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Gehrmann, Kristina: Das Blut der Götter (Buch)

Kristina Gehrmann
Das Blut der Götter
Zaria Prophetia Verlag, 2009, Taschenbuch, 250 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-941511-01-9

Von Irene Salzmann

Der 15-jährige Thaidos Maglione ist so hübsch, dass er viele begehrende Blicke auf sich zieht – von Frauen und Männern. Sein Vater gilt als Pirat, die Mutter ernährt sich und ihren Sohn durch Prostitution. Trotzdem hat Thaidos eine gute Chance, dem Milieu entfliehen zu können, denn früh nahm sich ein Priester seiner an und unterrichtete ihn. Thaidos Traum, eine Universität besuchen zu dürfen, platzt jäh, als sein Vater Piero auftaucht, um ihn zu seinem Nachfolger zu machen.
Thaidos kann sich jedoch nicht an die rauen Sitten auf dem Segelschiff gewöhnen, und je mehr er sich bemüht, ‚ein richtiger Mann’ zu werden, umso schlimmer werden die Schikanen der Piraten. Im letzten Moment wird er von Saphatino, der Piero absolute Treue geschworen hat, vor einer Vergewaltigung bewahrt. Piero ist enttäuscht von seinem Sohn und schickt ihn nach diesem Vorfall zu seiner Mutter zurück.
Auf dem Heimweg erfährt Thaidos zufällig, dass Cesare Borgia Truppen ausgesandt hat, die Piero verhaften sollen. Um ihm zu helfen, kehrt der Jüngling um, doch nur ihm selber und Saphatino gelingt die Flucht, während Piero im Kerker landet. Er beauftragt Thaidos und Saphatino, das ‚Sangdeor’, ein legendäres Antidot, das er vor Jahren raubte, zu suchen und zu zerstören, bevor es dem machthungrigen Kardinal in die Hände fällt.
Tatsächlich gelingt es Thaidos, das Rätsel um das Versteck zu lösen, doch Michelotto, der gnadenlose Assassine des Kardinals, stellt ihm und Saphatino eine Falle…


„Das Blut der Götter“ ist der Debütroman von Kristina Gehrmann (geboren 1989). Für ihr Erstlingswerk hat sie sich mit der Renaissance eine schwierige Epoche als Hintergrund ausgesucht:
Alles ist im Umbruch, eine Rückbesinnung auf die Ideale der Antike findet statt, das Weltbild hat sich durch die Naturwissenschaften und die Entdeckung neuer Länder drastisch verändert, in Philosophie und Kunst steht der Mensch als Individuum im Mittelpunkt. Die Borgia herrschen durch Simonie und Nepotismus über den Kirchenstaat, wobei Cesare Borgia wohl zu den schillerndsten Persönlichkeiten jener Ära zählt. Auch wenn die Historiker ihn heute differenzierter betrachten und davon ausgehen, dass sich sein Ruf vor allem auf die Propaganda seiner Gegenspieler stützt, das Fünkchen Wahrheit, das hinter den Gerüchten stecken mag, inspiriert nach wie vor die Autoren.

Kristina Gehrmann bietet in dieser Hinsicht ihren Lesern, was sie erwarten. Vor der Kulisse Italiens im späten 15. Jahrhundert strebt der junge Kardinal Cesare Borgia nach weltlicher Macht. Er ist skrupellos und exzentrisch und wirkt doch manchmal wie ein verlorenes Kind. Allerdings bleibt er, genauso wie sein Handlanger Michelotto, eine Nebenfigur, die durch ihre Leidenschaft für Gifte das Abenteuer der fiktiven Protagonisten ins Rollen bringt und ihre Schicksale miteinander verknüpft.
Im Mittelpunkt der Geschehnisse stehen der Jüngling Thaidos und sein Begleiter Saphatino, die keine Freunde, aber der Umstände wegen gezwungen sind, miteinander auszukommen, wollen sie Piero aus den Verließen der Borgia befreien. Auf ihrer Suche nach dem Antidot und einem Weg, um den Vater und Kapitän zu befreien, geraten sie immer wieder in Lebensgefahr und sind aufeinander angewiesen.
Schon bald entwickelt Thaidos romantische Gefühle für seinen etwas älteren, gut aussehenden Gefährten. Überzeugend beschreibt die Autorin den Zwiespalt des Jünglings, der einerseits seine ‚sündigen Wünsche’ zu unterdrücken versucht, unter Saphatinos Zurückweisung leidet, dann jedoch den Mut findet, dem anderen Mann seine Liebe zu gestehen. Die erotischen Szenen sind geschmackvoll: eine gelungene Gratwanderung zwischen nicht zu grafischer Schilderung und sorgfältiger, seriöser Wortwahl – erfreulich anders als in vielen der gegenwärtig populären erotischen Liebesromane, die sich vor allem in den phantastischen Genres ausgebreitet haben und die oft sehr derb wirken.
Spätestens jetzt erkennen Insider, aus welchen Quellen Kristina Gehrmann schöpft: You Higuris „Cantarella“ ist ein historischer Manga mit vagen Boys-Love-Elementen. Nicht nur wird in einer Szene direkt auf „Cantarella“ (ein Gift) angespielt, auch die wichtigsten Protagonisten treten mehr oder minder modifiziert auf, darunter der auch im Manga als zerrissener Charakter erscheinende Cesare Borgia, sein treuer Helfer Michelotto, die mütterliche Vannozza (hier Thaidos’ Mutter), Cesares Schwester Lucrezia (in einer winzigen Rolle) usw. Dabei stand das attraktive Aussehen des ‚Manga-Cesare’ (eventuell auch das von Fei Long aus Yamane Ayanos „Finder“-Serie) zweifellos Pate für die Beschreibungen von Thaidos und Saphatino.

Das Abenteuer liefert letztendlich den Rahmen für eine Romanze zwischen zwei jungen Männern – das Hauptanliegen des Buchs. Die Mischung aus Spannung und Erotik ist ausgewogen, die Charaktere entsprechen dem Bild, das man von den Menschen dieser Epoche hat, der Stil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen.
Vielleicht hätte die Wahl-Florentinerin Kristina Gehrmann den historischen Hintergrund und die Beschreibungen der Lokalitäten ein wenig ausführlicher einbinden können, aber dadurch wäre das Tempo aus der Handlung genommen worden.
Die sympathischen Protagonisten agieren manchmal etwas zu naiv, und immer wieder hilft ihnen der glückliche Zufall weiter (Pieros Taschen werden von den Wachen nicht durchsucht, tauchen Verfolger auf, treten Unbeteiligte dazwischen, ein Bestohlener verzichtet auf die Vollstreckung des Richterspruchs gegen eine ‚kleine Gefälligkeit’ etc.).
Trotz der genannten kleinen Schwächen kann man das Debüt, das zugleich auch eine Hommage an You Higuris „Cantarella“ darstellt, als gelungen bezeichnen. Vor allem das weibliche, der Homoerotik nicht abgeneigte Publikum, das nach einer spannend-romantischen Lektüre sucht, jedoch nicht von einem Wälzer, der ausführliche Geschichtslektionen erteilt und jedem noch so belanglosen Detail nachgeht, erschlagen werden will, dürfte viel Vergnügen an diesem Titel haben.

„Das Blut der Götter“ ist ein flott geschriebener, historischer Roman, der Abenteuer und Romantik verbindet, sich auf das Wesentliche konzentriert und gut zu unterhalten weiß. Speziell für Leserinnen zwischen 15 und 25 Jahren, die mit Boys Love/Slash vertraut sind, ist dieser Titel ein Geheimtipp!

hinzugefügt: June 12th 2009
Tester: Irene Salzmann
Punkte:
zugehöriger Link: Zaria Prophetia Verlag
Hits: 2500
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