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Das Grauen auf Black Torment (DVD)

Das Grauen auf Black Torment
GB 1964, Regie: Robert Hartford-Davis, mit Heather Sears, John Turner, Ann Lynn u.a.

Von Thomas Harbach

Mit „Das Grauen auf Black Torment” stellt E-M-S in der Reihe „Der phantastische Film” einen weiteren, im Grunde vergessenen britischen Horrorstreifen vor. Dabei ist der von Robert Hartford-Davies inszenierte Film nicht nur aus historischer Sicht eine interessante Arbeit. Im Gegensatz zu den aufdringlichen Hammer-Horrorfilmen mischt das Drehbuch sehr geschickt bis an die Grenze des Plagiats Elemente aus Daphe Du Maurers „Rebecca” mit Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen und einem Hauch „The Hellfire Club” als Beimischung. Herausgekommen ist ein Streifen, der eher impliziert sein bescheidenes 60.000 Pfund-Budget zeigt.

Um Kosten zu sparen dauert alleine die Anfahrt zum Schloss Torment im Verhältnis zur Gesamtlaufzeit unverhältnismäßig lange, im Mittelteil wird eine Liebesnacht zwischen der Magd und einem einfachen Arbeiter im Dorf in die Länge gestreckt und gegen Ende des Films mündet das - allerdings perspektivisch sehr gut aufgenommene - Degenduell in einem doch ungewöhnlich ausführlichen Epilog. So gewinnt der Film aus eher unbedeutenden Szenen fast ein Fünftel seiner Gesamtlaufzeit, ohne den Zuschauer wirklich zu langweilen.

So ungewöhnlich wie auch der einzelne Handlungsablauf ist, so einzigartig ist sicherlich auch die Entstehungsgeschichte des Streifens, die Marcus Pawelczyk in seinem dieses Mal eher bescheiden illustriertes, aber reichhaltig mit Hinweisen auf andere E-M-S Produktionen verzierten Booklet auflistet. Die beiden Produzenten Tony Tenser und Klinger sind auf unterschiedlichen Wegen aktiv ins Filmgeschäft eingestiegen. Tenser arbeitete für die kleine Produktionsfirma Miracle Films und führt zum Beispiel die ersten Bridget-Bardot-Filme nach England ein. Klinger betrieb einen Nachtclub. Während einer Kampagne für einen neuen Bardot-Film lernten sich die beiden sehr unterschiedlichen Männer kennen. Sie gründeten ein privates Kino, das in erster Linie die von der Zensur verbotenen Filme einem kleinen ausgesuchten Kreis zeigte und entschlossen sich, einen eigenen Film nach den Vorbildern Ricardo Fredas oder Mario Bavas zu drehen. Um sich von Hammer abzugrenzen, wählten die beiden unterschiedlichen Männer als Hintergrund solche Kostümdramen wie „Die Frau ohne Herz”. Die Mischung aus diesen beiden auf den ersten Blick Extremen sollte das Publikum verblüffen und in die Kinos locken.

Die beiden Brüder Derek und John Ford schrieben mehrere Drehbuchfassungen der Geschichte, während der Regisseur Robert Hartford-Davis schon frühzeitig für die Produktion unterschrieben hatte. Nach Beginn der Dreharbeiten stellten sich die ersten Probleme ein. Alleine die Innendekoration verschlang ein Fünftel des Budgets und die Produktion lag schnell zehn Drehtage hinter dem Plan zurück. Die Anekdote, dass die Produzenten entsprechend zehn Seiten aus dem Drehbuch gerissen haben, um die Zeit wieder aufzuholen, wird nicht nur diesem Low-Budget-Unterfangen zugeschrieben. Die Einschränkungen des Budgets konnte Hartford-Davis nicht immer überdecken und nach Ende der Produktion trennten sich die Wege der Beteiligten.

Im Gegensatz zu anderen britischen Horrorfilmen wie „Die Gruft der toten Frauen” ist „Das Grauen auf Black Torment” zumindest in London uraufgeführt worden. Der Streifen brauchte aber viele Jahre, bis er seine bescheidenen Produktionskosten wieder eingespielt hatte. Erwin C. Dietrich erwarb die deutschen Rechte und überfrachtete des Film mit einem eigens konstruierten Vorspann, der nicht zuletzt aufgrund der langen Einführung ein wenig konfus und vor allem im Vergleich zum eher stimmungsvollen Gruselstreifen deutlich zu poppig wirkt.

Wie in seinen anderen Horror-Arbeiten beschreibt Hartford-Davis das Ende einer Ära und den Neubeginn einer neuen Zeit. In Filmen wie „Corruption”, „Incence for the Damned” und „The Fiend” - alle reif für eine Neuentdeckung im Rahmen dieser sympathischen Reihe - sagte er den Tod der Swinging Sixties und das Heraufdämmern einer dunkleren Zeit in den siebziger Jahren, dominiert von dem Vietnamkrieg bzw. den sozialen Unruhen, voraus.

In einer der Schlüsselszenen des Streifens beschwert sich Sir Richard Fordyke - eine außergewöhnlich facettenreiche Darstellung, die zwischen Überreaktionen und stoischem Ertragen hin und her schwankt - beim Lordrichter, dass die einfachen Mitglieder der Pöbels ihn entweder als Mörder an den Galgen bringen wollen oder, sollte das nicht klappen, ihn zumindest als Hexer verbrennen würden. Der Aberglaube ist in der einfachen ländlichen Bevölkerung noch tief verwurzelt. Und das umso mehr, als dass kurz vor der Rückkehr ihres Lehnherren Fordyke ein junges Mädchen in den tiefen Wäldern vergewaltigt und getötet worden ist. Kurz bevor sie endgültig dahin scheidet, hat sie noch den Namen des Lords, ihren potentiellen Mörder, genannt. Dieser kehrt wie schon beschrieben mit seiner neuen Braut aus London zurück auf seinen sehr umfangreichen Besitz. Die lange Fahrt inklusiv des Zuspannens von weiteren Pferden nutzt das Drehbuch, um nicht nur die hübsche, aber ein wenig naive Braut - in der deutschen Fassung sitzt sie selbst nach der Hochzeitsnacht ihren Mann - sondern auch die Zuschauer über die lange Geschichte der Fordykes und ihre Bedeutung für die Region zu informieren. So hat Fordykes Vater einen Schlaganfall erlitten und kann sich nur mittels der Zeichensprache verständigen, welche sein Sohn nicht kann. Das einzige Medium ist seine Schwägerin, die nach dem Tod seiner ersten Frau auf dem Schloss geblieben ist. Wie im Dorf wird Fordyke auch auf dem Schloss vom Personal mit Misstrauen und offener Ablehnung empfangen. Während des gemeinschaftlichen Abendessens wird ihm eine Note mit dem lateinischen Familienmotto überreicht, was ihn aus der Fassung bringt und weitere Erklärungen für die Braut und den Zuschauer bedeutet. Er erklärt, dass seine erste Frau keine Kinder bekommen konnte und dass er sie nicht mehr geliebt hat. Sie hat sich schließlich, sicherlich aus unter dem Erwartungsdruck der ganzen Sippe, aus dem Fenster im Schloss gestürzt, das sich - obwohl die Ereignisse schon sechs Jahre zurückliegen - immer noch zu einer bestimmten Stunde öffnet und von einem oft imaginären Wind bewegt wird. In einer der einfachsten - aber effektivsten - Szenen erkennt Fordyke in der Nacht im Schlossgarten eine weißumwandte Gestalt, die ihn sofort an Anne erinnert. Neben einem zweiten Mord, für den Fordyke direkt verantwortlich gemacht wird, behauptet ein Diener, der Lord hätte bei ihm einen schönen Sattel mit den Namen seiner ersten Frau bestellt. Anscheinend gibt es entweder einen überzeugenden Doppelgänger, oder die Rache aus dem Grab greift nach dem immer nervöser und aggressiver werdenden Fordyke. Als seine Familie direkt bedroht wird, ergreift er die Initiative mit ungeahnten Folgen für seine Familie.

Obwohl der Film in Hinblick auf die Ausstattung durchaus mit den Hammer-Produktionen mithalten konnte und vor allem mehr Busen gezeigt wird, je einfacher der Stand des Gesindels ist, gelingt es Hartford-Davis, die Grenzen des guten Geschmacks deutlich mehr zu überschreiten als es Hammer zumindest in dieser noch frühen Phase ihrer Horrorfilmkarriere je getan hätte. Die teilweise doch sehr offensichtlichen Schwächen im Plot versucht der Streifen insbesondere im letzten Drittel mit exzentrischen und überzeichneten Charakteren zu überdecken, und wenn die Leiche des behinderten Vaters von der Decke hängt wird nicht mehr diskret abgeblendet. Dabei verzichtet Hartford-Davies auf härtere Horrorszenen und bemüht sich über weite Strecken, den Grusel mit erstaunlich einfachen, fast simplen Mitteln zu entwickeln.

In einer weiteren sehr schönen Szene schwingt sich Fordyke auf sein altes Pferd, das mit ihm durchgeht. Plötzlich wird er von der weibbekleideten Frauengestalt durch den Wald gejagt, die ihn Mörder nennt. Genau diese Szene haben die Dorfbewohner unabhängig voneinander zu Beginn des Films beschrieben. Fordyke landet in den Händen der örtlichen Justiz, die Dorfbewohner wollen ihn lynchen. Er wird freigelassen und kehrt ins Schloss zurück, nur um zu erfahren, das er anscheinend nur wenige Sekunden vorher seine Frau verlassen hat. Dem Wahnsinn nahe versucht er, sie in einem Wutanfall zu erwürgen.
Ohne großartige Tricks oder optische Effekte hat der Regisseur in dieser spannenden Sequenz mit einfachen Mitteln gezeigt, dass sich vieles in der Vorstellung der Zuschauer und übertragen in den Köpfen seiner allerdings oft eindimensional und emotional uneinheitlich entwickelten Charaktere abspielt.
Diese gute Sequenz leitet allerdings zu den offensichtlichen Schwächen des Films über.
Eine durch und durch übernatürliche Geschichte wollte Hartford-Davies nicht erzählen und im Vergleich zu anderen schon angesprochenen Streifen auch nicht auf die Möglichkeit eines wahnsinnigen Protagonisten bzw. einer übernatürlichen Erklärung zurückgreifen. Also versucht er, die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf eine langgeplante Rache und Familienverschwörung zu richten, deren Aufdeckung eher unglaubwürdig und vor allem in Hinblick auf eine Reihe vorangegangener Ereignisse deutlich konstruiert wirkt. Der Zuschauer muss schon Zauberkunststücke und einen Hauch Zufall akzeptieren, um diese Vorgänge wirklich glauben zu können.

Die Figuren selbst sind, wie schon angesprochen, teilweise überraschend eindimensional gezeichnet. Während John Turner aus seiner je nach Szene verschiedenen aufgesetzten Rolle das Meiste macht und im letzten Drittel des Films mit rollenden Augen und dem Wahnsinn nahe eher eine Parodie als eine wirklich ernsthafte Darstellung abliefert, bleibt seiner Frau Elizabeth - optisch ansprechend von Heather Sears verkörpert - tatsächlich nur die Rolle der Stichwortgeberin. Das zeigt sich deutlich in der rückblickend viel zu langen, alleine durch die schönen Landschaftsaufnahmen und die authentischen Kostüme abgemilderten Statik der Kutschfahrt. Andere Schauspielerinnen wie Anny Lynn müssen in erster Linie in den historischen Kostümen hübsch aussehen und möglichst viel Busen zeigen.
Die beiden Produzenten können ihre Wurzeln im Sexfilm nicht ganz verleugnen.
In den Momenten allerdings, in denen Hartford-Davies für seine eher actionorientierten Szenen das Drehbuch und die teilweise doch sehr statischen Dialoge über Bord wirft, beginnt der Streifen zu leben. Die Verfolgungsjagd der jungen Lucy Judd durch ein scheinbar unsichtbares Monster vor den Credits gehört ebenso zu den interessanten Szenen wie die angesprochene Jagd auf den Pferden durch die dichten Wälder in der dunklen Nacht bis zum gut inszenierten, aber eher planlos abgebrochenen Degenduell am Ende des Films. Stellenweise bleibt der Eindruck, als wollte der Regisseur weniger einen Horrorfilm als eine klassische Abenteuergeschichte erzählen, in welcher die Idee eines wahnsinnigen Lords eher impliziert integriert worden ist.

Im Vergleich zu einer Reihe anderer Horrorfilmproduktionen der sechziger Jahre ist „Das Grauen auf Black Torment” trotz der offensichtlichen Einschränkungen hinsichtlich des Budgets und der teilweise überdehnten Laufzeit in eher zweit- oder besser drittrangigen Szenen deutlich weniger gealtert. Es fehlt dem Film der Flair der Roger-Corman-Produktionen und auch die routinierte Schauspielerriege kann weder mit einem Vincent Price noch einem Peter Cushing - um den Bogen zurück zu Hammer zu schlagen - mithalten, aber Hartford-Davies bemüht sich insbesondere in den ersten zwei Dritteln des Films, das solide Drehbuch der Ford-Brüder adäquat umzusetzen. Auf großartige und vom Budget im Grunde nicht zugelassene Trickeffekte ist verzichtet worden. Die bedrohliche Atmosphäre ist durch eine ungemein bewegliche Kamera sowie eine gute musikalische Untermalung dank Robert Richards solidem Soundtrack erzeugt worden. Der historische Hintergrund ist effektiv eingesetzt worden und wirkt weniger als Alibi, sondern als wichtiger Bestanteil des Plots, der seine Vorliebe für Alexandre Dumas nicht verbergen kann.

Die hier aufgezählten Elemente machen aus „Das Grauen auf Black Torment” nicht unbedingt einen Klassiker des Gruselfilms, aber zumindest einen unterhaltsamen, kurzweiligen Film, der sich vor anderen, deutlich teureren Produktionen des Genres nicht verstecken muss.

Neben dem angesprochenen Booklet hat E-M-S der DVD Auflage den Originaltrailer und vor allem die deutlich passender englische Titelsequenz beigefügt. Die Bildergalerie zeigt einige seltene Aufnahmen zusätzlich zu dem üblichen Werbematerial. Der Film ist im allerdings nicht störenden Vollbildformat 1.33:1. Die Farben sind insbesondere für eine Low-Budget-Produktion akzeptabel und das Bild bis auf wenige Stellen störungsfrei. Die Kontraste wirken insbesondere in den Nachtszenen ein wenig weich und das Bild ist vor allem in den Nahaufnahmen nicht immer wirklich scharf. Für einen vierzig Jahre alten Film ist die Präsentation allerdings akzeptabel und sticht eine Reihe von DVDs mit teureren, wichtigeren Filmen deutlich aus. Beide Tonspuren sind in Dolby Digital 1.0.. Die Dialoge sind klar verständlich und sehr effektiv mit den Hintergrundgeräuschen und der entsprechenden Filmmusik abgemischt. Die Untertitel sind gut lesbar und geben den Inhalt der Dialoge adäquat wieder.

DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: deutsch Dolby Digital 1.0 Mono, englisch Dolby Digital 1.0 Mono
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Trailer, Bildergalerie, alternative Titelsequenz, Booklet

hinzugefügt: October 25th 2008
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: ems
Hits: 2973
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