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Frankensteins Ungeheuer (DVD)

Frankensteins Ungeheuer
GB 1967, Regie: Freddie Francis, mit Peter Cushing, Peter Woodthorpe, Duncan Lamont, Sandor Elès u.a.

Von Thomas Harbach

Mit „Frankensteins Ungeheuer“ legt Koch Media den wohl umstrittensten Beitrag zur „Frankenstein“-Serie vor. „Frankensteins Ungeheuer“ ist nur einer zwei von Filmen, bei denen Terence Fisher nicht Regie geführt hat. Diese Aufgabe hat der brillante Kameramann Freddie Francis übernommen, der als Regisseur leider weniger glücklich agierte. Aber nicht nur der Regisseur ist ausgetauscht worden. Auch Drehbuchautor Jimmy Sangster ist durch Hammers Produzenten Anthony Hinds ersetzt worden. Insbesondere Francis galt als kommender Regiestar, dessen erste Arbeiten „Vengeance“ (1962) und „Paranoiac“ sowie „Nightmare“ insbesondere seine visuellen Fähigkeiten bei bescheidenen Budgets unterstrichen haben. Um sich nicht an seinem Vorgänger messen zu müssen, ignoriert das Drehbuch die ersten beiden Teile der Saga („The Curse of Frankenstein“ und „The Revenge of Frankenstein“) und beginnt, die Geschichte des Barons im Grunde von Neuen zu erzählen.


Frankenstein und sein Gehilfe Hans mussten aus einer weiteren Stadt fliehen, als ihre Experimente ruchbar geworden sind. Sie kehren nach Karlsbad in das alte Chateau zurück. Frankenstein findet seine ursprüngliche Kreatur, eingefroren in einer Eisspalte – die vielleicht absurdeste Idee des Streifens – und wiederbelebt sie. Sie will sich aber ihrem Schöpfer nicht fügen. Frankenstein sucht den Hypnotiseur Zoltan auf, welcher die Kreatur unter den Willen ihres „Vaters“ zwingen soll. Zoltan verfolgt schnell seine eigenen Ziele und missbraucht die Kreatur, um sich an der Bevölkerung der Stadt zu rächen.


Während Terence Fisher vor allem für seine Fähigkeit, die einzelnen Charaktere selbst in extremen und unwahrscheinlichen Situationen überzeugend zu zeichnen und die menschlichen Dramen packend zu erzählen, selbst heute noch gerühmt wird, geht Francis optische Brillanz in den Betrachtungen des Streifens unter. Wie es sich insbesondere für Hammer Horror Filme gehört, fängt der Streifen ohne lange Prämissen packend an.

Alleine die Vorgeschichte zu Frankensteins Flucht ist wie aus einem surrealistischen Gemälde herauskopiert und in einen geradlinigen Horrorfilm integriert. Ein kleines Mädchen sieht, wie mitten in einer dunklen, natürlich stürmischen Nacht, eine Leiche aus einer einsamen Hütte gestohlen wird. Sie informiert den örtlichen Priester – in Fishers Filmen hätte sich eher ein wilder Mob gebildet, welcher Recht und Ordnung in die eigenen Hände nimmt. Der Körper wird direkt zu Frankenstein gebracht, der ihm das Herz entnimmt. Dieser reagiert auf die Empfindlichkeit seines Lieferanten mit einem eher zynischen Spruch. Natürlich unterbricht der Priester die Operation, verflucht den Ketzer und beginnt, das Laboratorium zu zerstören. Schnell geschnitten, mit grellen nicht realistischen Farben unterstreicht Francis eine alptraumhafte Atmosphäre. Diese cineastische Exzellenz wird Francis in einigen wenigen folgenden Sequenzen noch einmal erreichen, ohne dass er das schwache Drehbuch Hinds gänzlich negieren kann. Zu den schönsten und eindrucksvollsten Sequenzen des Films gehören weiterhin die seltsame Liebesgeschichte zwischen dem taubstummen Mädchen und dem Monster – hier gelingt es Francis ohne viele Worte, zu zeigen, dass die Kreatur Opfer und nicht Täter ist – und die Wiedererweckung des Monsters. Dieses humpelt unter dem beobachtenden, kalten Auge Frankensteins durchs Labor. Dieser macht sich Notizen, aber keine Anstalten, seiner Kreatur zu helfen. Selten ist die Distanz zwischen „Vater“ und „Sohn“ größer, als in dieser einen Szene. Damit betont Francis weniger die Amoralität Frankensteins, sondern sein kaltes wissenschaftliches Herz. Insbesondere an Frankensteins Charakter reibt sich die Hammer-Enthusiastischen. Verschwunden ist der charismatische und faszinierende Vordenker einer neuen Epoche. Hinds reduziert ihn auf einen neugierigen, aber überforderten Mediziner. Peter Cushing spielt die Rolle auch deutlich zugänglicher, seine Kommentare sind oft ironischer und weniger bitter als in den Fisher-Filmen. Im Vergleich zu den sehr ernsthaften, philosophischen Fisher-Hammer.Filmen wirkt „Frankensteins Ungeheuer“ nicht zuletzt aufgrund der visuellen Exzentrik des Kameramanns John Wilcox wie ein Horror- Comic der Reihe „Tales from the Crypt“. Immer, wenn Francis nicht auf die teilweise doch sehr statischen Dialoge des Drehbuchs zurückgreifen muss, beginnt sein Film zu leben. Signifikanter Beweis ist die ausführliche und hervorragende Flashbacksequenz. Während Peter Cushing zumindest eine solide Leistung abliefert, leiden die anderen Charaktere entweder unter ihrer drehbuchtechnischen Eindimensionalität bzw. überforderten Schauspielern.

Weiterhin macht Hinds den Fehler, Peter Cushings Frankenstein keinen adäquaten Antagonisten gegenüber zu stellen. So interessant auch die Idee eines Hypnotiseurs ist, so wenig versucht der Drehbuchautor, aus diesem Plotelement mehr zu machen. Peter Woodthorpe versucht, seinem Charakter eine gewisse Tiefe zu geben, er scheitert aber an der comicartigen Eindimensionalität seiner Figur und insbesondere seine Dialoge wirken sowohl in der deutschen wie auch Originalfassung, zu flapsig, um wirklich furchteinflößend zu sein. Außerdem sind die Anspielungen auf den deutschen Stummfilm „Das Kabinett des Doktor Caligari“ zu offensichtlich, um Zufall zu sein. Im Vergleich insbesondere zu Boris Karloff ist der ehemalige australische Ringer Kiwi Kingston mit seiner Rolle überfordert. Francis bevorzugte gegenüber Christopher Lee in den ersten beiden Filmen einen Mann mit einer stärkeren körperlichen Präsenz. Wahrscheinlich basiert seine Einschätzung auf der fälschlichen Annahme, dass Kingston unter dem Make Up nicht unbedingt viel schauspielern musste oder sollte. Die wenigen Actionszenen, in denen Frankenstein seine körperliche Überlegenheit demonstriert, sind eindrucksvoller als in den Fisher-Frankenstein-Streifen. Keine Frage. In den ruhigen Passagen allerdings ist Kingston überfordert. Außerdem wird er vom Make Up nicht sonderlich unterstützt. Aus rechtlichen Gründen haben sich die Hammer- Produzenten entschieden, sich an Jack Pierces legendärem Boris Karloff Make Up zu orientieren. Roy Ashton ist mit dieser Aufgabe überfordert gewesen, und das unförmige Make Up droht an einigen Stellen den Film auf das Niveau einer Parodie herabzuziehen.

In der Kontinuität der Frankenstein-Reihe hat sich Drehbuchautor Hinds sehr wenig um die beiden Vorgängerfilme gekümmert. Das größte Manko, das dem Drehbuchautoren und weniger dem ambitionierten Regisseur angelastet werden muss. Der Rückblick auf „The Curse of Frankenstein“ zeigt, dass der Doktor nur aus der Stadt getrieben wird. Im Original haben ihn die Bewohner der Stadt hingerichtet. Der Charakter des willigen Gehilfen Hans – im Verlaufe der Serie haben drei sehr unterschiedliche Schauspieler diese Figur gespielt – wird aus dem zweiten Teil der Serie „The Revenge of Frankenstein“ eins zu eins übertragen. Dadurch wirkt der Widerspruch zu der im Grunde falsche Rückblende noch stärker. Mit etwas mehr implizierten Bildern und einer vielleicht intelligenten Lösung hätte Hinds diesen Rückblick auf den ersten Film intelligenter handhaben können.

Zu den Höhepunkten des Films gehört Frankensteins neues Laboratorium. Während Fisher in diesem im Grunde nur eine unterkühlte Funktionalität gesehen hat, weckt Francis den Sense of Wonder, welcher insbesondere James Whales „The Bride of Frankenstein“ zu einem unsterblichen Sehvergnügen machte. Die Hammer-Filme sind niemals mit einem großen Budget ausgestattet worden, in diesem Fall sieht man allerdings auf den ersten Blick, wohin das Geld geflossen ist.

Leider passt der Originaltitel „The Evil of Frankenstein“ überhaupt nicht zu diesem Film. Denn ausgerechnet der Frankenstein-Charakter ist im Vergleich zu den ersten beiden Teilen und allen folgenden Streifen zugänglicher, ein wenig sympathischer und verständlicher gezeichnet. Die veränderte Einstellung des Handlungsträgers – und damit einhergehend auch der veränderte Blickwinkel des Zuschauers auf die ganze Reihe – macht den Film insbesondere im Vergleich zu den ersten beiden Teilen griffiger.

Betrachtet man allerdings den Streifen aus einer gänzlich anderen Perspektive, gewinnt „The Evil of Frankenstein“ überraschend an Tiefe. Das Hammer Studio hatte seit 1957 ein Vermögen verdient, indem es die alten Universal-Monster in blutigeren, durch das Eastman-Color strahlenden Farben mit rasanten Actionszenen unterlegt, wiederbelebt hatte. „The Evil of Frankenstein“ könnte Freddie Francis Versuch einer Hommage an die alten Universal-Monsterfilme sein. Bis Frankenstein sein Monster wiederbelebt, funktioniert der Film sowohl in der laufenden Handlung, als auch den effektiven Rückblenden ausgezeichnet. Das Labor entspricht den alten Schwarzweiß-Filmen, und Peter Cushing mit seiner markanten aristokratischen Art kommt den Schauspielern der alten Filme - allen voran natürlich Colin Clive mit seinem unvergesslichen Satz „It´s Alive! It´s Alive!“ - niemals näher. Selbst das Frankenstein-Monster verhält sich in dieser zweiten Fortsetzung apathisch… es erschrickt die Dorfbewohner und verhält sich ansonsten im Vergleich zu den anderen Hammer-Teilen schockierend unauffällig. Hier versucht Francis, die Tragödie der ursprünglichen Geschichte - allerdings mit gemischten Resultaten - wiederzubeleben.

Wie aber auch bei der Zeichnung der Charaktere und den teilweise doch unrealistischen Dialogen - selbst oder gerade für das 19. Jahrhundert, in welchem die Geschichte spielen soll - wirkt die Hommage an die alten Universal-Monsterfilme teilweise unentschlossen, dann wieder brillant und pointiert. Wie alles an „Frankensteins Ungeheuer“ besteht diese Würdigung aus zwei Seiten. Für den Versuch sollte aber Freddie Francis gelobt und nicht gescholten werden. Aus heutiger Sicht ist „The Evil of Frankenstein“ bei weitem nicht so weit oder unterdurchschnittlich, wie in viele Hammer-Enthusiasten darstellen. Insbesondere in der wunderschönen Präsentation von Koch Media mit dem richtigen 1.85:1 -ormat und satten, alterlosen Farben kommt Francis visuelle Ausdruckskraft sehr gut zum Tragen. Als Tonspuren werden im Dolby Digital 2.0 sowohl die originale englische Dialogspur, als auch eine deutsche angeboten. Es empfiehlt sich, den Film im Original zu sehen. Wie es sich für Koch Media gehört, besteht das Bonusmaterial aus dem Kinotrailer und einer Bildergalerie unter anderem mit Kinopostern und Ausgangfotos. Das insgesamt sechzehnseitige Booklet erläutert sehr anschaulich den Zwitterstatus von „The Evil of Frankenstein“, den Freddie Francis ja nur mit sehr wenig Vorbereitungszeit übernommen hat, weil sich Terence Fisher das Bein gebrochen hat, Ob Fisher allerdings aus Hinds schwachem Drehbuch einen besseren, nicht so wechselhaften Film hätte machen können, ist eine der faszinierenden „What if…“-Fragen der cineastischen Geschichte.

DVD-Facts:
Bild: 1.85:1 (anamorph / 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Mono, englisch Dolby Digital 2.0 Mono
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Bildergalerie, Trailer, Booklet

hinzugefügt: March 8th 2008
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Koch Media
Hits: 2655
Sprache: german

  

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