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  Interview: Im Gespräch mit: Alexander Lohmann
Geschrieben am Saturday, 16.May. @ 08:31:21 CEST von Guido
 
 
  Interview Im März dieses Jahres erschien bei Bastei-Lübbe mit „Gefährten des Zwielichts“ der Auftaktroman von Alexander Lohmann zu seiner etwas anderen Fantasy-Saga. Diesmal sind es nicht etwas die Guten, die als Erzähler fungieren, sondern die Völker der Finsternis entsenden ihre Vertreter, um die Queste zu bestehen. Doch wer steckt hinter dem Buch? Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr suchte das Gespräch mit dem Autor.


Hallo Herr Lohmann. Könnten Sie uns zu Beginn ein wenig von Ihnen erzählen? Was macht Alexander Lohmann, wenn er nicht mit den Gnomen und Co. auf Heldenfahrt geht?

Rauchen, saufen, in Kaffeehäusern sitzen ... was Autoren halt so tun. Aber ernsthaft: Im Augenblick bin ich froh, wenn ich neben schreiben und lektorieren noch zu etwas anderem komme. Wenn ich einmal Zeit finde, warten schon eine Menge Bücher, die ich einfach nur aus Interesse lesen will. Ansonsten sehe ich zu, dass ich regelmäßig ein wenig Sport bekomme und auch meine Freunde und Bekannten nicht ganz vernachlässige.

Wie kamen Sie zum Schreiben - man konnte Ihren Namen ja bereits auf einigen Werken zu „Das schwarze Auge“ lesen? Inwieweit hat Ihnen die Erfahrung durch diese Veröffentlichungen geholfen?

Ob diese Veröffentlichungen konkret „geholfen“ haben, das lässt sich nur schwer eingrenzen. Aber die Erfahrungen, die ich dabei sammeln konnte, waren mir sicher später von Nutzen. Das betrifft natürlich die reine Schreiberfahrung, aber auch vieles Drumherum.
Besonders hilfreich war beispielsweise, dass ich auf diese Weise bereits mit zwei unterschiedlichen Lektoren zusammengearbeitet hatte und wusste, wie es (sonst noch) laufen kann. Außerdem hatte ich dadurch schon eine Vorstellung, wie manche Dinge, die ich schreibe, später vom Publikum wahrgenommen werden. Und die beiden DSA-Romane haben mir auch dabei geholfen, zu erkennen, wo ich selbst bei der ganzen Sache überhaupt stehe: was ich schreiben will, wie ich es schreiben will, wen ich damit ansprechen möchte und wo ich Kompromisse eingehe.

Was machen Sie, wenn Sie nicht vor der Tastatur sitzen - bleibt Ihnen Zeit für Hobbys?

Ein Teil meiner Hobbys findet durchaus ebenfalls vor der Tastatur statt - und irgendwie habe ich ja mein Hobby sogar zum Beruf gemacht. Aber viele Hobbys sind im Laufe der Jahre schon an die Wand gedrückt worden, und das hängt nicht nur mit dem Schreiben zusammen. Es geht ja nicht nur mir so, dass mit den Jahren Beruf und/oder Familie immer mehr Zeit beanspruchen ... So findet also beispielsweise das Hobby Rollenspiel nur noch sehr sporadisch statt, weil inzwischen so ziemlich alle Mitspieler vollere Terminkalender haben als vor zwanzig Jahren ...

Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Handlung einmal von der anderen Seite aus zu erzählen? Sicherlich, wir haben die Orks-Romane von Stan Nicholls und Michael Peinkofers Romane, doch eine Heldenqueste mit einer gemischten Truppe aus Bösen auszusenden ist doch neu gewesen?

Diese ganze Idee fing als bloßer Scherz an, und zwar von meiner Lebensgefährtin Linda Budinger. Irgendwann saßen wir nämlich im Wohnzimmer beisammen und sprachen darüber, wie viele Werke der Fantasy von Tolkien beeinflusst wurden. Dazu meinte sie dann mit einem Stoßseufzer: „Da wundert man sich nur, warum noch niemand den Herrn der Ringe von der anderen Seite erzählt hat“.
Und ich lag dabei auf der Couch, dachte kurz nach und antwortete: „Stimmt - warum eigentlich nicht?“
Und das war dann die Idee für den Roman.

Stichwort Fluchtliteratur. Ist Fantasy für Sie Fluchtliteratur?

Natürlich, ich habe ja sogar die Fortsetzung der „Gefährten“ ganz explizit dem „Eskapismus“ gewidmet!
Aber genau betrachtet liegt der ganzen Debatte ja eine sehr naive Vorstellung von der Realität zugrunde. Denn natürlich ist noch kein Fantasyleser seiner körperlichen Wirklichkeit entflohen, und eine allgemeingültige geistige Realität, der man entfliehen könnte, gibt es ohnehin nicht. Man muss sich nur mal eine politische Debatte ansehen, um festzustellen, wie unterschiedlich die Vorstellungen von der „Wirklichkeit“ ganz ohne Fantasy sein können. Und wie leicht wir alle gerade in diesen Dingen der Versuchung erliegen, unsere Vorstellung mit der Wirklichkeit zu verwechseln - was bei der Fantasylektüre doch nur sehr, sehr selten geschieht.
Wer also Fantasy als „Fluchtliteratur“ bezeichnet, muss entweder selbst in einer gedanklichen Realität auf Schwarzwaldklinik-Niveau leben, wo es auf jede Frage genau eine richtige Antwort gibt. Und wo jedes „anständige“ Buch die Wirklichkeit abbildet, und nicht etwa nur, bestenfalls, eine Vorstellung des Autors kommuniziert. Oder derjenige weiß es durchaus besser und benutzt den Vorwurf aus rhetorischen Gründen. Ich mag mich darum gar nicht erst auf die Diskussion einlassen, ob Fantasy eskapistisch ist oder nicht, ob sie eskapistischer ist als andere Literatur oder was man dagegen tun könnte - denn warum sollten Fantasyautoren so dumm sein, nach einem rhetorischen Knochen zu schnappen, der nur darum in den Raum geworfen wurde, damit man dem Werfer nicht an die Waden geht?

„Die Gefährten des Zwielichts“ ist der Auftaktband zu einer großen Fantasy-Saga. Auf wie viele Bände ist die Saga ausgelegt, und in welchem Abstand sollen diese erscheinen? Haben Sie hier schon Exposés erstellt, wie weit ist die Planung gediehen?

Die Reihe ist fertig konzipiert, und alle Exposés sind schon beim Verlag abgegeben. Das sind dann insgesamt drei Bände zur Geschichte der Finstervölker, und noch ein vierter Roman, den ich eher als „Spin-off“ zu den „Gefährten“ bezeichnen möchte. Die beiden „regulären“ Folgebände knüpfen eher an den Schluss der Gefährten an, wo es ja zunehmend ernsthafter wurde, während das „Spin-off“ eher den Geist des ersten Teils aufgreift - also heiteres, anarchisches Abenteuer nach Goblin-Art werden soll.
Der zweite Band soll im September erscheinen und beschreibt, wie die Finstervölker sich ihren Weg in die Moderne erkämpfen. Das Exposé zu diesem Roman ist sogar schon deutlich älter als die „Gefährten“ selbst - mir fehlte bis dahin nur der geeignete Vorgänger, um Figuren und Setting einzuführen. Der Rest von dem Zyklus wurde konzipiert, während der erste Teil entstand, so dass die Dinge, die später wichtig werden, schon jetzt eingeführt und vorbereitet sind.
Vermutlich ist das nicht wirklich wichtig, weil alle Romane in sich abgeschlossen sind und man sie lesen kann, ohne die Vorgänger zu kennen. Aber ich denke, für den Leser kann es schön sein zu verfolgen, wie scheinbar beiläufig eingestreuten Details am Ende eine ganz eigene Bedeutung bekommen, und ich persönlich mag es auch, wenn man am Ende wieder einen großen Kreis zum Anfang schlagen kann.

Haben Sie vom Verlag aus irgendwelche Vorgaben was Inhalt und Umfang des
Romans anbelangt bekommen? Wie kam es überhaupt zum Kontakt mit Bastei-Lübbe?


Ich habe jeweils Exposés eingereicht, womit die groben Inhalte geklärt waren; und natürlich war auch ein Umfang im Vorhinein festgehalten ... den ich, würde ich sagen, dann im marktüblichen Maße überschritten habe. Aber Vorgaben vom Verlag gab es ansonsten keine - ich habe das Konzept entwickelt, und es kam anscheinend gut genug an.
Der Kontakt mit Bastei Lübbe lag natürlich insofern nahe, als ich für den Verlag ja auch als freier Lektor und Übersetzer tätig bin. Ich hatte also einen Ansprechpartner, den ich persönlich kannte und einfach anrufen konnte. Das hat letztendlich den Ausschlag gegeben, nicht zuletzt deshalb, weil die Idee damals wirklich in der Luft lag. Ich wusste, dass das Buch schnell erscheinen muss, wenn es am Ende nicht zu spät erscheinen soll.
Und wenn man sich anschaut, wie viele andere Bücher mit ähnlichen Grundgedanken fast zeitgleich mit den „Gefährten“ hier in Deutschland erschienen sind, dann lag ich ja mit meiner Einschätzung damals nicht ganz verkehrt.

Hatten Sie Einfluss auf die äußere Gestaltung des Buches?

Ich weiß ja, dass die Gestaltung des Buchs üblicherweise Verlagssache ist. Ich wollte mich also zurückzuhalten und das ganz den Profis überlassen. In der Praxis verlief die Abstimmung allerdings doch sehr eng, und ich fühlte mich in jede Phase der Entstehung eingebunden. Die Illustration auf dem Innencover wurde sogar ganz nach meinen Vorstellungen gezeichnet. Die Idee zu diesem Schattenriss der Gefährten, als Parodie auf das entsprechende Plakat zum HdR-Film, ist so alt wie die Idee zu dem Buch selbst. Es entspricht einfach meinem Humor, bis hin zu dem Troll mit der Kuh am Ende anstelle des Ponys. Ich finde es sehr schön, dass dieses innere Bild, das für mich von Anfang an mit dem Roman verbunden war, nun auch so eine geniale Umsetzung in der Wirklichkeit gefunden hat.

Wie erlebten Sie die Zusammenarbeit mit dem Lektorat - war das hilfreich, oder eher ein gegängelt werden, mussten Sie viel ändern?

Zuerst einmal sollte man ein Lektorat gar nicht erst mit Begriffen wie „gängeln oder „ändern müssen“ verknüpfen. Mein Idealbild von einem guten Lektorat sieht ja so aus, dass der Lektor die Dinge findet, die der Autor selbst gern geschrieben hätte - wenn er nur darauf gekommen wäre.
Was die konkrete Zusammenarbeit an den „Gefährten“ betrifft: Ich hatte oft den Eindruck, dass meine Lektorin in vielerlei Hinsicht eine komplett andere Perspektive und auch andere Präferenzen beim Schreiben hat als ich - und zugleich hat sie so systematisch gearbeitet, dass ich bei jeder Korrektur immer genau verstanden habe, was sie wollte und warum sie das so wollte.
Und das, würde ich sagen, ist eigentlich die optimale Mischung. Ich habe dadurch immer eine echte zweite und andere Meinung bekommen (und es ist besser, andere Sichtweisen vom Lektor zu hören und nicht erst später von den Lesern damit überrascht zu werden), und zugleich hatte ich stets alle Fakten auf dem Tisch, um eine echte Entscheidung zu treffen. Denn wenn man eine Korrektur nicht versteht, kann man sie ja nicht mal guten Gewissens zurückweisen.
Als Autor steht am Ende ja mein Name auf dem Manuskript, und natürlich habe ich darauf geachtet, dass nichts in dem Buch steht, was ich nicht da stehen haben wollte. Am schmerzhaftesten sind möglicherweise die Kürzungen. Das geht vermutlich den meisten Autoren so, bei vielen Manuskripten. Aber nicht alles, was für sich genommen möglicherweise gut, interessant, nett oder auch nur wissenswert ist, muss auch gut sein für den Roman. Selbst wenn man das weiß, trennt man sich als Autor von solchen „Lieblingen“ nur sehr widerstrebend und braucht öfter mal den Anstoß von außen, um die Kraft zum Loslassen zu gewinnen. Ich bin also sehr dankbar, dass die Lektorin mir so manchen Kürzungsvorschlag gemacht hat, der den Roman insgesamt was flotter werden ließ.

Das bringt mich zu der Frage, welche Autoren Sie bewundern, wer Sie inspiriert hat?

Ich bin eigentlich mehr ein werk- als ein personenorientierter Mensch. In meiner Jugend kannte ich viele gute Bücher, aber ich habe selten auf den Autor geschaut. Aber wenn ich da jetzt Namen nennen soll - ich denke, zuvorderst Tolkien kann ich wohl nicht verleugnen. Mit ihm hat mein Interesse an Fantasy und Phantastik überhaupt erst angefangen, und sein Werk zählt immer noch zu jenen, die mich am meisten beeindruckt haben. Daneben würde ich Brian W. Aldiss und P.J. Farmer nennen. Ich weiß, die drei zusammen ergeben eine ziemliche unheilige Mischung.
Außerhalb der Genreliteratur fühle ich mich vor allem der Romantik verbunden. Namentlich würde ich da E.T.A. Hoffmann nennen, den ich nicht umsonst auch als Examensthema hatte - auch wenn es nicht nur speziell die „düstere“ oder „fantastische“ Romantik ist, die mich angesprochen hat.
Von den zeitgenössischen Genre-Autoren ist es insbesondere China Mieville, der mir nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder ein richtiges „Wow-Erlebnis“ vermittelt hat.
Aber wenn ich darüber nachdenke - die Autoren, die ich bewundere, sind nicht unbedingt diejenigen, die mich inspirieren. Sehr viel mehr Inspiration habe ich aus Werken gezogen, bei denen ich nach der Lektüre dachte: „Nein - so geht das aber nicht!“
Große Autoren vermitteln eher Zufriedenheit und das Gefühl, man könne sich ja auf der Couch zurücklehnen und „die da“ machen lassen. Aber dasjenige an der Literatur zu ändern, mit dem ich nicht zufrieden war, das hat mich immer viel mehr angespornt.

Ihre Gestalten nahmen im Verlauf der Handlung immer komplexere Züge an. Fast könnte man meinen, dass sie sich in Zukunft gänzlich vom Bösen abwenden - überhaupt, wer letztlich wirklich der Böse ist, das ist ein Spiel, das Sie scheinbar gerne spielen - die Guten wandeln sich zu den Bösen und umgekehrt. Was macht den Reiz für Sie aus, Figuren zu drehen?

Zunächst einmal ist dieser Ansatz gar nicht mal so ungewöhnlich, wie man denkt. Das Spiel mit der Perspektive umgibt uns tagtäglich - und ist sogar, ganz uneskapistisch, Teil des realen Lebens. Wir identifizieren uns nicht mit dem Guten, wir definieren vielmehr als Gut, womit wir uns identifizieren.
Nehmen wir beispielsweise einen Film wie „Matrix“, eine Figur wie Morpheus. Wir erleben ihn als heldenhaften Freiheitskämpfer. Aber tritt man einen Schritt zurück und zählt nur auf, was diese Helden tun, wer zu schaden kommt, und für welche Ziele, dann findet man in Morpheus und den „Matrix“-Helden die Blaupause dessen, was wir in der Realität als Terrorist bezeichnen. Der Terrorist in der Matrix ist der Gute, nur weil die Dramaturgie dafür sorgt, dass wir uns mit seinen Zielen identifizieren und die Methoden nicht weiter
hinterfragen.
Man könnte aus Morpheus recht leicht einen Bösewicht machen, indem man nur die Perspektive auf die andere Seite setzt. Und womöglich den Morpheus ein wenig überzeichnet und die Unplausibilitäten in seinen Zielen deutlich macht.
Insofern „drehe“ ich auch in den „Gefährten“ Gut und Böse nicht wirklich. Ich habe den Menschen, Elfen und Zwergen keine neuen, bösen Eigenschaften verliehen - ich überzeichne nur die Eigenschaften ein wenig, mit denen sie anderswo als „die Guten“ dargestellt werden. Mit Ausnahme vielleicht von Gulbert dem Zauberer. Die Blaupause für den war tatsächlich weniger der gute Gandalf aus dem „Herrn der Ringe«“, als vielmehr der zwielichtige Gutgolf aus dem „Herrn der Augenringe“.
Bei den „Bösen“ in dem Roman verhält es sich ähnlich. Ich lasse ihnen ihre bösen Eigenschaften. Manche von ihnen sind womöglich ein wenig „netter«“ gezeichnet als anderswo - aber viel Sympathie wird einfach durch die Nähe geschaffen, durch Kontraste und dadurch, dass manche Dinge einfach nicht zu Ende gedacht werden. Der Leser geht dann sehr gerne in diese Falle und findet beispielsweise die Gnome harmlos und ihre Streiche lustig ... und denkt nicht weiter darüber nach, wie nett und lustig kleine Gesellen wirklich sind, die es für einen guten Scherz halten würden, einem Menschen auf einer sechs Meter hohen, steilen Treppe ein Bein zu stellen.
Ich würde also nicht sagen, dass das Spiel darin besteht, Figuren zu drehen. Interessant finde ich vielmehr, mit der Darstellung zu spielen; Figuren durch Überzeichnung, Perspektive, Zeichnung und durch ihr Umfeld anders wirken zu lassen.
Im Grunde genommen, und im weiteren Verlauf des Zyklus, will ich Gut und Böse weniger benennen, als vielmehr einfach da sein lassen. Der Erzähler soll nicht Stellung beziehen, was Gut und wer Böse ist, sondern alle Figuren und Gruppen sind nach eigenem Recht einfach nur da, mit den Eigenschaften, die sie nun einmal haben. Ich will eine Geschichte erzählen, die nur die Personen und ihre Taten beschreibt, und dem Leser das Urteil überlässt, wo er gut und böse ansiedeln will.
Aber natürlich wird allein dadurch schon das Konzept von gut und böse in der Fantasy in gewisser Weise gedreht, vor allem dann, wenn dieser Erzähler bei seiner Beschreibung zwischen den gemeinhin „Bösen“ steht.

Welche Bücher harren gerade darauf, dass Sie sich für sie Zeit nehmen?

Die kann ich gar nicht mehr zählen. Garth Nix steht derzeit ganz oben auf meinem Lesestapel - der wurde mir wärmstens von meiner Lebensgefährtin empfohlen, und ich bin bisher nicht dazu gekommen, auch nur ein Buch von ihm zu lesen. Wenn mir der Autor zusagt, haben sich da schon eine Menge Bücher angesammelt.
Dann sind wieder einige Bände von Neal Asher hinzugekommen. Diesen Autor habe ich seinerzeit als Gutachter für Lübbe empfohlen und auch mal lektoriert, und ich würde seine Bücher natürlich gerne weiter verfolgen.
Außerdem müsste ich jetzt in Vorbereitung auf den dritten Teil der Finstervölker erst mal eine Vielzahl utopischer Romane vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert sichten, um zu sehen, was man da im Hintergrund aufgreifen könnte.
Soviel zum Pflichtprogramm, das ich lesen muss oder das jetzt schon ganz oben neben meinem Bett liegt. Wenn ich das durchhabe, kann ich mich um die weiter unten liegenden Bücher kümmern - oder um solche, die ich auch gerne mal lesen wollte, aber erst noch besorgen müsste.

An was arbeiten Sie gerade?

Im Augenblick bin ich ein wenig in einer Zwischenphase - ich arbeite ein paar Dinge auf, die liegengeblieben sind. Versuche, die Homepage zum ersten Teil zu komplettieren. Arbeite mich langsam in den dritten ein. Aber in absehbarer Zeit werde ich dann den dritten Teil der Finstervölker anfangen, zumal ich das erste Kapitel davon bereits vollständig im Kopf habe.

Wie viel von Ihnen selbst steckt in den Gnomen?

Nun, das können andere sicher besser beurteilen. Aber ganz ohne Zweifel habe ich Gnome im Haus - das merke ich immer dann, wenn ich wieder mal etwas suchen muss und es dann fast genau dort wieder auftaucht, wo ich direkt am Anfang geschaut habe.
Gnome sind viel weiter verbreitet als man denkt, und wenn man sie im Haus hat, sind sie nicht so nett, wie sie im Buch wirken.

Benutzen Sie reale Personen als Vorbilder für Ihre Figuren?

Selten komplette Vorbilder, gern allerdings einzelne Eigenschaften. Lustigerweise, die wenigen Male, wo ich mich bei einer Figur wirklich sehr eng an einem realen Vorbild orientiert habe, hat der Betreffende sich selbst gar nicht wiedererkannt - aber dafür dann immer die gemeinsamen Bekannten, die gleich gemerkt haben, von wem ich da schreibe. Das hat mich zwei Dinge gelehrt: zum einen, dass Selbstbild und Außenwahrnehmung zum Teil erheblich voneinander abweichen; zum anderen, dass man ruhig Personen in seine Geschichten packen darf - die, dies betrifft, merken es am zuallerletzt.

Hatten Sie, als Sie mit dem Manuskript anfingen, bereits einen Verlag für das Werk? War es schwierig, Bastei-Lübbe für die Gefährten zu begeistern?

Ich sehe mich weniger als Schreiber denn als Geschichtenerzähler - dementsprechend fällt es mir auch schwer, einen Roman zu schreiben, ohne zu wissen, wem ich das eigentlich erzähle. Bislang hatte ich immer das Glück, schon einen Vertrag zu haben, bevor ich mit dem Schreiben anfing.
Das war bei den DSA-Romanen so, und bei den „Gefährten“ war es nicht anders. Beworben habe ich mich jedes Mal mit Exposé und Leseprobe. Aber Interesse für die „Gefährten“ konnte ich schon mit dem ersten Anruf wecken, und die Entscheidung für das Projekt fiel kaum drei Tage, nachdem ich die Leseprobe eingereicht hatte. Eigentlich war überall Interesse spürbar, auch wenn ich später mal zufällig mit anderen Leuten aus der Branche über den Roman gesprochen habe. Ich habe also das Gefühl, dass es vergleichsweise leicht war, einen Roman wie die „Gefährten“ zum damaligen Zeitpunkt, vor anderthalb Jahren, an den Verlag zu bringen.
Und das war ja auch der Grund, warum ich so schnell auf das Projekt angesprungen bin, als Linda das scherzhaft in den Raum gestellt. Ob Lektoren also bessere Bücher schreiben als Autoren mit anderem Hintergrund, das müssen andere entscheiden. Aber nach über zehn Jahren als Lektor und Gutachter erkenne ich zumindest eine Idee, die sich verkaufen lässt, wenn ich sie höre.

Haben Sie schon vor Publikum gelesen? Wie war das für Sie, Ihr Werk, Ihr eigen Kind vorzutragen und die Reaktionen hautnah mitzuerleben?

Es ist eine ganz eigene Erfahrung, in der vieles zusammenkommt, was an sich gar nichts miteinander zu tun hat. Da ist zum einen die reine Sprechtechnik, die Art, wie man einen Text vorträgt. Als ich 1993 meine erste Lesung im Rahmen eines Literaturwettbewerbs gehalten habe, konnte ich bei einem Mitbewerber sehen, wie viel das ausmacht. Mit einem guten Vortrag kann man das Publikum mitreißen, egal was man vorträgt - und das ist eine Sache, die man ganz unabhängig von der Schreibkunst erlernen kann und auch eigens erlernen muss.
Außerdem lernt man, wie unterschiedlich Texte beim Lesen und Hören wahrgenommen werden. Es ist sehr sinnvoll, Textpassagen für die Lesung eigens auszuwählen, und die Textstellen, die im Vortrag gut wirken, sind nicht immer die, die ich beim Lesen als die beeindruckendsten empfinden würde. Meine Erfahrung aus einigen eigenen und aus vielen besuchten Lesungen lautet: Humor kommt immer gut an, schwere Dinge und vor allem
atmosphärische Textstellen lassen sich nur schwer vermitteln.
Ansonsten ist eine Lesung natürlich vor allem dann eine besondere Erfahrung, wenn man das Publikum erreicht und beim Vorlesen sieht, wie die Zuhörer auf bestimmte Dinge reagieren. Ich denke mal, da nimmt man auch immer etwas für die nächsten Texte mit, die man schreibt - es ist ein viel unmittelbareres Feedback, als alle Testleser, Lektoren oder Rezensionen sonst einem Autor vermitteln.

Wie erhalten Sie Feedback von Ihren Lesern?

Unmittelbares Feedback eher wenig. Ich denke, man muss schon um einiges bekannter sein, bevor man mit Briefen oder persönlichen Mails rechnen kann. Ich fand allerdings schon immer das indirekte Feedback interessanter - ein Feedback, das nicht unbedingt bewusst an den Autor geschickt wird, an dem man aber doch merkt, dass Texte angekommen sind.
Dazu gehört es beispielsweise, dass man Zitate aus seinen Büchern findet, oder auch nur die Erwähnung auf irgendwelchen Lieblingslisten.

Wann und wo schreiben Sie? Zu Hause, oder haben Sie ein ruhiges Plätzchen wo Sie sich ganz auf Ihre Muße konzentrieren können?

Normalerweise schreibe ich zuhause in meinem Zimmer an meinem Rechner. Aber ich habe auch schon überall sonst geschrieben. Einen Teil der „Gefährten“ während eines Aufenthalts auf Helgoland, den Schluss der „Messer“ im Zug auf der Rückfahrt von Bayern. Ich fühle mich da also nicht wirklich an einen Ort gebunden. Wenn ich zuhause meistens an einem festen Platz schreibe, liegt das ganz prosaisch daran, dass da mein Computer steht - und es auch leichter ist, Notizen ausgebreitet herumliegen zu lassen.

Wie lang dauert es von den ersten Notizen bis ein Buch fertig ist?

Das ist schwer zu sagen, da für mich das Bücherschreiben aus vielen verschiedenen Arbeitsschritten besteht, die auch streng voneinander getrennt sind. Da ist erstmal die Ausarbeitung der Idee, bis ich weiß, was ich schreiben will; das Schreiben selbst; die einzelnen Überarbeitungsschritte; die Testleser...
Die mehr oder minder mechanischen Schritte wie tippen und überarbeiten kann ich auf die Arbeitsstunde genau abschätzen. Aber da die einzelnen Arbeitsschritte sich teilweise überlappen können, und ich beispielsweise während der Ausarbeitungs- und Testleserphase durchaus auch an anderen Dingen arbeiten kann, ist die Gesamtzeit in Monaten dann bis zu einem gewissen Grad flexibel - und richtet sich auch nach den Abgabeterminen.

Ich habe gehört, dass sich die Handlung manchmal verselbständigt, dass der Autor von seinem Plot regelrecht mitgerissen wird - wie sieht das bei Ihnen aus?

Nun ja, bei den „Gefährten“ war es beispielsweise so, dass die übrigen Gruppenmitglieder den Troll und den Goblin in einer Höhle warten ließen, weil sie die beiden für eine Weile partout nicht brauchen konnten. Und dann lag ich des Abends im Bett, sah die beiden vor mir in ihrem dunklen Spalt sitzen und stellte fest: „Mein Gott - die beiden Idioten allein in einer Höhle - nie und nimmer bleiben die da drei Tage ruhig sitzen und warten!«
Was daraus wurde, weiß man ja...
Lustigerweise hat die Eskapade sehr geholfen, zwei Schauplätze zu verknüpfen. Jetzt gelangen die Gefährten ganz fließend von einem Schauplatz zum nächsten, während in meinem ursprünglichen Konzept dazwischen einfach nur ein scharfer Schnitt liegen sollte. Und das ist eigentlich ganz typisch für solche Fälle.
Mir ist es noch nie passiert, dass in meinen Geschichten Figuren und Handlung eine Eigendynamik gewonnen haben, die mich dazu gezwungen hat, das ursprüngliche Konzept umzuschmeißen - ganz im Gegenteil habe ich es immer nur erlebt, dass dadurch die Handlung mit einem Mal noch stimmiger aufgeht, Lücken gefüllt, Geschehnisse, die vorher ein wenig dünn hergeleitet waren, plötzlich plausibler wurden. Ich muss also einräumen, dass dieses „Mitreißen“ mir durchaus auch passiert - aber anscheinend und zum Glück ist mein Unterbewusstsein diszipliniert genug, dass es mir keine störenden Volten liefert, sondern Lösungen und Verbesserungen. Oder, wenn man es etwas mystischer betrachten möchte: Fast ist es so, als hätten die Geschehnisse eine eigene, innere Wirklichkeit - von der ich manche Details eben erst plötzlich während des Schreibens entdecke. Und die mir dann helfen, besser zu verstehen, wie das, was ich schreibe, sich tatsächlich zuträgt und zusammenhängt.

Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen hast. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!

Carsten Kuhrs Rezension zu Alexander Lohmanns "Gefährten des Zwielichts" ist hier zu finden.
 
 
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