Raskard: Herold - Verschwörung der Verfemten (Buch)

Raskard
Herold - Verschwörung der Verfemten
Titelillustration, Karten und Banner von Yvonne Rumpf
Gryphon Verlag, Hardcover (ISBN 3-937800-07-7) und Paperback (ISBN 3-937800-07-7), 492 Seiten, 23,00 EUR bzw. 13,90 EUR

Von Carsten Kuhr

Jedes Jahr erscheinen trotz Rezession und Leseflaute zahllose Unterhaltungsromane und buhlen um die Gunst des Lesers. Während in der Vergangenheit der Kuchen unter ein paar wenigen, großen Verlagskonzernen verteilt wurde, bietet sich das Programm heutzutage wesentlich vielschichtiger dar. Insbesondere im Bereich der Kriminalliteratur und des phantastischen Genres tummelt sich eine Vielzahl kleiner, spartenspezifischer Verlage auf dem Markt. Gerade bei diesen kleinen Verlagshäusern erscheinen dann oftmals interessante Titel, die in großen Konzernen vermutlich keinen Platz gefunden hätten. Dies muss nicht mit der Qualität der Texte zusammenhängen. Ganz im Gegenteil scheuen viele Herausgeber in Zeiten, da die Vertriebsabteilungen bestimmen, welche Bücher erscheinen das Risiko, Texte zu publizieren, die außerhalb der üblichen, erfolgreichen Parameter liegen. Gefragt ist, was bekannt ist, so die Maxime vieler Verlagshäuser. Lieber der 36. Aufguss eines erfolgreichen Zyklus, als ein Roman, der aus dem Schema fällt. So kommt es, dass immer mehr interessante Titel in Verlagen erscheinen, die kein riesiges Programm haben, dafür sich aber um die Bücher und Autoren, die bei ihnen erscheinen wirklich kümmern.

Raskards Erstlingsroman um Herold ist ein solcher aus dem Üblichen fallendes Werk. Fast 500 klein gedruckte Seiten umfasst die erste Hälfte des Werkes, viel zu viel Text für einen neuen, unbekannten Autor, so werden die etablierten Verlage gesagt haben. Im Gryphon Verlag hat der Autor dann mit seinem Werk offene Türen eingerannt. Der Gryphon Verlag präsentiert seinen Leser sorgfältig und liebevoll gemachte Bücher. Rascard Romanerstling wurde zum Anlass genommen extra eine eigene kleine Reihe unter dem Signet Perico Fantasy zu lancieren. Das in Blautönen gehaltene Buchäußere des großformatigen Paperbacks ist ansprechend gestaltet, der Text sorgfältig redigiert, der Druck sauber und trotz des kleinen Satzspiegels gut lesbar.

In drei alternierend erzählten Handlungssträngen bietet sich uns das Bild einer Fantasy-Welt, die an Tolkienesque Vorbilder angelehnt ist. Die dunkle Göttin sucht sich, wie bereits mehrmals in den vergangenen Jahrhunderten, einen Menschen als ihren Streiter. Sie will ihr dunkles Reich ausdehnen, und das friedliche Königreich Daikin durch ihre Truppen erobern und besetzten lassen. In einer der drei Handlungsperspektiven versetzt uns der Autor in das Lager der Truppen der schwarzen Göttin. Wir erleben mit, wie sich ihre Streitmacht, die sich aus Strauchdieben und Gesindel aus allen Herren Ländern rekrutiert sammelt, mittels dunklen Beschwörungen geeint wird, und die Invasion erfolgreich beginnt. In den anderen beiden Szenarien beschreibt der Autor uns, wie sich die Streiter auf Seiten des Guten mit der drohenden Gefahr vertraut machen, erste Erkundungsmissionen starten, und die Gefahr eines zwei Fronten Krieges erkennen müssen.

Raskard hat in diesem Roman alle Versatzstücke eines erfolgreichen High-Fantasy Plots versammelt. Wir haben den charismatischen, mit dunklen Kräften ausgestatteten Anführer der Invasionsstreitkräfte, auf der Erde eingreifende Götter, eine magische Waffe, Dämonen, Diebe und Meuchelmörder, Sklavenhändler und wackere Ritter mit einem starren Verhaltenskodex. Auch die auftretenden Völker sind uns weitestgehend bekannt - Menschen, Elfen und Zwerge bevölkern den Kontinent Fendalon.
In seinem weit gespannten Handlungsbogen führt uns der Autor durch seine Welt. Über die weiten Steppen, in wilde, zerklüftete Gebirge und dunkle Wälder leitet uns der Autor. Der erste Teil des gigantischen Romans, der seines Umfangs wegen in zwei Teile aufgeteilt wurde, zeigt uns einen jungen Autor, der es versteht seinen Handlungsbogen konsequent und überzeugend aufrechtzuerhalten. Die Lektüre ist nie langweilig oder langatmig, die beschriebene Welt, obzwar im Bereich des Üblichen angesiedelt, überzeugend und vielschichtig ausgearbeitet. Hierzu trägt auch eine dem Buch beigefügte Karte bei. Stilistisch bietet sich das Werk solide dar, die Charakterisierung der Personen ist gelungen. Allerdings muss ich anmerken, dass eine Unterscheidung im Verhaltensmuster zwischen den einzelnen Rassen kaum stattfindet. Die Zwerge verhalten sich kaum anders, als die Elfen oder Menschen. Hier hätte ich mir ein wenig mehr Vielfalt gewünscht. Auch fehlte mir eine wirkliche Identifikationsfigur in der Handlung. Wir haben keinen wirklichen Protagonisten, in dessen Haut wir schlüpfen könnten. Insoweit bleiben wir immer ein wenig distanziert, leben und leiden nicht mit unseren Figuren.

Einen breiten Raum nimmt die Schilderung von Kämpfen im Text ein. Es wird gemeuchelt, belagert und erobert, Hinterhalte gelegt, vergewaltigt und gebrandschatzt. Ich habe gerade Mary Gentles „Ash“-Romane gelesen, die gerade in Hinsicht auf die Darstellung von Kampf- und Gewaltszenen neue Maßstäbe gesetzt hat. Im Vergleich dazu wirken die diesbezüglichen Beschreibungen hier ein wenig vorsichtig, zaghaft. Vielleicht wäre mir dies vor der Lektüre von Gentles Werk gar nicht so sehr aufgefallen, aber die Tode, die Raskard seine Kämpfer sterben lässt wirken vergleichen mit Gentle geradezu klinisch rein und steril.

Dennoch, der Roman, das erste Werk des Autors, bietet dem Leser gute, spannende und flüssig lesbare Kost, die sich vor anglo-amerikansichen Vorbildern wahrlich nicht verstecken muss. Ich bin gespannt, ob und wie der Autor die Qualität im abschließenden, im Herbst 2004 erscheinenden Teil halten kann.

hinzugefügt: August 8th 2004
Tester: Carsten Kuhr
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Sprache: albanian