. Ganz bewusst festgehalten an Meilensteinen wie der klaustrophobischen Angst vor dem atomaren Holocaust, Ikonen wie JFK und seiner Ermordung, Marylin Monroe, das Vietnamtrauma und eine insbesondere politisch instabile USA zwischen Reaktion und Anarchie.

Ganz bewusst führt Weiss in einem klinisch sachlichen Stil das inzwischen fast vollständig von der Bildfläche verschwundene experimentelle Kino eines Nicolas Roeg, eines Greenaway und mit Einschränkungen eines Antonioni fort. Zu Beginn auf Anregung von Ballard selbst ein Prolog mit surrealistischen Einzelbildern. Dieser führt zum einzigen nachvollziehbaren Handlungsfaden des Films. Angeblich die Arbeit des brillanten Psychiaters Dr. Trevers – eine an David Lynchs kühles Kino erinnernde Darstellung Victor Slezaks – mit seinen außergewöhnlichen, aber fragwürdigen Theorien. Rückschauend angeblich Ausdruck einer stetig wachsenden Psychose. Unterstützt wird sein stetiger Zerfall durch eine Reihe von Ereignissen, die im Augenblick ihres Geschehens keinen Sinn ergeben. Die Ermordung Kennedys, der Tod Monroes, die Atombombenabwürfe und deren Opfer in Hiroshima und Nagasaki, impliziert durch einen kurzen Bildausschnitt der 11. September durch das World Trade Center in diese Fassung integriert, das stetige Lücken und ebenfalls nur indirekt erfassbar der Verlust der wahren Werte im eigenen Land. Je mehr man in Rückblicken und durch die kühle Analyse seiner Kollegen oder Ärzte seinen Exzessen verfolgt, desto sinnloser und doch verbunden erscheinen seine Thesen. Einen Augenblick hat man nicht unbedingt das Gefühl, Trevers sucht eine logische Erklärung für diese Phänomene, sondern einen Durchgang zu einer alternativen und deshalb logischeren Welt.

Das faszinierende an der Struktur dieses Films ist der Verzicht auf konventionelle Erzählmethoden. Technisch selbst in der Full Screen Version der vorliegenden DVD ist der Film für eine Low Budget Produktion außergewöhnlich gut kameratechnisch inszeniert worden. Selbst die Szenen, in denen Weiss aufgrund fehlender Geldquellen improvisieren muss, haben eine tragische- surrealistische Komponente in sich. Beispielhaft die Verfolgung einer Frau durch einen Spielzeughubschrauber in einer Loft oder der Lauf eines Astronauten vor einem monumentalen Gebäude. Scheinbar durch eine geringere Schwerkraft schwebend. Erstaunlicherweise findet sich das hier in der Realität gefilmte Motiv auf einer Reihe von Science Fiction Titelbildern. Siehe Algis Budrys „Rogue Moon“ oder Barry Malzbergs Paranoia Romane. Da er verschiedene Formate in seinen Schnitt integrieren musste, sind nicht alle Übergänge makellos. Doch Weiss nutzt diese Schwierigkeit zu seinem Vorteil aus. Mit dem Zerfall der menschlichen Psyche werden auch die Übergänge zerrissener. Geschickt verbindet er seine fiktive Handlung mit dokumentarischen Material, Kriegsszenen aus Vietnam und bestürzenden Bildern aus Hiroshima unmittelbar nach dem Bodenabwurf durch die amerikanischen Streitkräfte, Propagandafilmen und NASA- Werbematerial. Schwarz und Farbe wechseln sich ab und seine fiktiven Szenen sind oft mit so harten Kontrasten inszeniert, dass sie absichtlich farblos und damit emotionslos wirken. In seiner damaligen Frau Anna Juvander findet Weiss ein weiteres wunderschönes, aber unterkühltes Ausdrucksmittel seiner Ideen, der Kontrast wird noch deutlicher, wenn der Leser des Buches erkennt, dass Weiss auf keines der damals schockierenden Segmente verzichtet, sie höchstens behutsam ein wenig modernisiert. Und das auch nur in den wenigen Fällen, in denen ihm das ursprüngliche Material nicht zur Verfügung gestanden hat oder er ein neues Zeichen setzen wollte – der Challenger Absturz fügt sich aber nahtlos in den bösen Traum vom grenzenlosen, risikolosen Fortschritt einer sich maßlos überschätzenden Nation ein. Oft fragmentarisch finden sich Bilder von Plastikchirurgie, Testpuppen für Autounfälle, Sexszenen, historische Persönlichkeiten, Kriegsbilder – eine Einstellung von den Bombenabwürfen über Vietnam erinnert in seiner verstörenden Schönheit an Coppalas „Apocalyspse Now“ – und moderner Kunst sowie menschlichen Körper nach fatalen Unfällen. Dabei wird an einigen Stellen die Grenze zwischen vertretbarer Kunst und Geschmacklosigkeit überschritten. Es ist leichter, über diese Schrecken zu schreiben oder filmisch nachzustellen als die pietätlosen Originalaufnahmen in eine fiktive Handlung zu integrieren.

Die Schwierigkeit der Verfilmung – stellvertretend für eine Reihe von Ballards Texten – liegt in seinem Ende. Ballards Roman hört mit einem grotesken und geschmacklosen Comicartigen Stück „The Aassassination of John F. Kennedy Reconsidered as a Downhill Motor Race“ auf, Weiss beendet seinen Film mit poetischen Bildern eines Raumsparziergangs und schlägt eher unbewusst eine Brücke zu Kubricks „2001“, der zeitlich fast parallel zum Ballard Roman entstanden ist. Am Ende eines chaotischen Jahrzehnts durch noch Hoffnung auf einen Neuanfang oder die Brücke zu einer anderen zeitlosen Welt? Diese Frage beantwortet der Autor in der wahrscheinlich effektivsten Sequenz des Films. Auf einer verlassenen Rollbahn steht ein schwarzer Sedan 1950. Ein Mann verlässt den Wagen, schreit voller Trauer und Zorn den Namen Marilyn Monroe aus sich heraus und beginnt scheinbar ziellos loszulaufen. Der Zuschauer beginnt plötzlich das unheimliche Geräusch von Hubschrauberrotoren zu vernehmen. Diese bleiben aber unsichtbar. Die Kamera läuft vor dem immer schneller werdenden Mann weg. Scheinbar ohne Schnitt kehrt der Mann auf der anderen Seite seines Wagens wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück und erbricht sich über die Motorhaube. Diese Szene erinnert an die Filme des Russen Sergei Paradjanov. Selten hat ein Zuschauer in seinem Verstand und nicht mit seinem Auge die einzelnen Fragmente zu einem verstörenden, aber faszinierenden Bilderrausch zusammensetzen können. „The Atrocity Exhibition“ ist wahrscheinlich die beste Adaption eines Ballard- Romans, für ein kleines Publikum gemacht, das dessen Romane mit fast selbst zerstörerischer Freude goutiert. Auf der anderen Seite wirkt die expressionistische Verfilmung eines scheinbar unverfilmbaren Buches auch wie ein Relikt der sechziger Jahre. Weiss verzichtet auf jegliche moderne Kommunikation, das Internet mit seiner Weltumfassenden Informationsflut findet ebenso wenig statt wie ein Rückgriff auf moderne Computer. Die Hörsäle wirken gediegen zeitlos, die Autos sind aus heutiger Sicht Klassiker der amerikanischen Produktion und die wenigen Anflüge moderner Kleidung sind so kunstvoll überzeichnet, dass sie sich keiner Epoche zuordnen lassen. Insbesondere tontechnisch mit seinem 2.0 Surround Mix provoziert der Film seine Zuschauer. Neben fragmentarischen Medieninformationen, starteten Jets oder bedrohlich tief fliegenden Hubschraubern und wenig normaler Musik finden sich quietschende Reifen und der dumpfe Aufprall eines Wagens auf einen Menschen. Zusammen mit den Bildern eine bedrohliche, eine unangenehme Mischung.
Mit seinen Themen Krieg und Wahnsinn bleibt die Verfilmung ebenfalls in einem zeitlich unbestimmbaren Rahmen. Es ist keine einfache Verfilmung eines komplexen, komplizierten und für manchen auch unleserlichen Buches. Nach anfänglich schwerfälligen und wenig verständlichen Szenen akzeptiert der Zuschauer die komplette Veränderung seines Sehverhaltens und verfolgt mit einer gewissen Distanz, aber Neugierde die Vorgänge. Ihm wird schnell bewusst, dass der Film keine Fragen beantwortet und kontinuierlich die Realität in Frage stellt. Wer sich auf dieses intellektuelle Spiel einlässt, wird nicht gut unterhalten, aber zumindest gefordert.

Aber auch die vorliegende DVD beinhaltet neben einem sehr guten Essay – die Rückseite lässt sich zu einem Poster des Covers entfalten – mit zwei Audiokommentaren weitere Highlights. Einmal berichtet Jonathan Weiss über die Produktion des Films, der zweite Track ist ein Zwiegespräch zwischen Ballard und Weiss. Es lohnt sich, mit diesem Track zu beginnen: Er berichtet vom frühen Tod seiner Frau und seinem Versuch, diesen Verlust zu emotional zu kompensieren und vor allem zu akzeptieren. Ballard erzählt sehr lebhaft über seine literarischen Ambitionen und den Kontrast zwischen seinen eigenen Zielen und den verschiedenen Interpretationsversuchen durch angeblich so etablierte Kritiker. Immer mehr wird der Kommentar zu einer Art philosophischen Exkursion in die gegenwärtige oder zukünftige Realität – diese oder eine andere Realität? Ballard hinterfragt auf eine faszinierende Art und Weise auch sein eigenes Werk und für Fans seiner Bücher stellt alleine der Kommentar ein Muss dar. Jonathan Weiss dagegen spricht sehr ausführlich, sehr sachlich und manchmal auch ein wenig in den eigenen Bildern verliebt über die Produktion des Films, seine Beziehung zu Juvander. Wie in David Lynch Filmen hat der Zuhörer den Eindruck, dass Weiss und Juvander lebende Analogien der dargestellten Protagonisten sind. Um ihre Beziehung zueinander auf einer nicht emotionalen Ebene besser zu verstehen, haben sie sich einer Reihe von Übungen unterworfen, um das Unverständliche ausdrücken zu können. Wie Ballards Charaktere – im Buch wie auch im Film – sind sie aber an dieser Aufgabe letzt endlich im persönlichen Bereich gescheitert. Im Film ist es dagegen eine Sucht erregende Erfahrung. Spätestens nach den zwei Kommentaren erweitert sich aber die Perspektive des Zuschauers und beginnt, die präsentierten Versatzstücke gedanklich zusammenzusetzen oder umzustrukturieren und verschiedene Theorien über das Gesehene zu entwickeln. Was will man als Autor oder Filmemacher mehr?

DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: englisch Dolby Digital 2.0
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Audiokommentar

hinzugefügt: September 11th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
Hits: 4663
Sprache:

  

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