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Der Kuss des Vampirs (DVD)

Der Kuss des Vampirs
GB 1963, Regie: Don Sharp, mit Clifford Evans, Edward de Souza, Noel Wilman u.a.

Von Thomas Harbach

Mit „Der Kuss des Vampirs“ legte das Hammer-Studio nach seinem überraschenden Erfolg von „Dracula“ (1958) und „Dracula und seine Bräute“ (1960) – einer Fortsetzung nur dem Namen nach – mit „The Kiss of the Vampire“ einen dritten Vampir-Film auf. Ob aus der Not geboren – Terence Fisher und Christopher Lee standen nicht zur Verfügung – oder wirklich geplant – der Australier Don Sharp lieferte sein Horrorfilmregiedebüt ab und die wichtigsten Rollen wurden neu besetzt – hob sich „The Kiss of the Vampire“ nicht nur optisch, sondern vor allem mit seinem sehr gut geschriebenen Drehbuch von den Standard-Hammer-Produktionen ab. Produzent Hinds schrieb eine Hommage an Edgar Ulmers „The Black Cat“ (1934), welcher die Idee eines Vampirkultes nutzte, um die bekannte Edgar Allan Poe Geschichte zu extrapolieren, und Hitchcocks „Eine Dame verschwindet“. Um sich mehr an Hitchcocks Klassiker anzulehnen, welchen Hammer im Jahre 1979 noch einmal auf die Leinwand bringen sollte, verlegte Hinds die Handlung an den Beginn des 20. Jahrhundert.

In einer der ersten relevanten Szenen bleiben Gerald Harcourt – Sohn reicher Eltern – und seine jüngst angetraute Ehefrau Marianne in den dunklen Wäldern Bayerns mit ihrem Fahrzeug stehen. Das Benzin ist ihnen ausgegangen und sie müssen in einem kleinen, abgeschiedenen Dorf Zuflucht nehmen. Die Einwohner begegnen ihnen höflich, aber distanziert. Bislang folgt das Script, bis auf die Integration des Autos, den schematischen Vorgaben von „Dracula und seine Bräute“. Die beiden jungen Leute freunden sich mit Doktor Ravna an. Er ist reich und charmant, lebt mit seiner Tochter und einigen Dienern auf einem großen Schloss, scheinbar auf einer Klippe über den Wäldern. Dr. Ravna lädt die beiden zu einem Maskenball auf sein Anwesen ein. Gerald wird durch Betäubungsmittel in seinen Alkoholika außer Gefecht gesetzt, Marianne entführt. Als Gerald wieder aufwacht, kann sich niemand an seine Frau erinnern. Sie ist und bleibt verschwunden. Der einzige Mann, der ihm vielleicht helfen kann, ist der verbitterte Professor Zimmer. Anscheinend wird Marianne als Opfer eines Kults von Vampiranhängern im Schloss gefangen gehalten und soll bei der ersten Gelegenheit geopfert werden.

Ohne auf die charismatischen Peter Cushing und Christopher Lee zurückgreifen zu können, haben sich Hinds und Sharp entschlossen, verschiedene Figuren in den Mittelpunkt ihrer sehr geradlinigen Handlung zu stellen. Gut und Böse werden wie bekannt von zwei außergewöhnlichen Individuen personifiziert: Noel Willmann spielt den Vampir mit einer unzweifelhaften charmanten Eleganz. Er ist intelligent und eine Persönlichkeit in der dörflichen Gemeinschaft. Sein ganzes Auftreten verkörpert eine herablassende Haltung ärmeren Menschen gegenüber. Wenn er während der obligatorischen Schlossführung von seinem Reichtum spricht, gelingt es Willmann, Lees Dracula Verkörperung in den Schatten zu stellen. Leider funktioniert sein Minenspiel in den wenigen Actionszenen weniger und die Idee, anstelle eines einzelnen Blutsaugers einen Kult in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken, nimmt dem Film auf dem Weg zum technisch schwachen Showdown sehr viel von seiner Effektivität. Insbesondere in den Massenszenen vor seinen mit weißen Togen bekleideten Jüngern hätte man sich eine dramatischere, verführerische Darstellung gewünscht. Clifford Evans als verbitterter Professor Zimmer überzeugt deutlich mehr. In einer Szene brennt er sich die Bissspuren eines Vampirs aus seiner Haut und zeigt seinen Hass auf die Kreaturen sehr deutlich. Auch während des Showdowns nimmt er deutlich besser und überzeugender das Heft in die Hand. Auch wenn er in Bezug auf die Leinwandzeit weniger präsent ist, hinterlässt er einen überzeugenderen, nachhaltigeren Eindruck. Immerhin greift er als älterer Mann zu dunkler Magie, um seine Feinde zu bekämpfen und versucht sich nicht in Handgreiflichkeiten wie Peter Cushing Christopher Lee gegenüber. Das macht seinen Kampf nicht nur glaubhafter, sondern die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen rückblickend. Das Script stellt allerdings nicht die Frage, ob man unschuldige Opfer – einige Mitglieder des Kultes – töten darf, um sein Ziel zu erreichen. Leider hat das Hammer-Studio die tricktechnischen Voraussetzungen für diese Sequenz nicht bereitstellen können und so reduziert sich eine interessante Sequenz fast bis auf die Lächerlichkeit.

Gerald Harcourt wird von Edward James de Souza dargestellt. Dieser hat schon in Terence Fishers „Phantom of the Opera” mitgespielt. Einige wichtige Szenen wie das Erwachen nach seinem Rausch auf dem Maskenball zeigen seine beschränkten Fähigkeiten als Schauspieler. Trotz seiner Athletik wirkt er teilweise wie ein unbeholfener kleiner Junge in dem überdimensionalen Spielzeugland, das sich sein reicher Vater leisten kann. Jennifer Daniel als seine Frau wird mehrmals als von überirdischer Schönheit beschrieben. Leider hat Hinds ihre passive Rolle nicht mit überzeugenden Dialogen ausgebaut, so dass sie teilweise nur als lebende Schaufensterpuppe zwischen den einzelnen wichtigen Abschnitten des Films hin und her geschoben wird. Dagegen sind die interessanten Nebenrollen viel zu ungenügend angelegt worden. So möchte der Zuschauer mehr über Ravnas wahnsinnigen Sohn – dargestellt vom verlässlichen Barry Warren – oder die Tochter des Gastwirts erfahren. Isobel Black ist nicht nur zu einer Vampirsklavin gemacht worden, sie ähnelt auch Barbare Steele ungemein. Aber diese Figuren bleiben im Hintergrund und wirken in einigen wichtigen Szenen leider nur als Staffage mit, während die Hauptdarsteller nicht immer in ihren zugegeben teilweise sehr oberflächlich geschriebenen Rollen überzeugen können. Unabhängig von ihren eindimensionalen Rollen haben Hinds und Sharp allerdings alle jungen weiblichen Rollen mit wunderschönen Frauen in überwiegend eleganten Kostümen besetzt. Selbst aus heutiger Machosicht eine Augenweide.

Obwohl Don Sharps Film im Grunde aus Versatzstücken diverser Horrorfilme besteht, fällt eine Sequenz sehr positiv heraus: die Maskenballszene, in welcher Sharp ein Jahr „The Mask of the Red Death“ (1964) und vier Jahre Roman Polanskis „Tanz der Vampire“ (1967) zuvorgekommen ist. Mit knalligen Farben – auf dieser DVD-Präsentation von zeitloser Schönheit – zeigt er das dekadente Verhalten der Reichen. Dazwischen in einer sehr gut geschnittenen Parallelhandlung verfolgt der Zuschauer, wie Marianne quasi unter den Augen ihres betrunkenen, betäubten Ehemanns entführt wird. Eine eindrucksvolle Sequenz, eine der schönsten Szenen der ganzen Hammer-Serie. Am Ende des Streifens scheitert Sharp mit einer zweiten, eindrucksvollen Sequenz an den lächerlichen Tricks.

Insbesondere die überragende Qualität der DVD zeigt die Fäden, an denen sich die Fledermäuse bewegen und unabhängig von den unterdurchschnittlichen Trickeffekten ist das Ende zu abrupt, zu plötzlich. Die Idee, den Kult durch eine höhere Macht besiegen zu lassen, ist vielleicht nicht unbedingt neu, aber im Vampirfilm-Genre zumindest originell eingesetzt worden. Zumindest können die Schauspieler und die Matte Painting einen Teil der Szenen retten und geben „The Kiss of the Vampire“ nicht gänzlich der Lächerlichkeit preis.

Aber auch aus bekannten Elementen macht Don Sharp sehr viel: der Film beginnt mit einer Beerdigung, der Sarg wird ins Grab heruntergelassen und dann erst eine Schaufel durch den Deckel in den Leib des Vampirs gestoßen. Blankes Entsetzen auf den Gesichtern der Angehörigen, die Kamera dringt in den Sarg ein, der Zuschauer sieht das schmerzverzehrte Gesicht des tödlich getroffenen Vampirs.

Obwohl „The Kiss of the Vampire“ mit knapp über achtzig Minuten zu den kürzeren Streifen Hammers gehört, nimmt sich Sharp mit solchen Sequenzen sehr viel Zeit. Der Zuschauer kennt keinen der Charaktere, da bekannte Gesichter wie Cushing oder Lee nicht auftreten, besteht auch keine Möglichkeit, die einzelnen Personen den Guten oder Bösen zuzuordnen. Ganz bewusst hat Sharp in der Anfangssequenz – erst durch sein Handeln wird Professor Zimmer den Helden zugeordnet – in dunklen, getragenen Farben dargestellt. Zwischenschnitt auf das glücklich verheiratete, aber unglücklich ohne Benzin den bayerischen Wäldern gestrandete Ehepaar. Der Horizont hellt sich auf, die Farben werden satter und kräftiger. Später wirkt das bayerische Dorf austauschbar. In der deutschen Fassung gibt es leider keine Akzente, zumindest im Original haben sich die Produzenten etwas einfallen lassen, um dem Streifen ein wenig ausländisches Flair zu geben. Die Szenen, in welchen sich die Mitglieder des Kultes versammeln, wirken ein wenig surrealistisch, die weißen Togen sollen wohl Reinheit symbolisieren, aber hier fehlt der entscheidende zweite Schritt. Im Vergleich macht Roger Corman in „The Mask of the Red Death“ deutlich mehr aus diesen Sequenzen, sie wirken weniger statisch.

Koch Media hat mit „The Kiss of the Vampire“ die ungekürzte Fassung als DVD veröffentlicht. Für das amerikanische Fernsehen ist der Streifen in „Kiss of Evil“ unbenannt und gekürzt worden. Trotz der schon angesprochenen Schwächen und aus heutiger Sicht sehr langsamer Plotentwicklung verfügt der Film „The Kiss of the Vampire“ über eine Reihe sehr schöner Sequenzen. Es spielt keine Rolle, dass das Ende ursprünglich für den zweiten Vampirfilm „Dracula and his Brides“ geschrieben worden ist. Sharp macht aus dem geringen Budget sehr viel, reduziert seine Vampire von archaischen, übermächtigen Göttern fast auf Menschen und kann so insbesondere im statischen Mittelteil ein wenig Spannung erzeugen. Die Ausstattung des Films ist opulent und mit ungewöhnlichen, aber niemals auffälligen Kameraperspektiven legt Sharp eine Reihe von interessanten, falschen Fährten. Der eigentliche Plot ist allerdings von Produzent Hinds zu einfach und stellenweise zu statisch niedergeschrieben worden, der Griff nach einigen Versatzstücken des Vampirgenres wirkt sich negativ auf den Gesamteindruck aus. Sharp macht unter diesen Umständen das Beste aus dem Stoff.

Kochs DVD verfügt wieder über ein reichhaltig bebildertes Booklet, dessen Fotos aber ein wenig verwaschen aussehen. Zu den Extras gehören der Original-Kinotrailer und eine Bildergalerie mit seltenem Werbematerial. In diesem Fall immerhin 69 Bilder. Das Bildformat 1,85:1 ist gut gewählt. Die Farben sind ausgesprochen kräftig und wirken für einen über vierzig Jahre alten Film sehr frisch. Das Bild ist kontrastreich und gestochen scharf. Es werden die deutsche Tonspur und die englische - allerdings ohne Untertitel - angeboten.
Wie alle Teile der bisherigen Hammer-Edition eine sehr schöne Veröffentlichung, welche den alten Film in einem neuen Glanz erstrahlen lässt.

DVD-Facts:
Bild: 1,85:1 (anamorph / 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Mono, englisch Dolby Digital 2.0 Mono

DVD-Extras:
Bildergalerie Trailer

hinzugefügt: March 22nd 2008
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
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Hits: 2783
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