McGuire, Seanan: Winterfluch - October Daye 1 (Buch)

Seanan McGuire
Winterfluch
October Daye 1
(Rosemary and Rue – An October Daye Novel, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Michael Krug
Titelgestaltung von HildenDesign, München/Stephanie Kawan unter Verwendung eines Motivs von Laura Zalenga
Autorenfoto von Beckett Gladney
Lyx, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 340 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8288-2

Von Carsten Kuhr

Wer seine Tochter nach einem Monatsnamen benennt, der sorgt dafür, dass sie entweder mit einem gesunden Selbstvertrauen aufwächst, oder sang und klanglos untergeht.
Tobi, wie ihre Freunde sie nennen, gehörte einmal zur ersteren Sorte. Als Wechselbalg, Tochter einer waschechten Elfin und eines menschlichen Vaters, erbte sie von ihrer Mutter einen Teil der übernatürlichen Kräfte und machte sich in der Welt der Sidhe einen Namen. Die Königin selbst musste sie aufgrund ihrer Verdienste zur Ritterin schlagen, ihre Detektei florierte. Bis sie an zwei Fae-Verbrecher geriet, die mächtiger waren als gedacht. Die folgenden vierzehn Jahre verbrachte sie, verwandelt als Fisch, im Koi-Teich eines Parks in San Francisco.

Nach ihrer Rückumwandlung hat sie mit der übernatürlichen Welt abgeschlossen - endgültig. Dumm nur, dass diese sich einen Dreck um ihre Wünsche schert. Eine Freundin legt ihr einen magischen Zwang auf. Tobi soll herausfinden, wer sie mit kalten Eisen und ohne formelle Kriegserklärung ermordet hat. Schon auf der Suche nach Verbündeten muss Tobi einsehen, dass die Ermittlung des Mörders nicht einfach wird. Die Königin verweist sie von ihrem Hof, so dass sie gezwungen ist, bei alten Feinden und Freunden Gefallen einzufordern. Sie wird angeschossen - zweimal -, angegriffen, gejagt und bedrängt nur weil die Verblichene ihr etwas zur Aufbewahrung und Sicherung gegeben hat, das es eigentlich gar nicht geben dürfte - eine Hoffnungslade, eines der machtvollsten magischen Instrumente, die man sich vorstellen kann....


Wieder einmal eine neue, vermutlich austauschbare Urban-Fantasy-Saga, so dachte, ja befürchtete ich zu Beginn der Lektüre. Übernatürliche Wesen, die versteckt vor den Menschen zusammen mit diesen existieren, eine Krimihandlung und eine toughe Frau im Zentrum des Geschehens - wir kennen die entsprechenden Bücher ja mittlerweile leidlich.

Und wirklich, es begann eigentlich recht gewohnt. Da lernen wir unseren Wechselbalg - natürlich muss es ein ausgegrenzter Underdog in der Hauptrolle sein - kennen, die vom Schicksal gebeutelt, mühsam und unter lautem Klagen versucht, sich durchs Leben zu schlagen. Dass die übernatürliche Welt sie nicht in Ruhe lässt ist klar, ein fieser Zauber lässt ihr die Wahl, das Verbrechen aufzuklären oder selbst dran zu glauben. Dazu gesellen sich Elfen, Feenhöfe, Intrigen, Kämpfe und die Suche nach dem Täter und dessen Motiv.
Das ist nicht eben neu, das hat man so ähnlich bereits des Öfteren gelesen.
Dennoch hat das Werk etwas. Nachdem die Situation bekanntgemacht wurde, die Figuren eingeführt sind, erforschen wir an der Seite unserer Ich-Erzählerin deren Welt. Langsam erst, dann mit steigendem Tempo erkunden wir diese, werden das Geflecht und die wechselseitigen Abhängigkeiten, die die Höfe miteinander verbinden, deutlicher.
Natürlich geht es auch, ja vordergründig, um das „who did it“. Die Jagd nach Motiv und Täter ist bis zur Auflösung spannend und abwechslungsreich, der Aha-Effekt im Finale überraschend.
Mehr als dies aber fasziniert ab dem zweiten Drittel des Bandes die Welt der Sidhe, die sich wohltuend von dem sonst Gebotenen unterscheidet. Die Feen handeln nicht wie Menschen, sondern wie die aus den irischen Sagen bekannten Wesen, grausam, arrogant und rücksichtslos. Das sind einmal nicht die weichgespülten Feen, die wir sonst vorgesetzt bekommen, hier erhebt eine unsterbliche Rasse ihr Haupt, die sich selbst als Krone der Schöpfung ansieht.

Das ist interessant und auch in Details glaubwürdig, spannend und mitreißen - ein Auftakt nach Maß, dem in den USA bereits ein weiterer Roman gefolgt ist und ein dritter derzeit in Arbeit ist.

hinzugefügt: January 24th 2010
Tester: Carsten Kuhr
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