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Gordon, Roderick & Williams, Brian: Abgrund (Buch)

Roderick Gordon & Brian Williams
Abgrund
Tunnel 2
(Deeper, 2008)
Aus dem Englischen von Franca Fritz und Heinrich Koop
Titelbild von David Wyatt
Arena, 2009, Hardcover, 694 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-401-06275-4

Von Christel Scheja

Will Burrows und sein Vater haben schon eine ganze Weile in den Tunneln und Schächten unter London nach längst vergessenen Schätzen der Vergangenheit gesucht. Das hilft den beiden darüber hinweg, dass sie im normalen Leben eher Verlierer sind – der eine hat nur eine schlecht bezahlte Stellung in einem heruntergekommenen Museum, der andere ist in der Schule aufgrund seines albinohaften Aussehens ein Außenseiter. Gerade einmal der unter schwerer Neurodermitis leidende Chester hält zu ihm.
Als Doktor Burrows von einem Tag auf den anderen verschwindet, macht sich nur Will Sorgen um seinen Vater. Ohne das Wissen seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester Rebecca beschließt er, nach diesem zu suchen.
Zusammen mit seinem Freund entdeckt er einen geheimen Zugang. Ohne lange darüber nachzudenken, was sie dort alles an Gefahren erwarten könnte, steigen die Jungen in die Dunkelheit hinab und finden in einer großen Höhle eine unterirdische Stadt.
Dort werden sie von unheimlichen Gestalten in dunkler Kleidung, die Will aber auch schon an der Oberfläche gesehen zu haben meint, gefangen genommen und voneinander getrennt. Während Chester an einen unbekannten Ort verschleppt wird, erfährt Will, dass ihn mehr als nur sein Aussehen mit den Menschen hier verbindet.
Vor gut zehn Jahren hat ihn seine verrückt gewordene Mutter an die Oberfläche entführt und bei den Burrows in Pflege gegeben. Nun will man ihm eine Chance geben, wieder Teil der Familie zu werden, die immer noch aus dem Vater und seinem jüngeren Bruder Cal besteht. Doch Will, der die Freiheit kennt, kann sich nicht an das streng reglementierte und puritanisch anmutende Leben gewöhnen. Er merkt recht schnell, dass eigentlich die Styx die Macht haben und die Menschen durch Religion und Gewalt unter Kontrolle halten.
Als er aufbegehrt, erfährt er, dass es aber auch Menschen – unter ihnen sein Onkel Tam – gibt, die gegen die Herrschaft dieser geheimnisvollen Kreaturen rebellieren. Mit ihrer Hilfe versucht Will, seinen Freund zu retten, ehe dieser, zu Zwangsarbeit verdammt, weg gebracht werden soll. Dabei kommt es jedoch zu einer Katastrophe, und Will muss mit Cal und Chester in eine ungewisse Zukunft fliehen.
Auf sich allein gestellt, kämpfen sie sich durch eine lebensfeindliche und fremdartige Umwelt voller seltsamer Pflanzen und Tiere. Dabei entdecken sie Spuren von Dr. Burrows, der den Styx offensichtlich entkommen ist und nun die Gelegenheit nutzt, mehr Wissen über die unterirdische Welt zu sammeln. Will setzt sich mit seinen Begleitern auf die Fährte des Ziehvaters. Doch durch die Anspannung, dass sie jederzeit entdeckt und gefangen genommen werden könnten, begehen sie einen Fehler nach dem anderen.
Derweil suchen die Styx unter der Führung von Rebecca immer entschlossener nach dem Jungen und seinen Begleitern, denn sie wollen verhindern, dass sein Beispiel Schule macht und die Kolonisten auf dumme Ideen bringt. Dafür reaktivieren sie eine Geheimwaffe.


Der Erfolg ihres Debütromans „Tunnel – Das Licht der Finsternis“ hat Roderick Gordon und Brian Williams mutig gemacht. Die Geschichte bleibt einfach, sprüht aber weiterhin vor verrückten Details. Letztendlich passiert im Buch nicht viel. Die Jungen sind auf der Flucht und versuchen, auf der anderen Seite jemanden zu finden. Dabei schrecken sie nicht nur die Styx sondern auch viele bisher unbekannte Wesen auf.
Das Ganze liest sich stellenweise wie eine Hommage an Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Vor allem Dr. Burrows ähnelt in seiner Besessenheit den wissensdurstigen Helden der Jahrhundertwende. Mit den Augen eines Kindes erkundet er die fremde Welt und glaubt, sich damit endlich einen Namen zu machen. Je weiter er in die Tiefe hinab steigt, desto mehr keimen in ihm die Hoffnungen auf, dass die Theorien, die Erde sei eine Hohlwelt, wahr sind. In Will findet er einen jüngeren Widerpart, der trotz der Bedrohungen auch ein waches Auge auf die Wunder der Höhlen und Gänge hat.
Die beiden Autoren genießen es, alle wissenschaftlichen und fiktiven Thesen mit einzubringen, die sich Forscher und Schriftsteller in den letzten hundertundfünfzig Jahren zum Thema gemacht haben. Allerdings vernachlässigen sie dabei ein wenig den roten Faden in der Handlung. Über weite Strecken ist „Abgrund“ eine Aneinanderreihung von kleineren und größeren Abenteuern um die Gefahren der unbekannten Welt und die Bedrohung durch die Styx. Wirkliche Geheimnisse der Gesellschaft unter der Erde und der Vermächtnisse der Vergangenheit, die auch dort eine Rolle zu spielen scheinen, gibt es nicht.
Gerade die Styx verlieren an Tiefe und Vielschichtigkeit, sind nur noch die bösen und verderbten Feinde. Vor allem Rebecca kehrt immer mehr von ihren sadistischen Zügen heraus. Leider gehen dabei viele Anspielungen auf die britische Gesellschaft und das Spießbürgerleben verloren.
Aber auch die Protagonisten entwickeln sich nicht wirklich weiter. Will bleibt so, wie man ihn im ersten Band kennen gelernt hat, und auch Chester zeigt keine besonderen neuen Charakterzüge. Selbst die frisch eingeführten Nebenpersonen bleiben blass; vor allem die Frauengestalten sind sehr klischeehaft und archetypisch.

Zwar kann „Abgrund“ vor allem junge Leser noch immer gut unterhalten, für erfahrene Leser verliert der Roman aber fast schon seinen Reiz, da der komplexe und interessante Hintergrund zugunsten einer Hommage an Jules Verne und einer Menge Action aufgegeben wird. Auch ziehen sich die Abenteuer zu sehr in die Länge, so dass der Lesefluss im Mittelteil etwas ins Stocken gerät.

hinzugefügt: March 30th 2009
Tester: Christel Scheja
Punkte:
zugehöriger Link: Arena
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