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Masters of Horror: The Black Cat (DVD)

Masters of Horror: The Black Cat
USA 2006, Regie: Stuart Gordon, mit Jeffrey Combs, Elyse Levesque u.a.

Von Thomas Harbach

Mit H. P. Lovecrafts „Dreams in the Witch-House” hat Stuart Gordon zur ersten Staffel der „Masters of Horror” eine der besten Folgen beigetragen und gleichzeitig unterstrichen, dass H.P. Lovecraft doch adaptierbar ist. Mit der mehr als bekannten und oft verfilmten Edgar Allan Poe-Geschichte „The Black Cat“ versucht Gordon Ähnliches in seinem Beitrag zur zweiten Staffel und überzeugt ein weiteres Mal.

Wie kaum eine andere Geschichte Poes ist der 1843 entstandene Text sowohl alleinstehend fürs Kino – siehe die stimmungsvolle Verfilmung „The Black Cat“ mit Boris Karloff aus den dreißiger Jahren – als auch als Bestandteil von Episodenfilmen – „Tales of Terror“ von Roger Corman und „Two Evil Eyes“ von Dario Argento – verfilmt worden. Dass Stuart Gordon Poe in den Mittelpunkt des Geschehens rückt, ist auch kein Novum. Robert Bloch hat eine wunderbare Poe-Hommage geschrieben, in welcher er den Meister des Makaberen in den Mittelpunkt der Handlung stellt und die Stärken seines Werkes sowie die Schwächen seiner Persönlichkeit gegenüberstellt.

Für viele Anhänger diverser Poe-Verfilmungen besteht dessen Oeuvre in erster Linie aus einer Reihe eindrucksvoller, wenn auch makaberer Bilder. Natürlich das todbringende Pendel aus „Pit and Pendelum“ und natürlich der Augenblick aus „The Black Cat“, wenn die Polizisten die tote Frauenleiche hinter der neu errichteten Mauer im Keller finden. Zwischen diesen beiden einzigartigen Bildern hat sich Poes Werk einer genauen Verfilmung immer entzogen, da er mehr mit abstrakten Bildern denn stringenten Geschichten arbeitete. Sein Wahnsinn ist immer impliziert, für jeden außer dem jeweiligen Charakter zu erkennen. Oft bewegte sich Poe mit seinem Geschichten in einem ambivalenten Niemandsland zwischen fiktiver Realität und Phantasie. Der Leser konnte niemals sicher sein, ob die Fakten, welche Poes Charaktere ihm im Verlaufe der Geschichte vermitteln, nur ihrer kranken Phantasie entsprangen oder in der Fiktion des Textes „real“ sind.

Stuart Gordon und sein langjähriger Drehbuchautor Dennis Paoli haben sich ganz bewusst auf diesen Widerspruch ins Poes Werk konzentriert und daraus eine morbide, aber faszinierende Liebesgeschichte gemacht, welche insbesondere von den großartigen Schauspielern getragen wird. Jeffrey Combs spielt Edgar Allan Poe, einen innerlich gebrochenen und von tiefen Selbstzweifeln geplagten Mann. Er liest zu Beginn der Fernsehfolge seiner jungen, schwerkranken Frau seine Gedichte vor. Gedichte, die er nur für einen kargen Hungerlohn verkaufen kann. Das Interesse der Öffentlichkeit giert nach weiteren Horrorgeschichten, welche der Alkoholiker Poe nicht mehr schreiben kann. Seine Frau leidet an der Schwindsucht und die einzige kurzfristige Hoffnung wäre ein Verkauf des Klaviers, um etwas Geld in die Kasse zu bekommen. Das Klavier, an dem seine Frau noch hängt und die einzige Verbindung mit einer etwas glücklicheren Zeit ist. Während ein Interessent das Klavier besichtigt, erleidet Virginia – eine nuanciert, sehr implizierte und deswegen so überzeugende Darstellung durch Elyse Levesque, welche die körperliche Gebrechlichkeit Virginias mit wenigen einfachen Gesten sehr nachhaltig ausdrückt – einen weiteren Blutsturz. Der Arzt will die junge Frau aber nur noch behandeln, wenn Poe die Rechnung im Voraus bezahlt. Diese auf den ersten Blick aus seiner kranken Phantasie rücksichtslose Geste des Arztes treibt Poe endgültig in den Wahnsinn. Mordvisionen beginnen ihn zu plagen, in denen die schwarze Katze Virginias natürlich eine immer wichtigere Rolle zu spielen beginnt.

Bis weit in die Mitte der zweiten Hälfte gelingt es Gordon und seinem Drehbuchautor, ihre persönlichen Stärken wie Charakterisierung und innovative Kameraführung, eine dezente, antiquiert wirkende Beleuchtung sowie settechnisch unauffällige, aber bedrückende Bauten vor das bekannte Geschehen zu stellen. Fängt man mit den Schwächen der „Masters of Horror“-Folge an, so liegen diese auf den letzten Metern, in denen Gordon den bekannten Plot auf einer bekannten Note beenden muss. Das verwirrende Spiel um Illusionen und Realitäten treibt Gordon soweit wie er es handlungstechnisch verantworten kann. Mehrmals ist der Zuschauer der Meinung, dass Poe jetzt endlich – wie in seiner Kurzgeschichte vorgegeben – seine Frau zu Grabe getragen hat. Das Motiv des Lebendig-Begraben-Seins spielt Gordon einmal effektiv, dann bekannt sogar zweimal im Verlaufe von nicht einmal sechzig Minuten. Eine gewisse Spannung bezieht die Geschichte noch aus Poes arrogantem Wesen, das natürlich zu seinem Untergang führt. Es lässt sich nicht spannend ansehen, aber die Erwartungshaltung ob der kommenden Ereignisse lässt den Zuschauer ein wenig erschaudern. Es stellt sich sicherlich die Frage, ob dieses Kleben an den bekannten und teilweise sehr ausgereizten Motiven von Poes Geschichte wirklich notwendig gewesen ist. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Idee ad absurdum zu führen? Ans Ende seiner Geschichte stellt Gordon eine weitere Möglichkeit, aber er spielt diese Ideen zu inkonsequent durch.

Enttäuscht die zweite Hälfte der „Masters of Horror“-Folge trotz der sehr guten schauspielerischen Leistungen, der grotesk überzogenen Trickeffekte und den soliden Sets, so besticht die erste Hälfte von „The Black Cat“ als eine der besten Arbeiten, die Stuart Gordon seit seinen Debütfilmen „Re-Animator“ und „From Beyond“ erschaffen hat. Wie in seiner Non-Genre-Adaption „Edmund“, basierend auf einem Roman David Mamets, ist Gordon ein Schauspieler-Regisseur. Dank des sehr überzeugenden Drehbuchs gelingt es ihm, dass traurige Verhalten seiner einzelnen nicht immer sympathischen Protagonisten überzeugend im Kontext der Handlung darzustellen. Ganz bewusst lässt er vor dem gruseligen Hintergrund Menschen agieren. Jeffrey Combs als innerlich zerrissener Edgar Allan Poe, der erkennt, dass er als Ehemann versagt hat, liefert eine grandiose Leistung ab. Er macht nicht den Fehler, den aufkommenden Wahnsinn mit großartigen Gesten zu begleiten, seine emotionalen Eruptionen sind nuanciert, die einzelnen Höhepunkte sehr fein doziert und dann sehr effektiv. Combs gelingt es trotz seiner Tierquälerei, den Zuschauer auf seiner Seite zu behalten. Der Zuschauer ist gleichzeitig verstört und traurig, wenn er erkennt, dass Poe im Grunde gegen seinen eigenen Willen die Frau zerstört, die ihn abgöttisch liebt. Am Ende ist Poe so von seinen eigenen Schuldgefühlen geplagt, dass er hinterfragt, warum ihn Virginia überhaupt liebt. Eine Begründung hat Gordon sehr effektiv an den Beginn der ganzen Folge gestellt. Das tragische Element dieses Plots liegt in der Tatsache, dass der Zuschauer Poe einen schnellen, friedlichen Tod wünscht, damit er von den selbst herbeigerufenen Dämonen befreit wird und im Grab Frieden findet.

Mit Hilfe von einem sehr überzeugenden Make Up gelingt es Combs, in der Rolle des gemütskranken Poe zu brillieren. Er gleicht den Fotos, welche von Poe überliefert worden sind, unglaublich. Da es keine Filmaufnahmen von Poe gibt, versucht Combs mit einer sehr nuancierten, differenzierten Darstellung eine Fiktion des Autors aufzubauen. Es lohnt sich insbesondere, „The Black Cat“ mit der Originalspur zu verfolgen. Von seiner Stimmlage über den Akzent bis zu seinen Bewegungen, seinen Gesten, eine hervorragende Darstellung eines charismatischen, aber verlorenen Menschen, der sich mehr und mehr in die Illusionen eines erfolgreichen, eines großen Schriftstellers flüchtet. Der Schauspieler orientiert sich an den verlorenen aristokratischen Figuren, welche Poe in seinen Geschichten erfunden hat und die vielen Zuschauern vor allem durch die optisch sehr eindrucksvollen Roger Corman Verfilmungen im Gedächtnis geblieben sind. Der Kontrast zwischen seinen fiktiven Schöpfungen, mit denen er sich solidarisiert, und seinem eigenen Leben in feuchten Hinterzimmern und unter Alkoholeinfluss könnte nicht größer sein. Ganz bewusst zeigt uns Combs die exzentrisch extremen Seiten des Autors, der gegenüber seine Frau in hilfloser Liebe vergeht und welcher seinen Schuldnern gegenüber arrogant und aufbrausend auftritt. Ganz bewusst haben Gordon und Paoli drauf verzichtet, eine zweite so außerordentlich umfangreich gezeichnete Figur in die Handlung zu integrieren. Die meisten anderen Charaktere – vom schwierigen opportunistischen Zeitschriftenherausgeber bis zur klatschenden Trinkergemeinde – sind mit wenigen Strichen abwechselungsreich, aber nicht unbedingt tief gezeichnet. Auch Virgina lernt der Zuschauer in erster Linie durch Poes exzentrisches Verhalten kennen. Dass sie ihren Mann liebt und Großes in ihm sieht, steht außer Frage. Das sie sich wegen ihrer Krankheit schuldig fühlt, steht in keinem Kontrast zu Poes eigenen Schuldgefühlen, der seiner Geliebten nicht einmal ordentliche Kleider – in einer der letzten ergreifenden Szenen der Folge – kaufen kann. Ganz bewusst verstärkt sie mit ihrer fast devoten Haltung – sehr gut von der rehäugigen, zierlichen Elyse Levesque zum Ausdruck gebracht – Poes Komplexe. Gemeinsam bilden sie ein tragisches, aber überzeugendes Liebespaar in dieser offensichtlichen Tragödie.

Produktionsdesigner Don Macaulay hat mit seinem beschränkten Budget sehr überzeugend Poes private Höhle in einem der Elendsviertel Philadelphias entworfen. Die engen, mit Gaslaternen beleuchteten Straßen, werfen lange Schatten, die Flure sind eng, lang und aus ungewöhnlichen Perspektiven aufgenommen. Mit dem sich steigernden Wahnsinn wird auch
Poes Umgebung immer surrealistischer und fremdartiger. Stuart Gordon hat fast gänzlich auf Farbe verzichtet. Zu Beginn wirkt die Folge wie eine schwarzweiße Fotographie. Mehr und mehr treten dunkle, düstere Farbnuancen in den kameratechnischen Mittelpunkt, die später dominierende Farbe ist allerdings rot – blutrot. In einer späteren Szene bezeichnet Poe die Krankheit seiner Frau als „Weiße Pest“, die anscheinend in Form einer Schreibblockade auch auf ihn übergegriffen hat. Nicht umsonst scheint er stundenlang das weiße Papier anzustarren. Gordon impliziert, dass sich die Blockade zumindest in Poes inzwischen wahnsinnig gewordenen Verstand erst mit dem Tod seiner Frau und deren Auffinden durch die Ordnungskräfte gelöst hat. Mit dieser Prämisse macht es sich das Drehbuch am Ende ein wenig zu einfach. Auch bei den wenigen blutigen Szenen neigt Gordon zu den drastischen Übertreibungen, welche „Re-Animator“ und „From Beyond“ so berühmt-berüchtigt gemacht haben. Neigte damals sein Hang zur Übertreibung ins Komische, werden die sehr überzeugenden Gore-Effekte direkt und humorlos präsentiert. Im Vergleich aber zu anderen Folgen der Serie wirken sie in den Handlungsrahmen sehr gut integriert und dienen nicht als Ausrede, ein unentschlossenes, langweiliges Drehbuch auf eine Länge von 52 oder 54 Minuten zu bringen.

„The Black Cat“ ist trotz oder gerade wegen des bekannten Plots einer der Höhepunkte der zweiten Staffel der „Masters of Horror“. Stuart Gordon hat mit bescheidenen Mitteln, aber einem hervorstechenden Jeffrey Combs, einen surrealen Alptraum geschaffen, der insbesondere in seiner ersten Hälfte den Zuchauer in seinen Bann zieht. Dieser beginnt mit den tragischen, gebrochenen Figuren zu leiden, während er die herausragende optische Inszenierung der Folge noch bewundert. Was „The Black Cat“ von anderen Folgen der „Masters of Horror“-Serie unterscheidet, ist Gordons erfolgreicher Versuch, auch historische Figuren – in diesem Fall in erster Linie Poe und seine Virginia – als Menschen mit wenigen Stärken und sehr vielen Schwächen darzustellen. Konnte sich der Zuschauer insbesondere in Dario Argentos oder John Carpenters Folge trotz der interessanten Prämissen mit keiner der Figuren wirklich identifizieren, schlägt Combs dank der Unterstützung der wirklich sehr gut recherchierten Drehbuchs – siehe auch den Audiokommentar – schon nach den ersten Minuten eine Brücke zum Publikum, das sich seinem Abgleiten in den Wahnsinn und die mögliche Katharsis in einer anderen, besseren(?) Welt nicht entziehen und will. Diesem Drang, das tragische Geschehen weiter zu folgen und mit Erleichterung zu registrieren, wenn wieder ein bekanntes Elemente aus Poes Geschichten abgearbeitet worden ist – immerhin kann es die Charaktere dann nicht mehr bedrohen - , erlag man das letzte Mal in Stuart Gordons Werk vor mehr als zwanzig Jahren… in „From Beyond“, der modernen Neuinterpretation einer H.P. Lovecraft Geschichte.

Technisch ist die Splendid Veröffentlichung wieder auf dem gewohnten Niveau. Das Bild ist gestochen scharf und kontrastreich. Insbesondere, da alle Nachtszenen ja nur von „Gaslaternen“ beleuchtet worden sind, überzeugen die Abgrenzungen zwischen den einzelnen Grautönen. Die beiden Tonspuren sind klar, die Hintergrundgeräusche sehr gut in den Gesamtkontext eingemischt. Zu den Extras gehört ein Audiokommentar von Stuart Gordon und Jeffrey Combs. Gordon und Combs haben schon viele Jahre miteinander gearbeitet und sind inzwischen über das Berufliche hinaus Freunde. Diese gegenseitige Wertschätzung zeigt sich in dem warmherzigen, sehr informativen Audiokommentar. Gordon weist noch einmal darauf hin, dass bis auf die literarischen Elemente aus „The Black Cat“ nur bekannte und verifizierte Fakten über Poes letzte Tage in die Geschichte eingeflossen sind. Gordon und Paoli haben auch Motive aus anderen Poe-Storys aufgegriffen. Es lohnt sich, gleich im Anschluss die Folge noch einmal mit dem auch untertitelten Audiokommentar anzusehen, um viele versteckte Hinweise zu entdecken. Die verschiedenen Making Of-Features dieser DVD sind dieses Mal deutlich effektiver und verharren nicht auf dem Niveau eines Promotionclips. Da man auf verschiedene Einzelheiten der Folge eingeht, sollte der interessierte Zuschauer sie auf keinen Fall vor der Folge sehen. Die einzelnen Beiträge sind so ausführlich und detailliert, dass man danach alles über die Produktion weiß. Während Gordon und Combs positiv kritisch ihrer eigenen Arbeit gegenüberstehen, wirkt Serienproduzent Mike Garris ein wenig zu euphorisch und will weniger die Folge für sich sprechen lassen, als Gordon über den grünen Klee loben.
Insgesamt runden aber die vielseitigen und mehr als informativen Extras eine sehr gute Präsentation sehr zufrieden stellend ab.

DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (anamorph / 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 2.0 Stereo (Audiokommentar)
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Audiokommentar, Features, Interviews

hinzugefügt: March 22nd 2008
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Splendid
Hits: 2410
Sprache:

  

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