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Astro City: Local Heroes (Comic)

Astro City: Local Heroes
(Astro City Local Heroes)
Autor: Kurt Busiek
Zeichner: Brent Anderson
Tusche: Will Blyberg
Lettering: Gianluca Pini
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Panini, 2008, Paperback mit Klappenbroschur, 232 Seiten, 24,95 EUR

Von Frank Drehmel

Der vorliegende Sammelband enthält in der deutschen Übersetzung von Gerlinde Althoff die Ausgaben von „Astro City“ Vol. 2 #21 - 22, „Astro City: Local Heroes“ #1 - 5, das „Astro City“ -Special sowie einige kürzere Storys.


Dem bewährten und mehrfach preisgekrönten Ansatz folgend treten in Busieks „Astro City”-Geschichten wechselnde Protagonisten auf, deren Gemeinsamkeit ihr Bezug zu jener Stadt ist, in der Superhelden, Superschurken und Normalsterbliche mal mehr, mal weniger konfliktträchtig mit- und nebeneinander leben. Ein weiteres Verbindungsglied zwischen den Storys stellen einige Super-Charaktere dar, die in unregelmäßigen Abständen in Erscheinung treten und dem Leser innerhalb der Geschichten ein vages Gefühl von Vertrautheit vermitteln.

Die erste Story handelt vom Pete Donacek, welcher in jungen Jahren nach Astro City kam, um nach einigen prägenden Erlebnissen mit Superhelden seine Liebe zur Stadt zu entdecken. Heute arbeitet er als Portier in einem erstklassigen Hotel, begrüßt Neuankömmlinge und Touristen und gibt ihnen hilfreiche Tipps für ihre Erkundungstouren.
Die Hauptrolle der zweiten Geschichte spielt Comic-Autorin Sally Twinings, die Probleme damit hat, den Forderungen ihres Verlegers, „Manny” Monkton, nach Action statt Authentizität Folge zu leisten. Monkton wiederum ist ein Kerl, der seinen Erfolgsweg bis zum bitteren Ende gehen will, selbst wenn ihm Superhelden und -schurken mehr als eine handfeste Warnung zukommen lassen.
Die nächste Story handelt von einem Schauspieler, welcher in einer Daily Soap einen Superhelden verkörpert und der aufgrund eines Zufalls zu einem wahren Helden aufsteigt. Als er dann aber an die richtig toughen Kerle gerät, muss er erkennen, wie vergänglich Ruhm sein kann.
In der vierten Geschichte erzählt Irene ihrer Tochter, wie sie als junges Mädchen in Astro City Karriere in einer Männer-Domäne als politische Beraterin machte, ihre große Liebe, Atomicus, kennenlernte und diese Liebe verlor, weil sie in der Beziehung immer nur eine Herausforderung sah.
Im Mittelpunkt des anschließenden Zweiteilers steht ein Anwalt, der sich gezwungenermaßen mit der Mafia einlässt und nur dank der Hilfe eines alten Freundes, heil aus der Sache rauskommt.
Den Abschluss des Tradepaperbacks bildet eine Geschichte des Helden Supersonic, der sich eigentlich schon lange im Ruhestand befindet, aber sein Kostüm auf Bitte eines Stadtvertreters dennoch aus dem Schrank holt als alle anderen Helden unabkömmlich sind.


Die große Stärke von Busieks ambitioniertem Ansatz ist zugleich auch seine große Schwäche. Zunächst ist es fraglos reizvoll, Comic-Geschichten zu verfolgen, die sich um die Koexistenz von Homo Sapiens und Homo Superior nach dem beliebten „What if”-Schema spinnen, Geschichten, in denen sämtliche Protagonisten gleichermaßen gesellschaftlichen und moralischen Zwängen bzw. Normen unterworfen sind und nicht eine Partei außerhalb jeder sozialen oder juristischen Kontrolle steht, Geschichten, in denen die Frage gestellt wird, inwieweit sich Gesellschaft und Individuum unter Berücksichtigung außerordentlicher Fähigkeiten gegenseitig befruchten können und welche Gefahren in einem solchen Utopia lauern.

Doch mittlerweile ist der Reiz des Neuen und Originellen verblasst. Was bleibt, ist eine Ernüchterung angesichts der eher betulichen, oft leicht moralisierenden Storys, der (zu) kleinen, unepischen Handlungen und des Fehlens eines großen Gesellschaftsentwurfes.
Das soll nicht heißen, die Geschichten aus „Local Heroes” wären schlecht erzählt oder aufgebaut - im Gegenteil. Allerdings fehlt ihnen der „Sense of Wonder”, das Spektakuläre. Die Erkenntnis, dass Superhelden auch nur ganz normale Menschen sind - und zwar nicht nur in einem normativen Sinne - und jeder normale Mensch etwas Außergewöhnliches oder Besonderes, ist letztlich banal und nicht das, was ein Fan von Spider Man & Co auf Dauer lesen möchte.
Superhelden Comics leben von der Distanz zwischen dem strahlenden Helden, der dem Leser als Projektionsfläche für Träume, Phantasien aber auch Ängste oder Amoralität dient, und der namenlosen Masse der braven Bürger. Verringert man diese Distanz oder hebt sie gänzlich auf - indem man den Einen erniedrigt, die Anderen erhöht - oder reflektiert die elementare Rolle von Helden durch andere Handlungsträger, so beschädigt das den Kern, die Seele dieser Art von Comics. Wenn bspw. der „N-Forcer” Menschen bittet, einem Park zu räumen, weil der Kampf mit einer außerirdischen Macht bevorsteht, dann ringt einem dieses auf einer rationalen Ebene zwar Zustimmung ab, das Herz erreicht ein solch verantwortungsbewusstes, braves Verhalten jedoch nicht.

Zu bemängeln ist weiterhin, dass die Storys insgesamt zu vorhersehbar sind, zu wenig Überraschungen bieten, um wirklich fesseln zu können. Die Thematiken um Selbstfindung, Selbstbehauptung oder Verantwortung, der gelassene Habitus vieler Charaktere sind vielleicht für das Genre „US-Comic” eher ungewöhnlich, aber im gesamten medialen Kontext - gerade auch in Hinblick auf zahlreiche Soap-Operas - alles andere als innovativ. Darüber hinaus werden die Dialoge durch eine geradezu spießige Vernunft dominiert, so dass man sich schon nach kurzer Zeit Zynismus, Sarkasmus oder Ironie wenigstens als Unterton regelrecht herbeisehnt. Man merkt: Busiek liebt Comics und will dem Leser auf eine viel zu freundliche Art und Weise die Ernsthaftigkeit des Genres nahebringen. Dass der Autor ein profunder und liebender Kenner der Materie ist, hat aber auch einen großen Vorteil: zahlreiche Anspielungen und Reminiszenzen an das Golden, Silver und z.T. auch Bronze Age der US-Comic-Historie sorgen zumindest bei Lesern mit ähnlichen Kenntnisstand für das eine oder andere Aha-Erlebnis.

Eher enttäuschend ist auch das Artwork. Ich persönlich bin ein großer Fan von Brent Anderson, der es wie wenige Zeichner versteht, Figuren in einzigartigen Physiognomien zum Leben zu erwecken. Auch in „Local Heroes” gelingt es ihm, lebendige Persönlichkeiten darzustellen; dennoch haben die Seiten oftmals - nicht immer - den grafischen Charme alter „Gespenster Geschichten”-Comics (betagtere Leser werden sich daran erinnern). Das mag als Reminiszenz an die guten alten Zeiten so gewollt sein, gefallen muss es einem nicht.

Fazit: Nette, leicht moralinsaure Geschichten ohne rechten Biss und ein Arwork, das sich vollkommen der Story unterordnet; für Kenner der US-Comic-Geschichte und Busiek-Fans dennoch interessant.

hinzugefügt: June 30th 2008
Tester: Frank Drehmel
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