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  Interview: EIN INTERVIEW MIT BERNHARD HENNEN, EINEM DER VÄTER DER GEZEITENWELT
Geschrieben am Monday, 18.October. @ 15:54:27 CEST von carsten
 
 
  Interview

Interview mit Bernhard Hennen

Bernhard Hennen wurde 1966 in Krefeld geboren und gehört zu den umtriebigsten Autoren der deutschen Phantastik Szene. In Köln studierte er Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Seine Magisterarbeit verfasste er über DIE REZEPTION MITTELALTERLICHER EPIK DURCH MODERNE FANTASYAUTOREN. Seine ausgedehnten Reisen führten ihn als Journalist und Radiomoderator insbesondere in den Orient und nach Mittelamerika. Er verfasste die Storyline für ein Computerspiel und gehörte zum festen Kreis der Stammautoren von DAS SCHWARZE AUGE. Immer wieder verbindet er geschickt eine Krimihandlung mit den Elementen eines historischen oder phantastischen Romans. In seiner karg bemessenen Freizeit hat er früher eine Gruppe bei Mittelaltermärkten begleitet und sich bei Schwertschaukämpfen manchmal schmerzvolle Erfahrungen für die Kämpfe in seinen Büchern geholt. Seit mehreren Jahren konzentriert er sich auf ein einmaliges Projekt – DIE GEZEITENWELT. Konzipiert unter Mithilfe von Wissenschaftlern und verfasst von vier Autoren sollen dem Leser in zwölf Romanen die Geschehnisse auf einer phantastischen Welt nach einem Meteoriteneinschlag nahe gebracht werden.



CK: Hallo Bernhard. Was macht Bernhard Hennen, wenn er einmal nicht vor nicht vor der Tastatur sitzt? Was sind Deine Hobbies?

Bernhard: Das ist ein weites Feld. Ich sammle und bemale Zinnfiguren und spiele gerne mit Freunden Brett- und Rollenspiele. Außerdem lese ich sehr gerne.

CK: Was liest du, wenn du einmal Zeit findest zu einem Buch zu greifen und warum ausgerechnet diese Bücher?

Bernhard: Für mich gibt es zwei Gründe nach einem Buch zu greifen. Zunächst einmal lese ich sehr viel im Zusammenhang mit meinem Beruf. Auf meinem Schreibtisch liegen Stapel von Sachbüchern, deren Themen von Reisebeschreibungen aus vergangenen Jahrhunderten, Fachliteratur zu allen möglichen Lebensbereichen der Renaissance, über eine Beschreibung über das Leben an Bord von Galeeren bis hin zu einem Buch über Verhaltensmuster in Wolfsrudeln reichen. Diese Bücher dienen mir zur Recherche für eigene Texte. Darüber hinaus lese ich zur Unterhaltung, wobei mein Geschmack sehr weit gefächert ist. Zur Zeit liegt DER RASENDE REPORTER von Egon Erwin Kisch auf meinem Nachttisch. Vor kurzem hatte ich eine ausgeprägte Thriller-Phase und habe alles von Preston/Child gelesen. Gute historische Romane schätze ich sehr. So habe ich zum Beispiel alle Romane über Decius Caecilius Metellus von John Maddox Roberts gelesen. Auch lateinamerikanische Autoren lese ich gerne, wie zum Beispiel Gabriel Garcia Marquez oder Carlos Fuentes. Im Bereich Fantasy bin ich ein großer Fan von George R. R. Martin und seinem Zyklus DAS LIED VON EIS UND FEUER und die Romane von David Gemmel gefallen mir sehr gut. Wie man sieht, bin ich ein ausgesprochener Vielleser. Es vergeht selten ein Monat, in dem ich nicht zwei oder drei Romane verschlinge.

CK: Welche Autoren haben dich beeinflußt, wer sind deine Vorbilder?

Bernhard: Also was den Fleiß angeht ist auf jeden Fall Wolfgang Hohlbein mein Vorbild. Ich kenne ihn privat sehr gut und wünschte, ich würde genauso kontinuierlich arbeiten können. Literarisch bin ich von sehr unterschiedlichen Autoren beeinflußt. In der Fantasy sind Gemmel und Martin meine Vorbilder. Ansonsten variiert es sehr. Ich sehe mir gerne an, wie andere Autoren Probleme gelöst haben. Wenn ich zum Beispiel einen wirklich eisigen Winter beschreibe, dann blättere ich vorher in Romanen von Tolstoi und Jack London, suche mir einen guten Reiseführer über Norwegen und eine Beschreibung zu einer Polexpedition. Aus all dem entsteht dann das Bild des Winters in meinem Roman.

CK: Wie kamst du zum Schreiben? Was war bei dir der Auslöser als freier Autor ein oft schmales Salär in Kauf zu nehmen?

Bernhard: Ich habe etwas mehr als zehn Jahre auch als Journalist gearbeitet. Da hatte ich ständig damit zu ringen Texte von 80 Zeilen oder Radiobeiträge von höchstens zweieinhalb Minuten abzugeben. Beim Bücherschreiben schätze ich sehr, den Platz zu haben, den ich brauche, um meine Geschichte zu erzählen. Den Mut es zu versuchen hatte ich nach meinen ersten Rollenspielpublikationen. Für ein Rollenspielabenteuer denkt man sich eine Geschichte aus, man erarbeitet die Schauplätze und die Hauptcharaktere. Damit hat man auch einen guten Teil der Vorbereitungsarbeit für ein Buch geleistet. Da ich aber nicht wirklich wußte, ob ich Bücher schreiben kann, bin ich an Wolfgang Hohlbein herangetreten und habe ihn dazu überredet, mir bei meinen ersten Romanen zu helfen. Er war quasi mein Mentor. Das Resultat war dann die Trilogie DAS JAHR DES GREIFEN.

CK: Wenn ich mir deine Vita und deine Hobbies einmal vor Augen halte, dann kann man sich eigentlich nicht besser auf die Tätigkeit als Fantasy-Autor vorbereiten. Helfen dir deine Studien und Reisen bei der Kreation eines Schauplatzes?

Bernhard: Ja, auf jeden Fall. Was den Realismus in einer Geschichte angeht, halte ich es mit dem Arbeitsethos von London oder Hemingway. Auch bin ich der Meinung, dass man am überzeugendsten über Dinge schreiben kann, die man selbst erlebt hat. Natürlich steht man da als Fantasyautor erst einmal vor einem Problem. Schließlich ist es schlechterdings unmöglich einmal Auge in Auge einer Horde Orks gegenüber zu stehen. Aber auf den zweiten Blick gibt es schon sehr viele Möglichkeiten, sich den Stoffen seiner Romane zu nähern. Eine Wüste oder ein Dschungel in einer Fantasywelt würde ich immer zu 90 Prozent an einem irdischen Dschungel oder einer irdischen Wüste orientiert, beschreiben. Wenn man an solchen Schauplätzen tatsächlich einmal gewesen ist, dann wird das Bild, das man von ihnen erschafft viel plastischer. Wer selbst einmal an einer einsamen Wüstenpiste bemerkt hat, dass er ein Loch in der Wasserflasche hat, wird künftig ganz anders über Durst schreiben können.

CK: Du bist früher, ich erwähnte es eingangs, als Kämpfer bei Schwertkampfshows auf Mittelaltermärkten aufgetreten. Auch an Treffen der Neo-Pagan Bewegung und deren Nachahmung der alten Druidenkulte hast du teilgenommen. Erzähl doch einmal warum, und was du hieraus für deine Romane mitgenommen hast.

Bernhard: Zum Schwertkampf bin ich über Recherchen für meine Romane gekommen. In Fantasy-Romanen und historischen Romanen gibt es laufend Schwertkampfszenen. Um auch diese realistischer gestalten zu können, habe ich mich nach Leuten umgesehen, die auch heute noch Schwertkampf betreiben. So bin ich in Kontakt mit der Mittelaltermarktszene gekommen. Nachdem ich dann selbst einmal ein Schwert in die Hand nehmen durfte, hat mich das Fieber gepackt. Ich wurde Mitglied in einer Mittelaltergruppe und bin mit denen einige Jahre lang an Sommerwochenenden über die großen Märkte getourt und in deren Schwertkampfgruppe aufgetreten. Aus diesen Erfahrungen habe ich sehr viel für mein Schreiben gewonnen. Es sind die Details, die Bücher lebendig werden lassen und auf diese Details kommt man leichter, wenn man seinem Schreibthema auch im richtigen Leben wirklich nahe gewesen ist. Zur Neo-Pagan hatte ich Berührung über einen Keltenclan. Sie haben mich dann eingeladen an Feierlichkeiten zu keltischen Festen teilzunehmen. So habe ich ein paar durchregnete Nächte an alten Kultplätzen verbracht, habe in der Samhain-Nacht darauf gewartet, ob sich die Pforten zur jenseitigen Welt öffnen und habe einiges über Kräuter und Met gelernt. Es war eine gute Zeit, die ich nicht missen möchte.

CK: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Bernhard Hennen aus? Gibt es einen solch typischen Tagesablauf überhaupt? Wann schreibst du? Fertigst du nach der Idee zunächst ein Exposé und machst umfangreiche Recherchen bevor du loslegst oder setzt du dich an die Tastatur und lässt die Pferde los?

Bernhard: Ein typischer Tagesablauf von mir sieht so aus, dass ich etwa um 11:00 Uhr in mein Arbeitszimmer gehe und mich dann zunächst einmal mit der Post und E-mails herumschlage. Dann versuche ich alle Geschäftstelefonate zu erledigen, bevor die Mittagspause in den Verlagen beginnt. Das klappt allerdings meistens nicht. Danach beginne ich mit der Arbeit. Am frühen Abend, etwa um 17:00 Uhr höre ich auf und nehme mir ein paar Stunden Zeit für meine Frau oder treffe mich mit Freunden. Am späten Abend kehre ich dann noch einmal an den Schreibtisch zurück und arbeite dann meist noch bis 3:00 Uhr oder, wenn der Abgabedruck groß ist, auch länger. Während ich an einem Buch arbeite, gehen mir meistens schon Ideen für zwei bis drei andere Geschichten durch den Kopf. Ich beginne dann Material zu sammeln, lese viel, besuche Bibliotheken und fertige ein Exposé an. Das Exposé wird dann über meinen Agenten an verschiedene Verlage geschickt. Ich warte ab, was für Angebote hereinkommen und fange mit der eigentlichen Arbeit des Schreibens erst dann an, wenn ganz sicher ist, dass ich das Buch auch verkaufen werde. Wenn ich mit einem Buch beginne, habe ich meistens also schon sehr konkrete Vorstellungen davon, was ich schreiben werde. Allerdings ist es immer so, dass eine Geschichte während der Arbeit ein Eigenleben entwickelt. So ist der fertige Roman nie zu hundert Prozent das, was man ein Jahr zuvor im Exposé niedergelegt hat. Diese Freiheit gönne ich mir und das tun auch die meisten anderen Autoren, die ich kenne. Wenn man ein halbes Jahr oder ein ganzes Jahr mit einem Buch und mit den Figuren, die es bevölkern, gelebt hat, dann ergeben sich zwangsläufig Ideen und Handlungspfade, die während der Planung noch nicht vorherzusehen waren. Man sollte dann den Mut haben, sich von seinem Exposé zu trennen. Eine Geschichte, der man die Ketten löst, wird in meinen Augen immer besser als eine, die strikt dem ersten Entwurf folgt.

CK: Hast du immer Spass am Erzählen, oder musst du dich manchmal auch zwingen vor dem PC zu sitzen?

Bernhard: Mit dem Schreiben ist es so wie mit allen Berufen. Man hat seine guten und seine schlechten Tage. Aber ich habe den Spass nicht verloren. Auch wenn ich manchmal meine Arbeit als Journalist vermisse und mit der Einsamkeit hinter dem Rechner zu kämpfen habe, ist das Schreiben noch immer meine große Leidenschaft.

CK: Bei deinen Büchern fällt mir auf, dass du so manches Mal auch eine Message einbaust. In NEBENAN nimmst du recht deutlich zum Braunkohletagebau Stellung. Ist es für dich wichtig, dem Leser neben Unterhaltung auch etwas mehr an die Hand zu geben?

Bernhard: Zuallererst möchte ich, dass sich meine Leser gut unterhalten fühlen. Das ist die Basis, auf der ich dann auch andere Anliegen einflechte. Manchmal bin ich dabei recht direkt, wie zum Thema Braunkohletagebau. Damit beschäftige ich mich in einem Roman und zwei Novellen. Als Journalist habe ich gesehen, was Krieg aus Menschen macht. Deshalb ist mir das schlichte Heldentum vieler Romane so zuwider. Bei mir gibt es keine strahlenden Helden, die ohne eine Schramme aus einem Feldzug hervorgehen. Wer gezwungen ist an einem Krieg teilzunehmen, der wird selbst wenn er das Glück hat körperlich unversehrt zu bleiben, seelische Wunden davontragen. Da ich meine Bücher mit Leidenschaft schreibe, schlägt sich in ihnen mein Weltbild nieder. Ich versuche allerdings zu vermeiden, als Autor mit ständig erhobenem mahnendem Zeigefinger aufzutreten. Das ist Literatur, die ich selbst nicht mag.


CK: Auch die Bösewichter in deinen Büchern sind nicht unbedingt nur als böse Protagonisten dargestellt. Sie haben nachvollziehbare Motivationen und sind überzeugend aufgebaut. Ich habe den Eindruck, dass du gerade mit den „Schurken“ in deinen Büchern viel Spass hast – stimmt das?

Bernhard: Es gehört zu den großen Abenteuern beim Schreiben, sich in die Gedankenwelt der „Bösen“ zu begeben. Gegen die Normen der Gesellschaft zu verstoßen und sich abseits aller Regeln zu bewegen. Allerdings bemühe ich mich gleichzeitig, meine Schurken facettenreich zu gestalten. Kaum jemand würde von sich sagen: „Ich bin Böse aus Leidenschaft.“ Es geht also darum, die eigene Wahrnehmung der „Schurken“ auszuleuchten, indem ich aus ihrer Perspektive erzähle. So entstehen vielschichtige und manchmal scheinbar widersprüchliche Charaktere, wie zum Beispiel ein Mörder, der auszieht einen Erzbischof zu töten und letztlich dem Charme eines Kindes erliegt. Wichtig ist dabei, dass man begreifen kann, was diesen Mörder antreibt. Warum er nichts zu verlieren hat. Besonders unsympathisch ist mir, wenn ganze Völkerschaften per se als böse gelten, wie in Fantasyromanen die Orks. Es macht mir großen Spaß, gegen solche Klischees anzuschreiben, wie zum Beispiel in DAS JAHR DES GREIFEN. In den Augen der Menschen dieses Romanzyklus´ bleiben die Orks verschlagene Ungeheuer. Der Leser aber hat sie besser kennen gelernt, weil er die Welt durch ihre Augen erleben konnte. Von vielen Lesern weiß ich, dass ihnen der Feldherr der Orks vor Greifenfurt zuletzt sehr sympathisch war, weil sie ihn begreifen konnten und in ihm viel mehr sahen, als nur ein Monster.

CK: Mit NEBENAN hast du deiner Lieblingsstadt Köln ein überaus vergnügliches Denkmal gesetzt. Wie kamst du auf die Idee die Heinzelmännchen der Domstadt literarisch zu verewigen?

Bernhard: Im Grunde resultiert das aus einem Auftrag, den ich vom Weitbrecht Verlag erhalten habe. Man hatte mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte einen humoristischen Fantasy-Roman zu schreiben. Der Schauplatz des Buches sollte unsere Welt sein, gleichzeitig sollte es aber auch ein phantastischer Roman sein. Da ich viel Lokalkolorit in das Buch bringen wollte, habe ich mich für die Stadt als Schauplatz entschieden, die ich am besten kenne: Köln. Danach waren Heinzelmännchen als Helden naheliegend. Worin ich mich allerdings völlig verschätzt hatte, war, wie anstrengend es ist, 540 Seiten lang witzig zu sein. Ich denke es ist geglückt, aber das Buch hat deutlich mehr Zeit verschlungen als andere Romane.

CK: Deinen Worten entnehme ich, dass Köln in deinem Herzen einen besonderen Platz einnimmt. Logische Frage, wird es weitere Köln-Bücher geben?

Bernhard: Auch mein historischer Roman DIE KÖNIGE DER ERSTEN NACHT dreht sich um ein bedeutendes Kölner Thema: Die Gebeine der Heiligen drei Könige. Er erzählt, auf welchem Wege sie nach Köln gelangten. Einige Novellen von mir spielen Nahe Köln am Niederrhein und zur Zeit bereite ich ein Jugendbuch vor, das in der Eifel, dem Lieblingsausflugsziel der Kölner, spielt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch häufiger „in Köln tätig sein werde“. Es gibt auch schon ein paar erste Ideen für einen zweiten Roman in Köln und Umgebung.

CK: Du bist mit deiner Frau von Köln nach Krefeld gezogen, da deine Frau dort als Assistenzärztin in einer Zahnarztpraxis arbeitet. Blöde Frage, aber hat sich die wirtschaftliche Absicherung durch deine Frau auf deine Romane irgendwie ausgewirkt? Gehst du jetzt mit mehr Muße und beruhigter ans Werk, als zu der Zeit, als du mit dem Schreiben im Wesentlichen den Lebensunterhalt verdienen musstest?

Bernhard: Leider verdienen Assistenzärztinnen weniger als ich gedacht hätte. Aber Scherz beiseite... Natürlich ist es gut, dass wenigstens einer in der Familie ein regelmäßiges Einkommen hat. Das hilft ungemein dabei, sich etwas sicherer zu fühlen. Schließlich weiß man als Autor nie, wie gut das nächste Buch ankommen wird.

CK: Mit deinen Romanen DIE KÖNIGE DER ERSTEN NACHT, DER FLÖTENSPIELER oder DIE HUSARIN hast du historische Kriminalromane vorgelegt. Die Titel zeichnen sich alle durch eine sehr sorgfältig beschriebene Welt aus. Waren da ausgiebige Recherchen notwendig? Zehrst du hier auch von deinen Reisen, oder besuchst du die Schauplätze der Romane lieber in Persona?

Bernhard: Um alle Schauplätze meiner historischen Romane zu besuchen, reicht mein Autorenhonorar bei weitem nicht. Im Vorderen Orient bin ich mehrfach gewesen. Die Schauplätze dort kenne ich meist aus eigener Anschauung. Bei anderen Orten halte ich es mehr wie Karl May. Ich lese Reiseführer, sehe mir Bildbände an und versuche mich in die Region einzufühlen. Das klappt mitunter so gut, dass ich zum Beispiel mehr über Istanbul weiss als meine Frau, die dort immerhin ein Jahr gelebt hat.
Bei jedem meiner Romane bemühe ich mich um gründliche Recherche. Ich wünsche mir, meine Leser in eine fremde Welt zu entführen und dabei möglichst keinen Unsinn zu verbreiten. So beruht die Beschreibung meines Isistempels in Pompeji auf Rekonstruktionen nach Ausgrabungen, die Berichte über die Greueltaten im Rahmen von Barbarossas Belagerung von Mailand sind fast wörtlicher Zitate zeitgenössischer Texte usw. Natürlich muss man als Autor irgendwann die Bremse ziehen. Wenn ich als Autor einen halben Morgen investiere, um herauszufinden, wie die Münzen aussahen, die man um etwa 50 v. Chr. in Ephesos benutzt hat und das nur, um zu beschreiben, wie eine Münze von einer Hand in die andere wechselt, um dann im Rest des Buches keine Rolle mehr zu spielen, dann ist das auf Dauer kontraproduktiv. Im übrigen stößt man irgendwann immer an eine Grenze, so dass man gezwungen ist fehlendes Wissen mit Phantasie zu überbrücken. Die Frage ist lediglich, wie weit man diese Grenze nach hinten stecken kann. Ich bemühe mich als Autor sehr ein detailliertes Bild jener Epochen zum Leben zu erwecken, über die ich schreibe. Mit den Jahren weiß ich aber auch um meine Grenzen. Im übrigen sollte man als Autor im Bereich der Belletristik stets auf der Hut davor sein, statt einer spannenden Geschichte ein Geschichtsbuch abzuliefern.

CK: Nach deiner Zeit als Redakteur bei der ZauberZeit hast du 1994 zusammen mit Wolfgang Hohlbein deinen ersten Roman DER STURM - den ersten Band der Trilogie DAS JAHR DES GREIFEN - verfaßt. Wie lief die Zusammenarbeit mit Wolfgang Hohlbein ab? Wie bewertest du deinen Romanerstling? Hat das Buch dir die Tür geöffnet?

Bernhard: Die Tür ins Verlagsgeschäft hat mir Wolfgang Hohlbein geöffnet. Ich glaube, ohne seine Unterstützung hätte sich bei Bastei damals niemand darauf eingelassen herauszufinden, ob dieser Journalist, der noch nie ein Buch verfasst hat, auch wirklich schreiben kann. Es war sein Angebot, das Experiment im Notfall alleine zu Ende zu bringen, das den Lektor damals endgültig überzeugt hat. Zum Glück ist dieser Notfall nicht eingetreten. Wolfgang und ich haben den Roman gemeinsam erarbeitet. Wann immer ich beim Schreiben Probleme bekommen habe, hatte er ein offenes Ohr und hat mir mit seiner Erfahrung zur Seite gestanden. Vor allem das Ende des ersten Bandes wäre ohne seine Hilfe mit Sicherheit weniger originell geworden. Auch heute finde ich in DAS JAHR DES GREIFEN noch Ideen wieder, die mich selbst nach zehn Jahren als Autor immer noch beschäftigen. Schon in meinem ersten Roman schrieb ich aus vielen parallelen Perspektiven, ein Stilmittel, das ich seitdem in all meinen Büchern benutzt habe. Im Detail würde ich heute sicherlich einiges anders machen, aber insgesamt muss ich sagen, findet sich in diesen Romanen schon fast alles, was meine Art des Schreibens ausmacht. Natürlich haben mir die drei Greifenfurt-Romane die Tür für weitere Bücher geöffnet. Sein erstes Buch zu verkaufen ist das schwierigste Stück Arbeit. Wenn es keine völlige Katastrophe war, hat man es fortan leichter.

CK: Du hast jahrelang die literarischen Geschicke Aventuriens, der Welt des Schwarzen Auges, mitbestimmt. DREI NÄCHTE IN FASAR brachte den Zauber von Tausendundeiner Nacht nach Aventurien, mit DIE NACHT DER SCHLANGE hast du neben Kiesows DAS ZERBROCHENE RAD das zweite Hardcover aus der DSA-Reihe geschrieben. Was hast du aus der Zeit, als du maßgebend bei DSA tätig warst, mitgenommen? Wird es weitere Aventurientitel von dir geben?

Bernhard: Mitgenommen habe ich meine ungebrochene Liebe zur Fantasywelt Aventurien. In fast zwanzig Jahren habe ich mit Freunden dort tausende Stunden im Rollenspiel verbracht. In meiner Schublade liegt noch ein Konzept für eine dritte Romantrilogie in Aventurien. Ob ich sie je schreiben werde, steht in den Sternen. Allerdings werde ich dieses Jahr wohl ein Handy-Solo-Abenteuer für DSA verfassen und eine Kurzgeschichte für einen Sammelband, der von FanPro herausgegeben werden wird.

CK: Ich habe dich auf dem Dreieich-Con live erleben dürfen. Wie ist das für dich als Autor dein Werk direkt face-to-face vor Publikum vorzutragen?

Bernhard: Das ist das Salz in der Suppe. Es gibt wenig schöneres, als unmittelbar mitzuerleben, wie man als Autor mit seinen Geschichten sein Publikum berührt. Es gibt immer tausend Wege eine Geschichte zu erzählen und es ist manchmal ein langer, quälender Prozess, sich auf einen dieser Wege festzulegen. Erst wenn ich miterlebe, wie mein Publikum auf meine Bücher reagiert, weiß ich, ob ich mich richtig entschieden habe.

CK: Kommen wir nun zu deinem wohl bedeutendsten Projekt – die GEZEITENWELT. Zwölf Romane sollen es werden, geschrieben von insgesamt vier Autoren. Die erzählte Geschichte wird einen Zeitraum von etwa fünfzig Jahren auf der Gezeitenwelt abdecken. Gab es einen Moment, ein Ereignis an dem man diesen Plan festmachen kann?

Bernhard: Nein, es gibt keinen konkreten Zeitpunkt, an dem ich mir gesagt habe: Jetzt schreibst du mal einen richtig großen Fantasy-Zyklus. Der Plan dazu ist langsam gereift. Ich hatte einige neue Ideen, die ich gerne umsetzen wollte, musste aber sehr schnell merken, dass ich dazu sehr viel Platz brauchen würde. Eine ganze Welt. Das war der Zeitpunkt, an dem mir klar wurde, dass ich entweder ein bis zwei Jahrzehnte meines Lebens mit der Gezeitenwelt verbringen würde, oder aber mich dringend nach Hilfe umschauen sollte.

CK: Was war deine Motivation für das Projekt? Die GEZEITENWELT weicht ja inhaltlich erheblich von dem üblichen, fast schon einzementierten Konzept der an Tolkien angelehnten Queste ab? Wobei ihr in der Konzeption, wie es mir scheint, fast so viel Aufwand treibt, wie der Altmeister der Fantasy. Wie lange dauerten die Vorarbeiten, das Planen der Gezeitenwelt? Wieweit ist das Handlungsgerüst gediehen? Um was geht es in den Büchern, was wolltet ihr anders machen, als andere Autoren?

Bernhard: Zu den ganz frühen Phasen des Projektes gehörte, dass wir darüber gesprochen haben, was jedem einzelnen von uns an Fantasy-Romanen mißfällt. Das waren Punkte, die wir künftig meiden wollten. Zu diesem Manifest der Gezeitenwelt gehören Vorsätze wie: Fantasy darf nicht als Entschuldigung dafür herhalten, sich einen Teufel um die innere Logik seiner Welt zu scheren. Deshalb holen wir uns, wo immer dies möglich ist, Hilfe von Experten. Die Welt wurde von Geophysikern entworfen. Das führte dazu, dass wir vermutlich die einzigen Fantasyautoren sind, die Wetterkarten ihrer Welt mit eingezeichneten Hoch- und Tiefdruckgebieten haben.
Ein anderer Punkt, der uns bei vielen Fantasyromanen störte, war, dass man als Leser das Gefühl hatte, dass die Welt mit den Bedürfnissen des Autors gewachsen ist. So tauchen bedeutende Königreiche erst sehr spät auf, obwohl man logischerweise schon zu Beginn des Zyklus von ihnen hätte hören müssen. Auch deshalb haben wir von vornherein eine ganze Welt entworfen. Wir wußten schon vor der ersten Zeile, die zum ersten Roman geschrieben wurde, welche Königreiche zu Beginn des Zyklus bedeutend sind, welche untergehen werden und welche in der Zukunft zur Größe von Imperien heranwachsen würden. Bevor ich mit dem ersten Roman begonnen hatte, steckten bereits zwei Jahre Arbeit in der Gezeitenwelt. Das Handlungsgerüst steht seit langem für alle Bände fest. Wir wissen sehr genau, welche große Geschichte wir gemeinsam erzählen wollen. Gleichzeitig haben wir uns aber auch Spielraum gelassen, damit sich unsere Figuren im Entstehungsprozeß des Zyklus noch über die jetzigen Konzepte hinaus entwickeln können. Bei einem Projekt, das über einen so langen Zeitraum laufen wird wie der Gezeitenwelt-Zyklus, muss man einfach flexibler planen, als wenn man einen einzelnen Roman verfaßt.

CK: Ich hatte es vorhin bereits einmal angesprochen, du überläßt die Wertung deiner Romanhelden oft deinen Lesern. Beim WAHRTRÄUMER fiel mir dann auf, dass es gar keinen ausgemachten Bösewicht mehr gibt. Jede der Hauptpersonen hat ihre nachvollziehbaren Motive, die sie in Konflikt mit den anderen Protagonisten bringt. Es gibt keine klar abgegrenzte Seite des Guten oder Bösen. Der Leser selbst muss entscheiden, wem er seine Sympathie schenkt. War das so geplant?

Bernhard: Dies war eines der Grundkonzepte bei der Planung der Welt und es wird sich als ein roter Faden auch durch die anderen Romane ziehen. Die klassischen Gut und Böse Klischees der Fantasy sollten aufgebrochen werden. Hier gibt es keine Orks, von denen man schon beim ersten Auftritt weiß, dass sie die Diener des Bösen sind, ebensowenig wie es stets gerechte und tugendhafte Waldelfen gibt. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Es finden sich schon in den ersten Romanen etliche versteckte Anspielungen, die sich erst dann ganz erschließen werden, wenn man den Zyklus nach seiner Vollendung noch ein zweites Mal liest. Dies funktioniert natürlich nur, wenn man sehr weit im voraus plant und es wagt mit gängigen Mustern zu brechen. Ich kann jetzt schon allen Lesern versprechen, dass sie von der Entwicklung mancher Figur noch sehr überrascht sein werden.

CK: In wie weit orientierst du dich bei deiner Arbeit an irdischen Vorbildern? Es gibt bei dir zum Beispiel eine Organisation, die corona, die an die irdische Mafia erinnert oder Steppenreiter, die ein wenig nordamerikanischen Indianern ähneln.

Bernhard: Was die corona angeht waren in der Tat mafiaähnliche Organisationen das Vorbild. So wie man es der Mafia vorwirft, gibt es hier zum Beispiel in der Provinz Cornia Verflechtungen mit der Kirche des Abwesenden Gottes. Allerdings wird sich im Laufe der Romane zeigen, dass hier noch wesentlich mehr dahinter steckt, als man der Mafia unterstellt. Bei den Steppenreitern handelt es sich um eine Mischung zwischen mongolischen Reitervölkern und den Prärieindianern Nordamerikas. Hier wurde ich von einer Freundin aus der Mongolei beraten, die einen Teil ihrer Jugend in der Steppe verbrachte und mir mit vielen nützlichen Tips beim Schreiben aushelfen konnte. Auch im Schamanismus dieser Reitervölker mische ich mongolische und indianische Elemente, um daraus etwas neues erschaffen zu können.

CK: Angekündigt war DER WAHRTRÄUMER als ein Roman mit 512 Seiten, aus diesen wurden dann 627 und deiner Danksagung entnehme ich, dass das Manuskript zeitlich ziemlich eng dem Verlag übergeben wurde. Woran liegt die Ausweitung? Hat sich die Geschichte verselbstständigt?

Bernhard: Ich bediene in DER WAHRTRÄUMER vier Haupthandlungsstränge, die von der Fülle des Stoffes leicht drei eigenständige Romane abgeben könnten. Dann kamen noch einige Nebenfiguren hinzu, die sich im Laufe des Schreibprozesses mehr Platz erobert haben, als ursprünglich einmal vorgesehen war. So kam es, dass der Roman deutlich über das ursprünglich angestrebte Volumen hinausgewachsen ist. Und wenn man dann in einem Zeitraum, in dem man ursprünglich 500 Seiten verfassen wollte plötzlich um zwanzig Prozent mehr Text bewältigen muss, beginnen die Probleme.

CK: Trotz der gründlichen Planung scheinen schon bei den ersten vier Romanen einige Dinge aus dem Ruder zu laufen. Der Internetseite Hadmar von Wiesers entnehme ich, dass der erste Roman von Thomas Finn in zwei Bücher aufgeteilt wurde: DAS WELTENNETZ und DIE PURPURINSELN. Der zweite Band wird im April erscheinen. Wie konnte das geschehen?

Bernhard: Das lag daran, dass auch die Großmut von Verlagen irgendwann Grenzen kennt. Ich hatte ja schon deutlich zu viel abgegeben. Toms Buch war bei der Abgabe etwa 800 Seiten stark. Damit war ein Volumen erreicht, dass außerhalb jeder Wirtschaftlichkeitsrechnung lag. Deshalb hat man im Verlag kurzerhand beschlossen, dass Buch zu teilen. So haben wir quasi Band III a und III b. Das wird darauf hinauslaufen, dass es mindestens 13 Romane in der Reihe gibt.

CK: Besteht das Risiko, dass sich das wiederholt?

Bernhard: Sagen wir mal so: Ich kenne einige Fantasy-Trilogien, die wegen der Fülle des Stoffes am Ende vier statt drei Bände umfassen. Rechnen wir das auf vier Autoren beim Gezeitenwelt-Projekt hoch, dann könnte sich die Serie auf bis zu 16 Bände auswachsen. Dies ist aber nicht beabsichtigt und würde uns auch in der Coverkonzeption in erhebliche Schwierigkeiten bringen.

CK: Beziehst du dich damit auf die Runen, die auf den Buchrücken abgebildet sind?

Bernhard: Ganz genau. Auf jedem Buchrücken wird eine Rune abgebildet. Wer es schafft, diese Runen zu dekodieren, wird am ende so etwas wie ein Motto zur Serie auf den Buchrücken lesen können. Um das entziffern der Runen etwas leichter zu machen, findet sich auf jedem Buch auch ein umlaufendes Runenband, das mit Knobelei noch recht leicht zu entziffern ist. Damit hat man die ersten Buchstaben, um bei der Dekodierung voran zu kommen. Weitere Runen sind zum Teil auf Innenillustrationen versteckt, wobei ich aber sagen muss, dass der Schwierigkeitsgrad beim Entziffern der Inschriften recht hoch ist. Es hat sich auf der Webseite zu Aventurium.de bereits ein eigenes kleines Internetforum zur Gezeitenwelt gebildet, wo man seitenlang Spekulationen über die Runenschrift findet. Und ich muss sagen, man ist uns da verdammt dicht auf der Spur. Deshalb werden die nächsten Rätsel noch einen höheren Schwierigkeitsgrad haben.

CK: Versteht man die Bücher als normaler Sterblicher denn noch, wenn man sich nicht zu tief in dieses Runenrätsel eingraben mag?

Bernhard: Selbstverständlich. Alle Informationen, die über das Runenrätsel transportiert werden, werden zu späteren Zeitpunkten auch in den Romantexten weitergegeben. Wer sich mit der Dekodierung herumschlägt, wird in Bezug auf einige Geheimnisse der Gezeitenwelt vorübergehend einen Vorsprung gegenüber den anderen Lesern haben. Doch es ist zu keinem Zeitpunkt so, dass man zwingend die Informationen aus dem Rätsel zu einem Verständnis der Romane benötigt. Am besten vergleicht man es mit einer tieferen, verborgenen Ebene, so wie es in manchen Computerspielen versteckte Level gibt. Die in die Romane eingewobenen Geheimnisse sind die versteckten Level der Gezeitenwelt. Und wer Verschwörungstheorien mag, der wird im Laufe des Zyklus gehörig auf seine Kosten kommen.

CK: Als Autoren sind neben dir auch Hadmar von Wieser, Thomas Finn und Karl-Heinz Witzko mit von der Partie. Wie habt ihr euch ausgetauscht? Da ihr vier ja nicht unbedingt in räumlicher Nähe zueinander residiert war eine direkte Kommunikation wohl recht schwer?

Bernhard: Hadmar wohnt in Salzburg, Tom in Hamburg und Karli in Bremen. Für die Zusammenarbeit war es deshalb ein wahrer Segen, dass es das Internet gibt. Je erschienenem Roman tauschen wir etwa 1000 E-mails aus. Das heißt, wir schreiben noch einmal fast genau so viel Text, wie der Roman umfasst. Außerdem treffen wir uns etwa vierteljährlich zu mehrtägigen Konferenzen. Das ist unabdingbar, um die Mißverständnisse, die sich über längere E-mail Korrespondenz auftürmen, wieder abzubauen.

CK. Seid ihr Vier oft aneinandergeraten? Gab es viele inhaltliche Konflikte zu lösen?

Bernhard: Konflikte gibt es immer wieder. Das ist unvermeidlich, wenn vier ausgeprägte Individualisten versuchen, an einem Strang zu ziehen. Bisher ist es uns aber stets gelungen Kompromisse zu finden, mit denen letztlich alle leben konnten. Im übrigen behalten alle Autoren neben den festen Vorgaben des Konzepts auch große Freiräume, in denen sie sich entfalten können. Schließlich muss jeder noch die Gelegenheit haben, seine Geschichten auf seine Art zu erzählen. Diese unterschiedlichen Blickrichtungen auf die Gezeitenwelt machen einen großen Reiz des Projektes aus.

CK: Wer Koordiniert die Bücher?

Bernhard: Auch das kann bei einem so großen Projekt nur nach gemeinsamer Absprache geschehen. Zukünftige Pläne und neue Entwicklungen werden ausführlich im Rahmen unserer Vierteljahrestreffen besprochen.

CK: War es schwer, einen Verlag für ein solches Mammutprojekt zu interessieren? Wie seid ihr zum Piper-Verlag gekommen? Stand von vorneherein fest, dass die Bücher zunächst als Hardcover veröffentlicht würden?

Bernhard: Ursprünglich habe ich den Weitbrecht Verlag davon überzeugt, dass die Gezeitenwelt-Reihe ein Erfolg werden könnte. Dieser wurde dann jedoch vom Piper-Verlag übernommen. So ist das Projekt bei Piper gelandet. Dort hat man dann begonnen eine große Fantasy-Serie aufzubauen, zu der in diesem Jahr auch noch die Titel des Heyne-Verlags hinzukommen werden. Der Heyne Verlag musste aus kartellrechtlichen Gründen seine Fantasy-Reihe abtreten, nachdem er von der Bertelsmanngruppe übernommen wurde. Man sieht also, auf dem Buchmarkt ist so einiges in Bewegung und Piper hat sich vom Newcomer in Sachen Fantasy innerhalb eines Jahres zu einem der größten deutschen Verlage in dieser Literatursparte gemausert.
Der Weitbrecht-Verlag hatte von Anfang an vor, die Gezeitenwelt-Romane als Hardcover herauszugeben. Piper hat dieses Konzept erfreulicherweise übernommen, obwohl es ein Risiko ist, Fantasy in dieser Preisklasse auf den Markt zu bringen.

CK: Wie habt ihr die Verantwortlichen davon überzeugt einem Projekt, das bis zum Jahr 2008 oder länger laufen wird, ihre Zustimmung zu geben? Das bindet ja schließlich auch den Verlag für eine lange Zeit.

Bernhard: Das zu erreichen war natürlich ein hartes Stück Überzeugungsarbeit. Zunächst gab es nur eine Absichtserklärung zwölf Bände zu machen und feste Verträge über die ersten vier Bücher – aus denen ja nun fünf wurden. Für die zweite Staffel der Gezeitenwelt ist allerdings auch schon grünes Licht gegeben und im Dezember wird es sogar einen Sonderband geben, der neben der Hauptreihe angesiedelt ist und als Taschenbuch erscheint. So wie der Verlag sich bindet, erhält er auf der anderen Seite auch Planungssicherheit. Eine einmal etablierte Reihe, die ihre Leser gefunden hat, ist eine sichere Größe, mit der man rechnen kann.

CK: Was für ein Sonderband wird das sein?

Bernhard: Ein Roman, der von allen vier Gezeitenwelt-Autoren geschrieben wird. Ich darf so früh noch keine weiteren Details verraten. Nur so viel sei noch gesagt, er spielt etwa 500 Jahre vor dem Hauptzyklus und steckt voller Anspielungen auf Ereignisse aus der Hauptreihe. Unter anderem wird man einige überraschende Details über die Gründung der oben bereits erwähnten corona erfahren. Das Buch wird ein in sich geschlossener Roman sein und nicht der Eröffnungsband eines neuen Zyklus.

CK: Die Bücher sind sehr liebevoll gestaltet und ragen damit aus dem Fantasyallerlei hervor. Es gibt eine ungewöhnliche Covergestaltung, Kartenmaterial und sogar Innenillustrationen? War das eure Idee? Und war es schwer die „Könige der Rechenschieber“ im Verlag von dem Sinn solch „teuren Beiwerks“ zu überzeugen?

Bernhard: Die Bücher mit Innenillustrationen zu versehen, gehörte von Anfang an zu meinem Konzept für die Gezeitenwelt. Ich mag alte Bücher, die schön illustriert sind sehr. An diese Traditionen wollte ich auch mit den Gezeitenwelt-Romanen anknüpfen. Wir haben mit Caryad eine Illustratorin, die sehr eng mit uns zusammenarbeitet. Bevor Bilder realisiert werden, fertigt sie Skizzen an, die ich und der jeweilige Autor, dessen Buch bebildert werden soll, mit ihr besprechen. So ist gewährleistet, dass die Illustrationen auch wirklich unsere Vorstellungen von unserer Welt transportieren. Die Karten von Franz Vohwinkel orientieren sich an den Karten, die unsere Geophysiker entworfen haben, sind aber noch mit zusätzlichen Schmuckfiguren ausgestaltet. Natürlich war es nicht leicht, den Verlag von so viel Mehraufwand zu überzeugen. Letztlich war dies nur möglich, weil unsere Romane als Hardcover erscheinen. Hier gibt es einen größeres Budget als bei Taschenbüchern.

CK: Jeder von euch vier Autoren berichtet in seinem ersten Roman über eine andere Gegend und andere Kulturen. Sind das nicht auf Dauer zu viele Unterschiedliche Handlungsfäden? Werden diese Handlungsstränge in den folgenden Bänden zusammengeführt?

Bernhard: Mit den Auftaktbänden verfolgen wir gleich mehrere neue Konzepte. Zunächst einmal ist jeder der Romane in sich abgeschlossen. So kann man die ersten vier Bände in beliebiger Reihenfolge lesen. Ausgenommen ist hiervon natürlich der Doppelband von Thomas Finn. Die Romane handeln alle zur selben Zeit, dass heißt unmittelbar nach der Katastrophe, welche die Gezeitenwelt betrifft. So haben wir Gelegenheit, all die unterschiedlichen Auswirkungen des Kometeneinschlags darzustellen. Auch werden gleich zum Auftakt die Hauptkulturen aller drei Kontinente vorgestellt. So wird dem Leser mit der ersten Staffel ein vielfältiges Bild der Gezeitenwelt vermittelt. In den nächsten vier Bänden werden dann die Haupthandlungsfäden immer enger miteinander verflochten, bis sie in der dritten Staffel der Reihe schließlich auf ein Finale zulaufen, das offenbart, warum wir mit so vielen Hauptfiguren begonnen haben. Denn auch wenn sich dies in der ersten Staffel noch nicht offenbaren kann, haben all diese Figuren Anteil an dem entscheidenden Konflikt, um den es im Finale der Romanreihe gehen wird.

CK: Kommst du neben der Arbeit an der Gezeitenwelt noch zu anderen Projekten? Was wird das nächste Buch von Bernhard Hennen sein?

Bernhard: Mein nächster Roman wird im Herbst erscheinen. Er hat den Titel DIE ELFEN und ist der Nachfolgeband zu DIE ORKS und DIE ZWERGE. Zur Zeit arbeite ich mit James Sulivan, einem guten Freund und Autorenkollegen, an dem Buch. Außerdem entsteht parallel der Sonderband zur Gezeitenwelt und ich entwerfe das Szenengerüst für meinen zweiten Gezeitenwelt-Roman. Des weiteren stehe ich noch mit verschiedenen Verlagen über ein Konzept für ein Jugendbuch. Es ist also noch jede Menge in der Pipeline.

CK: Lieber Bernhard, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Gespräch genommen hast. Wir wünschen dir und deinen Autorenkollegen alles Gute und warten mit Ungeduld auf die weiteren Gezeitenwelttitel.
 
 
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