Chabon, Michael: Sommerland (Buch)

Michael Chabon
Sommerland
(Summerland)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Reiner Pfeiderer
Titelillustration von Dieter Wiesmüller
Carl Hanser Verlag, Hardcover, 478 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 3-446-20441-5

Von Carsten Kuhr

Es gibt Mannschaftsspiele, die nur in einzelnen Ländern beliebt sind. Während die US-Amerikaner über unseren Fußball - den Soccer - den Kopf schütteln, die Welt außerhalb des Britischen Commonwealth mit Kricket nichts anfangen kann, ist Baseball ein Spiel, das nur in den Staaten Kultstatus genießt.
Nun, die letzte Bemerkung trifft so auch nicht ganz zu. Auch in den Sommerlanden, einem magischen Reich, das auf dem Weltenbaum neben unserer Welt existiert und von den kleinen Leuten, von Riesen und Bigfoots bevölkert wird, ist das Spiel auch verbreitet. Erfunden hat Baseball vor Urzeiten der Kojote, der Veränderer auch unter dem Begriff Scheitan bekannt. Und eben dieser Kojote will die den Weltenbaum speisende Flüsterquelle vernichten, und damit alles Leben mit einem Schlag auslöschen. Der letzte Tag Zackenfels ist in Sicht, und verhindern soll ihn ausgerechnet Ethan Feld, einer der unbegabtesten Baseball-Spieler der kleinen Mustang League einer noch kleineren amerikanischen Insel mit Namen Clam Island. Unser Held macht sich auf, seinen vom Kojoten entführten Vater zu suchen, und die Katastrophe zu verhindern. Begleitet wird er von einer Gruppe absonderlicher Gefährten. Einer seit Jahrhunderten gefangen gehaltenen Bigfoot Frau, einem Zwergriesen, einer Werratte, seiner Freundin und einem Wechselbalg. Immer wieder gelingt es nur mit Hilfe eines Baseball-Matches drohende Gefahren abzuwenden. Und zum Schluss hängt alles vom entscheidenden Inning gegen den Kojoten und dessen Mitspieler ab...

Michael Chabon hat für seinen Roman »Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier und Clay« den renommierten Pulitzer-Preis bekommen. Er ist also nicht etwa ein unbekannter, aufstrebender Jungautor, der versucht auf den fahrenden Zug der Fantasy-Jugendbücher aufzuspringen. Mit »Sommerland« stand er wochenlang auf den vordersten Plätzen der einschlägigen Bestsellerlisten. Mit solchen Vorschusslorbeeren bedacht, machte ich mich mit großem Interesse an die Lektüre.
Beginnen wir mit den positiven Aspekten. Der Autor erzählt uns eine, nein viele verschiedene interessante kleine Geschichten. Mit einer überquellenden Phantasie bedacht, vermischt Chabon indianische Mythen mit abendländischen Sagenkreisen, präsentiert uns phantastisch gestaltete Handlungsorte die eingängig und beeindruckend sind. Die auftretenden Gestalten sind sympathisch und vielschichtig gezeichnet, selbst der Kojote als Antagonist weist durchaus sympathische Züge auf.
Was mich beim Lesen gestört hat, und da kann ich dem Autor gar keinen Vorwurf machen, das ist die Ausrichtung des Plots auf das Baseball-Spiel. Als US-Amerikaner ist er mit den Heroen des Baseball aus der »Hall of Fame«, mit den Regeln aufgewachsen und verwurzelt. Mir, als Europäischen Leser fehlt hier einfach das Hintergrundwissen und auch die Begeisterung für eine Sportart, die mir letztlich unbekannt ist, um hier die Anspielungen und die Begeisterung nachvollziehen zu können. Insoweit hat der Leser in unseren Breiten Schwierigkeiten, die gebotene und für das Buch entscheidende Handlung rund um das Spiel zu verstehen. Hier bleibt leider viel Faszination und ein Großteil dessen der auf der Strecke, was zum enormen Erfolg des Buches in den Staaten geführt hat.

hinzugefügt: November 19th 2004
Tester: Carsten Kuhr
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Sprache: german