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  Interview: Im Gespräch mit: Evelyne Okonnek
Geschrieben am Saturday, 25.February. @ 12:35:48 CET von Guido
 
 
  Interview Evelyne Okonnek wurde im schwäbischen Bietigheim geboren, und wuchs im Schwarzwald auf. Nach dem Abitur studierte sie in Tübingen Germanistik und Spanisch. Anschließend war sie in einer Stuttgarter Werbeagentur tätig, bevor sie sich ein Jahr Auszeit gönnte, um in dieser Zeit ihrer Passion, dem Schreiben nachzugehen. Nebenher hat sie ihren anderen Hobbies, dem Malen und Theaterspielen gefrönt. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr sprach mit der Wolfgang Hohlbein-Preisträgerin 2005 nicht nur über ihren Roman „Die Tochter der Schlange“.

Hallo Frau Okonnek. Ihre Vita weist Sie als einen Menschen aus, der den schönen Künsten sehr zugetan ist - Schreiben, Goldschmieden, Theater spielen, Malen alles sehr kreative Tätigkeiten. Spannen Sie niemals aus - oder ist kreatives Arbeiten für Sie Entspannung?

Hm, das ist eine gute Frage! Eigentlich ist es sowohl Entspannung wie Anspannung, wobei das Mischungsverhältnis unterschiedlich ist. Allen Tätigkeiten gemeinsam ist die ungeheure Zufriedenheit, die sie auslösen, unabhängig davon, ob mir etwas gelingt oder nicht. Hier scheint allein das Tun zu zählen, denn selbst das verwerfen, überarbeiten und neu gestalten empfinde ich als belebend, auch bei der x-ten Version. Vielleicht komme ich beim Malen der puren Entspannung noch am nächsten. Ich erlebe es immer so, wie eine Meditation wohl sein soll: Ich bin völlig im Einklang mit mir und der Welt und das nicht enden wollende Geplapper im Gehirn verstummt.

Sie haben ein Jahr Pause gemacht, um sich Zeit für Ihre Passionen zu nehmen. In dieser Zeit entstand auch ein Roman-Manuskript - warum haben Sie sich einen Fantasy- Plot einfallen lassen? Haben Sie vorher schon Texte verfasst, und wenn ja, welche, immer Fantasy?

Ursprünglich wollte ich in jenem Jahr Auszeit einen anderen Roman beenden, den ich im Urlaub angefangen hatte. Während der Arbeit in der Agentur hatte ich nicht genügend Zeit und Muße, daran weiterzuschreiben, sprich größere Projekte waren einfach nicht machbar. Kleinere dagegen schon und ich schrieb schon etliche Jahre Kurzprosa, bzw. -geschichten und Lyrik, zur Übung in einer Schreibwerkstatt, aber auch gezielt für Lesungen hier im Raum, die ich mit anderen Autor/innen zusammen organisierte. Mit Fantasy hatte das nichts zu tun, obwohl auch schon die eine oder andere phantastisch angehauchte Geschichte dabei war. Aber das Genre an sich sagte mir nicht viel, ich kannte außer Michael Ende und J.R.R. Tolkien nichts aus dieser Richtung. Das hat sich natürlich mittlerweile geändert, ich lese mich, seit ich selbst einen Roman in diesem Bereich geschrieben habe, fleißig quer durch die Fantasy-Literatur und bin fasziniert, was für eine Bandbreite und was für Möglichkeiten es da gibt. Den Ausschlag, statt dem ursprünglich geplanten, einen Fantasy-Roman zu verfassen, gab einzig und allein die Tatsache, dass der Wolfgang-Hohlbein-Preis von einem Verlag ausgeschrieben wurde. ‚Verlag’ war das Zauberwort bei dem spontanen Entschluss, das Abenteuer zu wagen.

Sie haben dann am Literaturwettbewerb des Ueberreuter Verlages teilgenommen. Wie sind Sie auf die Ausschreibung aufmerksam geworden?

Ich surfe regelmäßig auf der Homepage des Uschtrin-Verlages herum. Dort gibt es die für Autoren sehr nützliche Liste aller Wettbewerbe im deutschsprachigen Raum. Eigentlich suchte ich nach Möglichkeiten, Lyrik oder Kurzgeschichten einzureichen, doch plötzlich blieb mein Auge an dem Wort ‚Verlag’ hängen. Ein Klick sagte mir, der Ueberreuter Verlag sucht Manuskripte für einen Fantasy-Wettbewerb. Ich wusste nicht, ob ich das schaffen würde, hatte aber plötzlich das Gefühl, einer einmaligen Chance gegenüberzustehen. Das war so etwas wie die berühmte innere Stimme, die mir das nicht nur zuflüsterte, sondern mir regelrecht ins Ohr brüllte. Ich glaube, ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte.

Haben Sie sich Chancen ausgerechnet, als Sie das Manuskript abgeschickt haben?

Nein, so weit konnte oder wollte ich gar nicht denken. Für mich war einfach nur wichtig, ein persönlich gestecktes Ziel erreicht zu haben und das lautete: schreibe einen Roman über ein Thema, das dich interessiert, in einer festgelegten Zeit. Es wussten auch nur eine Handvoll Leute davon, während ich schrieb, nämlich diejenigen, die das Vergnügen hatten, Korrektur zu lesen mit der Uhr im Nacken. Hätte ich es bis zum Einsendeschluss nicht geschafft, wollte ich das nicht auch noch ständig erklären müssen. Erst als ich das Päckchen zur Post gebracht hatte, ist das ganze Unternehmen bei jeder Gelegenheit nur so aus mir herausgesprudelt. Das war wohl auch so eine Art Ventil für den enormen Druck unter dem ich ein Vierteljahr gestanden hatte.

Sie haben berichtet, dass Sie nur rund drei Monate Zeit hatten vom ersten Entwurf bis zum fertigen, abgabereifen Buch. Wie sind Sie hier vorgegangen - gab es ein detailliertes Exposé, oder nur einen groben Handlungsabriss?

Es gab einen Plot von drei Seiten in meiner Schublade. Er war aus einem Traum entstanden, der mich einige Monate zuvor mehrere Nächte hintereinander aus dem Schlaf gerissen und beschäftigt hatte, bis ich ihn aufschrieb, um meine Ruhe zu haben. Dann habe ich ihn vergessen. Als ich fieberhaft überlegte, was ich für den Wettbewerb schreiben könnte, fiel er mir wieder ein. Er war ausführlich genug, um als Basis für einen Roman geeignet zu sein. Die erste Hälfte der Geschichte war grob umrissen, das Ende stand auch fest, wie ich allerdings von der Mitte bis dorthin gelange, wusste ich noch nicht, vertraute aber darauf, das sich das beim Schreiben ergeben würde. Ich habe mich dann sehr weit von der ursprünglich fixierten Handlung entfernt, weil einige Figuren ihre eigene Vorstellung vom Geschehen hatten. Um der Stimmigkeit willen wollte ich ihnen das auch nicht verwehren. Heute muss ich schmunzeln, wenn ich den alten Plot lese, meine Protagonisten haben sich ganz anders entwickelt, sind dadurch aber auch lebendig für mich geworden, vielleicht, weil ich ihnen ein Eigenleben gestattet habe.

Wo und wann haben Sie geschrieben?

Bis auf zehn Tage, die ich im Schatten eines Mandelbaumes mit dem Laptop auf den Knien unter spanischem Himmel verbracht habe, saß ich wie festgenagelt an meinem Schreibtisch. Die letzten acht Wochen arbeitete ich von morgens um neun bis nachts um drei Uhr, die Nahrungsaufnahme lief irgendwie nebenher. Durch meine frühere Tätigkeit in der Werbeagentur war ich zum Glück langes konzentriertes Arbeiten gewöhnt und außerdem stand ich so unter Adrenalin, dass ich nicht mehr abschalten konnte, selbst wenn ich gewollt hätte. Die Handlung spulte sich wie ein Film in meinem Kopf ab und ich musste sozusagen nur noch mitstenographieren. Hatte ich einmal eine kurzfristige Schreibblockade, weil ich nicht wusste, wie ich ein Bild in Worte umsetzen soll, dann nutzte ich die Zeit, um den bereits geschriebenen Text zu überarbeiten. Ich vertraute darauf, dass mein Unterbewusstsein parallel weiterarbeitet und sich um eine Lösung für das Problem bemüht. Und so geschah es dann auch, vielleicht weil ich mich durch diese Arbeitsweise nicht völlig verkrampfte. Das Ganze war im Gegenteil eher euphorisierend, ein regelrechter Rauschzustand. Als ich dann das Manuskript verschickt hatte und die Anspannung wegfiel, merkte ich erst, wie vollkommen erschöpft ich körperlich war. Aber glücklich war ich immer noch, denn ich hatte mein selbst gestecktes Ziel erreicht und war vor dem Abgabetermin fertig geworden.

Wie sind Sie auf die Idee mit einer Welt die aufgeteilt ist in eine Seite, die ständig dem Licht ausgesetzt ist und einer Dunkelseite gekommen? Eine solche Welt ist ja in der Realität gar nicht denkbar - eben ein wahrer Fantasy-Schauplatz.

Das war Bestandteil des oben erwähnten Traumes. Das erste Traumbild zeigte, wie Lîahnee in einer Dunkelheit, die nie wirklich vergeht, auf einem Stein am Meer erwacht und nicht weiß, wer und wo sie ist. Ich, die Träumende wusste nur, sie kam aus einer Welt des Lichts und war in eine Schlange verwandelt worden, jedoch nicht dauerhaft. Als ich darüber nachgrübelte, wusste ich, das könnte sich nicht in unserer Realität abspielen und die dunkle und die helle Welt erschlossen sich Stück für Stück wie ein Puzzle. Ich habe mir überlegt, wie sie entstanden sind, es gibt auch im Buch mehrere Andeutungen, z.B. als von den alten Legenden die Rede ist, dass es vielleicht nicht immer so war. Tatsächlich ist es eine von menschlichem Ehrgeiz und Gier geschaffene künstliche Aufteilung – aber das soll eine andere Geschichte sein.

Mir fiel bei der Lektüre auf, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Personen gerichtet haben - die Welt als solches blieb relativ unscharf. Hat hier einfach die Zeit für eine detailreiche Vorbereitung der Umwelt gefehlt, oder haben Sie sich ganz bewusst auf ihre Protagonisten konzentriert?

Es war keine Zeitfrage, der Fokus lag von Anfang an auf den Personen und ihrer Entwicklung. Das entspricht auch meinen persönlichen Vorlieben und Interessen. Menschen interessieren mich ungemein. Ich will wissen, was sie machen und vor allem warum, was sie antreibt, was ihre Hoffnungen, ihre Ängste, ihre Stärken und ihre Schwächen sind. Für diesen Roman hatte ich mir über die Welten viele Gedanken gemacht und auch eine genaue Vorstellung, wie es da aussieht und wie sich z.B. in Lehanâr und Aquîr das Tabu zu Töten im Alltag auswirkt. Dafür musste ich Fragen klären wie: Aus welchem Material sind Schuhe oder Gürtel und gibt es Hühner auf den Bauernhöfen? Sogar eine Karte habe ich skizziert, um nicht plötzlich die Himmelsrichtungen zu verwechseln und zu wissen, was sich wo befindet. Aber in die Handlung sind diese Details kaum eingeflossen. Meine Figuren wurden von mir in eine scheinbar ideale und in eine eher lebensfeindliche Umwelt geworfen und ich habe aufgeschrieben, wie sie darin ihren Platz suchen, die Welt selbst war nur die Begleitmelodie für andere Themen. Eine Rolle für die Unschärfe spielt sicher auch, dass ich als Leser gerne meinen eigenen Film im Kopf ablaufen lassen möchte und mich eingeengt fühle, wenn alles zu genau vorgegeben ist. Beim Schreiben wollte ich daher dem Leser Raum für die eigene Phantasie lassen. Außerdem ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich bei der Lektüre eines Buches seitenlange Beschreibungen von Landschaft, Gebäuden oder Ausrüstung bestenfalls überfliege, obwohl sie ihren ganz eigenen Reiz haben und das Ganze realer erscheinen lassen. Vermutlich werde ich bei meiner eigenen Arbeit, je nach Plot, noch experimentieren und verschiedene Gewichtungen ausprobieren. Doch ich denke, dass die Protagonisten immer im Vordergrund stehen werden.

Ich habe etwas munkeln hören, dass es ein Wiedersehen mit einigen aus ihrem Roman bekannten Personen in einem weiteren Werk geben wird. Nicht unbedingt eine direkte Fortsetzung, aber ...Können Sie uns hier ein wenig mehr erzählen? Wie weit ist das Projekt gediehen?

Ich habe erst einmal ein anderes Projekt vorgezogen, um etwas Abstand zu gewinnen. Es ist mir auch nach mehreren Versuchen im Moment einfach nicht möglich, mich von den Hauptpersonen aus „Die Tochter der Schlange“ zu lösen und eine ganz andere Perspektive einzunehmen. Außerdem sollte das Geschehen im zweiten Buch, das in dieser Welt spielt, einige Jahre später stattfinden, ich aber befinde mich innerlich immer noch an diesem Punkt, an dem Lîahnee sich entschieden und verabschiedet hat. Wenn ich den Zeitsprung für mich endlich bewältige, soll die Hauptfigur ein Junge sein, der sich seinen Weg durch Lebenslügen und Halbwahrheiten der Erwachsenen erkämpfen muss und der Charakterzüge besitzt, die in seiner Umgebung nicht auf Gegenliebe stoßen. Auf der Suche nach seiner Herkunft wird er im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkel bringen.

Wie sehen Ihre literarischen Pläne darüber hinaus aus, auf welche Bücher darf sich der Okonnek Fan freuen?

Ich spreche so ungern über ungelegte Eier und hoffe, Sie sehen es mir nach, wenn ich da etwas vage bleibe. Da ich festgestellt habe, welch ungeheuren Spaß mir das Fantasy-Genre macht, werde ich mich sicher noch eine ganze Weile darin tummeln und meiner Phantasie freien Lauf lassen, die Möglichkeiten sind einfach zu verlockend. Abgesehen von der oben erwähnten Geschichte, schwirren mir zwei weitere Plots für einen abgeschlossenen Fantasy-Roman im Kopf herum, einen davon arbeite ich gerade zu den ersten Kapiteln aus. Außerdem entwerfe ich, immer wenn ich nicht am Schreibtisch sitze und z.B. Wartezeit nutzen will, in meinem Notizbuch Welten, Figuren und Handlungsstränge für ein größeres Fantasy-Projekt, das sicher einige Jahre in Anspruch nehmen und sich auch nicht in einen einzigen Band packen lassen wird. Ab und zu verlasse ich auch die Welt der Fantasy und schreibe wieder wie in alten Zeiten Lyrik oder Kurzprosa, bzw. -geschichten. Ich brauche die Abwechslung und vielleicht wage ich irgendwann einmal einen Krimi. Die eine oder andere Kurzgeschichte weist jedenfalls jetzt schon in diese Richtung. Und ein ziemlich abgedrehtes Projekt wartet auch noch auf einen Abschluss. Ob ich dieses allerdings jemals in einem Verlag unterbringe, das wissen die Götter – aber es bringt mich zum Lachen!

Haben Sie recht herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!

Es war mir ein Vergnügen und Ihnen ganz herzlichen Dank für die guten Wünsche!
 
 
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