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Der Dunkle Turm 1: Der Revolvermann (Comic)

Der Dunkle Turm 1: Der Revolvermann
(The Dark Tower: The Gunslinger is Born)
Idee und Gesamtleitung: Stephen King
Story und Beratung: Robin Furth
Skript: Peter David
Zeichnungen: Jae Lee und Richard Isanove
Übersetzung: Wulf Bergner
Lettering: Delia Wüllner
Splitter, 2009, Hardcover, 240 Seiten, 39,80 EUR, ISBN 978-3-940864-21-5

Von Frank Drehmel

Damit von Beginn an keine Zweifel aufkommen: ich bin kein Stephen-King-Fan! Seine Romane sind (zu) oft umständlich und langatmig erzählt, konzeptionell bieder und bürgerlich, voller Widersprüche, mit hölzernen Helden und holzschnitthaften Schurken. Als Roman-Zyklus konnte mich „Der Dunkle Turm“ ebensowenig fesseln wie andere apokalyptische oder postapokalyptische Storys des Vielschreiberlings, so dass mein Wissen über den generellen Hintergrund des Comics rudimentärer Natur ist und auf nicht viel mehr als einem Anlesen bzw. Extrem-Quer-Lesen von – immerhin - fünf Bänden des Zyklus' beruht. Dass ich trotz meiner Abneigung gegen einen Autor, der vor allem dank eines aggressiven Hardcore-Marketings aus Scheiße Gold macht, einen Versuch mit „Der Dunkle Turm 1: Der Revolvermann“ wagte, hat zwei Gründe: erstens schätze ich Jae Lees grafischen Stil seit seiner Arbeit an Marvels „Namor the Sub-Mariner“ und zweitens liebe ich bibliophile Comics. Doch nun genug der Vorrede.

In der „Dark Tower“-Welt des Stephen King, die der Autor in sieben, im Laufe von rund 30 Jahren geschriebenen Romanen vor uns ausbreitet, vereinigen sich Wild-West-, Sword & Sorcery- und Urban-Fantasy-Elemente zu einem postapokalytischen, düsteren Gemälde eines dahinsiechenden, alternativen Amerikas, wobei dieses Amerika weniger geografisch zu verstehen ist, als vielmehr als Sinnbild für den amerikanischen Mythos und die amerikanische Seele.
Der vorliegende Sammelband, in dem die sieben Comics der gleichnamigen Mini-Serie aus dem Jahre 2007 des Marvel-Verlags zusammengefasst sind, stellt explizit keine 1:1-Adaption des schon bekannten Roman-Stoffes dar, sondern soll in der Art eines Prequels den „Dark Tower“-Kosmos um mehr oder weniger bedeutsame Details aus der Vergangenheit der Protagonisten erweitern.


Roland Deschain ist Sohn des Herrschers von Gilead, des Revolvermanns Steven Deschain. In seinem fünfzehnten Lebensjahr fordert er in Folge einer Provokation durch den Hofmagier, Marten Broadcloak, des Mannes also, der mit seiner Mutter, Gabrielle Deschain, schläft, seinen Lehrer Cortland „Cort“ Andrus zu einem rituellen Kampf, in dessen Folge er entweder – siegreich – den Status eines Revolvermanns erringt, oder aber im Fall der Niederlage – und das ist Broadcloaks Plan – aus Gilead verbannt wird.
Wider Erwarten kann der Schüler den Meister bezwingen, doch Rolands Triumph ist nur von kurzer Dauer. Im Bewusstsein, dass Broadcloak am Hofe dunkle Intrigen spinnt, schickt Steven Deschain seinen Sohn zusammen mit dessen Freunden, Cuthbert Allgood und Alain Johns, in die Hauptstadt der benachbarten Baronie Mejis. In Hambry, so plant Steven, sind die Jungen erstens sicher, können zweitens als Pferdehändler unter falschen Namen die Feinde Gileads sowie die Gefolgsleute des dämonischen Gegenspielers des Bundes der Revolvermänner, John Farsons, ausspionieren und drittens, falls sich die Gelegenheit bietet, eine der mystischen Kugeln aus Maerlyns Regenbogen erringen..
In Mejis begegnet Roland erstmals seiner großen Liebe, Susan Delgado, für die das Schicksal zunächst die Rolle des zweiten Weibes des Bürgermeisters von Hambry vorgesehen hat. In jener Stadt ist es auch, wo die drei Jungen in einen tödlichen Streit mit drei der Großen Sargjäger - Roy Depape, Clay Reynolds und ihrem Anführer Eldred Jonas - geraten.
Während die Jungen versuchen, Licht in das Dunkel von John Farsons Plänen zu bringen, trifft der aus Gilead geflohene Broadcloak in Hambry ein, um seine finsteren Intrigen weiter zu spinnen. Er ermordet Bürgermeister Thorin und schiebt Roland und seinen Gefährten durch das Platzieren eines vermeintlichen Beweisstückes am Tatort den Mord in die Schuhe.
Und noch bevor die drei Jungen, deren Bündnis durch Rolands Liebe zu Susan zunehmend belastet wird, sich schließlich den Schergen John Farsons in den Weg stellen können, wird weiteres Blut vergossen worden sein.


Auf der Ebene der Story bietet dieses Hardcover genau das, was ich befürchtet habe, obwohl nicht King selbst, sondern der umtriebige Autor Peter David mit Unterstützung von Kings rechter Hand, Robin Furth, die Feder geführt hat. Oder war es umgekehrt? Egal! Am Ergebnis ändert das nichts.

Zunächst einmal erweist sich der Einstieg in die Geschichte für den Nichteingeweihten als - freundlich ausgedrückt – mühsam. Nicht nur, dass zahlreiche Namen Ereignissen, Personen und Gesichtern zugeordnet werden wollen, auch grundlegende politische und religiöse Gegebenheiten können nur – wenn überhaupt - in Kleinstarbeit aus den Comic-Texten und dem redaktionellen Teil im Anhang des Sammelbandes extrahiert werden.
Der umständliche, schwülstige, pathetische Erzählstil, von King als „Hohe Sprache“ bezeichnet und von Fans geradezu ekstatisch bejubelt, sowie die in den Narrative Boxes zu Tage tretende, nervtötende Perspektive eines all- und besserwissenden Erzählers, der der Handlung mal vor-, mal zurückgreift, macht für den Leser die Orientierung und Sinnfindung nicht einfacher.
Im Vergleich zu den stilistischen Extravaganzen kommt der Haupthandlungsstrang der Geschichte so simpel daher, dass man ihm problemlos folgen könnte, würde er sich nicht – King-typisch - in drögen Nebenplots verlieren, wären weniger Protagonisten beteiligt und wäre die Sprache deutlich griffiger.
Die Figuren selbst sind Paradebeispiele für jene hölzerne Eindimensionalität, die so viele Werke des Autors auszeichnen. Für Neueinsteiger in den Dark-Tower-Kosmos bleiben die Beweggründe der Charaktere bestenfalls vordergründig, schlechtestenfalls kindisch und albern, getragen von einem hohlen Pathos und Machismo. Mir persönlich gelang es im Laufe des Comics zu keinem Zeitpunkt, eine Beziehung zu der Figur Roland Deschain aufzubauen, in der so etwas wie Sympathie oder Wertschätzung mitschwingen.

Das Artwork der beiden Künstler – des Zeichners Jae Lee und des Koloristen Richard Isanove – ist zunächst einmal eines: beeindruckend!
Lees gekonntes Spiel mit Schatten und Verschattungen, das Tauchen von Szenen, von Gesichtern der Protagonisten in eine tiefe Finsternis oder beklemmende Halbfinsternis schafft eine düstere Atmosphäre, die gerade durch den offensichtlichen Kontrast der Zeichnungen zu der kräftigen, oft ins sureal-märchenhafte spielende Kolorierung Isanoves an Intensität gewinnt. Meisterhaft beherrscht Lee Umgebung und Figuren, erschafft Emotionalität, Intensität und Nähe durch sprechende, lebendige Gesichter und ausdrucksstarke Posen.
Dass der Funke zuweilen dennoch nicht überspringen will, liegt an zwei Dingen: zum einen wirken die Zeichnungen einzeln für sich betrachtet relativ statisch, d.h. eine Dynamik entwickelt sich erst aus der Anordnung und Abfolge der alles in allem „konservativ gestalteten“ Panels, zum anderen kommen die in der Regel zurückhaltenden Farbverläufe der Koloration visuell nicht gegen Lees grafische Tiefe an, so dass die Farbgebung auf Grund des Fehlens von deutlichen Texturen und Schraffuren oftmals flächig und tot wirkt – ein Makel, der oft computergenerierten Kolorierung innewohnt.

Kommen wir abschließend zur Aufmachung und Ausstattung des 240-seitigen Hardcoverbandes. Sowohl der umfangreiche redaktionelle Teil, der mit seinem Kartenmaterial und den acht Artikeln über zentrale Aspekte des „Mittwelt“-Universums gerade für Einsteiger einen nicht zu unterschätzenden Nutzen mit sich bringt, als auch die durchgehend brillante Qualität des Drucks lassen keinerlei Wünsche offen.
Als problematisch hingegen erweist sich jedoch das Albumformat, das zwar typisch für den Splitter Verlag ist – und das im Bücherregal etwas hermacht -, das aber in vorliegenden Fall zuviel des Guten ist. Um es auf den Punkt zu bringen: die einzelnen Panels mit ihren satten, bunten, brillanten Farben und starken zeichnerischen Elementen erschlagen alleine auf Grund ihrer Überdimensionierung den Leser in visueller Hinsicht, lassen die Gesamtkomposition der einzelnen Seiten zu Lasten der ohnehin schon zurückhaltenden Dynamik weiter in den Hintergrund treten (jedenfalls auf Lese-Entfernung) und erschweren die Zuordnung bzw. die Erfassbarkeit der oft schwülstigen Texte sowohl der Narrative Boxes als auch der Sprechblasen.

Fazit: Trotz der exzellente Aufmachung und des fast monumentalen Artworks wegen der engen Verbindung zu Kings Dark-Tower-Zyklus nur für Liebhaber der Romane empfehlenswert, denn King-Abstinenzler werden Schwierigkeiten haben, sich im Hintergrund generell zurecht zu finden und zwischen der großen Anzahl von Protagonisten nicht die Orientierung zu verlieren.

hinzugefügt: March 1st 2009
Tester: Frank Drehmel
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